Kapitel 6.2
*Sebu*
Die letzten Stunden waren mit die besten, die ich je hatte. Sie hat es geschafft, das ich alles und mit alles meine ich alles, vergessen hab. Ich vergaß den Club und die anderen Menschen hier. Selbst meine Freunde aus der WG hab ich vergessen. Waren sie noch hier oder feierten sie schon ihre private Party zuhause weiter? Sämtlicher Stress und Anspannung der letzten Wochen ist von mir abgefallen. Es gab nur noch Siiri und mich. Unsere Bewegungen hatten sich automatisch dem Takt der Musik angepasst. Mal langsam und mal schnell. Mal heiß und verdammt erotisch. Und zwar so heiß, dass wir mitten auf der Tanzfläche Sex hatten. Ihr wirklich sehr kurzes Minikleid war dabei sehr hilfreich. Sie hatte ein Bein um meine Hüfte geschlungen und ich hielt ihr Bein am Oberschenkel fest. Für andere sah es aus, als ob wir einfach nur Tanzen würden. Selbst wenn nicht, war es mir total egal. Bei dem Gedanken daran wird mir schon wieder ganz heiß und ihre Hände auf meinem Hintern machte die Sache nicht gerade besser. Schmunzelnd schaute sie mich an, als ob sie meine Gedanken erraten könnte. Nichts war mehr von der unruhigen Siiri da, die noch vor einigen Stunden auf dem Dach war. Sie war wieder genauso selbstbewusst und selbstsicher, wie ich sie kennen gelernt habe.
„Minun kaunis, möchtest du heute bei mir schlafen? Ich weiß, die Nacht ist eigentlich schon vorbei, aber ich möchte dich noch nicht gehen lassen" fragte ich sie unsicher und ich konnte sehen, wie es in ihrem hübschen Kopf arbeitete. Lange ließ sie sich für ihre Antwort Zeit und ich hatte die Hoffnung, dass sie ja sagen würde, schon aufgegeben. Ich wusste nicht mal genau, warum ich sie gefragt hatte. Ich nahm nie eine Frau mit zu mir nach Hause. Wenn, dann ging ich mit zu ihnen, aber bei ihr war es etwas anderes. Je länger ihre Antwort auf sich warten ließ, umso mehr bereute ich meine Frage.
„Das wäre keine sehr gute Idee, Tiger" kurz senkte ich den Blick, damit sie die Enttäuschung nicht in meinen Augen sah, als sie auch schon weiter sprach. „Aber du kannst mit zu mir kommen, wenn du möchtest...". Irgendwie klang es, als hätte die Sache einen harken und doch musste ich Lächeln.
„Sehr gerne sogar. Wollen wir dann langsam los? Ich sag es wirklich nur sehr ungerne, aber meine Füße fallen bald ab. Hab schon sehr lange nicht mehr so viel getanzt" grinste ich schief und kurz lachte sie ihr wunderschönes Lachen, gefolgt von einem Nicken.
„Ich geh draußen schon mal ein Taxi rufen. Du holst die Mäntel und meine Tasche" grinste sie frech und war schon weg. Wer jetzt glaubt, sie hätte mich um ihren kleinen Finger gewickelt, dem konnte ich nur zustimmen. Schmunzelnd ging ich in den VIP-Bereich und stellte fest, dass die Sachen der anderen auch noch da lagen. Doch ich hatte keine Lust, sie zu suchen, daher schrieb ich nur eine kurze SMS, das Siiri und ich jetzt abhauen und sie noch die restliche Nacht genießen sollten. Danach schnappte ich mir unsere Sachen und gesellte mich draußen zu Siiri. Erstaunt stellte ich fest, dass es schon hell war.
„Mein Blick sah wohl auch so aus wie deiner eben, als ich raus kam" grinste sie frech, „ Es ist schon 08:00 Uhr durch und das Taxi kommt gleich".
„Das nenn ich mal die Nacht durch machen" und half ihr in ihren Mantel. An der frischen Luft machte sich nun auch der Alkohol bemerkbar und ich gähnte herzhaft. Ich war es zwar gewohnt, feiern zu gehen, doch so wie heute Nacht hab ich noch nie gefeiert. Doch ich bereute keine Sekunde, war aber trotzdem froh, gleich ins Bett fallen zu können.
„Ich weiß, es war eigentlich eine einmalige Sache, aber meinst du, wir könnten das bei Gelegenheit nochmal wiederholen? Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß wie mit dir. Natürlich weiterhin ganz ungezwungen und ohne Verpflichtungen. Einfach nur Spaß haben und uns amüsieren" fragte ich sie hoffnungsvoll. Ja, ich wollte diese Frau wiedersehen und wie ich das wollte. Wieder sah ich, wie es in ihrem Kopf arbeitete und sie gedankenverloren in den Schnee schaute. Diesmal dauerte ihre Antwort noch viel länger und ich rechnete fest mit einem nein. Als das Taxi kam, hielt ich ihr die Tür auf und als wir drin saßen, nannte sie ihre Adresse und grübelte weiter. Moment Mal, die Adresse kam mir doch irgendwie bekannt vor, doch ich kam nicht drauf, woher. Aber ich stellte fest, dass sie keine 15 Minuten Fußweg von mir entfernt wohnt und das gefiel mir irgendwie. Schade, dass wir uns nicht früher mal zufällig über den Weg gelaufen sind.
