[03]

Jisung PoV

"Tut uns leid, dass wir in der Pause nicht bei dir waren, Jisung.", entschuldigte sich Felix, als er mit Chan wieder in den Klassenraum kam. "Wir hätten dich nicht alleine lassen sollen."

Richtig. Das hätten sie nicht. Aber es war okay, denn so hatte ich Minho's Gesellschaft gehabt und sogar seine Nummer bekommen.

"Schon okay. Bleibt einer von euch in der nächsten Pause mit mir hier, damit ich die Treppen nicht runter muss? Ohne Minho hätte ich nach der Hälfte eigentlich wieder umdrehen müssen."

"Klar, wieso nicht? Soll ich oben bleiben oder Lix?", fragte Chan.

"Das ist mir relativ egal. Entscheidet ihr beiden das."

"Okay, dann bleibe ich mit dir oben.", meinte Chan, ehe er etwas zu realisieren schien. "Wer ist Minho?"

"Niemand besonderes.", log ich. "Ich bin gestern in ihn reingefallen, als ich die Treppe runter gestürzt bin, und jetzt hat er mir halt wieder die Treppe hoch und runter geholfen." Das, was ihr vermutlich hättet machen sollen.

"Der Junge, mit dem du gestern geflirtet hast?", fragte Felix.

"Wir haben nicht geflirtet. Er hat mir auf die Beine geholfen, weil ich alleine vermutlich wieder hingefallen wäre. Das ist alles."

"Schade... Ich dachte schon, dass du endlich mal Interesse an jemanden entwickelst."

"Du hast im Moment selbst kein Interesse an irgendwem, Felix.", erwiderte ich, was mir ein paar strafende Blicke von Chan einbrachte, denn der Lockenkopf stand schon ziemlich lange auf Felix, doch es war leider nichts aus den beiden geworden. Er war sogar schon länger in Felix verliebt, als ich mit ihm befreundet war, was irgendwie ein wenig traurig war und Chan auch teilweise ziemlich bedrückte. Dafür gab er sich jetzt alle Mühe, um der beste Freund des Jüngeren zu bleiben. Und das schaffte er auch.

"Na und? Deshalb darf ich ja wohl trotzdem hoffen, dass einer meiner Freunde einen festen Partner findet."

'Einer meiner Freunde'. Richtig. Ich war nicht sein bester Freund. Oder einer seiner besten Freunde. Nach eineinhalb Jahren, in denen ich immer für ihn da war, war ich immer noch nur einer seiner Freunde.

"Da wirst du wohl noch eine ganze Weile warten müssen.", scherzte ich und versteckte somit, wie sehr seine Worte eben mich verletzt hatten.

"Felix, Jisung, ich würde dann gerne mit meinem Unterricht anfangen. Wo sind überhaupt deine Sachen, Felix?", ermahnte uns der Lehrer.

"Die sind... Uhm...", murmelte Felix, stand auf und ging zum Klassenschrank, um sein Buch zu holen.

"Ihr solltet doch inzwischen alle wissen, dass ich es absolut nicht leiden kann, wenn jemand in meinem Unterricht lieber redet anstatt auch nur im Ansatz Interesse am Fach zu zeigen! Und in der elften Klasse sollte man von euch auch erwarten können, dass ihr Disziplin und Respekt gelernt habt!"

Ich hasste es, wenn Menschen laut wurden. Deshalb mochte ich unseren Lehrer auch nicht. Er wurde schnell laut und er schaffte es jedes Mal aufs Neue, dabei das Selbstwertgefühl unserer Klasse runter zu machen. Ich wäre in diesem Moment einfach nur gerne an einem anderen Ort. Bei jemandem, der mich mochte und der mich umarmte.

Zwei Arme legten sich von hinten um mich und wusste, dass es Minho's waren. Automatisch lehnte ich mich ein wenig zurück und genoss für einen Moment die Sicherheit, die er mir gab.

"Jisung. Seite 153.", kam es von Chan, womit er mich wieder aus meinen Vorstellungen riss.

"Was? Achso...", antwortete ich und öffnete das Buch auf der entsprechenden Seite.

"Alles okay bei dir, Jisung? Du passt bei sowas doch eigentlich immer auf."

"Jaja, alles okay, keine Sorge, Chan. Ich war nur kurz in Gedanken. Du weißt ja, wie das ist, wenn man nicht genug Schlaf bekommt und dann leichter mal wegdriftet. Welche Aufgabe sollen wir machen?"

Er zeigte mir die Aufgabe und wir begannen zu arbeiten, bis die Stunde auch endlich ihr Ende fand und ich mit Chan im Klassenraum blieb.

"Jisung?", fragte Chan ein wenig verunsichert.

"Ja, was denn?"

"Ich wollte mit dir nochmal über etwas reden. Deshalb hab ich auch gesagt, dass ich mit dir hier bleiben will.
Ich weiß nicht mehr, was ich wegen Felix machen soll. Ich liebe ihn, aber ich weiß nicht, ob er mich auch liebt. Soll ich nochmal versuchen, ihm meine Gefühle zu gestehen?"

"Chan... Er weiß von deinen Gefühlen für ihn. Schließlich hast du es ihm schon gesagt, auch wenn das schon eine Weile her ist."

"Und wenn sich in der Zeit etwas verändert hat?", fragte er hoffnungsvoll. "Ein halbes Jahr ist mehr als genug, um sich zu verlieben. Vielleicht denkt er ja, dass ich keine Gefühle mehr für ihn hätte und nur deshalb sagt er es mir nicht."

"Es tut mir leid, dass ich dir das sagen muss, aber er empfindet nichts für dich, Chan... Ich hab ihn letztens mit jemand anderem darüber reden hören. Du bist sein bester Freund... Nicht mehr und nicht weniger."

"Ich wäre so gerne mehr..."

"Das weiß ich.", antwortete ich und umarmte ihn vorsichtig.

Wir umarmten uns nicht besonders oft, auch wenn Chan Umarmungen liebte. Zumindest wenn sie von Felix kamen. Ich versuchte deshalb auch kaum ihn zu umarmen. Nur manchmal, wenn wir herumalberten, nutze ich die Chance, um ihn oder Felix zu umarmen, aber ansonsten bekam ich kaum die Umarmungen und Nähe, die ich eigentlich brauchte.

Ich löste mich wieder von dem Australier.

"Ich sollte versuchen, über ihn hinweg zu kommen, oder...?"

"Ja, das solltest du. Ich denke, das ist am besten für euch beide."

"Danke, Jisung. Wirklich. Du bist ein guter Freund."

Wenn ich so ein guter Freund war, warum fühlte ich mich dann immer so einsam zwischen euch beiden?

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