21.Kapitel (sein Geheimnis)
Jetzt ist es nochmal Fa's Sicht. Sorry, ich weiß es wechselt ziemlich willkürlich aber ich werde auch weiterhin jedes Mal vorwahnen wenn sich der POV ändert.
Ich war wirklich sauer auf Is! Was dachte sie sich denn bitte? Sie hatte mir oder Sarah nicht vorzuschreiben mit wem wir zusammen kamen. Mein Mitleid für sie nach der Trennung von Ivan war inzwischen verflogen, dass sie sich ernsthaft geweigert hatte mit Ivan Schluss zu machen, als er sie zwei verdammte Male deswegen angesprochen hatte, war schon beinahe toxisch.
Ivan's Aktion war zwar auch merkwürdig gewesen, aber sie schien wirklich aus Verzweiflung entstanden zu sein. Er hätte allerdings ahnen müssen das er damit den Hass von unserer Clique auf sich zog. Tja, als Konsequenz von seinem Leichtsinn war die Mission ISpossible entstanden und jetzt war Sarah traurig wegen Ivan und Is redete nicht mehr mit uns. Glänzend! Danke, Ivan! Und Is hatte mich also mit Adrian gesehen...
Ich hatte es meinen Freundinnen absichtlich nicht erzählt, denn mir war klar das Is es als Verrat ansehen würde. Was sie ja jetzt auch tat, aber Ann und Sa freuten sich allem Anschein nach für mich. Ich bekam Kribbeln im Bauch als ich an Adrian dachte. Hatte Is ernsthaft gedacht es würde mich schocken das er Alkohol verkaufte? Ich war mit ihm in einer Klasse, ich hatte durchaus ein paar Mal gesehen wie er Mitschülern heimlich klirrende Tüten überreicht hatte. Selbstverständlich war Alkohol beschissen, aber es gehörte inzwischen zu Partys dazu und es war nicht meine Aufgabe Moralapostel zu spielen. Man musste es schließlich auch nicht trinken wenn man nicht wollte.
Wütend stapfte ich den letzten Treppenabsatz zu meiner Klasse nach oben. Hoffentlich kam Is bald zur Vernunft und Ivan ebenfalls! Da Sa ihn mochte konnte er gar nicht so übel sein, höchstens dumm, wenn er nicht verstand was er an ihr hatte! Immer noch aufgebracht ging ich zu meinem Platz und holte meine Französisch Sachen raus.
Nach etwa 10 Minuten Unterricht, gab Pooja mir leise kichernd einen Zettel. ,,Wieder von Adrian. Was schreibt er dir denn eigentlich?" ,,Geht dich nichts an." Sie sah eingeschnappt wieder nach vorne und klappte ihr rosa Heft auf um sich Notizen zu machen. Ich faltete den Zettel auf. ,,Wieder nach der Schule treffen?" stand da. ,,Ok. Aber diesmal nicht vor der Schule. Villeicht bei mir?" Meine Mutter arbeitete heute länger und wollte danach noch den Einkauf für die Kochstunde erledigen, deswegen würde sie nicht vor 6 Uhr nach Hause kommen. Wir wären allein Zuhause. Aber das erwähnte ich in der Nachricht lieber nicht, damit Adrian nicht auf falsche Gedanken kam. Ich wollte schließlich nur knutschen!
Er las den Zettel und nickte mir zu. Eigentlich könnte es mir jetzt egal sein wer uns zusammen sah, da Is es bestimmt nicht für sich behalten hatte. Aber noch schien es nicht bis zu meinen Klassenkameraden durchgedrungen zu sein und ich wollte das es so blieb. Da ging ich lieber das Risiko ein, dass ich ihm später in der leeren Wohnung erklären musste das ich wirklich nicht weiter gehen wollte als bei den letzten Malen.
Ungeduldig wartete ich den Unterricht ab und versuchte aufzupassen. In den letzten Tagen war ich deutlich unkonzentrierter gewesen als sonst, ich machte mir deshalb keine Sorgen, ich war gut in der Schule und es fiel mir immer leicht im Unterricht mitzukommen. Aber die Präsenz von Adrian lenkte mich ab, ständig hatte ich das Bedürfnis ihn anzusehen. Endlich war der Schultag vorbei und ich sprang die Treppenstufen hinunter und lehnte mich lässig gegen die Schulwand, um auf ihn zu warten. Jedenfalls hoffte ich das ich lässig aussah.
Er kam mit Ivan aus der Tür, sie verabschiedeten sich mit irgendeiner Handschlagkombination. Dann schlenderte er zu mir und nickte mir zu. ,,Hey." Seine eisblauen Augen blitzten. Einen Moment lang war mir der Atem weggeblieben, aber jetzt hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Einfach cool und locker sein, es gibt keinen Grund zum nervös werden, dachte ich und biss die Zähne zusammen. ,,Hey. Komm ich zeig dir den Weg. Es ist nicht weit." Verdammt, den letzten Satz hätte ich sowas von weglassen können! Ich stieß mich lässig von der Wand ab, verlor kurz das Gleichgewicht und ging dann los.
