Chapter forty six
"Komm endlich Mara, du trödelst schon wieder." Genervt verdrehe ich meine Augen, während Leci meinen Arm packt und mich zu unserem nächsten Fach zieht. Geschichte. Geschichte ist eines der langweiligsten Fächer die ich kenne und das liegt mal wieder ganz allein an dem Lehrer oder in unserem Fall wohl eher der Lehrerin. Obwohl man Frau Kaiser durchaus auch für einen Mann halten könnte, mit dem leichten Damenbart, der ziemlich breiten Statur und dem dickeren Bauch, sowie ihren bereits ausgedünnten Haaren. Das einzig gute ist, dass sie mich nicht hasst. Endlich mal ein Lehrer der es nicht auf mich abgesehen hat, sondern mich eher mag. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die einzige bin, die auf ihre Fragen streckt und die Antworten weiß. Ja ich bin ein kleiner Streber, aber wenigstens kein Schleimer!
Gelangweilt lasse ich mich auf einen Platz in den hinteren Reihen fallen. Leci tut es mir nach und so warten wir das die Stunde endlich beginnt und hoffentlich auch bald wieder aufhört. Frau Kaiser ist bereits mitten in irgendeiner Erklärung, als die Tür aufgeht und Juan eintritt. Ohne sich zu entschuldigen, schlendert er lässig auf mich zu und lässt sich auf dem freien Platz neben mir nieder. Frau Kaiser macht weiter wie wenn nicht gewesen wäre. Währenddessen starre ich Juan unauffällig von der Seite an. Die letzten zwei Wochen war unser Verhältnis relativ gut. Nachdem ich den anderen alles erklärt hatte, haben wir so weiter gemacht als wäre nie etwas gewesen. Natürlich weiß ich, dass ich Juan auf jeden Fall noch auf meine Mutter ansprechen muss, aber ich möchte es so weit es geht heraus schieben. Für weiteren Stress habe ich gerade keinen Nerv. Die Klassenfahrt ging dann relativ schnell voll vorbei. Meistens haben wir mit der Stufe irgendwelche Ausflüge gemacht. An dem Tagen an denen wir kein Programm hatten, waren wir oft am Strand oder mit unserer bestimmten Clique an der Bar oder in der Stadt. Juan gehört auch zu der Clique und wir haben immer mal wieder was zusammen gemacht. Dennoch ist nach dem Kuss nichts großartiges mehr passiert. Er hat sich nicht dazu geäußert und auch ich habe mich nicht getraut ihn zur Rede zu stellen und lieber geschwiegen. Wenn der Kuss etwas für ihn bedeutet hätte, dann hätte er mich bestimmt darauf angesprochen oder wenigstens irgendwie reagiert. Die Stufenfahrt war dann auch mal zu Ende und vor drei Tagen sind wir wieder hier angekommen. Seit dem ist nichts mehr passiert.
"Mara!" Flüstert Alecia von der Seiten meinen Namen und pickst mir in die Seite, sodass ich automatisch zusammen zucke und meinen Blick abwende. Erst jetzt bemerke ich das Frau Kaiser geendet hat und anscheinend jeder vorgehen muss um sich einen von den Zetteln zu holen, die auf dem Pult liegen. Langsam erhebe ich mich und laufe auf den Tisch zu, auf meinem Zettel steht die Nummer 5 und eilige zeige ich die Zahl Frau Kaiser, die sich daraufhin etwas notiert. Nachdem jeder eine Zahl gezogen hat, beginnt Frau Kaiser wieder zu sprechen: "Also da jetzt jeder eine Nummer gezogen hat, werde ich nun die Teams vorlesen. Danach gebe ich euch wie vorhin schon erwähnt eine Thema für eure Präsentation." Wiederholt sie noch einmal ihr gesagtes und fängt an die Namen vor zu lesen. Ich höre gar nicht genau hin, bis sie bei mir ankommt.
"Mara ist mit, hm, ah mit Adriana." Sagt sie und geschockt starre ich meine Lehrerin an. Habe ich gesagt das nicht mehr passiert ist? Okay das stimmt nicht so ganz. Adriana ist von ihrer angesehenen Privatschule auf unsere Schule gewechselt und hat zu meinem Bedauern ein paar Kurse mit mir. Unteranderem natürlich Geschichte.
