Kapitel 16.1
*Siiri*
Verdammt, was dachte sich dieser Kerl bloß dabei? Er konnte doch nicht einfach hier auftauchen und wieder alles über Board schmeißen, was ich mir vorgenommen hab. Und doch wollte ich genau das. Ich wollte, dass er herkommt. Mich einfach ansieht und mir diese Unruhe abnimmt, wie auch immer er das macht. Und nun ist hier. Er ist wirklich gekommen. Hat er doch gespürt, dass ich an ihn denke? Gedankenverloren betrachtete ich das Charmearmband. Es war ein dünnes silbernes Kettchen mit 4 Anhängern dran. An dem Schildanhänger blieb mein Blick hängen. Konnte er mich wirklich beschützen? Vor all dem Übel, was da draußen ist? Vor allem, was noch kommen mag? Wie konnte er sowas Versprechen, wo er mich doch eigentlich gar nicht kennt. Nichts von mir weiß. Nicht weiß, was alles passiert ist. Und was vielleicht noch passieren könnte, wenn meine Vergangenheit ans Licht kommt. Wie kann er da solch ein Versprechen abgeben? Ich verstand es einfach nicht.
„Siiri? Hörst du mich? Komm schon, mach die Tür auf" riss mich Liisas Stimme und ihr Klopfen an der Bad Tür aus meinen Gedanken. Schnell erhob ich mich, schloss auf und ließ mich wieder vor der Badewanne nieder, während ich abwesend mit dem Armband spielte. Sie kam rein, schloss wieder ab und setzte sich neben mich. Eine Weile schwiegen wir nur.
„Es ist wirklich schön" meinte sie und zeigte auf das Armband. Ich konnte nur nicken, wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte. Wieder schwiegen wir eine Weile.
„Er hat auch eins" erzählte sie weiter und ich schaute sie fragend an. Warum sollte er sich auch eins kaufen? Sind solche Armbänder nicht eher untypisch für Männer? Sind doch eigentlich total kitschig und mir selber hätte ich sowas wohl nie gekauft.
„Seins ist anders" meinte sie weiter. Gott, muss man ihr denn immer alles aus der Nase ziehen? Kann sie nicht einfach mal hintereinander weg sagen, was sie sagen will? Immer diese Bruchstücke, mit denen kein Mensch etwas anfangen kann.
„Wie sieht seins aus?" fragte ich leise und schaute wieder auf meins.
„Er hat ein schwarzes Lederarmband um. Das Kreuz, das Buch und die Uhr sind mit einem silbernem Garn eingestickt und das Schild mit einem goldenem Garn. Es ist, genau wie bei deinem, noch Platz. Und am Rand geht einmal ein hell-blauer Garn komplett rum. Schaut echt gut aus. Soviel Geschmack, Einfallsreichtum und Köpfchen hätte ich ihm gar nicht zugetraut" meinte sie und zündete sich eine Kippe an. Sollte er es wirklich ernst meinen, was er gestern über die Abmachungen gesagt hat? Warum sonst, sollte er sich so viel Mühe geben. Ich blieb noch eine Weile sitzen. Irgendwie war es mir jetzt peinlich, dass ich einfach abgehauen bin und ich wusste nicht, wie ich ihm unter die Augen treten sollte. Bis mir ein Gedanke Angst einjagte.
„Ist er wieder weg?" fragte ich noch leiser und verstand es selber kaum. Doch Liisa schien mich zu verstehen und lächelte mich an.
„Er ist auf dem Balkon und ich glaube nicht, dass er so schnell geht. Nicht, ohne dich gesehen und mir dir gesprochen zu haben. Glaube, du hast ihn ziemlich um deinen Finger gewickelt und könntest alles von ihm haben, was du willst" erwiderte sie. Irgendwie klang das falsch in meinen Ohren. Was denkt sie denn, was ich von ihm will? Das Gespräch schien in eine vollkommen falsche Richtung zu gehen und so langsam merkte ich auch, dass ich ihm nicht ewig aus dem Weg kann. Jedenfalls wurde es anscheinend nicht leichter, je länger ich wartete. So stand ich auf und ging leise raus auf den Balkon. Ich traute mich nicht, den Blick zu heben, aus Angst vor seinem Blick. War er sauer? Oder enttäuscht? Verletzt? Irgendwie wollte ich das nicht und so stellte ich mich mit gesenktem Blick vor ihm. Zögerlich nahm ich seine Hand in die meine und schob langsam seinen Pullover am Ärmel etwas hoch, dass ich mir sein Armband anschauen konnte. Liisa hatte es sehr gut beschrieben und in meiner Magengegend wurde es plötzlich ziemlich warm.
„Es ist wirklich schön. Alle beide sind wunderschön. Dankeschön..." murmelte ich und ließ meine Finger fast ehrfurchtsvoll über sein Armband gleiten. Berührte vorsichtig das silberne und goldene Garn, als könnte es unter meinen Berührungen kaputt gehen.
