Kapitel 12 - Lia und Marc

Plötzlich, nach etwa fünf Minuten, öffnete sich die Tür. Ich hielt den Atem an, wärend ich mich mehr hinter der Zeitung versteckte.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie zwei Schuhe langsam auf dem Boden aufsetzten und sie leicht zur Seite ausdehnten, als sich ein Gewicht darauf stellte.
Ich kniff Dan in den Arm. ,,Autsch.", zischte er, ,,Ich hab's schon gesehen!"

Adrenalin strömte durch meine Adern. Ich war zu gespannt, was passieren würde. Gleichermaßen hatte ich Angst. Lähmende Angst. Ich war hellwach. Zu allem bereit... zu fast allem.

Jaxon stand mit dem Rücken zu uns. Deshalb senkte ich die Zeitung ein wenig, so viel, dass ich grade darüber hinweg sehen konnte. Er zog einen kleinen metallischen Gegenstand aus seiner Hosentasche und sah ihn kurz an. Sein Gesicht war kurz so gedreht, dass ich beinahe die Hälfte erkennen konnte. Man konnte klar sehen, wie angespannt er war. Er biss die Zähne zusammen, seine Augen waren geweitet und seine Nasenflügel minimal aufgebläht.
Aufeinmal drehte er sich um. Er sah genau in unsere Richtung. Aus Reflex riss ich meine Zeitung nach oben. Ich konnte Jaxon nicht mehr erkennen, doch ich vermutete, dass er uns genau fixierte. Als ich meine Zeitung ein wenig anhob, sah ich, wie er auf uns zu kam. Ich hielt die Luft an und versteckte mich noch mehr. Mein Herz schien aus meiner Brust springen wollen.
Ich erwartete, dass er uns jeden Moment die Zeitungen aus der Hand reißen würde und eine Pistole auf uns halten würde. Dieses mal würde er schießen. Er hatte, was er wollte. Wir waren nur wissende Unbrauchbare.

Doch es geschah nichts.

Ich schielte unter dem Papier hindurch. Seine Füße bewegten sich nicht mehr. Als ich die Zeitung für einen kurzen Moment senkte, sah ich dass er telefonierte. Ich hörte nicht, was er sagte, doch sein Mund bewegte sich nicht allzu lang, was auf knappe Antworten hinwies.
Als er sein Gespräch beendet hatte, duckte ich mich blitzschnell wieder hinter der Zeitung, die sich bei genauerem Hinsehen als New York Times herausstellte.

Ich beobachtete unter der Zeitung, wie zwei Beine auf direktem Wege zu dem Van liefen und etwas in die Hocke gingen. Er zog das kleine Metallstück heraus, welches sich als Schlüssel herausstellte und schloss die hintere Tür des Vans auf. Er öffnete sie allerdings nicht.

,,Dan."
,,Ja?"
,,Lass uns hier verschwinden! Keine Ahnung, was in diesem Wagen ist, aber ich will es nicht herausfordern.", murmelte ich.
,,Wir können doch nicht einfach aufstehen und gehen!", meinte der Braunhaarige misstrauisch.
,,Jetzt ist die Chance! Er schaut weg.", antwortete ich und stand auf, ohne die Zeitung von meinem Gesicht zu nehmen. Dan stand ebenfalls auf. ,,Aber wohin?", flüsterte er.
,,Egal! Einfach weg."

,,Drei. Zwei. Eins. Los!"
Und wir rannten. So schnell wir konnten liefen wir um die nächste Ecke, hinter der wir keuchend zum Stehen kamen. So ein 30 Meter Sprint hatte schon was. Wir waren aber auch echt unsportlich...
,,Denkst du er hat uns gesehen?", fragte Dan außer Atem. Ich blickte um die Ecke.
Jaxon telefonierte schon wieder, wärend er gegen der Tür lehnte und abwesend in die Ferne starrte.
,,Nein.", murmelte ich.
Dan stellte sich hinter mich, um sich einen eigenen Überblick zu verschaffen.
Jaxon beendete das Gespräch mit einem Nicken. Er steckte das Telefon in seine Hosentasche. Ich beobachtete jede kleinste Bewegung.
Mit einem Schwung war die Tür geöffnet. Ich hielt den Atem an. Ich hoffte so sehr, dass nicht das eintreffen würde, das wir erwarteten. Jaxon drehte sich um und ging mit schnellem Schritt zur Fahrertür. Er setzte sich und schloss die Tür hinter sich. Das kurze knallende Geräusch ließ mich zusammenzucken.

Plötzlich hörte ich Aufschreie. Mein Blick fiel auf die Menge. Mit angsterfüllten Gesichtern drängte sich die Masse von dem Van weg. Dann sah ich es.

Stöhnende, humpelnde Wesen stolperten heraus und liefen direkt in die Menschenmenge.
Mit offenem Mund starrte ich auf das Geschehen. Auch aus den anderen Ecken drängten sich die Menschen auf die Mitte zu. Eine raffinierte Falle, das musste ich zu geben, das machte sie jedoch nicht weniger grausam. Waren sie erst einmal umzingelt, war es ein leichtes für die Toten so viele Menschen wie möglich zu infizieren.

