81. Offenheit
Magenknurren durchbrach die Stille. Magnus und Alec lagen noch immer eng umschlungen unter der Fleecedecke im Zelt. Alec hob seinen Kopf von Magnus' nackter Brust und sah ihn an.
„Hast du Hunger?" fragte er.
Magnus grinste. „Wie kommst du denn darauf?"
Alec stützte sich hoch und suchte seine Boxershorts.
„Naja, von dem Krach ist mir gerade fast das Trommelfell geplatzt." spaßte er. „Allerdings sind unsere Burger jetzt vermutlich kalt."
Magnus zuckte mit den Schultern. „Na und? Wir sind ausgehungerte Teenager, als würden wir uns vor kalten Burgern scheuen."
Alec lachte. „Da hast du recht."
Beide zogen sich Jogginghosen und Hoodies an und setzten sich dann gemütlich ans Ufer des Sees. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und die ersten Sterne waren am klaren Himmel zu sehen.
„Ich hab schon besser gegessen." murmelte Magnus mit vollem Mund.
„Du wolltest ja vorher nicht."
„Hat dir die Alternative nicht zugesagt, Alexander?"
Alec schluckte.
„Doch, sehr sogar. War es denn.. also.. okay für dich?" fragte er vorsichtig.
Magnus lächelte und nahm seine Hand.
„Unfassbar, dass du das fragst. Man könnte fast meinen, du wärst nicht dabei gewesen."
Alec spürte, dass seine Wangen schon wieder rot wurden. Selbst im Dunkeln entging Magnus dieses Detail nicht, denn er strich liebevoll mit seinem Finger über Alecs Wange.
„Und dass du immer noch rot wirst, nach allem, was wir schon getan haben, finde ich unglaublich süß."
Alec zog seine Augenbrauen zusammen.
„Du findest mich süß?" fragte er skeptisch.
„Zuckersüß." Magnus küsste sein Ohrläppchen. „Und ich würde es gar nicht anders haben wollen."
Am Morgen erwachte Magnus von einem Rascheln. Verschlafen schlug er die Augen auf, Alec lag noch neben ihm und schlummerte tief und fest.
Das Rascheln schien von außerhalb ihres Zelts zu kommen. Vorsichtig rüttelte Magnus an Alecs Arm.
„Alec," flüsterte er. „Wach' auf."
„Es ist Sonntag, mach die Augen nochmal zu," nörgelte Alec im Halbschlaf.
„Nein." Magnus rüttelte ihn nun heftiger. „Da draußen ist irgendwas. Ich glaube, es ist ein Bär."
Alec schlug die Augen auf und blickte ihn überrascht an.
„Hörst du das?"
Erneutes Rascheln und leises Kratzen.
Alec setzte sich auf und kroch zum Zelteingang.
„Was hast du vor?" zischte Magnus.
„Nachsehen?"
„Aber wenn es ein Bär ist.."
„Werde ich ihn sehen. Hast du etwa Angst, Magnus?"
Magnus' Augen waren riesengroß und er atmete schnell und flach.
„Du hast Angst," stellte Alec fest.
„Du etwa nicht?" fragte Magnus erstaunt.
„Ich gucke erst mal nach."
Bevor Magnus ihn aufhalten konnte, hatte Alec den Reißverschluss ein Stück geöffnet und seinen Kopf hindurch gesteckt.
Magnus kroch währenddessen in den hintersten Teil des Zelts, seine Hände zitterten unkontrolliert und er starrte Alec ängstlich hinterher. Dieser zog seinen Kopf kurze Zeit später wieder zurück ins Zelt und schloss den Reißverschluss. Ernst sah er Magnus an.
„Es ist tatsächlich ein Bär."
Magnus wurde kreidebleich, nur auf seinen Wangen waren hektische rote Flecken zu sehen.
Alecs Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
„Ein Waschbär," kicherte er.
„W-was?"
„Da ist ein Waschbär, der gönnt sich gerade unsere Burgerreste."
Alec zog den Reißverschluss ganz auf und nun konnte auch Magnus den Waschbären sehen, der sich seelenruhig den Rest seines kalten Burgers schmecken ließ und sich nicht von den beiden Beobachtern stören ließ.
Erschöpft fuhr Magnus sich mit der Hand über sein Gesicht und stöhnte.
