»Mission Goldmine« von @SarahsZeilenzauber
Gewinner*in des Breaking In Horses Contests
- ☆ -
»Mission Goldmine« von SarahsZeilenzauber
Der Rauch quoll aus meiner Pfeife und vernebelte mir für kurze Zeit die Sicht. Mein Beine hatte ich überkreuzt und auf einem mir gegenüberliegenden Klappstuhl abgelegt. Der Stuhl, auf dem ich hauptsächlich saß, war mit einem Polster ausgestattet, sodass ich wenigstens einen halbwegs angenehmen Abend hatte. Aber kann man es angenehm nennen, vor einer Goldmiene zu sitzen und darauf zu warten, dass man überfallen wird? Wohl eher nicht. Warum hatte ich dem Angebot nochmal zugestimmt? Ein weiterer Zug aus meiner Pfeife ließen meine Gedanken zu dem Tag schweifen, an dem alles begann.
Ich öffnete die Tür, Gelächter und das Klirren von Flaschen jeglicher Art kamen mir entgegen. Es stank nach Alkohol und die Hocker vor dem Holztresen waren vollständig belegt. Der Tresen spannte sich durch den ganzen Raum und der Barkeeper hatte alle Hände voll zu tun, die Leute zu bedienen. Mit langen Schritten lief ich bis ganz ans Ende des Tresens, in der Hoffnung noch einen Platz zu finden, jedoch ohne Erfolg. Also lehnte ich mich nur gegen die Platte und wartete.
Es dauerte nicht lange und der Barkeeper kam zu mir. Er hatte tiefe Runge unter den Augen, so als hätte er seit zwei Tagen kein Auge zugetan.
„Was darf's sein?"
„Ein Glas Whiskey, bitte."
Der Mann vor mir lachte müde. „Ein ganzes Glas? Da hast du dir aber was vorgenommen."
Er strich sich über seine Bartstoppeln, drehte sich um und bereite meinen Drink zu.
„Setz dich doch zu mir", meinte ich. Der Barkeeper schaute sich um.
„Tut mir leid, aber das geht gerade nich. Ich muss auf meine Ablösung warten. Dann nehme ich dein Angebot gerne an."
Gesagt getan. Ich hatte meinen Whisky halb leer getrunken und mir war etwas schummrig, als sich der Barkeeper neben mich stellte, nachdem er von einem anderen abgelöst wurde. „Oh, warte kurz."
Er ging hinter den Tresen und holte noch zwei Hocker hervor, auf die wir uns fallen ließen.
„Ich bin übrigens Roy", meinte er zu mir.
„Johnny", stellte ich mich vor und nahm nochmal einen Schluck Whiskey. Ich liebte es, wie das Zeug mir die Kehle hinunterglitt und eine brennende Spur hinterließ.
Der andere Barkeeper kam zu uns und Roy bestellte sich ein Getränk, dessen Namen ich noch nie gehört hatte.
„Was verschlägt dich denn in diese Gegend?", wollte Roy wissen. „Du siehst nich wie einer aus, der viel und gerne Mist baut."
„Mhh, bin ich auch nicht." Ich nahm noch einen weiteren Schluck, vielleicht um mich zu überwinden, weiter zu sprechen. Mit Fremden über meine Vergangenheit zu rede , viel mir immer etwas schwer.
„Ehrlich gesagt, ich war Polizist."
„Is jetzt nich dein Ernst!" Roy schaute mich ungläubig an und nahm seinen Drink entgegen. Er hob das Glas an die Lippen und nippte leicht daran. Trotzdem schüttelte er sich. Wow, das Zeug musste ziemlich stark sein.
„Doch. Ich habe vor ein paar Monaten meinen Job verloren und bin jetzt arbeitslos."
„Das is übel. Vielleicht könntest de hier als Barkeeper anfangen. Is kein schlechter Job."
Eigentlich keine so üble Idee, aber vom Polizist zum Barkeeper... Naja, das entsprach nicht so wirklich meinen Vorstellungen.
Auf einmal drehte sich ein Typ, der mit dem Rücken zu mir auf dem Hocker neben meinem gesessen hatte, um.
„Ich hätte da eine bessere Idee."
So kam es, dass ich den reichen Eisenbahnmagnaten Red Cogburn kennenlernte. Er hatte mitgehört, was ich Roy erzählt hatte, und mir einen Job angeboten. Im Nachhinein überlegte ich, ob es so eine gute Idee gewesen war, ihn anzunehmen. Der Job war gefährlich, aber wurde gut bezahlt. Ich sollte die wertvollste Goldmine von Red überwachen. Warum? Eine gerissene Bande von Goldgräbern, hatte schon zwei Minen von ihm geplündert und Red hatte niemanden gefunden, der freiwillig seine Mine zu bewachen half. Ich kam ihm „gerade recht", wie er genau sagte, als wir alles ausgemacht hatten. Das schlimmste war gar nicht das bewachen an sich, nein. Das schlimmste war meine Gehilfe beim bewachen.
Aus der Höhle ertönte ein ohrenbetäubendes Brüllen. Die Sonne verschwand gerade hinter den letzten Bäumen und tauchte den Himmel in ein tiefes Rot. Es wurde Zeit. Ich musste Riley füttern und rauslassen.
Die Mine war dunkel und ich war umso mehr dankbar, dass ich eine Fackel dabei hatte. Ich musste nur geradeaus gehen, meine Schritte hallten von den Wänden wider. Die Fackel brachte ich an der Wand an, um den gesamten Gang erleuchtet zu haben. Ich erreichte nach kurzer Zeit einen großen Raum und mein Herz blieb fast stehen: Vor mir, in einem Metallkäfig saß ein riesiger Braunbär, der nicht gerade freundlich aussah, als er sein Maul aufriss und seine fingerlangen Eckzähne entblößte. Nervös wischte ich mir eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht, meine Stirn war nass vor Schweiß. Wie um Himmels Willen sollte ich diesen Bären nach draußen bekommen, ohne dabei als sein Nachtisch zu enden?! Draußen musste ich ihn dann nur noch anketten und mich aus der Gefahrenzone begeben.