Zögernd stehe ich nach dem Unterricht auf und gehe zu ihr. Kaum bei ihr angekommen, fängt sie schon an los zu reden und mir mit genervtem Ton Anweisungen zu geben: "Also Mara, du kommst morgen um 16 Uhr zu mir, verstanden?" Sie wartet allerdings gar nicht meine Antwort ab, sondern stürmt einfach an mir vorbei aus dem Klassenzimmer.
Auf dem Parkplatz angekommen schaue ich mich überall nach Jen um, kann ihn jedoch nirgends entdecken. Gerade will ich ihn anrufen um zu wissen wo er bleibt, als Juan plötzlich vor mir steht.
"Jen musste dringend noch wo hin, ich soll die nach Hause bringen. Aber davor muss du noch irgendetwas für ihn besorgen." Erklärt mir Juan mit tiefer rauer Stimme und ich bekomme unwillkürlich eine Gänsehaut. Er dreht sich um und schnell folge ich ihm zu seinem Motorrad.
"Seit wann wieder das Motorrad und nicht das Auto?" Frage ich ihn überraschst, aber trotzdem glücklich. Ich mag das Motorrad lieber, als das Auto.
"Seit genau drei Tagen, es war bei der Reparatur und jetzt Steig auf." Er reicht mir einen Helm und kurz zögere ich, bevor ich ihn mir aufsetzte und mich hinter Juan auf sein Motorrad schwinge. Eilig umklammere ich ihn, da wirft er auch schon den Motor an und wir brausen vom Schulhof.
Zehn Minuten später parken wir vor einer Apotheke und verwirrte starre ich Juan an. Häh? Anscheinend sagt mein Gesichtsausdruck schon alles aus, den er fängt an zu schmunzeln und erklärt mir: "Wir müssen doch noch etwas für Jen besorgen und das finden wir hier." Zielstrebig geht Juan in die Apotheke und nach den Dingen, die augenscheinlich auf dem Zettel stehen den er in der Hand hat. Nach einer weiteren viertel Stunde hat er endlich alles zusammen und bezahlt. Ich habe in der Zwischenzeit nicht viel gemacht, außer heimlich seinen Motorradschlüssel gestohlen. Das war schwieriger als Gedacht, da er ihn in seine Jackentasche gestoppt hatte. Durch ein Ablenkungsmanöver konnte ich den Schlüssel aber dann doch ergattern. Schnell renne ich zu seinem Motorrad und setzte einen Helm auf. Juan mustert mich kurz verwirrt, folgt mir aber trotzdem und verstaut die Tüte. In der Zeit habe ich mich auf sein Motorrad geschwungen und den Motor gestartet.
Überrascht und leicht wütend sieht er mich an und kontrolliert ob sein Schlüssel noch da ist. Als er endlich bemerkt das ich ihm seinen Schlüssel gestohlen hat, sieht er mich noch wütender an. Genervt stöhne ich auf, was er allerdings durch den Helm nicht sehen kann. Provozierend tue ich so als wollte ich los fahren und lasse den Motor richtig aufheulen. Schlussendlich setzte sich Juan hinter mich. Allerdings nicht ohne mir noch einmal einen Todesblick zu schenken. Schon brettere ich mit einer viel zu hohen Geschwindigkeit los. Es ist ein tolles Gefühl wieder zu fahren, auch wenn ich immer noch wie früher etwas Angst in den Kurven bekomme, wenn man sich so rein lehnen muss.
So geht es eine ganze Weile und ich lasse einfach nur das Gefühl auf mich einwirken wie der Wind durch meine Haare fährt, die unter dem Helm verstecktes sind und ich die Straße unter den Rädern spüre. Es ist wie ein Stück Heimat. Deshalb achte ich gar nicht mehr auf den Weg oder die Uhrzeit und fahre einfach nur.
Nach einiger Zeit macht sich mein Magen spürbar, der Laut brummt. Zum Glück hört Juan nichts, das wäre echt peinlich gewesen. Ich sehe ein Restaurant an der Seite und fahre raus. Es ist so ein typisches Biker (?) Restaurant, da überall auf dem Parkplatz Maschinen stehen, aber auch Autos stehen dort. Ich steige sowie Juan ab und nehme den Helm ab. Juan lächelt mich fröhlich an, was ich erwidere und man sieht nichts mehr von dem Ärger von vorher.
