Kapitel 14.2

*Sebu*

Ich kam mir schon ein wenig mies vor, dass ich Carlos als Ausrede benutzt hab, um Siiri für einen kurzen Moment wiederzusehen. Er würde mir garantiert sehr fehlen, aber es hatte ja geklappt und ich wusste, dass er bei ihr in sehr guten Händen war. Nachdem ich letzte Nacht kein Auge zugetan hab und in jeder einzelnen Sekunde nur Siiri im Kopf hatte, musste ich mir so langsam eingestehen, dass Pete wohl doch Recht hatte. Auch wenn es mir noch etwas schwer fiel. So hatte ich einen Plan geschmiedet und an deren Umsetzung arbeitete ich gerade. Ich fuhr in die Innenstadt zu einem exklusiven Schmuckladen. Ich wusste genau, was ich haben wollte, doch musste ich einige Läden abklappern, bis ich alles zusammen hatte. Während ich darauf wartete, dass meine Bestellung fertig gemacht wurde, lief ich unruhig die Straße auf und ab. Ich glaub, ich sollte der WG mal wieder einen Besuch abstatten. Haben uns zwar erst an Silvester gesehen, aber ich war schon eine Weile nicht mehr dort. Und da dort eigentlich immer was los war, hoffte ich dort etwas Ablenkung zu finden. Vielleicht konnte ich sie ja zu einem spontanen Männerabend überreden oder so.

Nachdem ich alles bezahlt hab, stieg ich ein und gab ordentlich Gas. Warum nur war ich so verdammt hibbelig? Ich konnte keine Sekunde mehr still sitzen. Konnte nicht mehr schlafen. Das konzentrieren fiel mir schwer und es gab im Grunde keine Gedanken mehr, in denen Siiri nicht vorkam. Das war doch alles nicht mehr normal und so total untypisch für mich. Und das schlimmste war, es machte mich fertig. Ich wollte es doch eigentlich gar nicht und nun bekomme ich sie nicht mehr aus meinen Kopf heraus. Gab es da nicht irgendein Rezept dagegen? Sie brachte alles durcheinander. Mein ganzes Leben. Meine Gedanken. Selbst mein Herz spielte total verrückt und machte, was es wollte. Dabei wollte ich doch nur mein Leben so genießen, wie es war. Mit allen Höhen und Tiefen. Mit Partys, Männerabenden und ab und zu mal eine nette Frau. Den Pokerabend mit den Jungs. Unser Männerwochenende in Schweden, was anstand. Wollte nach Hause kommen, wann ich wollte. Gehen, wann ich wollte. Ohne ständig dabei jemand Rede und Antworte stehen zu müssen, wo ich schon wieder hin will. Ohne Vorwürfe, dass ich jemanden vernachlässige. Ohne darüber nachdenken zu müssen, ob es richtig ist, was ich gerade tat. Ich wollte das alles nicht für irgendeine Frau aufgeben. Und doch fehlte sie mir so entsetzlich. Die Wärme, die ihr Körper ausstrahlte. Ihren lieblichen Geruch, der mir meine Sinne benebelte. Ihre Berührungen, die mir diesen wohligen Schauer bescherte. Das Kribbeln in meinem Bauch, wenn ich nur an sie dachte.

An der WG angekommen, klingelte ich Sturm. Ich stand so unter Strom, dass ich irgendetwas tun musste.

„Alter, du weckst ja tote auf. Ist jemand gestorben?" öffnete Samu grummelnd die Tür und schaute mich entsetzt an-

„Nö. Ja. Nein. Weiß nicht. Ist Jukka da? Oder Riku? Und Alkohol?" stammelte ich vor mich hin und bin schon an ihm vorbei gerauscht. Im Flur versuchte ich noch abzubremsen, doch es war zu spät. Rafa kam von rechtes die Treppe runter gerannt und wir knallten voll zusammen. Stöhnend gingen wir beide zu Boden, während Lumi lachend im Türrahmen stand und uns beobachtete.

„Ich wollte doch nur was Essen und keine Gehirnerschütterung davon tragen... Hast du keine Augen im Kopf?" murrte Rafa und rieb sich den Kopf.

„Anscheinend nicht" grinste ich schief.

„Hast du auch Hunger, Flitzpiepe?" fragte Lumi mich und half uns beiden wieder auf die Beine, während sie mich gleichzeitig an sich drückte und begrüßte.

„Nein, eigentlich nicht. Ich such dein Mann. Also deinen anderen Mann und Jukka. Und Alkohol" verlegen grinste ich sie an. Auch wenn sie zu meinen besten Freunden gehörte, brauchte ich jetzt wen männliches. Wofür auch immer...

„Versteh schon. Dann geh mal runter in die Bar. Ich schick sie gleich zu dir" schmunzelte sie und schon machte ich mich auf den Weg eine Etage tiefer in den Keller. Dort gab es eine Art kleinen Partyraum mit einer sehr gut bestückten Bar, kleiner Sitzecke und davor einer Tanzstange. Karaoke Maschine, Discokugel und einer Tanzfläche. Wie so ziemlich jeder andere Raum war auch dieser hier sehr Geschmackvoll eingerichtet. Eigentlich kann man sich hier nur wohl fühlen, auch wenn dieses Riesenhaus für mich die eine oder andere Wand und Tür zu viel hat. Ich setzte mich auf einen Barhocker und zündete mir eine Kippe an. Hoffentlich kommen sie gleich. Sonst dreh ich hier noch vollkommen durch. Doch da stürmten sie schon lachend rein.