„Schau mich bitte an, minun kaunis" flüsterte er leise und schluckend hob ich langsam meinen Kopf an und suchte mit meinen Augen die seine. Immer noch hatte ich schreckliche Angst, was ich in ihnen erkennen würde. Doch da lag nur so viel Wärme und Verständnis, dass mein schlechtes Gewissen noch größer wurde.
„Gern geschehen" lächelte er mich an und wie von alleine lächelte ich kurz zurück. „Das gehört auch mit zum zusammen lernen. Und bei Bedarf erweitern wir es, okay?". Ich nickte nur stumm. Noch immer war ich nicht wirklich in der Lage zu sprechen, viel zu sehr zog mich sein Blick mal wieder in seinen Bann. Drohte regelrecht in ihnen zu versinken, während sein Blick weiter auf mich ruhte. Wie von alleine fand sein Mund den Weg zu den meinen. Legte seine Lippen vorsichtig, ja fast sanft auf meine und da erwachte ich aus meine Starre. Das war zu viel. Das konnte ich jetzt nicht ertragen. Keine Zärtlichkeiten. Bitte nicht. Nicht hier. Nicht jetzt. Am besten niemals. So ließ ich meine Zunge fordernd über seine Lippen gleiten und bat um Einlass, während sich meine Hände in seinem Nacken wiederfanden und sich dort ihren Weg in seine Haare bahnten um sich dort festzugreifen. Mit einem Ruck hob er mich hoch, dass ich automatisch meine Beine um ihn schlang, während er seufzend nun seinerseits seine Zunge auf Wanderschaft schickte. Schnell entfachte wieder das bekannte Feuer für diesen unglaublichen Mann in mir, als meine Zunge anfing, seine warme Mundhöhle zu erkunden. Leise stöhnte ich auf, als er mir fest in den Po griff und mich somit noch enger an sich drückte. Schon lange hatte ich alles um mich herum ausgeblendet. Nahm nur noch ihn wahr. Wie er schmeckte. Wie er sich anfühlte. Seinen unglaublich anziehenden Geruch. Ich war ganz benebelt von ihm.
„Nehmt euch ein Zimmer" kam irgendwann total genervt von Liisa, die sich, von uns unbemerkt, zu Riku gestellt hatte.
„Hab ganz vergessen, dass wir Zuschauen haben" grinste Sebu verlegen, nachdem er sich seufzend von meinen Lippen gelöst hatte.
„Das hat dich im Club auch nicht wirklich gestört. Und da gab es wesentlich mehr zu sehen" gab ich verschmitzt zu Antwort und lachend färbten sich seine Wangen etwas rot. Gott, dass macht ihn erst recht verdammt heiß.
„Glaub, wir haben im Club mehr verpasst, als wir geahnt haben" grinste nun auch Riku und Liisa konnte nur den Kopf schütteln. Seit wann war sie denn so prüde? Oder hatte das einen anderen Grund? Zumindest fiel mir keiner ein.
„Was hältst du davon, wenn wir heute an einen neutralen Ort fahren? Nicht zu mir und auch nicht hier. In die WG zum Beispiel" fragte mich Sebu und ich nickte nur, während ich meinen Blick nicht von seinen noch immer leicht geröteten Lippen lösen konnte. Ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund, als er das sah und ich biss leicht in seine Lippe. Leise knurrte er auf.
„Da ist ja mein Tiger wieder" schmunzelte ich.
„Ich komm mit in die WG. Pack nur fix paar Sachen ein" meinte Liisa und wollte schon kehrt machen.
„Pack für mich auch was ein. Komm hier grad nicht weg" rief ich ihr zu und grummelnd verschwand sie nach drin. Doch ich hatte jetzt keine Lust darüber nachzudenken, was sie schon wieder hat. Mit einmal sprang Carlos an uns hoch, was mich vor Schreck zusammen zucken ließ. Er kletterte in Sebu seine Kapuze, rollte sich zusammen und schlief ein. Noch immer auf seinem Arm, ging er mit mir raus aus dem Flur und wir fuhren mit dem Fahrstuhl runter. Am Auto angekommen, lehnte er sich gegen und hielt mich weiter fest im Arm, während ich seinen Nacken kraulte. Draußen waren mindestens -15 Grad und ich hatte keine Jacke an. Doch fror ich nicht. Seine Nähe hielt mich warm und für einen Moment fühlte ich mich tatsächlich sicher und geborgen. Unbekümmert und seltsam frei. Kurz danach kamen Riku und Liisa und wir stiegen ins Auto. Sebu mit mir auf die Rückbank und er ließ mich keine Sekunde los. Als hätte er Angst, ich könnte es mir anders überlegen und gehen. Doch das wollte ich in diesem Moment gar nicht. In seinen Augen konnte ich trotz der Dunkelheit Zufriedenheit erkennen und die ganze Zeit lächelte er mich einfach nur an. Ich konnte nicht anders und schon lagen meine Lippen wieder auf seinen. Bereit, das Spiel von eben weiterzuführen und er stieg mit ein. Eine wilde Knutscherei im Auto ließ uns alles um uns herum ausblenden und vergessen.
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