Ich beobachtete, wie sich einer von ihnen auf eine verwirrte Frau zu bewegte. Ohne, dass diese reagieren konnte, biss der Zombie sie in die Schulter. Sie schrie. Es klang grauenvoll. Sie fing an zu zittern, wie wir es bereits bei Hope gesehen hatten. Das Schreien erlosch mit einem mal und sie fiel leblos zu Boden.

Ich schlug mir die Hand vor den Mund und versuchte regelmäßig zu atmen. Es sah schrecklich aus. Ein einziges Schlachtfeld. Vor uns lagen mindestens fünfzig unschuldige, tote Menschen auf dem Boden.
,,Wir müssen hier weg! Sofort!", rief ich und rannte schon an Dan vorbei. Er folgte mir. ,,Wohin?", fragte er hinter mir. ,,Zu den anderen.", meinte ich nur und verschnellerte mein Tempo nur.

***

,,Da ist Marc!", rief Dan von hinten. Ich blieb ruckartig stehen und sah mich um. Dan zeigte auf einen braunhaarigen Jungen. Tatsächlich! Er stand dort. Alleine. Keine Spur von Jemma oder Holly.
Plötzlich tauchte ein Toter hinter ihm auf. Ich riss die Augen auf. ,,Marc!", schrie ich, doch der Zombie hatte sich schon auf ihn geworfen. Ich rannte sofort ohne einen Hintergedanken auf ihn zu. Marc war noch nicht gebissen. Er kämpfte. ,,Weiter so! Kämpf!", rief ich und schon hatte ich den Zombie getreten. Und wieder tat ich es. Und wieder. Und wieder. Ich hatte nur ein paar Sekunden, bis mehr von ihnen bei uns sein würden. Doch das Wesen war unberechenbar. Als spüre es keinen Schmerz. Es war nur auf Marc's Fleisch fixiert.
Auf einmal trat ich es so fest ich konnte gegen den Kopf und zu meiner Überraschung sackte es kurz auf Marc's geschwächtem Körper zusammen.

Das war sie also. Ihre Schwachstelle.

Marc nutzte die Chance und rappelte sich auf. Er sah mir geschockt in die Augen. Sein Blick war voller Dankbarkeit. Er öffnete seinen Mund und wollte etwas sagen. Ich hielt ihn auf.
,,Wir müssen hier sofort weg!", sagte ich hektisch und zeigte hinter uns. Eine riesige Horde Toter kam auf uns zu. Durch einen Biss erwachte man scheinbar um einiges schneller, als durch eine Spritze.

Wir rannten los zu Dan, der ebenfalls erschrocken dreinblickte. Aus der anderen Richtung kamen ebenfalls die Zombies. Ich raufte mir verzweifelt die Haare. ,,Was jetzt?", rief Marc gegen den Lärm an. Ich sah mich um. Auf dem Boden hatten wir keine Chance. Es waren bereits zu viele. Sie hatten es tatsächlich geschafft, in zwanzig Minuten hunderte Menschen zu infizieren.
Aber wir würden nicht dazu gehören.

,,Da rein!", sagte ich dominant und lief schon auf eines der Hochhäuser zu. Drinnen war ein einziges Chaos. Bestimmt fünfzig Menschen rannten durcheinander. Wir liefen auf direktem Weg zu dem Fahrstuhl. Eine Treppe gab es komischerweise nicht. Ich drückte auf den Knopf und starrte ungeduldig abwechselnd zur Fahrstuhl- und Eingangstür.
Dann endlich sprang sie auf. Mit ihm die Eingangstür. Wir sprangen hinein, wärend hunderte von ihnen ins Gebäude eindringen wollten.
Dan drückte panisch mindestens zehn mal den 'Tür schließen' Knopf, in der Hoffnung so würde es schneller passieren.

Endlich war die Tür zu und ich atmete erleichtert auf, wärend der Aufzug und langsam nach oben fuhr.
,,Lia, danke! Danke, danke, danke!", sagte Marc und nahm beim Reden meine Hand. ,,Ist doch selbstverständlich.", murmelte ich mit einem leichten Lächeln.
,,Nein!", erwiederte Dan sofort, ,,Ich wäre tot ohne dich. Mal abgesehen davon, dass du dich auch in große Gefahr gebracht hast!"
Ich schwieg. Es stimmte zwar, was er sagte, doch ich konnte es nicht zugeben.
,,Und es tut mir so leid, wie ich mich verhalten habe! Wir hätten zusammen halten sollen.", murmelte er.
,,Was? Nein, ich hab mich falsch verhalten. Ich hätte euch mitreden lassen sollen!"
,,Nein, dass-"
,,Ja ihr wart beide nicht so nett zueinander und jetzt vertragt euch.", sagte Dan.
Ich nickte. ,,Es tut mir leid, Marc."
,,Ich verzeihe dir.", lächelte er. ,,Ich dir auch.", erwiederte ich.

,,Und jetzt: Was bitteschön hast du da alleine gemacht und wo sind Holly und Jemma?"

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