12.Kapitel (Rolf)

Ich hatte den Anderen nichts von Adrian erzählt. Als sie fragten wo ich in der ersten Pause gewesen war, sagte ich auf Toilette.

Is erzählte mir dann das sie gestern mit Ivan und den Pferden spazieren gewesen war und sich ausgiebig mit ihm unterhalten hatte. Es freute mich ungemein, dass die Mission gut lief, denn nach dem Vorfall in der Pause hatte ich noch mehr Lust Ivan einen Denkzettel zu verpassen. Obwohl es ziemlich korrekt gewesen war das er mich vor Adrian gerettet hatte.

Ann und Is freuten sich ebenfalls ,,Zur Zeit läuft alles nach Plan, bist du morgen soweit ihn nach seiner Handynummer zu fragen?" Fragte Is Sarah, die nickte. ,,Ja ich glaube das kann ich machen."

Sie trug wie wir es für heute geplant hatten einen Jeansrock und ein enges Top mit Spaghettiträgern. Die wunderschönen Haare wirbelten ihr Locker um Hals und Schultern, aber der Rest von ihr sah angespannt aus.

,,Wunderbar!" Sagte Is und klatschte in die Hände. ,,Das ist der letzte Punkt auf der Liste, weiter haben wir bis jetzt noch nicht geplant. Ich würde vorschlagen das wir uns morgen gegen 11 bei Sa treffen und überlegen wie es jetzt weitergeht. Und villeicht auch noch ein paar mehr Outfits planen, die müssten doch auch langsam aufgebraucht sein." Sa nickte, ein bisschen eingeschüchtert von soviel Entschlossenheit, so schien es. Ich nahm ihre Hand und lächelte sie ermutigend an. ,,Du machst das super, Sa."

Den Rest des Unterrichts ignorierte ich Ivan und Adrian und sie ignorierten mich auch. Nur ab und zu warf Adrian mir einen Blick zu den ich nicht deuten konnte. Meine Schultern und mein Unterarm schmerzten immer noch von seinem Griff.

Als die letzte Stunde endlich vorbei war, war ich die erste die aus der Tür rannte. Is war die einzige die Freitags zeitgleich mit mir Schluss hatte, ich wartete vor dem Eingang auf sie und wir fuhren gemeinsam bis zu der Kreuzung an der wir uns immer trennten.

Meine Mutter war schon Zuhause und grade dabei zu kochen als ich reinkam. Ich fand sie war die beste Mutter der Welt, denn sie schimpfte praktisch nie, war immer geduldig und freundlich und verbot mir nur sehr wenige Sachen. ,,Hallo Mama." Sagte ich und umarmte sie. Wie immer roch sie leicht nach Vanille, frischer Wäsche und Desinfektionsmittel. Letzteres kam daher das sie Ärztin war. ,,Hallo, mein Schatz. Wie war die Schule? Essen ist in 5 Minuten fertig." Ich tat die Frage nach der Schule mit einem ,,Wie Immer" ab und fing an den Tisch zu decken. Schließlich kam es ja jeden Tag vor das ich fast verhauen und im Klassenraum eingesperrt wurde! Urrggh Adrian dieser dreckige- ,,Oh, kannst du für drei decken, Liebling?" Ich sah überrascht zu meiner Mutter. ,,Wer kommt denn?"

In diesem Moment klingelte es an der Tür. Ich flitzte neugierig los um sie zu öffnen, war es villeicht eine von Mamas Freundinnen? Oder war mein Onkel, der in Köln wohnte spontan zu Besuch gekommen?

Als ich die Tür öffnete blieb ich wie angewurzelt stehen. Auf der Fußmatte stand ein Mann Ende dreißig, mit blonden Haaren und einem Zahnpasta - Werbung - weißem-Lächeln. Er trug ein weißes Hemd, Jeans und braune Schuhe. ,,Hallo, du musst Fariba sein." Begrüßte er mich und lächelte immer noch. Verwirrt sah ich erst zu ihm, dann über meine Schulter zu meiner Mutter die grade ebenfalls zur Tür kam und dann wieder zu ihm. Sein Lächeln erlischte langsam. ,,Hallo Rolf. Komm doch rein." Sagte meine Mutter die mir jetzt über die Schulter spähte. ,,Das Essen ist so gut wie fertig."

Es gab Tschelo Kabāb, ein typisch iranisches Gericht bestehend aus Reis mit mariniertem Fleisch, das eigentlich in einem Holzofen gegrillt werden müsste, den wir allerdings nicht Zuhause hatten, deswegen war es nicht ganz authentisch. Zum Nachtisch gab es hausgemachtes Baghlavā, welches ich liebte. Trotzdem konnte ich diesmal nichts genießen, ich war zu abgelenkt von meiner Mutter, die rot wurde und lachte, wenn Rolf gar nicht mehr aufhörte das Essen zu loben. Und von Rolf der meine Mutter bewundert anstarrte, wenn sie etwas erzählte und sich beiläufig durch die Haare strich.

Meine Mutter war gerademal 37 und eine sehr schöne Frau. Es kam öfter vor das Männer ihr auf der Straße hinterhersahen und der Kassierer im Supermarkt überfreundlich wurde. Aber ich hatte nie damit gerechnet das sie tatsächlich mal jemanden kennenlernen würde den sie mochte. Und sie mochte Rolf, das war eindeutig.

