Kapitel 14.1
*Siiri*
Mit vollen Einkaufstaschen kamen wir Zuhause an und fuhren mit dem Fahrstuhl hoch. Die ganze Zeit versuchte Liisa mich über Sebu auszufragen und ob ich letzte Nacht auch bei ihm war. Nachdem ich dies bejahte, hatte ich endgültig verloren. Immer mehr Fragen prasselten auf mich ein, dabei wollte ich ihn doch einfach nur vergessen und nicht ständig an ihn erinnert werden. Er schwirrte so schon die ganze Zeit in meinem Kopf herum, als ob er nichts besseres zu tun hätte. Doch so schnell gab sie keine Ruhe. Das würde ein langer Abend werden, befürchtete ich. Warum interessierte es sie überhaupt so? Fragte mich doch sonst auch nicht so gezielt über bestimmte Kerle aus und was ich so treibe. Hatte sie selber an ihm Interesse? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Sie hatte doch Mikke und schien mit ihm glücklich zu sein.
„Was ist das denn?" fragend zeigte sie auf etwas, das auf dem Boden direkt vor unserer Tür lag. Ich stellte die Tüten ab, hockte mich hin und erkannte, dass es ein Tassenkuchen war. Ich nahm den Zettel, der darunter lag und nachdem ich ihn gelesen hatte, musste ich doch etwas schmunzeln. Dieser Kerl hat doch wirklich einen an der Klatsche. Aber er war einfallsreich, dass musste man ihm lassen und ob ich es nun wollte oder nicht, meine Laune besserte sich ein klein wenig.
„Von wem ist das?"
„Von Sebu..." antwortete ich ehrlich, schloss auf und brachte alles in die Küche, während ich den Kuchen auf den Wohnzimmertisch stellte. Ich hatte immer noch kein Hunger. Vielleicht würde ich ihn später essen.
„Das ist doch total süß von ihm. Willst du dich nicht bedanken?" fragend setzte sie sich auf die Couch und las sich immer wieder den Zettel durch. Als wenn er so spannend wäre.
„Nee, will ich nicht. Und wenn du Hunger hast, kannst du den Kuchen auch gerne essen. Nun tu mal nicht so, als ob es so was Besonderes wäre" murrte ich und ließ mich mit einem kalten Bier neben sie fallen.
„Nichts Besonderes? Er hat sich doch echt Mühe gegeben. Und es mal was anderes, als immer nur Blumen und Pralinen. Und deinen Kuchen werde ich ganz sicher auch nicht essen. Da fällt mir ein, willst du nicht lieber erstmal was Essen, bevor du trinkst?" erwiderte sie und sah mich auffordernd an.
„Nein, ich will nichts Essen. Jetzt nerv mich damit doch nicht. Ich bin erwachsen und brauche keinen Babysitter" grummelte ich weiter. Alleine der Gedanke an etwas zu Essen ließ meinen Magen Achterbahn fahren. Seit gestern hatte ich einfach keinen Hunger mehr. Werde schon von einem Bier nicht umfallen. Geschickt lenkte ich das Gespräch in eine andere Richtung und nun fing sie an, unseren nächsten Partyabend zu planen. Und wieder drifteten meine Gedanken ab in eine Richtung, die mir überhaupt nicht behagte. Wieso ging mir dieser Kerl einfach nicht aus den Kopf? Ich meine, der Sex mit ihm war schon echt geil und auf den Kopf gefallen ist er auch nicht. Einfallsreichtum hat er auch schon mehrmals bewiesen und schaffte es irgendwie auch immer, mich wieder ins hier und jetzt zu holen. Mir für einen kurzen Moment das Gefühl von Sicherheit zu geben. Die Gewissheit, dass alles wieder gut wird. Doch das wird es nie wieder werden. Nie war alles gut. Es war höchstens akzeptabel. Auszuhalten. Aber niemals gut oder besser. Und er würde daran auch nichts ändern können. Irgendwann wird er Fragen stellen und die kann ich ihm nicht beantworten. Er würde es nicht verstehen können. Nicht akzeptieren können. Egal, wie oft er es auch prophezeit. Er muss es einfach so hinnehmen, wie es ist und ich werde mich nicht bei ihm melden. Es ist besser, wenn er mich vergisst. Für uns beide. Und diesmal hatte ich vor, dabei zu bleiben.
Am nächsten Morgen wurde ich mal wieder von meinem klingelnden Handy geweckt. Irgendwann schmeiß ich das blöde Ding an die Wand. In der Annahme, dass es mein Chef ist, ging ich ran, ohne nachzuschauen. Böser Fehler.
„Einen wunderschönen guten Morgen, minun kaunis. Ich hoffe, du hast was hast schönes geträumt?" quatschte Sebu munter drauf los.
„Geht so. Was willst du?" fragte ich nicht gerade höflich und hoffte, dass ich ihn schnell wieder abwimmeln könnte.
„Ich ähm bräuchte deine Hilfe. Ich bin heute den ganzen Tag unterwegs und vielleicht auch über Nacht. Ich könnte jemand brauchen, der auf Carlos aufpasst... Hast du Zeit... Also könntest du... Ähm würdest du auf ihn aufpassen...? Ich könnte ihn auch zu dir hinbringen" stotterte er plötzlich rum und ich konnte es nicht glauben. Verdonnerte er mich gerade tatsächlich zum Katzensitting?
