Kapitel 10.3
*Sebu*
Ich konnte es nicht glauben. Mein eigener Kater hat mich vor Siiri bloß gestellt. Springt mir auf meinen Rücken und meinen Kopf. Was ist nur mit ihm schief gelaufen? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Oder war er schon von Geburt so an? Nun wurde er ausgiebig gekrault und ich konnte in die Röhre schauen. Das war nicht fair... Ich wollte sie doch in meinen Armen halten. Einfach nur festhalten und am liebsten nie wieder los lassen. Wollte nicht, dass das hier je endet. Es sollte so bleiben. Ich wollte sie fest an mich drücken. Mit ihren Haaren spielen. Ihr zeigen, dass ich da bin. Dass ich ihr vertraue. Dass sie gar nicht so schlecht ist, wie sie selber denkt. Wollte sie spüren, halten und beschützen. Vor allem, was irgendwo lauerte. Wollte spüren, dass sie wirklich hier ist. Hier bei mir. In meinem Loft. In meinen Armen. Und nun sowas. Das würde er mir büßen. Und wie es mich wurmte. Konnte mich kaum beruhigen und sein lautes, zufriedenes Schnurren mache die Sache nicht besser. Plötzlich spürte ich zarte Finger an meinem Rücken, wie sie sanft über ihn rüber streichelt und augenblicklich beruhigte ich mich etwas. Auch meine Laune stieg wieder.
„Hey mein kleiner, eifersüchtiger Tiger. Ich habe auch noch eine zweite Hand, die dich in den Schlaf kraulen kann. Aber wenn du mir deinen durchaus ansehnlichen Rücken zudrehst, hab ich keine Lust dazu" hörte ich die für mich in diesem Moment schönste Stimme und musste schmunzeln. Ich zögerte noch kurz, dann drehte ich mich doch wieder zu ihr um und sah ein wunderschönes Lächeln auf ihren Lippen. Ihre Augen funkelten mich regelrecht an und ließ sie in einem warmen, satten blau strahlen. Wie von alleine verzogen sich auch meine Lippen zu einem Lächeln.
„Wenn du jetzt noch etwas dichter kommst und wieder so schön mit meinen Haaren spielst, werde ich dich sehr gerne weiter kraulen" flüsterte sie fast tonlos. Diesen Wunsch erfüllte ich ihr selbstverständlich sofort. Wie hätte ich es auch nicht gekonnt? Ich schob meinen Arm unter ihren Hals und zog sie sanft an mich, wohlbedacht, dass Carlos zwischen uns lag. Sie betete ihr Gesicht dicht vor meinem und strahlte mich immer noch regelrecht an. Wieder spielte ich mit ihren roten Locken und lächelte sie einfach an. Ihren freien Arm legte sie um mich und kraulte sanft meinen ganzen Rücken. Keine Stelle blieb unberührt und bescherte mir immer wieder eine angenehme Gänsehaut und dieses wohlig, warme Kribbeln in meinem Bauch. In diesem Moment hätte ich nicht glücklicher sein können.
„Ich wünsche dir eine wunderschöne gute Nacht und zuckersüße Träume" ich sah, wie sie etwas schluckte, „Sollte irgendetwas sein, dann wecke mich bitte. Egal, was es ist". Stumm nickte sie. Ich gab ihr einen sanften, zärtlichen Kuss auf ihre Stirn, woraufhin sie mich noch einmal anlächelte und ihr Gesicht in meinem Hals verbarg. Dort konnte ich ihren warmen Atem spüren und drückte sie ein wenig dichter an mich. Ich genoss einfach ihre Berührungen und was diese in mir auslösten. Obwohl es mir gleichzeitig etwas Angst machte. Ich hatte Angst, wo das mit uns hinführen konnte. Wollte eigentlich gar nicht, dass es in die Richtung geht, in die es vermutlich geht. Und doch genoss ich ihren warmen Atem an meiner Haut und wünschte, dieser Moment würde nie enden. Sie so nah bei mir zu spüren, war alles was ich wollte. Lange versuchte ich wach zu bleiben. Diese Gefühle, diese Nähe zu ihr einfach in mir aufzunehmen. Doch irgendwann verlor ich den Kampf gegen die Müdigkeit und das kraulen gab mir den Rest. So fiel ich in einen tiefen, erholsamen Schlaf...
Als ich wieder wach wurde, lagen wir immer noch Arm in Arm in meinem Bett. Beide auf der Seite und sie mit ihrem Rücken dicht an meinem Bauch. Mein Arm lag um ihren Oberkörper und sie hielt ihn mit ihrer Hand fest. So als ob sie Angst hätte, ich könnte gehen. Dabei war es eigentlich meine Angst, dass ich aufwachte und sie wäre weg. Ohne einen Zettel dazulassen. Einfach verschwunden, als wäre sie nie hier gewesen. Ich vergrub mein Gesicht in ihren vollen, roten Locken, schloss meine Augen und genießte diesen wunderschönen Moment in vollen Zügen. Tief atmete ich ihren Duft ein. Wollte nichts anderes mehr wahrnehmen. Ihre Atmung ging flach und ruhig, ein Zeichen dafür, dass sie noch schläft. Ob sie noch lange wach war? Ob sie es auch genossen hat? Ob sie weiß, wieviel mir diese Nacht bedeutet hat? Auch wenn ich mir das nicht wirklich eingestehen wollte. Es war schließlich nur Spaß. Total ungezwungen, ohne irgendwelche Verpflichtungen. Und dabei sollte es auch bleiben. Keiner von uns beiden wollte mehr. Auch ich nicht.