Ich sagte nicht viel und antwortete nur einsilbig auf die Fragen die Rolf mir stellte. Meine Mutter kniff besorgt die Augen zusammen. Als das Essen endlich vorbei war, half er den Tisch abzuräumen obwohl meine Mutter meinte er solle doch sitzen bleiben. Ich war wegen dem unerwarteten Gast IMMER noch vor den Kopf gestoßen, als Mama ihn nach eineinhalb Stunden wieder zur Tür begleitete. ,,Nochmal vielen Dank für das Essen, Nesrin. Es war wirklich köstlich." ,,Aber gerne doch. Freut mich das es dir geschmeckt hat. Wie Schade das Luca keine Zeit hatte."

Luca? Wer war denn jetzt auch noch Luca? Hatte Rolf villeicht doch eine Freundin? Meine Laune hellte sich schlagartig auf und ich spazierte zur Tür, um nicht unhöflich zu sein und mich ebenfalls von Rolf zu verabschieden. Ich kam grade rechtzeitig um zu sehen wie meine Mutter ihm einen Kuss gab. Auf den Mund. ,,Mach's gut, Rolf." Sie winkte und schloss die Tür. Dann drehte sie sich mit schuldbewusster Miene zu mir um.

Ich verschränkte die Arme und funkelte sie an. ,,Willst du mir das jetzt villeicht mal erklären, Mama?"

Wie sich herausstellte war Rolf Zahnarzt und sie hatte ihn in dem Krankenhaus kennengelernt, in dem sie arbeitete. Sie waren ins Gespräch gekommen, dann zusammen Essen gegangen, hatten Nummern ausgetauscht, waren nochmal zusammen Essen gegangen, waren im Kino gewesen, noch zweimal zusammen essen gegangen und dann hatte Mama ihn für heute spontan zum Essen eingeladen. Und das war ,,Alles". Diese Bekanntschaft beruhte ziemlich stark auf Essen, meiner Meinung nach.

Rolf war 39 und ebenfalls ein Single-Elternteil, Luca war nicht seine Freundin sondern sein 17-Jähriges Kind. ,,17! Nur 2 Jahre älter als du, ist das nicht toll?"

,,Ganz toll." Murmelte ich und stand auf. ,,Ich geh mal eben... raus." Dann schnappte ich mir meine Schuhe und mein Handy und lief das Treppenhaus runter und durch die Haustür. 3 Straßen rannte ich ziellos entlang, bis ich eine Bank sah und mich darauffallen ließ. Meine Gedanken und mein Herzschlag rasten. Ich zog mein Handy hervor und rief Sa an.

Sa war jemand der Sachen rational und positiv betrachten konnte, während Is alles überdramatisierte, Ann alles verschönerte und ich einfach nur pessimistisch war.

,,Hey, Fa. Was ist denn? Ich bin grade auf dem Reiterhof." Dann hörte ich die Stimme von Ivan: ,,Kommst du, Sarah? Oh, mit wem telefonierst du?"

Sa war also mit Ivan zusammen. Ich konnte sie jetzt echt nicht stören, hier ging es um die Mission!

,,Alles gut, Sa. Ich wollte nur ein bisschen quatschen. Wir sehen uns Morgen." Ich legte auf und entschied mich Ann anzurufen, villeicht war ein bisschen Verschönerung ja genau das was ich brauchte.

Sie übertrieb es aber komplett. ,,Das ist doch mega cool, Fa! Du kriegst einen Stiefvater. Und deine Mutter ist endlich nicht mehr alleine. Sah er gut aus? Villeicht machen sie ja ne richtig große Hochzeit wie im Märchen. Und dann kriegst du auch noch eine Stiefschwester, die nur ein bisschen älter ist als du, dann kannst du sie immer um Rat fragen und so. Wie cool ist das denn!'' ,,Nun aber mal langsam." Mischte sich Is ein, die neben Ann am anderen Ende der Leitung saß. ,,Stiefvater? Sie haben sich doch erst keine Ahnung wie selten getroffen. Das muss gar nichts heißen. Davon abgesehen ist Liebe sowieso eine Illusion! Er könnte es sich auch morgen schon anders überlegt haben! Man sieht ja, dass so etwas vorkommen kann!" Oh Shit und ich dachte schon sie wäre über Ivan hinweg. Wie naiv von mir.

,,Und wenn du echt ne Stiefschwester kriegst musst du dir am Ende vielleicht noch ein Zimmer mit ihr teilen. Und das willst du nicht, glaub mir!"

Ich kicherte. Is und Ann mussten sich ein Zimmer teilen und Is beschwerte sich tagtäglich darüber.

,,Das ist jetzt grade nicht meine größte Angst. Es tut einfach weh, dass sie mir nicht früher was gesagt hat, versteht ihr? Ich hätte von dem Besuch heute gerne rechtzeitig erfahren, dann hätte ich mich mental drauf vorbereiten können."

,,Mach dir keine Sorgen." Schaltete sich Ann wieder ein. ,,Falls sie planen zusammenzuziehen, zu heiraten oder auszuwandern wirst du es auf jeden Fall rechtzeitig erfahren. Dann kannst du dich zumindest darauf mental vorbereiten."

Das war jetzt nicht sonderlich tröstend, aber Ich grinste. Das Gespräch mit den Zwillingen hatte mich aufgeheitert.

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