„Moin großer. Hab gehört, hier gibt's stürmische Begrüßungen und Sturmklingeln. Was'n los mit dir? Alles ok? Schaust was fertig aus" grinste Riku schief und setzte sich neben mich, während Jukka mich nur kurz anschaute und uns gleich jeder ein Bier hinstellte.

„Ich weiß, bisschen früh für Alkohol. Aber wisst ihr, die Frauen machen einen auch fertig. Egal, was man versucht, es funktioniert irgendwie nicht" gab ich grummelnd zur Antwort und gönnte mir einen großen Schluck. Das sich Jukka und Riku vielsagende Blicke zuwarfen, nahm ich gar nicht wahr.

„Die Frauen oder eine bestimmte Frau?" harkte Jukka nach und nahm nun auf der anderen Seite Platz.

„Eine Frau. Eine wunderschöne Frau. So hinreißend, faszinierend und gleichzeitig so kühl, abweisend und eiskalt."

„Siiri?" fragten Riku und Jukka gleichzeitig nach und sahen mich vollkommen perplex an. Anscheinend kennen sie sie auch so und so nickte ich nur.

„Du willst uns jetzt nicht allen Ernstes weiß machen, dass du dich ausgerechnet in Siiri verliebt hast? In die Siiri, die wir dir vorgestellt haben? In die Siiri, die nichts über Gefühle kennt?" vergewisserte sich Riku und schaute mich, genauso wie Jukka, mit großen Augen an.

„Quatsch. Ich und verlieben...Pfff... Wer erzählt denn so ein Blödsinn" und trank den Rest von meinem Bier aus. War das wirklich so deutlich? So deutlich, dass das jeder sehen konnte? Hat sie es auch gesehen? Hat sie es bemerkt und war deswegen weg? Bitte nicht. Das dürfte nicht sein.

„Ja ne ist klar. Und im Himmel ist Jahrmarkt" erwiderte Jukka grinsend und stellte mir schon ein neues Bier hin. Er konnte ja doch mal mitdenken.

„Hast du es ihr gesagt?"

„Was?"

„Na das sie dir den Kopf verdreht hat" grinste Riku.

„Bist du bekloppt? Das hat sie doch gar nicht. Überhaupt nicht. Definitiv nicht. Na gut, vielleicht ein winzig kleines bisschen. Aber mehr auch nicht" murmelte ich nur noch vor mir hin und konnte deutlich spüren, wie Jukka sich das Lachen verkniff und warf ihm einen bösen Blick zu. Doch das brachte ihn erst recht dazu, dass er lachte.

„Und was willst du jetzt machen? Ich weiß nicht, ob Siiri da so eine gute Wahl war... Es wird definitiv nicht einfach mit ihr, sollte sie sich darauf einlassen..." fragte Riku. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mehr wissen, als sie mir sagen. Dass sie wissen, was sie durchgemacht hat. Doch ich wollte sie nicht fragen. Ich wollte es von Siiri hören. Ich wollte, dass sie es mir freiwillig erzählt. Weil sie mir vertraut.

„Ich habe ihr heute etwas gekauft" und zog ein längliches Kästchen aus meiner Hosentasche und öffnete dieses. „Ein Charmearmband. Die Uhr für Abmachung Eins, Zeit. Das Kreuz für Abmachung Zwei, Glauben. Das Buch für Abmachung Drei, Lernen. Und der goldene Schildanhänger steht dafür, dass ich sie immer beschützen werde, egal was ist, egal was kommt und egal, was war. Ich werde sie vor allem übel der da draußen ist, beschützen, so gut wie ich es kann. Ich glaube, ich bin nicht nur dabei mich zu verlieben. Ich bin schon verliebt..."

„Wow. Das ist echt schön. Ich freue mich für dich und hoffe sehr, dass du mit ihr dein Glück finden wirst. Du warst schon viel zu lange alleine und es wird Zeit, dass du dein Leben nun mit einer Frau genießen kannst. Denn das ist gar nicht so schlimm, wie du dir immer versuchst, einzureden" sprach Riku und ich stellte fest, dass sein Bier immer noch voll ist. War aber auch erst früher Abend und vielleicht wollte er wegen Luca, seinem Sohn, noch nicht trinken. War es wirklich nicht so schlimm, mit einer Frau? Vielleicht dachte ich wirklich nur so schlecht darüber, weil es mit meiner Ex-Frau so extrem schief gegangen ist. Egal, was es war. Ich wollte es mit Siiri versuchen, wenn sie es auch möchte. Wenn sie uns tatsächlich eine Chance geben sollte. Ich wollte mein Leben mit ihr teilen. Wollte jeden Abend in ihren Armen einschlafen und jeden Morgen in ihren Armen aufwachen. Ich wollte jeden Augenblick meines Lebens an ihrer Seite stehen und alles Zukünftige mit ihr gemeinsam genießen.

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