13. Der Morgen danach

Unaufhörlich pochende Kopfschmerzen und nervtötendes Schnarchen rissen Alec aus seinem komatösen Tiefschlaf. Seine Kehle fühlte sich vollkommen ausgetrocknet an, seine Lippen spröde und ein widerwärtiger Geruch lag in der Luft. So roch es wohl, wenn man eine Flasche Tequila ausschwitzte, dachte sich Alec. Er konnte sich nicht mal mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal einen Kater hatte. Diesen hier würde er so schnell wohl nicht vergessen. Widerwillig öffnete er die Augen, denn lautes Schnarchen war immer noch zu hören, obwohl Alec jetzt wach war. Die Sonne schien strahlend hell ins Zimmer, es war vermutlich schon Mittag. Alec schreckte geschockt hoch und traute seinen Augen nicht. Wieso lag ein fremder schnarchender Kerl in seinem Bett und warum schien er nackt zu sein?
,Oh mein Gott, bitte nicht. ' flehte er zu sich und allen Universen da draußen.
Mit zittrigen Fingern und angehaltenem Atem hob Alec vorsichtig die Bettdecke und machte sich auf das Schlimmste gefasst.
Erleichtert atmete er auf. Glücklicherweise trug der mysteriöse Fremde, so wie er selbst, noch eine Boxershorts. Es war also nichts passiert. Natürlich war nichts passiert. Alec stand ja nicht auf Männer, egal wie betrunken er auch gewesen sein mag, er hätte nie..

Dennoch machte das alles keinen Sinn. Grübelnd fuhr er sich mit beiden Händen in seine verwuschelten Haare, zog verzweifelt an ihnen und versuchte gleichzeitig das schmerzende Pochen in seinem Kopf zu ignorieren.
Es sei denn..
Sein Blick fiel auf die Badezimmertür und Alecs Pupillen weiteten sich schlagartig.
"Dieser verdammte.."
Er schlug die Bettdecke weg und stürmte ins Badezimmer, ohne sich vorher bemerkbar zu machen.
Magnus hatte sich gerade ein Handtuch um die Hüfte geschlungen, er kam offensichtlich frisch aus der Dusche, denn seine schwarzen Haare waren noch ganz nass und klebten an seinem Gesicht.
"Spinnst du, schon mal was von Privatsphäre gehört?" schnauzte Magnus.
Alecs Brust hob sich rasch und er spürte schlagartig den Restalkohol in seinen Adern, denn das Bad schien leicht zu schwanken. Vermutlich hätte er nicht so übereilt aus dem Bett springen sollen. Er versuchte, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
"Äh, hallo?"
"Als ob du dich je um meine geschert hättest."
"Was?" fragte Magnus verwirrt.
"Als ob du dich je um meine Privatsphäre geschert hättest." wiederholte Alec angestrengt und öffnete seine Augen.
Sein Blick bohrte sich in Magnus und eine Zeit lang sagte niemand etwas.
Magnus grinste leicht.
"Touché. Also was gibt's so Dringendes Lightwood, dass du meine morgendliche Pflege und Ruhe störst?"

Alec deutete angestrengt mit dem Finger auf sein Zimmer. "Wie kommt dieser Typ in mein Bett?"
Magnus ging gespielt unschuldig und unwissend zu Alecs Zimmer, blieb aber im Türrahmen stehen und lächelte amüsiert.
"Ich kann zwar sein Gesicht nicht erkennen, aber der Rest sieht ganz passabel aus. Glückwunsch, Lightwood. Hast du endlich auch jemanden abbekommen."
Magnus wollte ihm gerade anerkennend auf die Schulter klopfen, als Alec seine Hand hart wegschlug.
"Hör auf mit dem Scheiß! Ich frage dich ein letztes Mal. Wie kommt dieser Typ in mein Bett?"
"Woher soll ich das wissen? "
"Glaub' mir, ich rieche es kilometerweit, wenn du deine Finger im Spiel hast und es stinkt gewaltig nach Magnus Bane."
"Na na na, kein Grund gleich beleidigend zu werden. Kannst du dich überhaupt an den gestrigen Abend erinnern? Du warst nämlich rotzevoll."
Alec versuchte, die vergangenen Erinnerungsfetzen zusammenzusetzen, aber wirklich erfolgreich war er dabei nicht.
"Egal, was du mir damit sagen willst, ich habe diesen Typen bestimmt nicht in mein Bett eingeladen."
"Bist du dir sicher?"
"Bin ich. Ich bin ja nicht du, der mit dem erstbesten Typen rummacht."
"Stimmt, nur mit der erstbesten."
"Was? Wovon redest du?"
Magnus grinste triumphierend, antwortete aber nicht auf Alecs Frage.
"Ach, vergiss es. Vielleicht sollten wir ihn einfach fragen, bin gespannt, was er dazu sagt." schlug Alec vor.
"Na dann viel Glück dabei, er war gestern noch voller als du als.." plapperte Magnus wild drauf los.
Alec zog scharf die Luft ein und seine Augen wurden urplötzlich riesengroß.
"Oops. Da habe ich mich wohl verplappert." tat Magnus überrascht.
"Du dreckiger.. " Alec wollte Magnus gerade an die Gurgel gehen, als Izzy ohne Vorwarnung in Alecs Zimmer platzte.
Magnus seufzte. „Klopft hier denn niemand mehr an?"
"Alec, Magnus, Gott sei Dank, ihr seid schon wach."
"Was ist los, Iz?" fragte Alec angespannt, ohne seinen Blick von Magnus zu lösen. Izzys Blick hingegen blieb an dem Kerl in Alecs Bett hängen. "Äh, Alec? Du weißt, dass da ein halbnackter Typ in deinem Bett liegt?" Geschockt und voller offener Fragen wartete sie auf irgendeine plausible Erklärung für diese Situation.
"Es ist nicht so, wie es aussieht."
"Das sagen sie alle.." witzelte Magnus hämisch.
Alec kniff vor Wut seine Augen zu Schlitzen zusammen, was Magnus' Grinsen nur noch breiter werden ließ.
"Ist ja jetzt auch völlig egal. Mum und Adam haben gerade angerufen, sie werden in drei Stunden hier sein."

