Kapitel 15.1
*Siiri*
Als ich von der Arbeit nach Hause kam, dachte ich mich trifft der Schlag.
"Kannst du mir mal sagen, was hier vor sich geht?" entsetzt schaute ich mich in der verwüsteten Wohnung um. Liisa saß völlig verzweifelt auf dem Boden und schaute Carlos dabei zu, wie er mit den Krallen die Gardine runter rutschte.
"Er hat sie einfach nicht alle. Seid du raus bist, ist er dabei, die Wohnung auseinander zu nehmen. Ich habe alles versucht. Aber er hört einfach nicht auf".
Dann merkte auch Carlos, dass ich da war, ließ sich auf die Couch fallen und kam wie die Unschuld vom Lande auf mich zu, "Was ist nur in die gefahren, dass du so was machst".
Dann fing er wild an zu mauzen, setzte sich auf seinen Hintern und wedelte mit den Pfoten rum. Anschließend schlich er um meine Beine und wollte wohl kuscheln, doch nicht mit mir. Ich schob ihn vorsichtig mit dem Bein weg, holte Handfeger und Müllschippe und machte mich schweigend dran, den Saustall aufzuräumen. Ich war wütend und verzweifelt. Was war nur in ihn gefahren? Und warum hat Liisa nicht eingegriffen? Ist immerhin auch ihre Wohnung. Doch sie saß weiterhin nur am Fußboden und spielte mit ihrem Handy rum. Als ich sah, dass Carlos schon wieder im Blumenkasten buddelte, reichte es mir endgültig.
„CARLOS! Verdammt, es reicht. Raus da mit dir, sonst lernst du mich von einer anderen Seite kennen" fuhr ich ihn ziemlich scharf an, während er mich teils erschrocken, teils ängstlich anschaute und Schwupps, war er unter der Couch verschwunden. Ich brauchte ewig, bis ich sämtliche Federn, die Erde, die kaputten Kissen, die zerstörten Gardinen und noch einiges anderes beseitigt hatte. Zum Schluss saugte ich noch einmal gründlich durch und verschwand anschließend unter die Dusche. Durch das Aufräumen hatte ich mich etwas abreagiert und war nicht mehr sauer, nur noch verzweifelt. Warum hatte er das getan? Ich glaubte nicht, dass er immer so ist. Das hätte Sebu sicherlich erzählt. Also musste es einen Grund dafür geben. Was war der Auslöser, dass er so Scheibe gespielt hat?
Nachdem ich mir bequeme Sachen angezogen hatte, setzte ich mich im Wohnzimmer auf den Teppich, schaute zur Couch, unter der Carlos noch immer lag und mich wiederum beobachtete und rauchte eine. Liisa hatte sich verzogen. Vermutlich auf dem Balkon. Noch immer schauten Carlos und ich uns einfach nur an, anscheinend traute er sich nicht mehr zu mir. Und mir tat es schon leid, dass ich ihn so angefahren hab. Ich glaubte immer noch daran, dass irgendetwas vorgefallen sein musste.
„Na komm schon her, mein schöner" meinte ich und ziemlich vorsichtig kam er unter der Couch hervor, schaute mich einen Moment an und als ich ihn anlächelte, kam er fast in meine Arme geflogen.
„Es tut mir leid, dass ich dich eben so angeschnauzt hab. Das wollte ich nicht, aber das war auch nicht ok, was du hier veranstaltet hast" meinte ich zu ihm und kraulte ihn ausgiebig. Leise mauzte er und kuschelte sich eng in meine Arme. Lange blieben wir einfach so sitzen und die Sonne war schon lange untergegangen, als er anfing, mit seiner Pfote nach meinen Haare zu greifen. Ich ließ mich auf den Rücken fallen und spielte und tobte mit ihm über dem Fußboden. Den Vorfall hatte ich schon lange wieder vergessen, als ich lachend dabei zusah, wie er sich über den Teppich rollte. Was er kann, kann ich doch schon lange und so rollten wir gemeinsam über den Boden und blieben irgendwann erschöpft auf dem Rücken liegen. Carlos rollte sich auf meinem Bauch zusammen und so ruhten wir uns aus. Was ich in der Zeit nicht bemerkte, war, das Liisa fleißig von Carlos und mir Fotos machte und diese weiterschickte. Hätte ich es gemerkt, hätte ich ihr die Hölle heiß gemacht. Niemand macht einfach Fotos von mir und schickt diese an weiß ich wem.
„Vermisst du ihn?" fragte mich Liisa gefühlte Stunden später-
„Wen?"
„Sebu natürlich. Du wirkst oft so abwesend. Ständig in Gedanken. Hast keinen Appetit mehr und du passt auf seine Katze auf. Das würdest du für niemand anderen machen" erwiderte sie und irgendwie fühlte ich mich ertappt. Dabei konnte das doch gar nicht sein.
„Ich weiß nicht, was vermissen ist. Wie sich das anfühlt" murmelte ich und es stimmte ja auch.
„Vermissen ist, wenn du jetzt gerne bei ihm wärst. Oder dir wünscht, dass er jetzt hier bei dir wäre. Wenn dein Herz nach ihm ruft. Wenn du die ganze Zeit an ihn denken musst. Schlechte Laune hast und nichts mehr wirklich genießen kannst, wenn er nicht da ist. Möchtest du, dass er jetzt hier wäre?" fragte sie leise. Und ob ich wollte oder nicht, ich musste dann wohl oder übel zugeben, dass sie Recht hat.
„Ja" nuschelte ich daher nur.
„Dann denk ganz fest an ihm. Wenn er genauso fühlt, dann wird er es spüren und mit Glück auch herkommen" sprach sie weiter. Ja sicher doch. Als ob er es spüren könnte, wenn ich an ihn denke. Dann müsste er ja auch wissen, dass ich die letzten Tage ständig an ihn gedacht hätte und das würde mir überhaupt nicht passen. Und doch schrie mein Herz die ganze Zeit nach ihm, auch wenn ich es gekonnt ignorierte. Und doch schloss ich meine Augen und dachte nur an ihn. An seine kristallklaren, strahlenden Augen, die so sanft schienen. An seine sinnlichen Lippen, die ich so gerne auf die meine Spüren möchte. An seine Finger, die so gedankenverloren mit meinen Haaren spielten. An seine durchtrainierten Arme, in denen ich mich kurzzeitig sogar entspannen konnte. Und wie ich mir wünschte, dass er jetzt hier wäre...
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