Kapitel 7.1

*Siiri*



Verdammte Scheiße. Das konnte doch nicht wahr sein. Was hab ich gemacht? Wieso nur? Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Wie bescheuert bin ich eigentlich? Das konnte niemals gut gehen. Das war ein Fehler. Ein sehr großer Fehler. Und Fehler dürfte ich keine machen. Niemals. Jeder einzelne Fehler konnte mir das Genick brechen und das konnte ich nicht riskieren. Seit wann bin ich so unvorsichtig? Seit wann vergaß ich zwischendurch das denken? War irgendwas in den Drinks drin? Oder haben die sich mit dem Sekt nicht vertragen? Verdammt, wie kam ich denn nur aus der Nummer wieder raus? Sollte ich ins Schlafzimmer gehen und ihn einfach rausschmeißen? Klar, kommt ja auch überhaupt nicht bescheuert. Sorry Sebu, du musst dich wieder anziehen und gehen. Ich kann nämlich nicht neben einem Mann schlafen. Überhaupt nicht. Niemals. Das geht nicht. Unter keinen Umständen konnte ich das zulassen. Doch wie sollte ich da raus kommen? Die Kacke hatte ich mir selbst eingebrockt. Doch half mir das Eingeständnis auch nicht weiter. Ich konnte nicht. Ich wollte nicht. Ich dürfte nicht. Ich war im Schlaf angreifbar. Konnte mich nicht verteidigen. Neben einem Mann zu liegen ist für mich so, als würde man neben einem ausgehungerten Tiger liegen. Tiger? Toll, wie komm ich jetzt auf Tiger, wenn ich Sebu so nenne... Auch das war nicht hilfreich. Überhaupt nicht. Ob er von alleine verschwindet, wenn ich im Bad bleibe und kein Lebenszeichen von mir gab? Eher unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher war, dass er schon tief und fest schlafen würde. Trotzdem würde kein Auge zu bekommen und würde morgen schrecklich aussehen. Wie sollte ich ihm das dann erklären? Ich wusste schon, warum ich sonst nie Männer mit nach Hause nehme. Beziehungsweise von vorne rein klar mache, dass sie nach dem Sex zu gehen haben. Immer. Da machte ich auch keine Ausnahme. Ok, doch einmal hab ich eine gemacht, aber das ist eine andere Geschichte.

Trotzdem half mir das alles nichts. Ich musste wohl oder übel in den verdammt sauren Apfel beißen und neben ihm schlafen. Vielleicht konnte ich ja, wenn er schlief, auf die Couch umziehen, aber das würde auch neue Fragen aufwerfen. Ich war so in Gedanken versunken, dass mir der Zahnputzbecher samt Wasser aus der Hand rutschte und zu Boden knallte. Toll, wer wischt nicht nach einer durchzechten Nacht noch gerne das halbe Bad auf. Also Handtuch geschnappt und halbwegs trocken gewischt. Ein letzter Blick in den Spiegel verriet mir, was ich eigentlich schon wusste. Die Panik stand mir ins Gesicht geschrieben und die Unruhe hatte schon lange Besitz von mir ergriffen. Ein letztes Mal tief Luft holen und los. Doch irgendwie kam ich nicht im Schlafzimmer an, stattdessen stand ich in der kleinen, etwas unaufgeräumten Küche. Ich schnappte mir noch eine Wasserflasche und ging auf dem Balkon noch eine Rauchen. Ob ich versuche, die Zeit des zusammen Treffens im Bett hinauszuzögern? Natürlich. Was denn sonst? Vielleicht schlief er ja wirklich schon und ich hätte erstmal meine Ruhe. Konnte meine dämlichen Gedanken durchlaufen lassen, denn was anderes würde ich die Nacht definitiv nicht tun. Selbst wenn ich wollte, würde ich nicht einschlafen. Nicht wenn ich weiß, dass ein Mann neben mir im Bett liegt. Ok, ein attraktiver Mann, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er ein Mann ist. Die Nacht war eindeutig zu lang. Viel zu lang. Ich drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und atmete nochmal die frische Morgenluft ein. Dann mal auf in die Höhle des Löwen. Im Schlafzimmer sah ich, dass er noch wach war. Hatte er tatsächlich auf mich gewartet oder war er doch nicht so müde? Seine roten Augen verrieten allerdings etwas anderes.