„Ach, Magnus," witzelte Alec. „Ich beschütze dich vor dem großen, bösen Bären." Lachend hielt er sich den Bauch.
„Ha ha, sehr witzig," meckerte Magnus und streckte ihm die Zunge raus.
Am späten Nachmittag kamen Alec und Magnus wieder zu Hause an. Adam und Maryse kamen ihnen Händchen haltend entgegen.
„Da seid ihr ja wieder," freute sich Adam. „Hattet ihr einen schönen Zeltausflug?"
„Ja, bis auf den Zusammenstoß mit dem Bären." grinste Alec und ignorierte Magnus' giftigen Blick in seine Richtung.
„Bären?" fragte Maryse entsetzt.
Erneut musste Alec lachen. „Ja, Waschbären."
Maryse und Adam lachten nun auch erleichtert.
„Wo wollt ihr denn hin?" fragte Magnus, um schnell das Thema zu wechseln.
„Wir gehen ein bisschen spazieren und vielleicht noch einen Happen essen. Izzy hat die anderen drei eingeladen, ihr wolltet wohl einen DVD-Abend machen?" erklärte Adam.
„Ja, das hatten wir tatsächlich irgendwann vor." stimmte Alec ihm zu.
„Dann macht euch einen schönen Abend, wir sehen uns später." verabschiedete sich Maryse und gab beiden Jungs einen Kuss auf die Wange.
Gerade, als Magnus und Alec ins Haus gehen wollten, fuhr schon Simons Auto vor.
„Hey, Simon." begrüßte Alec ihn wie immer, während sein Kumpel auf ihn zukam.
Simon zeigte nur mit seinem Finger von Magnus zu Alec und wieder zurück.
Zögerlich blickte Alec auf den Boden und räusperte sich. Magnus hingegen wich Simons Blick nicht aus.
„Hast du ein Problem damit, Lewis?" fragte er herausfordernd.
Simon sah ihn verblüfft an.
„Nein!" widersprach er. „Natürlich nicht."
Er zögerte kurz und fügte dann zögerlich hinzu: „Mit was überhaupt?"
Alec konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Dass Magnus und ich zusammen sind." sagte er jetzt mit fester Stimme.
Simon blickte zwischen ihnen hin und her.
„Seid ihr denn glücklich?" fragte er.
Alec und Magnus nickten und Simon antwortete mit einem Schulterzucken. „So bringt ihr euch wenigstens nicht gegenseitig mit euren Streichen um." stellte er fest. „Ich freu mich für euch."
„Danke, Kumpel." bedankte sich Alec und klopfte ihm auf die Schulter, ehe sie gemeinsam das Haus betraten.
Clary und Jace kamen etwa eine Stunde später und Jace hatte beide Arme voller Chipstüten.
„Was gucken wir denn?" fragte Clary aufgeregt, während Jace die Tüten unzeremoniell auf den Couchtisch fallen ließ.
„Transformers!" schlug Jace vor. Simon nickte begeistert, doch Clary und Izzy einigten sich mit einem Blick.
„Nein!" kam es von beiden wie aus einem Mund.
„Wie wäre es mit ‚Nur ein kleiner Gefallen'?" meinte Clary und Izzys Augen glänzten vor Freude.
„Langweilig!" gähnte Jace und Simon lachte laut auf.
Magnus kam mit einer Schale voller Gummibärchen aus der Küche und sagte: „Warum gucken wir nicht 'Happy Death Day'?"
„Happy was?" fragte Jace.
Izzy klatschte begeistert in die Hände und auch Simon schien zufrieden. Clary lächelte ebenfalls und erklärte Jace kurz, dass eine Blondine in dem Film den gleichen Tag immer und immer wieder erlebt und jedes Mal auf eine andere Art getötet wird. Mehr brauchte sie nicht sagen, denn Jace saß bereits erwartungsvoll auf einem der beiden Sofas.
Clary kuschelte sich dicht neben ihn, während Izzy es sich auf Simon's Schoß auf dem Sessel bequem machte. Alec kam mit Gläsern und Getränken aus der Küche und setzte sich auf das noch freie Sofa.
„Was gucken wir?" fragte er, denn er hatte die Diskussion nicht mitbekommen.