„Hast niemand anderen dafür? Ich muss nachher auch arbeiten und weiß nicht, wann ich wieder da bin" murmelte ich genervt und versuchte einen Blick auf die Uhr zu erhaschen.
„Hab schon alle abtelefoniert. Es kann wirklich keiner. Bitte minun kaunis. Du hättest dafür auch was gut bei mir" flehte er schon fast und irgendwie tat er mir schon wieder leid. Wird ja langsam zu Gewohnheit. Ob das nur eine neue Masche war, dass er mich sehen konnte? Ich wollte ihn nicht sehen. Ich wusste, dass es mir das Genick brechen würde und ich seinen klaren hellblauen Augen nicht lange wiederstehen könnte.
„Na schön. Dann bring ihn her. Aber ich hab nichts für Katzen hier" hörte ich mich selber sagen und verfluchte mich im selben Augenblick dafür. Verdammt, was war das denn jetzt? Ich wollte ihn doch loswerden und nicht noch öfter an der Backe haben.
„Super. Du bist meine Rettung. Ich pack alles mit ein, was du für ihn brauchst und es ist auch wirklich höchstens bis Morgen. Du bist ein Schatz. Ich verspreche dir, ich mache das wieder gut. Bis gleich minun kaunis" und schon hatte er aufgelegt, als könnte er Angst haben, dass ich einen Rückzieher mache. Fluchend stand ich auf und verschwand unter die Dusche. So war das alles weder geplant, noch gedacht.
Kurze Zeit später klingelte er schon und als ich ihm die Tür öffnete, strahlte er mich regelrecht an. Gott dieses Lächeln treibt mich noch in den Wahnsinn. Schnell schüttelte ich den Gedanken weg und ließ ihn rein. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Liisa uns aus der Küche beobachtete. Carlos sprang mir in die Arme und ließ sich ausgiebig von mir kraulen, während Sebu den Tassenkuchen auf dem Tisch stehen sah und ein kurzer Ausdruck von Enttäuschung in seinen Augen zu erkennen war.
„Vielen Dank für den Kuchen und den Brief. War ähm mal was anderes" grinste ich schief und hoffte, dass es ihm damit besser ging. Obwohl es mich ja eigentlich total kalt lassen sollte. Verdammt, warum klappt nichts mehr so, wie es soll.
„Immer wieder gerne. Danke nochmal, dass du auf Carlos aufpasst. Dort im Karton ist alles drin, was du brauchst. Ich schreibe dir später, ob es heute oder morgen wird. Und ich lasse mir was als Wiedergutmachung einfallen. Muss auch schon los. Bis dann" und schon war er zur Tür raus, als ob er es sich anders überlegen könnte. Das nenne ich mal ein kurzer Auftritt.
„Der Kerl ist echt eine heiße Schnitte. Da würde ich auch Katzensitten und noch ganz andere Sachen machen" hörte ich da schon Liisa aus der Küche.
„Sehr schön. Dann kannst du gleich anfangen. Muss in ein paar Minuten zur Arbeit" erwiderte ich nur und sah, dass es ihr irgendwie gar nicht passte. Carlos mauzte mich an und streichelte seinen Bauch, was er mir mit einem lauten schnurren dankte. Sofort kuschelte er sich enger an mich und drehte sich dabei auf den Rücken, dass ich besser an seinen Bauch rankam. Irgendwie ahnte ich, das Sebu ihn nur als Ausrede benutzt hat, doch in dieser kurzen Sekunde störte es mich nicht.
„Wenn ich wieder da bin, kuscheln wir beide ausgiebig" meinte ich zu ihm und sah, wie Liisa eine Augenbraue hochzog, doch das war mir schnuppe. Ist doch nur ein Kater und kein Kerl mit dem ich kuschelte. Außerdem geht es ihr auch eigentlich gar nichts an. Oder doch? Reden Freundinnen über sowas? Vermutlich schon. Doch ich hatte keine Lust zu reden. Ich wollte doch einfach nur vergessen. Doch das fiel mir von Stunde zu Stunde schwerer. Auch wenn ich das nur verdammt ungerne zugab. Immerhin geht es hier um Sachen, von denen ich keine Ahnung hatte. Die mich überfordern und so unendlich große Angst machten. Liebe, Vertrauen, Zuneigung. Das sind alles Sachen, die ich nicht kenne. Nie erlebt habe. Und an die ich nicht glaube. Ich glaube nur an Sachen, die ich sehe und nicht an irgendwelche Märchen. Und daran würde sich nichts ändern. Das dürfte nicht passieren. Das dürfte ich einfach nicht zulassen. Unter gar keinen Umständen. Niemals.
Kurz danach verabschiedete ich mich von Liisa und Carlos, schnappte mir meine Sachen und ging zur Arbeit. Doch dass das ein großer Fehler war, hab ich erst viel zu spät gemerkt. Hätte ich auch nur im entferntesten geahnt, was passieren würde, hätte ich die Arbeit sausen lassen...
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