Als wir die Schule hinter uns gelassen hatten und grade den Park durchquerten, nahm er ohne Vorwarnung meine Hand. Ein altes Ehepaar, was grade Hand in Hand an uns vorbeispazierte und ihren Pudel ausführten, betrachtete uns wohlwollend. Ihre Blicke sagten: Ach, was für ein süßes junges Paar. So waren wir auch mal. Und jetzt schau mal einer an, wir sind zusammen alt geworden.
Unsicher sah ich auf meine Hand in Adrians. Was waren wir überhaupt? Waren wir ein Paar? Wollte ich das? Ich wusste nicht genau ob ich eine Beziehung mit ihm wollte, aber ich wusste GANZ genau, das ich nicht mit ihm darüber reden wollte. Noch nicht jetzt jedenfalls. Also überlegte ich mir fieberhaft ein Gesprächsthema. Schule? Uncool. Familie? Mmh ich wollte keine Fragen über meinen Vater beantworten müssen. Die aktuelle politische Lage? Oh Gott sei kein Nerd. Aktueller Gossip? Nein. Sei keine Is. Mir fiel etwas ein. ,,Du, Adrian..." ,,Ja?" ,,Neulich hat Is sowas gesagt... das du dealen würdest?"
Er wurde blass, ich schien einen Nerv getroffen zu haben. Sprach er nicht gerne über sein Alkoholgeschäft? Das war mir nie so vorgekommen. ,,Keine Sorge. Ich wusste das mit dem Alkohol natürlich, wegen dem Jägermeister sind wir ja überhaupt erst im Schrank damals gelandet. Ich find's auch nicht so schlimm irgendwoher müssen die Getränke für die Partys ja kommen und übriggebliebene kann man ja auch nicht einfach die Eltern finden lassen. Ich wollte nur-" ich brach ab. Was wollte ich eigentlich? ,,Ich find's auch nicht so schlimm?" Waren wir seit 3 Jahren verheiratet und hatten 5 Kinder oder was? Es ging mich nichts an und ich musste nichts ,,nicht so schlimm finden." Verdammt! Schule wäre sicher das bessere Thema gewesen, Aarggh warum hatte ich nicht einfach Schule genommen?! Zögernd sah ich zu Adrian und bemerkte das sein ohnehin schon blasses Gesicht jetzt richtig weiß geworden war. Hilfe! Ging's ihm nicht gut?
Ich führte ihn zu einer Bank und er setzte sich. Erst wollte ich neben ihm Platz nehmen, aber dann überlegte ich es mir anders und setzte mich stattdessen auf seinen Schoß. Besorgt nahm ich sein Gesicht in meine Hände. ,,Was ist denn? Gehts dir nicht gut? Du bist doch kein Diabetiker, oder?" Keine Ahnung ob Diabetiker bei Blutdruckproblemen blass wurden, aber es würde für mich Sinn ergeben. Schließlich stieg dann doch das Blut irgendwo hin? Verdammt, die perfekte Ärtztinnentochter war ich wohl nicht grade. ,,Nein nein mir gehts gut. Alles okay." Sagte er und legte einen Arm um meine Hüfte. ,,Es ist nur..." er senkte die Augen und wischte sich eine Träne von der Wange. Ich war geschockt, ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Hilfe! Was hatte ich nur getan?! Vorsichtig streichelte ich mit den Daumen über seine Wangen. Seine Haut war ganz weich. ,,Das mit dem Alkohol ist nicht alles, das ist echt nur ne Gelegenheitssache. Das ist meistens einfach nur der der nach Partys übrig bleibt. Eigentlich verkaufe ich Gras und Hanf. Manchmal auch Zigaretten. Ein Kumpel von meinem Vater baut das Zeug an und besorgt auch die Zigaretten und in letzter Zeit auch zusätzlichen Alkohol, weil Leute angefangen haben bei mir zu bestellen." Er atmete tief durch.
,,Es hat vor einem halben Jahr oder so angefangen, als der Laden meiner Eltern pleite gemacht hat. Die Wohnung darüber gehört uns zum Glück, aber 'türlich ging uns schnell das Geld aus. Meine Eltern haben keine andere Arbeit gefunden und konnten nur mit Arbeitslosengeld auch bis jetzt nicht genug sparen um es nochmal mit dem Laden zu versuchen." Ich war betroffen, niemals hätte ich gedacht das Adrian solche Probleme zu Hause hätte. Vermutlich hatte ich ihn immer in einen Topf mit Ivan geworfen, dessen Eltern das einzige Krankenhaus im Umkreis von...weiß nicht wie vielen Kilometern gehörte. Außerdem wirkte er immer so sorglos. ,,Dann hat uns ein Kumpel von meinem Vater besucht, er hat außerhalb einen kleinen Hof mit Hühnern und Rindern, aber das ist mehr zur Tarnung, das richtige Geld macht er mit was anderem. Er kam ab und zu vorbei und brachte uns ein paar Eier und so mit, war immer nett zu uns, hat meinen Eltern gesagt das es schon wieder bergauf gehen würde. Dann hat er eines Tages gefragt ob ich mir nicht bisschen was dazu verdienen will, um meinen Eltern zu helfen. Ich hab natürlich ja gesagt, ich dachte es ging um Zeug auf seinem Hof, Hühner füttern oder so." Er fuhr sich durch die Haare und lachte, es klang hohl.