„Ok, ich denke wir können das Treffen wiederholen. Aber keinerlei Verpflichtungen und ganz ungezwungen. Sollte mir irgendwas nicht passen, bin ich weg" antwortete sie kühl und distanziert. Keine Sekunde sah sie mich dabei an. Mit dieser Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte gedacht, sie hat sich auch amüsiert und es genossen. Oder hab ich einen wunden Punkt bei ihr getroffen? Ich beschloss, nicht näher darauf einzugehen. Sie hat dem zugestimmt und damit gab ich mich erstmal zufrieden. Bei ihr angekommen, bezahlte ich das Taxi, stieg aus und hielt ihr wieder die Tür auf. Sie wirkte immer noch distanziert und angespannt. Hab ich vielleicht doch etwas Falsches gesagt? Oder hat das einen anderen Grund? Ich folgte ihr in die Wohnung und dort machte es klick, woher ich die Adresse kannte.
„Hier hat doch Mikke gewohnt, bevor er in die WG gezogen ist" stellte ich erstaunt fest, als ich die Wohnung betrat. Sie sah fast genauso aus, nur ein paar Kleinigkeiten hatten die Mädels anscheinend verbessert. Es sah zumindest nicht mehr ganz nach einer Junggesellenbude aus.
„Ja das hat er. Er ähm hat sie Liisa und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt, bis wir was anderes gefunden haben. Ein Schlafzimmer ist eindeutig zu wenig, wenn man zu zweit ist" erklärte sie zögerlich. Wie, sie wollte wegziehen? In eine andere Wohnung? Ok, ich konnte ihre Gründe nachvollziehen. Aber wer weiß, wie weit sie dann wegziehen würde. So klein war Helsinki schließlich nicht.
„Möchtest du auf der Couch schlafen oder im Schlafzimmer?" fragte sie mich und ich konnte deutlich ihre Unsicherheit in ihren Augen erkennen. Nimmt sie sonst keine Männer mit nach Hause? Obwohl, nach der Nacht konnte ich das eher ausschließen. Jetzt nur keine falsche Antwort, sonst wirft sie dich heute noch hochkant raus und das war das letzte, was ich wollte.
„Wäre es schlimm, wenn ich dich heute Nacht einfach im Arm halten möchte?" fragte ich vorsichtig und machte mich gedanklich schon auf den Heimweg, denn ihr Blick verriet nur allzu deutlich, dass das die falsche Antwort war.
„Ich ähm ist ok" stotterte sie und ging ins Schlafzimmer, wohin ich ihr folgte. „Kannst es dir ja schon mal bequem machen, ich komm gleich" und mit diesen Worten schnappte sie sich ein Shirt und war nach nebenan im Bad verschwunden. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihr. Sollte sie etwa tatsächlich so schüchtern sein? Nach dieser Nacht konnte ich das beim besten Willen nicht glauben. Also musste irgendwas anderes dahinter stecken. Doch was? Ich zog mich bis auf die Boxershorts aus und ließ mich ins Bett fallen. Da mir recht warm war, deckte ich mich nur bis zum Bauch zu und wartete auf Siiri. Plötzlich kam mir ein Gedanke, der mir Angst bereitete. Hatte sie mich als Job betrachtet? Begleiten und Spaß haben? Irgendwie wurde mir ganz anders und ich schob den Gedanken schnell beiseite. Ich hoffte, dem war nicht so. Der Gedanke daran hatte etwas Verletzendes und verletzt wurde ich oft genug. Sie brauchte ganz schön lange. Ob sie eingeschlafen war? Oder traute sie sich nicht, zu mir zu kommen? Irgendetwas polterte im Bad und kurz danach konnte ich sie leise fluchen hören. Also ist sie zumindest nicht eingeschlafen. Doch wenn sie nicht bald kam, würde ich einschlafen. Der Alkohol, der viele Sex und das Tanzen fordert nun endgültig seinen Tribut und ich versuchte mich mit aller Gewalt wachzuhalten. Wollte ich sie doch unbedingt im Arm halten, bevor ich ins Land der Träume hinüber glitt. Doch warum wollte ich das eigentlich? Bei den anderen Frauen war es mir total, ob sie neben mir lagen oder auf dem Fußboden. Und doch wollte ich Siiri neben mir liegen haben. Oder besser gesagt, unbedingt im Arm halten. Ich wollte spüren und fühlen, dass sie da war. Hier bei mir, in meinem Arm. Sie war anders. Sie war einfach wunderschön. So leidenschaftlich und gleichzeitig schien sie eiskalt zu sein. So frech und anziehend zugleich. Selbstbewusst und doch verunsichert. Gelassen und doch unruhig. Sie wirkt so stark und unabhängig und sah zwischendurch immer wieder ängstlich und so hilflos aus. Siiri war einfach Siiri und sie war anders. Anders, als alle anderen Frauen, die ich bisher kennen gelernt habe und das machte sie zu etwas ganz besonderem.
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