[09]

Jisung PoV

Montag. Ich hasste ihn, denn jedes Mal, wenn wir nach dem Wochenende in die Schule gingen, war ich müde, unausgeschlafen und unkonzentriert. Aber so ging es da vermutlich den meisten Leuten, die sich am Wochenende nicht einfach ausruhten. Meine einzige Motivation diesen Morgen war, dass ich Minho wiedersehen konnte.

Ein wenig lustlos ging ich also über den Schulhof zu meinen Freunden, doch kurz bevor ich bei ihnen war, spürte ich wie mich jemand griff und an sich zog.

"Kidnapper!", rief ich überrascht, ehe ich realisierte, wer das eigentlich war, und sich ein angenehmes Kribbeln in mir ausbreitete.

"Kidnapper? Wo?", hörte ich Minho's Stimme dicht an meinem Ohr.

Ich drehte mich um und blickte direkt in ein Paar wunderschöne, braune Augen.

"Da.", antwortete ich knapp und tippte ihm auf die Brust. "Wobei Dieb besser passt."

"Was hab ich denn gestohlen, Hm? Etwa dein Herz?"

"Nein, meinen letzten Nerv.", meinte ich, woraufhin er mich ein wenig schockiert ansah.

"Das tat weh."

"Sollte es ja auch."

Er nahm mich an der Hand und zog mich zu meinen Freunden.

"Hier, den könnt ihr wieder haben. Der ist mir zu gemein.", meinte Minho.

"Du magst mich trotzdem.", grinste ich.

"Wie kommst du darauf?"

"Naja, als erstes hältst du immer noch meine Hand."

"Und ich werde sie auch nicht loslassen."

"Dann die Zeit, die wir miteinander verbracht haben... Die Dinge, die du gesagt hast... Ich glaube, du magst mich."

"Erwischt.", grinste er.

"Das sind übrigens Chan und Felix.", stellte ich dann meine Freunde vor. "Chan, Felix, das ist Minho."

"Hi.", begrüßten ihn die beiden.

"Und ihr habt das Wochenende zusammen verbracht?"

"Ja, es war toll.", antwortete ich. "Ich hab Minho sogar etwas auf der Gitarre vorgespielt und wir haben gesungen."

"Ohhh, so wie das eine Mal, als wir uns getroffen haben und du gespielt hast.", meinte Felix. "Das war cool. Ich will auch ein Instrument lernen, aber ich hab keine Zeit."

"Ich könnte dir etwas beibringen, wenn du magst.", bot Chan dem jüngeren Australier an.

"Wir könnten uns auch mal wieder treffen und dann können das machen.", schlug ich vor, doch wurde gekonnt ignoriert.

"Was kannst du mir denn zeigen, Chan?"

"Dann halt nicht...", murmelte ich leise. Selbst wenn ich es laut gesagt hätte, hätten sie es vermutlich nicht mitbekommen. Das taten sie nie.

Minho ließ meine Hand los und legte sie stattdessen an meine Hüfte, wobei er mich ein Stück näher zu sich zog.

"Wir können das wieder machen, wenn dir das gefällt."

"Danke, Minho."

"Dafür nicht. Läuft das bei euch eigentlich immer so wie eben?"

"Oft..."

"Ach, Baby...", seufzte er und mein Herzschlag setzte kurz aus.

"Hast du mich gerade 'Baby' genannt?", fragte ich irritiert.

"Vielleicht?"

"Ja, hat er.", grinste Felix, was mich in diesem Moment einfach unglaublich wütend machte.

"Oh, wir haben ja doch noch Ohren für mich.", schnaubte ich.

"Natürlich haben wir Ohren für dich, Jisung. Du weißt doch, dass du immer zu uns kannst und wir dir zuhören, wenn es dir schlecht geht...", meinte Chan vorsichtig.

"Aber auch nur dann! Ihr hört mir nie zu, wenn ich einfach so etwas erzählen will! Ich will auch einfach mal etwas erzählen, was mir passiert ist oder was ich lustig finde!"

"Woah, woah, langsam, Jisung. Wie sollen wir dir denn auch zuhören, wenn du deine Klappe nicht aufmachst?"

"Schon mal darüber nachgedacht, warum ich meine Klappe nicht mehr aufmache, huh? Warum sollte ich reden, wenn ihr mir sowieso nicht antwortet?"

"Jisung, wir haben da doch schon mal drüber gesprochen..."

"Ja und ihr habt gesagt, dass ihr euch bessert. Oder es zumindest versucht. Aber es ist seitdem nichts passiert. Ich höre mir immer noch eure Probleme an, aber ihr habt mich nicht einmal nach meinen gefragt! Ihr wisst, dass ich auch Probleme Zuhause habe! Ihr seid verdammt nochmal nicht die einzigen die jemanden zum Reden brauchen!"

"Dann geh doch einfach, wenn wir so schlimm sind!"

"Felix..."

"Nein, Chan. Ich werde nicht hier stehen und mir anhören, was für schlechte Menschen wir doch sind! Soll er doch zu Minho gehen, wenn es ihm bei dem so viel besser geht und er uns nicht mehr braucht!"

"Weißt du was, vielleicht mache ich das einfach!"

"Schön! Dann viel Spaß beim gefickt und liegen gelassen werden! Komm ja nicht zu uns, um dich danach auszuheulen!"

"Werde ich haben! DANKE!"

Ich drehte mich einfach zu Minho um und küsste ihn stürmisch. Für einen Moment schien Minho zu überrascht, um irgendwas zu machen, doch dann erwiderte er den Kuss und mein ganzer Körper begann zu kribbeln. Es fühlte sich unglaublich gut an, ihn zu küssen, auch wenn ich es zu einem gewissen Teil aus meiner Wut getan hatte. Er brachte meinen Körper innerlich zum explodieren.

"Komm, Minho. Wir gehen.", meinte ich, nachdem ich mich aus dem Kuss gelöst hatte, und zog den Älteren einfach mit mir mit. Als wir ein gutes Stück weit weg waren, wechselte meine Wut zu Trauer und schluchzte leise in die Halsbeuge des Älteren, der mich nun umarmte.

"Shhht... Alles wird gut, mein Kleiner... Alles wird gut... Ich bin für dich da."

"Ich bin durcheinander, Minho... Ich bin wütend. Und traurig. Und erleichtert. Das passt doch überhaupt nicht zusammen."

"Es muss nicht immer alles zusammen passen, was du fühlst, Jisung. Es gibt immer Gründe, warum du dich so fühlst, wie du es tust. Das musst du nicht immer ganz verstehen."

"Danke, Minho. Für alles."

"Das ist doch kein Ding, Kleiner. Du verdienst das. Du verdienst es geliebt zu werden."

"Heißt das...? Du liebst mich?", fragte ich vorsichtig und sah ihn direkt an.

"Ja... Das heißt, ich liebe dich. Auch wenn ich nicht weiß, wie du mir so schnell den Kopf verdrehen konntest."

"Das kann ich mir bei dir auch nicht erklären, aber ich liebe dich auch, Minho."

"Dann... Willst du mein fester Freund sein?"

"Ja.", lachte ich leise. "Ja, ich will."

Er lehnte sich vor und küsste mich. Im Gegensatz zu unserem ersten Kuss war dieser Kuss zärtlich und liebevoll. Langsam bewegten sich unsere Lippen gegeneinander und meine Hände fanden ihren Weg zu seinen Wangen, während er  seine an meine Hüften legte. In diesem Moment gab es für mich keinen Zweifel mehr daran, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. So schmerzhaft sie vielleicht auch sein mochte.

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