3| Unelegant
Elea~
Nachdenklich schwenkte ich meine Waffe in der Hand. Eine Pistole, ein paar Magazine, das war alles, was Darren mir gelassen hatte. Mittlerweile erfüllte mich nur noch Trauer, er wollte mich wirklich loswerden. Sauer schmiss ich die Knarre gegen die Wand und schrie einmal wutverzerrt auf.
Abregen, Elea, abregen. Darren wollte mich nicht loswerden, das war alles zu meiner Sicherheit.
Sicherheit, eine scheiß Pistole nannte er Sicherheit. Da konnte er mich gleich mit einer Zielscheibe vor die ganzen Gangs stellen und sie bitten, mich abzuknallen.
Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. Was sollte ich denn jetzt bitte machen? Ganz sicher werde ich nicht Medizin studieren, dass konnte Darren abhaken. So viel wie er sich um mich kümmerte würde er wahrscheinlich nicht mal mitbekommen, dass ich nicht zur Uni ging.
Es klopfte an der Haustür. Hatte Nikolei gestern etwas vergessen? Oder war es Darren, der sich bei mir entschuldigen wollte und mich zurück nach Hause brachte?
Kurzerhand kickte ich die Pistole unter das Sofa und schritt selbstbewusst zur Tür, die ich ohne groß zu überlegen aufriss. "Hey?", fragte ich zaghaft, als ich bemerkte, dass weder Nikolei noch Darren hier standen, es wäre ja auch zu schön gewesen.
Um ehrlich zu sein stand hier gar niemand. Gähnende Leere herrschte in diesem kühlen Treppenhaus vor. Verwirrt wandte ich mich wieder ab. Hatte ich mir die Klingel etwa nur eingebildet?
"Suchen Sie etwas?", durchschnitt plötzlich eine freundliche Stimme die eiserne Stille und mein Kopf zuckte zur Seite, wo nun ein braunhaariger Kerl die Treppenstufen hochjoggte, mit einem schwarzen Rucksack über dem Rücken und klirrenden Schlüsseln in der Hand.
Wieder schüttelte ich nur perplex den Kopf. Hier war es komisch. Ich wollte zurück nach Hause!
"Gut", der Mann sprach etwas misstrauisch, dann lachte er amüsiert, während ich mir wieder durch die weißlichen Haare fuhr. "Ich- Äh-", stotterte ich nur und zeigte mit dem Daumen über meinem Rücken in meine Wohnung. Was war denn mit mir los?
Wieder lächelte der Mann, strich sich seine schokobraunen Haare zurück und kam auf mich zu. Er hatte eine gleitende, fließende Körperbewegung, kaum gekrümmt. Alles in allem bot er mit seinem geraden Gang genug Angriffsfläche. Würde er mich also schlagen wollen, dann hätte ich gute Chancen.
Als er vor mir zu stehen kam musste ich mir wieder ins Gedächnis rufen, dass ich hier irgendwo in einem kleinen Vorort einer ebenso kleinen Stadt war und mich hier weder jemand kannte, noch jemand mich angreifen wollte.
Stattdessen streckte der Mann mir seine Hand entgegen: "Ich bin Mason und wohne oben im dritten Stock. Wenn irgendwas ist, kommen Sie ruhig vorbei", lächelte er dann und seine hellblauen Augen blitzten mich erfreut an. Wieso er sich so freute, wusste ich nicht, aber seine Augen erinnerten mich so stark an die Darrens.
Etwas skeptisch ergriff ich seine Hand und schüttelte sie höflich. "Elea. Wollen Sie noch rein kommen? Ich kenne hier niemanden und bin sonst mutterseelenallein", lächelte ich schwach und lehnte mich lässig gegen den Türrahmen.
Er sah hastig auf seine Uhr und biss sich auf sie Unterlippe. "Ich bin leider gerade auf'm Sprung. Heute Abend, so gegen Sieben komme ich aber gern mal vorbei", meinte er freundlich und joggte die Treppen hinauf zu seiner Wohnung.
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Mit gemischten Gefühlen starrte ich auf den Kleiderschrank, in denen sich nur ein Bruchteil meiner Kleider befanden, die ich zuhause hatte. Was Darren wohl mit meinen Klamotten in New York anfing? Bestimmt verbrannte er sie, um Platz zu schaffen, denn sie nahmen gleich zwei ganze Zimmer ein.
Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und sah dem Minutenzeiger der Wanduhr zu, wie er sich immer weiter auf die sieben zubewegte. Vielleicht sollte ich mir etwas Bequemeres anziehen, mit einem schwarzen Kleid und Overknees in meiner Wohnung rumzutänzeln sah ich da doch als etwas komisch an.
Gerade als es an der Tür klopfte, hatte ich mir eine schwarze Jogginghose und ein einfaches, weißes Shirt angezogen. Immerhin hatte ich nicht vor, meinen Nachbarn gleich abzuschleppen.
Mit schlürfenden Bewegungen fischte ich die Pistole wieder unter dem Sofa hervor und durchlöcherte sie mit einem wütenden Blick, als sei sie an der ganzen Scheiße Schuld, in die Darren mich hineingezogen hatte.
"Hey Mason", begrüßte ich den jungen Mann, der schon wartend vor der Tür gestanden hatte.
"Ich dachte nicht, dass-", stotterte dieser leicht verwirrt, als er mein lässiges Outfit musterte, das ich auch wundervoll zum schlafen hätte anziehen können. Schulterzuckend ließ ich meinen Blick über sein schwarzes Hemd und die dunkle Jeans mit einem edlen Silbergürtel schweifen, bevor ich einen Schritt zur Seite machte. An Geld mangelte es ihm offensichtlich nicht.
"Ich bin in meiner eigenen Wohung und weder auf dem Strich, noch bei einer Galaveranstaltung", rechtfertigte ich mich, während er sich die Schuhe auszog und seinen Mantel abstreifte.
"Ach ja, ich habe auch kein Essen gemacht, noch irgendwas Außergewöhnliches zu trinken hier oder irgendwas anderes Tolles. Im Endeffekt habe ich keine Ahnung, was Sie hier machen wollen", stellte ich vorab klar, was ihm ein kleines Schmunzeln entlockte.
"Ich werd's überleben. Haben Sie Lust, was vor die Tür zu gehen?", bot er an und ich zog eine Augenbraue hoch und starrte demonstrativ auf die Schuhe und den Mantel, welche er gerade abgelegt hatte. Er fuhr sich durch die Haare und seufzte, bevor er den Mantel wieder von der Kleiderstange nahm.
Als ich mir einen Schal und ebenfalls einen schwarzen Mantel übergeworfen hatte, war Mason bereits komplett startbereit und beobachtete mich, wie ich in meine grauen Uggs schlüpfte.
"Ich denke ich bin noch nie mit einer so uneleganten Dame durch die Straßen gelaufen", kommentierte er mich dann amüsiert und ich grinste leicht, schwenkte meine Schlüssel in der Hand und riss die Haustür auf. "Irgendwann ist immer das erste Mal. Und sind wir mal ehrlich, ich könnte auch im Kartoffelsack durch die Gegend laufen und jeder würde gleich mit mir in die Kiste springen wollen", grinste ich und lief die Treppen herunter.
"Ja, leider", murmelte Mason kaum hörbar, bevor er mir folgte.
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