Ich war versucht, ihren Hals zu liebkosen. Sie mit Zärtlichkeiten zu wecken und zu verwöhnen. Entschied mich dann aber dagegen. Nach dem gestrigen Abend schien sie den Schlaf zu brauchen. Und den sollte sie bekommen. So löste ich mich zwar ungerne und gleichzeitig so vorsichtig wie möglich von ihr, wie ich konnte und stand leise auf. Carlos, der friedlich auf der anderen Seite von ihr schlief, schaute einmal kurz auf und schlief prompt weiter. Er hatte sie anscheinend wirklich schon sehr in sein Herz geschlossen. Hoffentlich würde er das nicht bereuen. Ich schnappte mir meine Laufsachen, zog mich an und ging in die Küche. Dort schrieb ich „Einen wunderschönen guten Morgen Minun kaunis. Hoffe sehr, du hast gut geschlafen. Ich bin ein wenig Joggen. Sehen uns hoffentlich gleich wieder. Der Tiger ;) „ auf einen Zettel und legte ihn auf die Arbeitsfläche. Würde sie ihn hier sehen? Oder sollte ich ihn lieber aufs Bett legen? Oder doch auf die Hängematte? Vielleicht rauchte sie ja gleich nach dem Aufstehen und nahm nichts anderes wahr? Oder sollte ich den Zettel ins Bad an den Spiegel kleben? Schon wieder machte ich mir zu viele Gedanken, schob diese nun beiseite, schnappte mir meinen MP3-Player und fuhr mit dem Fahrstuhl runter. Nachdem die Musik in meinen Ohren erklang und ich mich etwas aufgewärmt hatte, lief ich los. Wie immer runter Richtung Hafen und summte leise die Musik mit, ohne wirklich Notiz davon zu nehmen.
Es war um diese Zeit noch ziemlich ruhig und kaum jemand war unterwegs. Ich hatte Zuhause nicht einmal auf die Uhr geschaut und absolut keine Ahnung, wie spät oder früh es eigentlich war. Hoffentlich hatte der Bäcker schon auf. Wollte zurück zu ein paar Brötchen holen und dieser wunderschönen Frau in meinem Bett ein leckeres Frühstück bereiten. Mal wieder. Kann mich nicht daran erinnern, in den letzten 14 Jahren irgendjemanden Frühstück gemacht zu haben. Geschweige denn irgendeiner Frau nach einem Abenteuer. Höchstens die Frauen für mich, wohl in der Hoffnung, dass es noch etwas länger ging, aber mit einem Frühstück kamen sie da bei mir nicht weit. Ob das bei Siiri klappen würde? Irgendwie hatte ich da so meine leisen Zweifel. Vielleicht war sie ja auch verschwunden, wenn ich vom Laufen wieder kam... Vielleicht war Joggen gehen doch keine gute Idee. Sie könnte den Eindruck haben, dass ich sie damit alleine lasse. Alleine in meinem Loft. Aber ich hatte ihr ja einen Zettel dagelassen. Was, wenn sie den gar nicht lesen würde? Vielleicht bekommt sie wieder einen... Ja, was war das gestern eigentlich? Konnte man das schon als Panikanfall bezeichnen? Jedenfalls war es so was Ähnliches. Ok, Laufen gehen war wohl nicht die beste Idee von mir gewesen. Aber ich brauchte das in diesem Moment einfach. Wollte meine gute Laune dafür ausnutzen und ich musste mich nicht mal selber dazu zwingen und überreden, wie sonst manchmal. Überhaupt lief mit dieser Frau einiges anders. Ich wollte sie nicht so schnell wie möglich loswerden. Wollte nicht, dass sie für immer aus meinem Leben verschwindet. Wollte sie nicht vergessen. Ganz im Gegenteil. Ich wollte sie wiedersehen. Und ich hatte es auch überhaupt nicht eilig damit, dass sie geht. Dass sie mein Loft verlässt. Ob sie noch bleiben würde? Wenn ich sie lieb darum bitten würde? Man Sebu, was denkst du hier eigentlich? Sie ist ein Abenteuer. Ein wenig Spaß und Abwechslung. Gerne wiederholter Spaß, aber mehr nicht. Das hatten wir von Anfang an klar gesagt und dabei würde es bleiben.
Beim Bäcker holte ich schnell ein paar noch warme Brötchen und Croissants und mit einmal hatte ich es ziemlich eilig nach Hause zu kommen. Dort angekommen fuhr ich hoch und betrat, immer noch die Musik in meinen Ohren, tanzend das Loft. Die Tüte legte ich in die Küche und sah, dass der Zettel immer noch da lag. Doch ohne mich weiter umzuschauen, verschwand ich, immer noch tanzend, ins Bad und schlüpfte unter die Dusche. Das heiße Wasser hüllte meinen Körper ein und ich war wieder einmal über die offene Dusche froh. Sonst würde ich vermutlich in einer Dampfwolke stehen und nichts mehr erkennen. Summend duschte ich zu Ende und wickelte mir ein Handtuch um die Hüfte. Meine Haare durchwuschelte ich einmal und putzte mir die Zähne. Als alles erledigt war, schaute ich mich im Spiegel an. Ob ich mich rasieren sollte? Aber sie hat nicht gesagt, dass ihr der Bart stören würde und eigentlich hatte ich auch gar keine Lust mich zu rasieren. So blieb der Bart dran. Man Sebu, viel zu viel aufriss für eine Frau. Denn das war sie ja im Grunde. Nur eine weitere Frau. In meinem Loft. Das eigentlich noch Jungfrau war, was das anging.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top