Obwohl Alec geschworen hatte, nicht beim Aufräumen zu helfen, hatte er jetzt doch irgendwie ein schlechtes Gewissen, nachdem er sich am Abend zuvor so abgeschossen hatte. Er konnte Izzy und Magnus mit diesem Schlamassel nicht allein hängen zu lassen. Naja, eigentlich hatte er nur wegen Izzy ein schlechtes Gewissen. Sie hatte ihm beim Aufräumen einiges über den gestrigen Abend erzählt. Irgendwie schafften es die Drei, rechtzeitig die Spuren der gestrigen Party zu beseitigen, allerdings hatten sie keine Zeit mehr um den ganzen Müll zu entsorgen. Sie mussten sich dafür also etwas anderes einfallen lassen.

Alec stürmte in sein Badezimmer und schlüpfte eilig unter die Dusche, nachdem Izzy ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er wie ein verwesendes Tier stank. Er hatte nur noch fünfundzwanzig Minuten bis Maryse und Adam zurück sein würden, aber er war ein Meister in blitzschneller Katzenwäsche. Noch halbnass und mit Zahnbürste im Mund eilte er zu seinem Kleiderschrank und griff nach einer frischen Boxershorts. Sein Blick huschte wie in Zeitlupe zu seinem Bett.
Es war leer.
Seine Zahnbürste fiel ihm vor Schreck aus dem Mund.
Scheiße. Der fremde Typ. Wo war er? Alec hatte ihn völlig vergessen. Doch er konnte nicht weit gekommen sein, denn seine Sachen lagen noch auf dem Boden verteilt herum.
Panik machte sich in Alec breit und er beschloss, die Person aufzusuchen, die die alleinige Schuld an dieser ganzen Misere trug.

Alec sprintete halbnackt und unüberlegt in Magnus' Zimmer und blieb verdutzt an der geöffneten Tür stehen. Das ganze Zimmer war voll mit Müllsäcken und Alkoholflaschen. Sie hatten keine Zeit gehabt, den ganzen Müll aus dem Haus zu schaffen, also hatten sie sich darauf geeinigt, dass Magnus' Zimmer erstmal als Mülldeponie herhalten müsste, da er als einziger sein Zimmer abschließen durfte. Sie würden dann morgen nach der Schule, wenn Maryse und Adam auf der Arbeit waren, den Rest entsorgen.

Magnus' Blick blieb überrascht bei Alec hängen.
"Magnus, wir haben ein Problem." brachte er atemlos hervor.
Magnus hatte sich noch nicht wieder gefangen und starrte Alecs feuchten, fast nackten Körper weiterhin unverwandt an.
"Magnus?"
"Ich habe gehört was du gesagt hast, ich bin ja nicht taub."
"Der Fremde aus meinem Zimmer ist verschwunden."
"Vielleicht ist er einfach gegangen."
"Ist er nicht, seine ganzen Sachen sind noch da."
"Interessant."
"Du wirst ihn jetzt suchen, denn du hast ihn in mein Bett gelassen."

