Kapitel 8.2
*Sebu*
Nachdem ich Jukka am Handy mehr oder weniger Rede und Antwort gestanden hatte, ging ich wieder zu Siiri und ich staunte nicht schlecht bei dem Anblick, der sich mir da bot.
„Tut mir leid, hat ein wenig länger gedauert. Ach sieh mal einer an. Da lässt man euch beide Mal ein paar Minuten alleine und schon seid ihr die besten Freunde?" fragte ich schmunzelnd.
„Tja, selber schuld, wenn du eine Frau so lange alleine lässt, musste du damit leben, dass jemand anderes schneller war" erwiderte sie kühl, während Carlos fröhlich weiter schnurrte. Autsch, das hat gesessen. So lange hab ich doch gar nicht gebraucht? Oder hab ich was anderes falsch gemacht? Anderseits war es ja nur Carlos und kein anderer Mann. Oder sollte dies eine Anspielung sein? Gab es doch jemandem in ihrem Leben? Das dürfte einfach nicht sein. Nun musste ich mir schnell etwas einfallen lassen. Es soll schließlich ein schöner Abend werden mit einer wunderschönen und doch geheimnisvollen Frau.
„Es tut mir wirklich leid. Das war sehr unhöflich von mir. Darf ich dir als Entschädigung einen Drink anbieten? Ein Bier oder vielleicht lieber einen Whisky?" fragte ich sie und versuchte dabei nicht verzweifelt zu klingen.
„Whisky" war ihre mehr als knappe Antwort. Ok Sebu, bleib ruhig. Es gibt bestimmt einen simplen Grund, warum sie so angepisst ist. Hat vermutlich nicht mal etwas mit mir zu tun. War doch nur duschen und sie hatte heute Morgen sehr viel länger im Bad gebraucht. Ich ging zu meiner Minibar, suchte einen guten Jahrgang aus und goss etwas von diesem leckeren Drink in zwei dafür vorgesehene Gläser, setzte mich neben sie und reichte ihr ihr Glas. Nickend nahm sie ihr Glas, schaute mich dabei aber nicht an. Ignorierte sie mich jetzt komplett? Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was ich so falsch gemacht haben konnte. Irgendwie musste ich das wieder gerade biegen, ich wusste nur noch nicht, wie das funktionieren sollte.
„Hast du dich schon entschieden, was wir schauen wollen? Ich bin für alles offen" nippte ich am Glas.
„In einer halben Stunde fängt ein Boxkampf an. Den würde ich schauen wollen, auch wenn es kein Film ist" erwiderte sie immer noch kühl, doch immerhin waren es zwei ganze Sätze, die ihren Mund entwichen. Das war doch schon mal ein guter Anfang.
„Boxen? Das ist eine ausgezeichnete Wahl und definitiv besser, als jeder Liebesfilm. Dann haben wir ja noch ein wenig Zeit. Wollen wir uns dazu Popcorn machen? Ich müsste noch welches hier haben" und begab mich suchend in die Küche. Sie stellte ihr Glas auf den Wohnzimmertisch und folgte mir. Irgendwie erweckte es den Eindruck, als hätte sie Angst, alleine dort sitzen zu bleiben. Sie wollte ja auch nicht an meinen Kleiderschrank gehen, um sich andere Klamotten rauszusuchen. Doch was sollte ihr hier schon passieren können? Mein Loft war sicher und geschützt. Oder fühlte sie sich unwohl? Sie setzte sich auf die Arbeitsfläche und schaute mir zu, während ich das Popcorn in die Mikrowelle legte.
„Selbst in meinen viel zu großen Sachen schaust du bezaubernd aus" lächelte ich sie an, während ich mich vor sie stellte.
„Dankeschön Tiger. Muss auch gestehen, dass sie schön kuschelig sind" schmunzelte sie kurzzeitig und zog mich zwischen ihre Beine. Ich blieb mit meinem Blick an ihren eisblauen Augen hängen. Sie wirkten abweisend und fremd. Kein strahlen war in ihnen zu erkennen. Wo war es nur hin? Es stand ihr doch so ausgezeichnet.
„Ich stelle gerade fest, dass es tatsächlich Männer gibt, die einem lieber in die Augen, statt in den Ausschnitt schauen" grinste sie frech, während ich erschrocken zusammen zuckte, als sich das Popcorn in der Mikrowelle bemerkbar machte.
„Ich bin halt ein Gentleman der alten Schule. Und Augen, besonders deine, finde ich sehr viel faszinierender" hauchte ich ihr ins Ohr, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf ihren Hals und füllte das Popcorn um. Keine Sekunde ließ sie mich dabei aus den Augen. Ich brachte die Schüssel, zusammen mit Cola, ins Wohnzimmer und machte es mir auf der Couch gemütlich. Wieder kam sie mir hinterher und ich hielt, jedoch etwas zögerlich, meinen Arm für sie auf. Ich sah, dass sie überlegte.
„Keine Angst, ich beiße nicht" versuchte ich zu scherzen. Sie hob eine Augenbraue und sah mich an.
