1. Kapitel
,, Sa, Hier!" Ich blickte von dem Pappbecher in meiner Hand auf und entdeckte Ann die mir freudig zuwinkte. ,, Da bist du ja endlich! Fa ist auch schon da, aber holt sich grad' was zu trinken."
Sie sah süß aus mit ihrer hellblauen Bluse und dem gestreiften Rock. Es passte nur nicht ganz zum Anlass, schließlich waren wir auf der sturmfreien Hausparty eines Teenagers und nicht in der Kirche. ,,Aaaaaaann!" Ich lief zu ihr und umarmte sie, was mit dem Becher in meiner Hand gar nicht so einfach war. ,, Süß siehst du aus." Sie strahlte und strich sich verlegen ihre kinnlangen Haare hinters Ohr. ,, Danke. Du sieh-"
Bevor sie ausreden konnte ertönte ein lautes ,,Buh" direkt neben meinem rechten Ohr. Ich zuckte zusammen, wirbelte herum und blickte in das Gesicht einer lachenden Fariba. ,,Fa!" rief ich entrüstet ,, du hast mich fast zu Tode erschreckt und das wäre kein sonderlich würdevoller Tod gewesen. Du weißt doch das ich plane zu sterben weil ich an Kaviar oder sowas ersticke."
Ich hatte echt nicht vor bald zu sterben, aber wenn ich überhaupt sterben musste, was ja klar war, dann würde ich es am liebsten auf so eine Art tuen und nicht durch irgendwas langweiliges.
,, Sorry" gluckste sie ,, du hättest dein Gesicht sehen müssen, meinst du nicht du bist ein bisschen zu schreckhaft?"
Ich grummelte ein bisschen vor mich hin, aber ließ es dennoch zu, dass sie mich zur Begrüßung umarmte. Sie liebte es mich zu erschrecken und eigentlich tat ich auch immer nur so als würde mich das beleidigen. Es stimmte schon, dass ich ziemlich schreckhaft war. Im Gegensatz zu Ann, die bei Fas Begrüßung nur milde überrascht geguckt hatte und sich jetzt ein Kichern verkniff.
Fa und ich lösten uns aus der Umarmung und sie trat einen Schritt zurück um mich von oben bis unten zu mustern. Dann pfiff sie grinsend durch die Zähne. Ich sah stolz an mir herunter. Das dunkelrote Kleid, das ich trug, betonte meine Kurven und die schwarzen Schuhe mit dem leichten Absatz ließen mich zumindest ein bisschen größer wirken. Meine blonden Haare hatte ich mit dem Glätteisen so bearbeitet, das die Spitzen leicht nach unten gewölbt waren. Perlenohrringe, passender roter Lippenstift und meine schwarze Handtasche rundeten den Look ab. ,,Awwww danke. Wenn ich durch die Zähne pfeifen könnte würde ich das bei dir aber auch machen, du heiße Schnitte!" Sagte ich und kniff meine Freundin liebevoll in die Wange.
Fa trug ihre geliebte hellblaue Jeansjacke, die ihr etwas zu groß war. Dazu enge schwarze Shorts, ein weißes Top und weiße Sneaker. Die schwarzen Locken trug sie in einem Messy Bun. Es war allerdings nicht das Outfit das Fa so schön aussehen ließ, sondern es war Fa die das Outfit schön aussehen ließ. Meine drei besten Freundinnen waren alle ziemliche Schönheiten, von innen und außen. Apropos drei...
,,Wo bleibt eigentlich Is?" fragte ich Ann. Is, oder eigentlich Isabella, war die vierte im Bunde und außerdem Anns Zwillingsschwester, die übrigens eigentlich Annabella hieß. Obwohl sie eineigige Zwillinge waren, könnten die Beiden nicht unterschiedlicher sein und wirklich niemand hatte Probleme damit sie außeinander zu halten, so sehr unterscheiden sich ihre Persönlichkeiten, Modegeschmäcker und Frisuren.
,,Oh sie ist grade erst ins Bad als ich los bin, sicher kommt sie gleich." Antwortete Ann. ,,Habt ihr nicht in den Gruppenchat geschaut?" Warf Fa ein ,,Is hat vorhin geschrieben das sie sich verspätet." Sie holte ihr Handy aus ihrer Jeansjacke und zeigte mir besagte Nachricht. ,, Das war um 8:43, dabei hatten wir doch ausgemacht das wir uns gegen 20 nach hier treffen und jetzt ist es schon fast 9!" Fa wirkte leicht verärgert, sie und Is gerieten sich öfter mal in die Haare, was meiner Meinung nach nur daran lag, dass sie beide selbstbewusst und eigensinnig waren. Fa zeigte sich öfter genervt davon, dass Is zu jeder Gelegenheit zu spät kam.
,, Oh wenn man vom Teufel spricht." Sagte Ann und nickte quer in Richtung Is, die gerade den Raum betrat. Sie trug kniehohe High Heels, die unglaublich unbequem aussahen und dazu einen kurzen Lederrock und ein passendes Lederoberteil, das an den oberen Teil eines schulterfreien Bikines erinnerte. Ihre hellbraunen Haare mit den blondierten Strähnen hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz à la Ariana Grande gebunden. Eine sorgfältig gelockte Strähne fiel ihr auf die Schulter. Es war kein Wunder das sie Blicke auf sich zog.