„Ich wollte schon ein Suchtrupp nach dir losschicken" schmunzelte er und hielt seine Arme auf. Verdammt, wollte er jetzt tatsächlich kuscheln??? Klar, er meinte ja, mich im Arm halten, aber irgendwie dachte ich, dass er damit nicht das meinte, was er sagte oder zumindest hatte ich das gehofft.

„Du ahnst nicht, wie groß unser Bad ist. Hab mich doch wirklich mehrmals verlaufen" versuchte ich zu scherzen und meine Unsicherheit zu überspielen, während ich mich in meine Hälfte vom Bett legte und damit weit weg von ihm. Doch die Rechnung hatte ich ohne ihn gemacht. Er legte beide Arme um mich und zog mich zu sich heran. Nun lag ich mit meinem Kopf auf seiner Schulter und meine Hand auf seine Brust, da ich nicht wirklich wusste, wohin damit.

„Dann solltet ihr euch Wegweiser basteln, damit das in Zukunft nicht mehr passiert. Ich danke dir, für diese wunderschöne, erlebnisreiche Nacht. Schlaf schön und angenehme Träume, minun kaunis" flüsterte er, während er mir einen Kuss auf meine Stirn gab und ununterbrochen meinen Rücken streichelte. Ich fühlte, wie die Panik immer weiter von mir Besitz ergriff und wusste nicht, was ich machen sollte. Sie war viel zu schlimm, um das ich sie wieder unterdrücken konnte. Deutlich konnte ich mein Herz in der Brust schlagen fühlen. Viel zu schnell und unregelmäßig schlug es. Wie nach einem Sprint. Ich legte meine Hand auf sein Herz um zu fühlen, ob es auch so raste, doch es schlug langsam und gleichmäßig. Aber er schlief noch nicht, denn er streichelte mich immer noch und ließ damit keine Sekunde nach. Ich versuchte mich auf seinen Herzschlag zu konzentrieren. Vielleicht übernahm mein Herz ja dann den gleichen Rhythmus und beruhigte sich dann wieder. Ich schaltete alles aus. Ich nahm nicht mehr wahr, dass ich in seinen Arm lag. Dass er mich streichelte und es vermutlich auch noch genoss, hier mit mir zu liegen, während ich gerade die Höhle durchmachte. Es gab nur noch sein Herzschlag und mich und es schien zu funktionieren. Ganz allmählich beruhigte ich mich wieder. Nicht nur mein Herz, nein auch ich. Die Panik verkroch sich dahin, wo sie hergekommen war und auch die Unruhe verschwand ganz langsam. Und sie macht Platz für eine unglaubliche Müdigkeit, wie ich sie schon lange nicht mehr empfunden hab. Er hatte Recht, die Nacht war im Grunde toll, aber für mich persönlich viel zu anstrengend. Es kostete mich unglaublich viel Kraft, die immer wiederkehrende Panik und Unruhe zu verdrängen, zu überspielen und zu bekämpfen. Obwohl Sebu dabei heute unbewusst eine Hilfe war. Zumindest in bestimmten Situation. Er strahlte so eine Wahnsinns Ruhe aus, die irgendwie ansteckend ist...