„Ach nein? Das habe ich aber anders in Erinnerung, Tiger" schmunzelte sie, setzte sich neben mich und so legte ich meinen Arm um sie, während sie sich, sichtlich zögerlich, an mich lehnte. Sofort sprang Carlos wieder auf ihren Schoß, ließ sich mit seinem Rücken gegen ihren Bauch fallen und genoss, deutlich hörbar, ihre Streicheleinheiten. Also konnte sie doch sanft und zärtlich sein. Aber vielleicht nur bei Tieren? Hat sie schlechte Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht? Hat ihr jemand so wehgetan, dass sie nun so vorsichtig geworden ist? Lieber die harte Nummer fährt und den Ton angibt, damit sie die Führung behielt?
„Er mag dich, so wie es aussieht. Und seine Freunde sind hier jederzeit willkommen" versuchte ich meine Taktik etwas zu ändern.
„Er ist ein wirklich schöner Kater. Vielleicht komme ich irgendwann auf das Angebot zurück..." flüsterte sie fast tonlos, jedoch zweifelte ich an ihren Worten. Warum sollte sie auch nur wegen Carlos wieder herkommen? So wird das nichts. Ich musste mir schleunigst was anderes einfallen lassen, wenn ich sie nicht aus den Augen verlieren wollte.
„Dann wollen wir mal schauen, wer heute boxt" versuchte ich weiter ein Gespräch am Laufen zu halten, während ich den Fernseher anmachte.
„Schaust du Boxen gerne?" murmelte sie mit vollem Mund, während sie sich das Popcorn schmecken ließ.
„Manchmal schaue ich sowas ganz gerne. Zum Abschalten und runter kommen. Auch einfach mal, um zu sehen, wie jemand was auf die Nase bekommt" grinste ich, „Und du?"
„Ich lasse mir eigentlich keinen einzigen Kampf entgehen. Was für andere Fußball oder Formel 1 ist, ist für mich Boxen. Ich mag es, wie sie bis zur letzten Sekunden kämpfen. Immer wieder aufstehen und versuchen, nie aufzugeben..." während sie sprach, wurde ihre Stimme immer leiser. Als wenn sie mit den Gedanken weit wäre. Schweigend verlief die erste Runde vom Kampf und ich war mehr damit beschäftigt, sie zu beobachten, als auf den Kampf zu achten. Ich wickelte mir eine Haarsträhne von ihr um meinen Finger und spielte damit. Immer wieder versteifte sie sich kurzzeitig, schien sich aber jedes Mal wieder zu entspannen. Waren ihr diese Berührungen unangenehm? War sie es nicht gewohnt, dass jemand zärtlich zu ihr ist? Viel zu viele Fragen, doch ich bezweifelte stark, dass ich jemals eine Antwort von ihr bekommen würde. Immer mehr machte sich das Gefühl in mir breit, dass ich sie nie wieder sehen würde, sobald sie mein Loft verlassen würde. Und das passte mir nicht. Das passte mir ganz und gar nicht und wenn ich eines jetzt schon wusste, dann das, dass ich so einfach nicht aufgeben würde. Auch wenn ich ehrlich gestehen musste, das ich nicht wusste, warum das so war. Sie war doch nur eine Frau. Eine Frau, mit der ich etwas Spaß gehabt hatte. Auch wenn es teilweise komplett neue Erfahrungen waren, konnte ich es mir nicht erklären, warum ich sie so unbedingt bei mir haben wollte.
„Hey Tiger, du verpasst ja das Beste, wenn du nur mich anstarrst" schmunzelnd schob sie mir etwas von dem Popcorn in den Mund.
„Vielleicht fand ich dich eben einfach viel spannender" erwiderte ich kauend und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, als sie mich mit großen Augen anschaute.
„Spinner" murmelte sie nur und bewarf mich mit Popcorn.
„Hey, mein Mund ist aber viel weiter oben" beschwerte ich mich, als sie mich an der Brust traf und hielt meinen Mund auf. Kopfschüttelnd und doch mit einem kleinen Grinsen um ihre sinnlichen Lippen, versuchte sie immer wieder mit dem Popcorn meinen Mund zu treffen. Jedoch fand höchstens die Hälfte davon den Weg in meinen Mund. Kauend grinsend nickte ich ihr zu und kurzzeitig war ein kurzes Funkeln in ihren Augen zu erkennen. Hatte ihr das Spaß gemacht? Das musste ich doch aus nutzen.
„Nun bist du dran" nahm ihr die Schüssel ab und setzte mich ihr gegenüber auf den Couchtisch.
„Na hoffentlich kannst du besser werfen als fangen" grinste sie und öffnete brav ihren Mund. Mit fast jedem Popcorn traf ich und riss jubelnd meine Arme in die Luft, wobei ich fast das ganze Popcorn im Wohnzimmer verteilte. Kauend deutete sie auf den Fernseher und ich setzte mich wieder neben sie.
„Gleich liegt die Niete am Boden. Besonders viel kann er wohl nicht einstecken" schmunzelte sie und starrte gespannt auf den Fernseher. Nun wusste ich, welcher ihr Favorit war.
„Hey, nennst du meinen Kämpfer eine Niete? Du wirst sehen, er rappelt sich wieder auf und macht deinen Platt. Darauf würde ich sogar wetten" empörte ich mich gespielt.
„Tiger, wer mit mir wettet, hat schon verloren. Also riskier es lieber nicht" konterte sie.
„Wenn ich verliere, darf ich dich auf einen selbstgemachten Schokoladenkuchen einladen" hielt ich ihr die Hand hin.
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