"Du fährst gut." Meint er auf dem Weg zum Eingang. "Danke ich weiß ich fahr besser als du." Antworte ich scherzend und zwinkere ihm zu. "Überhaupt nicht, ich bin viel besser als du. Ich hab nämlich nicht so viel Angst in den Kurven wie du." Argumentiert er zurück, während wir uns einen Tisch suchen. "Dafür habe ich nicht so eine Hemmung die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht zu beachten." Erwidere ich. "Na ob das was gutes ist?!" Er muss lachen und auch ich stimme mit ein.
"Was darf es sein?" Fragt uns eine Frau. Ich hätte sie auf Mitte zwanzig geschätzt. Sie hat dunkelrot gefärbte Haare und trägt Rollschuhe und so ein Kleid aus den Sechzigern. Wissend grinst sie uns an und wartet auf unsere Bestellung.
"Für mich einen Burger Royal und eine große Pommes mit Cola." Gibt Juan seine Bestellung auf und lächelt mich an. "Ich nehme das gleiche." Sage ich nur. Eilig notiert sich die Bedienung alles und verschwindet wieder in die Küche.
Langsam lasse ich meinen Blick über die anderen Bänke und anwesend wandern. Das Restaurant ist ganz schön besucht. Okay Restaurant ist das falsche Wort, vielleicht Absteige? Ach keine Ahnung. Mein Blick bleibt bei einer Bühne hängen und erst jetzt bemerke ich das dort Karaoke gesungen wird. In diesem Moment kommt unsere Bestellung und wir fangen an zu essen und zu quatschen.
"Ich wette du freust dich nicht zu singen." Meint Juan plötzlich und sieht mich herausfordernd an. Wir diskutieren gerade darüber wer von uns beiden Mutiger ist. Ich natürlich! Das verlangt er doch jetzt nicht wirklich von mir?! Das 'Restaurant' ist immer noch gut besucht und auch einige aus unserem Alter sind da.
"Was bekomme ich, wenn ich es mache?" Frage ich ihn leicht grinsend. Wenn ich mich schon zum Affen mache, dann muss aber was für mich heraus springen. "Ich gestehe ein das du Mutiger bist." Antwortet er, aber ich mache nur eine Handbewegung das er Fortfahren soll. "Ich könnte dich zur Schule fahren?" Schlägt er fragend vor. "Ne dafür habe ich Jen." Meine ich nur lachend und er überlegt weiter. "Okay sagen wir du hast einen Gefallen oder einen Wunsch bei mir frei." Sagt er nach einer Weile. "Drei." Erwidere ich nur und wir starten uns gegenseitig in die Augen. "Zwei." Verhandelt er und ich schlage ein. Zögernd stehe ich auf und mache mich auf den Weg zur Bühne, bevor mich mein Mut verlässt und ich mich nicht mehr traue.
"Welches Lied willst du singen?" Fragt mich ein Mitarbeiter, der am Pult sitzt und alles steuert. Kurz muss ich überlegen, dann entscheide ich mich für Love Myself von Hailee Steinfeld. Ich mag das Lied, es ist relativ neutral und man kann es immer anhören. Für mich macht es ein bisschen Party Stimmung und ist nicht zu traurig. Außerdem stimmt ihre Stimme einigermaßen mit meiner über ein.
Die ersten Takte fangen an und ich beginne zu singen. Dabei versuche ich die Blicke der anderen um mich herum auszublenden, was mir auch immer besser gelingt. Wo meine Stimme zu Beginn noch gezittert hat, klingt sie jetzt klarer. Dennoch bin ich keine großartige Sängerin, man kann es sich anhören, wenn man muss. Aber niemals freiwillig. Nachdem das Lied endlich zu Ende ist laufe ich eilig zu Juan zurück. Dieser mustert mich einerseits überrascht, aber auch leicht beeindruckt. Na an meiner tollen Stimme kann es nicht liegen. Wie verspeisen noch das restliche Essen und bezahlen. Dann fahren wir wieder heim und dieses Mal lasse ich Juan fahren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top