"Was soll das heißen er ist weg?" fragte Alec geschockt.
"Das soll heißen er ist w-e-g. Soll ich es dir vielleicht aufschreiben?"
"Findest du das vielleicht witzig?"
"Ehrlich gesagt, schon ein bisschen."
"Hey Jungs, wir haben für eure Zickereien jetzt keine Zeit." ermahnte Izzy die beiden.
"Magnus, hast du denn wirklich überall nachgesehen? Er wird ja nicht ohne Klamotten das Haus verlassen haben."
"Ich schaue noch im Keller nach, da war ich noch nicht."
Alec hob skeptisch seine Augenbrauen. „Ich kann mir nicht vorstellen, was er dort suchen sollte."
"Vielleicht seinen verlorenen Prinzen?" stichelte Magnus erneut.
"Magnus! Es reicht!" schrie Izzy.
Augenblicklich hörten sie die Eingangstür aufschwingen.
"Huhu, ihr Lieben, wir sind zurück." trällerten Maryse und Adam.
"Fuck." entkam es allen gleichzeitig.
"Okay, bloß keine Panik, jetzt nur nicht ausrasten." versuchte Izzy sich selbst zu beruhigen.
"Izzy?" kam es von Magnus und Alec.
Sie atmete tief durch und strotzte nun vor Entschlossenheit. „Alec du kommst mit mir und Magnus.. schaff uns diesen Typen aus dem Haus!"

Izzy und Alec begrüßten Maryse und Adam und versuchten dabei, so locker wie möglich zu wirken. Innig umarmte Izzy ihre Mutter und auch Adam, den sie bereits in ihr großes Herz geschlossen zu haben schien. Alec hingegen konnte sich noch nicht zu einer Umarmung durchringen und stand peinlich berührt vor Adam. Glücklicherweise nahm er Alec die Entscheidung ab, berührte ihn an der Schulter und drückte mit der Hand leicht zu, während er ihn aufmunternd anlächelte. Alec war mit dieser Art von Körperkontakt sehr einverstanden und schenkte Adam ein ehrliches Lächeln.
"Wo ist eigentlich Magnus?" wollte Adam wissen.
"Äh.. er zieht sich nur gerade noch was Trockenes an, er war noch im Pool schwimmen." log Alec.
"Ach so, ja er ist 'ne richtige Wasserratte, weißt du?" ein sentimentaler Blick lag in seinen Augen.
"Wirklich?" Alec wusste nicht, was er mit dieser unbedeutenden Information anfangen sollte, aber urplötzlich wurde er an die Situation erinnert, in der er Magnus unsanft in den Pool befördert hatte. Ein amüsiertes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Magnus hatte es einfach nicht kommen sehen, natürlich nicht und sein fassungsloser Blick.. Unbezahlbar, dachte sich Alec. Magnus sah aus wie ein süßer, kleiner begossener Pudel. Nicht süß, nur wie ein begossener Pudel, berichtigte er sich selbst und beendete damit seinen inneren Monolog.

"Und wie war es in Idris? Wir wollen alles wissen." plapperte Izzy euphorisch drauf los. Sie wusste, dass ihre Mutter es vermutlich nicht erwarten konnte, alle Details haarklein zu erzählen, untermalt von zahlreichen Fotos. Das würde ihr, Alec und Magnus erst einmal etwas Zeit verschaffen.
"Oh es war wunderschön.." schwärmte Maryse, die sich bei ihrer Tochter liebevoll einhakte.
"..Es stimmt, was man sagt: Idris gleicht wirklich einer gläsernen Stadt. Und die vielen Märkte und.."

Alecs Aufmerksamkeit galt plötzlich nicht mehr länger der Unterhaltung, sondern verlagerte sich auf ein Objekt hinter ihnen.
Er traute seinen Augen nicht, als er den mysteriösen Fremden aus seinem Bett nun verwirrt und immer noch nur in Boxershorts bekleidet, hinter Maryse und Adam und Izzy stehen sah. Geschockt starrte er durch den Spalt zwischen Maryse und Adam und spürte Hitze in sich aufsteigen.
Okay, das war's, jetzt waren sie alle am Arsch. Dafür würde ihnen wohl keine plausible Erklärung einfallen. Es müsste ein Wunder geschehen, das sie alle aus dieser prekären Lage retten würde. Wie auf's Stichwort tauchte Magnus hinter dem Kerl auf, brachte ihn mit seiner Hand auf dessen Mund zum Schweigen und schleifte ihn, wie ein Profikiller, eilig aus dem Flur. Maryse und Adam folgten verwirrt Alecs geschocktem Blick. Doch hinter ihnen war nichts weiter zu sehen.
"Alec? Ist alles in Ordnung? fragte Adam besorgt.
"Mmmh? Ja, alles bestens, mir ist nur gerade eingefallen, dass ich noch etwas Wichtiges für die Schule machen muss. Das hatte ich völlig vergessen." log er gespielt.
Maryse lächelte liebevoll. „Na, wenn's weiter nichts ist."

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