Als sie bei uns ankam fiel sie uns nacheinander um den Hals und nahm Fa beiläufig den Becher aus der Hand, wobei sie immerfort plapperte. ,,Hey girls!!! Naaa? Wie geht's? How do you like my outfit? Ihr zwei seht fantastisch aus, du musst mir mal diesen Lippenstift leihen, Sa! Ich hatte Ann eigentlich angeboten sie zurechtzustylen aber sie wollte nicht. Schade. Ich finde dein Rock sieht schon ein bisschen nach Gardine aus, oder nach Altenheim. Nicht böse gemeint, Sis. Wie geil ist es bitte das jetzt Wochenende ist und wir alle zusammen hier sind?"
Sie nahm einen herzhaften Schluck aus Fas Becher und sah sie dann gespielt anklagend an. ,, Das ist nicht ernsthaft Wodka mit Sprite gemischt?! Du weißt doch, von Mischgetränken muss man nur mehr kotzen." Fa verdrehte die Augen und ich lachte leise. ,, Erstens", setzte Fa an ,, stimmt das gar nicht. Zweitens bist du über dreißig Minuten zu spät. Drittens habe ich dich nicht gebeten es zu trinken. Hol dir was eigenes. Und Viertens bist du sowieso schon über dreißig Minuten zu spät, die 5 Minuten die du gebraucht hättest um dein Makeup richtig zu verblenden hätten wir auch noch warten können." Ann und ich lachten, weil die Kontur von Is's Gesicht tatsächlich noch nicht sonderlich gut verblendet war. Is liebte Makeup und sie schminkte sich oft sehr ausgiebig und auch heute hatte sie das ganze Paket aufgetragen. Foundation, falsche Wimpern, Highlighting, Contouring, Eyeliner, Lidschatten, Augenbrauenstift und Glitzerlipgloss. Is ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, gab Fa den Becher zurück und nippte stattdessen an meinem. Dann verzog sie das Gesicht und warf theatralisch ihren Pferdeschwanz herum. ,, Wasser. Das ist ernsthaft Wasser" rief sie entrüstet. Woraufhin ich zur Bestätigung nickte.
Morgen war für mich ein Tag auf den ich mich seit Wochen freute und ich wollte auf keinen Fall verkatert sein. Und zwar fuhr Gina, die Besitzerin meiner Reitbeteiligung, mit Mann und Baby für 2 Wochen in den Urlaub. Ich würde ganz alleine für den Haflinger verantwortlich sein und würde ihn jeden Tag reiten können, anstatt nur dreimal die Woche wie sonst. Meine Freundinnen hatten nicht viel für Pferde übrig, aber freuten sich natürlich auch für mich. Is gab mir meinen Becher wieder, den jetzt ein lippglossabdruck zierte, und warf uns eine Kusshand zu während sie sich zum gehen wandte. ,, Bis gleich. Ich geh eben zum klo und verblende mein Makeup und dann geh ich Ivan begrüßen." Ivan war der Gastgeber und ihr Freund seit etwa 2 Monaten. Er war so ziemlich der beliebteste und bestaussehendste Junge in unserem Jahrgang und Is schwärmte ständig von ihm.
Voller Vorfreude dachte ich an morgen und wandte mich wieder meinen Freundinnen zu. Immer wenn Is einem Gespräch dazustieß hat es etwa dieselbe Wirkung wie ein Bombeneinschlag. Sie war eine Dramaqueen, das Gegenteil von der stillen Ann und hatte einfach diese gewisse Ausstrahlung. Aber wir waren das alle gewohnt, schließlich waren wir vier seit Jahren beste Freundinnen.
Eine Stunde später tat mir vom vielen Tanzen alles weh und Fa war ziemlich aufgedreht und betrunken, während Ann einfach nur keinen Bock mehr hatte. Der Rest war auch schon ziemlich im Suff, ein paar Pärchen machten rum, überall lagen leere Becher und Flaschen. Ich und Ann beschlossen Fa von der Tanzfläche zu ziehen und alle nach Hause zu gehen. Wir machten uns also auf die Suche nach Is. Und nach 15 Minuten fanden wir sie zusammengesackt in einer Ecke, wie sie sich die Augen aus dem Kopf heulte. ,,Oh Gott! Is." Rief ich geschockt.
Sie hob den Kopf, ihr Makeup war völlig verschmiert, die falschen Wimpern waren kurz davor abzufallen, ihre Haare waren ein einziges Chaos. ,,Ivan hat mit mir Schluss gemacht." Schluchzte sie ,, und...und er hat gesagt das er mich nie wirklich gemocht hat und ich rumlaufe wie eine Schlampe und er mich letzte Woche mit Luisa betrogen hat" Fa stieß einen fauchenden Laut aus, sie schien durchaus noch nüchtern genug um zu verstehen was vor sich ging. Ann und Ich setzten uns sofort zu Is auf den Boden und nahmen sie in den Arm. Fa brauchte etwas länger bis sie saß, dann umarmte sie sie ebenfalls und strich ihr über die Wange.
Ich verfluchte Ivan in Gedanken aufs übelste. Was für ein Arsch! Er war zwar bekannt dafür das er ständig die Freundinnen wechselte, aber wie konnte er es wagen Is so zu behandeln!!! Und warum hatte ich nicht schon viel früher nach Is gesehen!
Wir saßen etwa 10 Minuten so da und redeten Is gut zu, schließlich fasste sie sich ein wenig und sagte sie wolle unbedingt von Ivans Party verschwinden. Was verständlich war. Also führten wir sie zu dritt aus dem Haus und brachten sie mit dem Bus nach Hause. Vor ihrer Haustür umarmten wir sie alle nochmal und Ann versicherte und das sie sich um Is alleine kümmern würde und wir nicht zu übernachten bräuchten. Daraufhin machten sich auch Fa und ich, immer noch bestürzt, auf den Heimweg.
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