,,Paar Tage später kam ich zum Hof und wurde erstmal von einer rauchenden Frau in einem Korsett empfangen, sie hat den Typen gerufen und er hat mir ein paar Päckchen gegeben und die Preise genannt. Verlang aber ruhig mehr dafür hat er gesagt. Ich sollte sie am nächsten Tag mit zur Schule nehmen und verkaufen, dann würde ich einen gerechten Anteil kriegen. Und na ja ich habs gemacht.''
Er sah zu Boden und sein Griff um meine Hüften verstärkte sich, bis es beinahe schmerzte. Als würde er sich an mir festhalten wollen. ,,Ich dachte es wäre eine einmalige Sache! Und irgendwie kam es mir wohl auch ganz cool vor und es war aufregend heimlich diese Geschäfte abzuwickeln. Am Anfang ging es auch echt nur an Schüler aus der Oberstufe. Und natürlich wollte ich nicht weiter zusehen müssen wie meine Eltern sich Sorgen um Geld machen." Sprudelte es aus ihm hervor. ,,Nach zwei Tagen war ich alles los und er kam wieder bei uns vorbei und hat mit mir abgerechnet. Es sind über vierzig Euro für mich rausgesprungen. Ich hab meinen Eltern das Geld gegeben und er hat währenddessen gesagt das ich ihm ganz fleißig mit den Tieren geholfen habe und das er sich freue mit mir in Zukunft zusammenzuarbeiten. Meine Eltern waren total stolz auf mich, also habe ich mitgespielt und mir gedacht das ich es ja noch ein, zwei mal machen kann, schließlich war ja nichts passiert. Aber jetzt hänge ich darin fest."
Ich kuschelte mich tröstend an ihn. ,,Wie lange wird es dauern bis deine Eltern genug Geld haben um den Laden wieder zu öffnen?" Er verzog das Gesicht. ,,Noch ein paar Monate auf jeden Fall. Und dann gibt es keine Garantie dafür ob er gut laufen wird. Meine Eltern stecken echt viel zurück und wir haben auch schon ein paar Möbel verkauft, doch es scheint einfach nie zu reichen." Ich wusste nicht was ich sagen sollte, er wirkte so verzweifelt und er tat mir so Leid. Ich erinnerte mich, wie ich damals Gras in seinem Spind gefunden habe. Ich hatte gedacht es wäre für den Eigenbedarf gewesen und hatte es weggeworfen um ihm eins auszuwischen. Jetzt könnte ich mich glatt selber dafür verhauen. Ich nahm meinen Schulranzen von der Bank, kramte darin nach Geld und drückte Ivan nacheinander ein 2€ Stück, einen 5€ Schein und ein 50 cent Stück in die Hand. ,,Äh was wird das?" Ich hüstelte. ,,Damals hab ich doch dein Gras in den Müll geworfen, was mir übrigens sehr Leid tut. Sag mir wieviel es war und ich zahl es dir. Wir tuen einfach so als hätte ich es dir abgekauft." Er lachte ,,Ohhh du willst also Gras kaufen? Böses Mädchen."
Adrian versuchte mir das Geld wieder in die Jeanstasche zu stecken, aber ich wehrte seine Hände ab.
,,Nein. Ersthaft, Fariba. Ich hab das Gras später noch gesucht und gefunden. Villeicht solltest du es das nächste Mal nicht in einen Mülleimer auf dem Schulhof werfen. Was wenn es ein Lehrer gesehen hätte?"
Er hatte die Mülleimer danach durchsucht? Ich fühlte mich mit jeder Sekunde schlechter.
,,Ich hatte es zugedeckt und nimm das Geld trotzdem, wegen der Umstände." Er schüttelte den Kopf. ,,Ich will keine Almosen, besonders nicht von dir. Ich habe das Gras später noch verkauft und habe auch nicht lange gebraucht um es zu wiederzufinden. Davon abgesehen ist es durchaus ein bisschen teurer als das, so 9€ pro gramm, villeicht 8,50€ wenn du gut mit mir feilschen kannst."
Langsam steckte ich das Geld wieder weg, obwohl ich es ihm immernoch gerne gegeben hätte. Er zog mich an sich und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Ich weiß nicht wie lange wir da so saßen, aber irgendwann sah er auf und meinte: ,,Wollten wir nicht noch zu dir?" ,,Oh stimmt ja!" Ich sprang auf und nahm seine Hand. ,,Das hatte ich fast vergessen."
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