Ich blickte mich in der Höhle um und sah an der Wand ein Paket, in dem wohl das frische Fleisch untergebracht war, dass ein Mitarbeiter von Red jeden Morgen vorbeibrachte, wenn Riley schlief. Neben dem Karton lag ein sehr sicher aussehendes Seil. Als Polizist musste ich immer die Möglichkeiten analysieren und auswerten. Möglichkeit eins wäre hier, die Steaks nach und nach zu verfüttern, während ich das Seil als Lasso werfe, um den Bären nach draußen zu befördern. Möglichkeit war ähnlich, nur, dass ich diesmal eine Spur aus Fleisch legte, damit der Bär sich sich nicht auf mich fokussierte, während er nach draußen lief. Möglichkeit drei wäre, einfach abzuhauen und das alles hinter mir zu lassen. Diese Option wäre eigentlich mein Favorit, aber das ging natürlich nicht. Nach kurzem überlegen entschied ich mich für Möglichkeit zwei.
Ich nahm das rohe Fleisch in die Hände und begann eine gleichmäßige Spur nach draußen zu legen. Zehn Meter von einem breiten Pfosten draußen entfernt, legte ich die letzten drei Steaks hin. So konnte ich das Seil am Pfosten befestigen, ohne das Riley mir zu nahe kam. Die Nacht war inzwischen angebrochen. Sterne glitzerten am wolkenlosen Himmel und ich erkannte auf den ersten Blick zwei Sternbilder. Doch dafür hatte ich keine Zeit, ich musste einen Bären füttern.
Riley rauszulassen entpuppte sich als die schwierigste Aufgabe. Nicht nur, weil sie ein sehr stures Weibchen war, auch weil ich ehrlich Angst hatte. Als Polizist zu arbeiten war zwar gefährlich gewesen, aber immerhin hatte ich immer eine Pistole zur Verteidigung dabei gehabt. Jetzt hatte nichts, bis auf die Fackel, die ich auf halbem Weg an die Wand gehängt hatte. Trotz der nächtlichen Dunkelheit war es ungewöhnlich hell, warum, merkte ich erst, als ich nach oben schaute. Die Decke hatte tatsächlich Löcher, die das Mondlicht durchließen und reflektierten, sodass die Mine hell erleuchtet wurde.
Ich musste mir mehr als nur einen Ruck geben, aber schließlich war ich soweit. Ich schritt auf den Käfig zu, bereits zwei Steaks in der einen Hand, das Seil mit Knoten in der anderen. Und dann ging alles ganz schnell. Ich öffnete den Käfig, warf die Steaks von mir und stellte mich in Position, um mein Seil auszuwerfen. Der Bär hetzte los, dem Fleisch hinterher, ich holte aus und... traf! Riley merkte gar nicht, dass sie gefangen war und für mich interessierte sie sich noch weniger. Sie lief einfach der Fleischspur hinterher, sodass ich Mühe hatte, zu folgen. Draußen angekommen, band ich das Weibchen an den Pfosten und machte, dass ich aus ihrer Angriffszone kam.
Ich runzelte die Stirn, als ich mich auf meinen Klappstuhl fallen ließ. Das ging leicht, zu leicht. Kurze Zeit war es still, nur das Schmatzen von Riley war zu hören. Und dann vernahm ich ein Geräusch. Hufgetrappel, eindeutig die Hufe von Pferden. Riley stellte die Ohren auf, fraß aber konzentriert weiter. Kurz darauf sah ich sie. Ich wusste nicht, wie viele es waren und wie stark sie waren, aber ich wusste genau, wer sie waren. Ich würde gleich einer der gefürchtetsten Banden des Wilden Westens gegenüberstehen, mit nichts weiter ausgerüstet, als einem Klappstuhl und einem gut gepolsterten Stuhl. Es war mein Ende, als ich ich die Pferde mit ihren Reitern auf mich zukommen sah. Das letzte, was ich wahrnahm, war das Schreien von Männern, das Brüllen von Riley und ein stechender Schmerz in meinem Kopf. Dann wurde alles schwarz.
Ich schlug die Augen auf, mein Kopf pochte und ich konnte mich nicht daran erinnern, wo ich war. Alles war weiß und steril. Die Erinnerungen an die vergangen Wochen im Wilden Westen kamen zurück, die Kneipe, der Bär, der Kampf. Plötzlich hörte ich eine Stimme und eine Frau mit schwarzen Locken stürzte auf mich zu. „Er ist wach! Er ist wach!", rief sie hysterischen und fiel mir um den Hals.
„Wa...was ist passiert?", fragte ich ganz benommen.
„Du hattest einen Autounfall, als du auf Streife warst. Du bist zum Glück mit einer schweren Gehirnerschütterung davon gekommen, es ist ein Wunder, dass du überlebt hast!"
Meine Erinnerungen waren wie ausgelöscht, aber tief im inneren wusste ich, dass es meine Frau war, mit der ich sprach.
„Wie lange war ich bewusstlos?"
„Fast zwei Tage!"
Ich runzelte die Stirn. Also war das alles nur ein Hirngespinst gewesen? Schien so. Ich musste fast über meine eigene Fantasie lachen, aber das war wirklich der falsche der falsche Zeitpunkt.
Stattdessen sagte ich: „Ich muss dir eine Geschichte erzählen."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top