Verschlafen öffnete ich die Augen, als die Sonne mich blendete und könnte mich dafür verfluchen, dass ich das Rollo nicht runter gemacht hab. Ich war noch viel zu müde zum Aufstehen, so drehte ich mich um und schloss wieder die Augen, doch im selber Moment riss ich sie wieder auf und starrte direkt in Sebu's Gesicht. Es dauerte einen Augenblick, bis mir alles wieder einfiel. Wann genau bin ich eingeschlafen? Einfach so? Ich war gerade komplett überfordert mit der Situation und wusste nicht, was ich machen sollte, daher starrte ich ihn einfach weiter an. Seine Augen waren noch geschlossen und er atmete gleichmäßig. Seine Haare standen nach allen Richtungen, also dasselbe wie gestern. Ich konnte es nicht abstreiten. Er war einfach wahnsinnig attraktiv und wenn ich mir seinen unbedeckten Oberkörper betrachte, schien er wirklich regelmäßig zu trainieren. Also versteckten brauchte sich dieser Mann wirklich nicht. Trotzdem musste ich ihn schnell wieder loswerden. Ich konnte und wollte nichts riskieren. Er sollte sich bloß keine falschen Hoffnungen machen. Also musste schnell ein Plan her. Aber für den musste ich halbwegs wach sein, also erstmal ab unter die Dusche. Vorsichtig nahm ich seinen um mich geschlungen Arm und legte ihn auf seinen Bauch. Nur nicht wach werden, Kumpel. Schnell und leise schlüpfte ich aus dem Bett, schnappte mir saubere Sachen und verschwand aus dem Schlafzimmer.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es erst 13:00 Uhr war. Toll, höchstens 4 Stunden geschlafen. So sah ich vermutlich auch aus. Also Spiegel meiden und gleich unter die Dusche. Während das heiße Wasser auf meinen Körper prasselte, überlegte ich Fieberhaft, wie ich ihn schnell wieder loswurde. Sollte ich die Arbeit vorschieben und ihn einfach rausschmeißen? Am besten noch recht unhöflich, damit er sich nicht mehr meldete. Für meinen jetzigen Zustand war der Plan akzeptabel. Nach dem duschen trocknete ich mich ab, zog mir das zu lange Shirt an und ging so auf den Balkon eine rauchen. Herzhaft gähnte ich und ich wusste, sobald er weg war, würde ich wieder ins Bett fallen und schlaf nach holen. Ob ich ihn einfach aus dem Bett schmeißen soll? Oder warten, bis er von alleine wach wird? Obwohl, nach der Nacht könnte das noch viele Stunden dauern. Also unsanft raus schmeißen. Schließlich war das hier meine Wohnung. Ok, sie gehörte Mikke, aber ich wohnte hier. Ob Liisa heute wieder kommt? Oder bleibt sie bei Mikke? Egal, werde eh bis morgen durchschlafen. Hab leider heute frei und somit viel Zeit dafür. Ich drückte die Zigarette aus und ging in die Küche um die Kaffeemaschine anzumachen. Dort angekommen traf mich der Schlag.

„Einen wunderschönen guten Morgen, minun kaunis. Ich konnte nicht mehr schlafen, nachdem du aufgestanden bist und war so frei, uns Frühstück zu machen. Die Brötchen und der Kaffee brauchen noch einen Moment" und stellte zwei Tassen auf dem bereits gedeckten Tisch. Dort standen Marmelade, Wurst und Käse, alles schön auf Tellern beziehungsweise in Schüsseln angerichtet. Zusätzlich Erdbeeren, Weintrauben und kleingeschnittene Äpfel. Ich war regelrecht schockiert und gleichzeitig überrascht. Damit hatte sich der Plan dann auch verabschiedet. Vorläufig zumindest. Ich setzte mich auf die Arbeitsfläche, während er sich zwischen meine Beine stellte.

„Guten Morgen. Ich muss zugeben, damit hast du mich gerade total überrascht" und sah ihm, immer noch verblüfft, in seine klaren, hellblauen Augen.

„Ich hoffe doch, dass ich dich damit positiv überrascht hab" schmunzelte er und schob mir eine Erdbeere in den Mund. Somit konnte ich nur noch nicken.

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