„Happy Death Day" antwortete Magnus, der gerade den Film einlegte und startete.
„Cool, den wollten wir ja ohnehin schon seit Ewigkeiten gucken."
Magnus setzte sich neben Alec und lehnte seinen Kopf an dessen Schulter. Alec legte seinen Arm um Magnus und streichelte ihn sanft.
„Seid ihr jetzt neidisch, weil ihr keinen zum Kuscheln habt?" gluckste Jace, während Clary beide nur mit großen Augen anstarrte.
Alec und Magnus sahen sich kurz in die Augen und dann zurück zu beiden.
„Wieso? Haben wir doch," grinste Magnus.
Jace zog seine Stirn in Falten und schien zu grübeln.
Clary schaltete bedeutend schneller und flüsterte ein leises „Oh mein Gott!"
Alec grinste schief und zog Magnus noch näher an sich.
„Ihr.." begriff Jace plötzlich. „Cool!"
Alec lachte auf. „Ja, Jace. Ich find's auch cool."
„Aber.." fügte Magnus hinzu und wand sich damit auch an alle anderen. „Wir möchten das gern unter uns behalten. Wir haben nur noch das letzte Schuljahr vor uns und keine Lust auf dummes Gerede von Leuten, die uns eh nicht interessieren."
Jace, Simon, Clary und Izzy nickten aufrichtig und stimmten zu. Sie würden schweigen.
„Geil, wie ein Geheimclub!" freute sich Jace.
Clary stand auf und streckte ihre Arme nach Alec und Magnus aus. „Aber jetzt muss ich euch umarmen. Ich freue mich so für euch." quietschte sie aufgeregt und fiel beiden lachend in die Arme.
„Moment," fiel Simon ein, nachdem Clary sich wieder an Jace geschmiegt hatte. „Was ist jetzt mit der Hochzeit eurer Eltern? Seid ihr dann nicht Stief-Geschwister? Ist das nicht illegal?"
Magnus und Alec schüttelten ihre Köpfe.
„Also," begann Magnus. „Illegal ist es nicht, wir sind ja nicht blutsverwandt. Jedoch hatten Maryse und mein Dad ähnliche Sorgen, insbesondere, wie die Leute darauf reagieren würden. Nicht alle Menschen sind so tolerant und verständnisvoll wie ihr."
„Dann sind die anderen wohl alle einfach ein bisschen dumm," mischte Jace sich entschlossen ein.
„Das mag sein," kam es nun von Alec. „Nichtsdestotrotz haben unsere Eltern unser Glück über ihr eigenes gestellt und werden nicht heiraten."
„Was?" fragte Clary nun entsetzt. „Aber sie haben sich doch gerade erst wieder vertragen."
„Oh, nein nein." sagte Izzy. „Sie bleiben zusammen. Aber es wird keine Hochzeit geben."
Clary sah sie mitleidig an, sie wusste, wie sehr ihre beste Freundin sich auf die Hochzeit gefreut hatte.
„Ja," fuhr Magnus nun fort. „Wir haben heute morgen noch ausgiebig darüber gesprochen. Natürlich wollten wir nicht, dass sie ihre Lebensplanung wegen uns über den Haufen werfen."
Alec lachte. „Aber meine Mutter ist der größte Sturkopf und Adam in der Hinsicht offenbar auch."
Magnus und Izzy nickten zustimmend.
„Oh ja," erklärte Magnus. „Als wir uns weigern wollten, ging ein Theater los.. ich hatte schon Angst, wir bekommen Hausarrest und Fernsehverbot."
„Also.. lebt ihr einfach alle zusammen, ohne Doppelnamen oder sowas. Wie eine Patchwork-Familie." fasste Simon zusammen.
„Genau," bestätigte Izzy glücklich.
„Fernsehverbot ist richtig blöd," überlegte Jace laut.
Alle brachen in lautes Gelächter aus.
„Vielleicht fangen wir dann jetzt mal mit dem Film an." schlug Magnus vor und drückte auf Play.
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So, das war das vorletzte Kapitel.
Eine wunderbare Story mit Höhen und Tiefen, Lachen und Weinen geht zu Ende.
Wir sind einfach sprachlos über Eure unzähligen Kommentare, Sternchen und grenzenlose Unterstützung.
Vielen, vielen, vielen Dank für alles!
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