◀ Kapitel 8 ▶

◀ Kapitel 8 ▶

Annie Irwin, Wakanda, 11.35 Uhr

Ich sehe Bucky dabei zu, wie er sich skeptisch im Spiegel betrachtet, als er die Rüstung anhat, die T'Challa ihm zur Verfügung gestellt hatte.

„Du siehst wieder ganz wie der alte aus.", versichere ich ihm und er seufzt, dann lässt er sich auf das Bett fallen und sieht mich an.

„Mein ganzes Leben lang, habe ich gekämpft. Und als ich endlich dachte, dass es vorbei wäre, dass ich nie wieder kämpfen muss, stelle ich fest, dass ich mich doch geirrt habe.", sagt er leise und sieht traurig zu Boden. Ich greife nach seiner Hand, damit er mich ansieht.

„Du hast dein ganzes Leben lang gekämpft, das stimmt. Aber dieses Mal kämpfst du nicht im Auftrag von Hydra. Dieses Mal kämpfst du mit deinem eigenen Willen und du kannst das tun, was du für richtig hältst. Niemand kontrolliert dich mehr.", meine ich und er nickt.

„Ja, du hast Recht." Ich lächele ihn leicht an und er sieht mich unsicher an, fast so, als würde er noch etwas sagen wollen.

„Hattest du jemals Angst vor einem Kampf?", fragt er mich dann vorsichtig und mein Blick wird sanfter.

„Ja, ständig... früher war es besonders schlimm. Ich habe mich eine Zeit lang nicht getraut, meine Kräfte zu benutzen, aus Angst, was sie mit mir und meinem Umfeld anrichten können.", gestehe ich ihm und er sieht mich erstaunt an. Ich zögere einen Moment lang, doch erzähle dann weiter. Vielleicht macht es ihm ja Mut.

„Ich konnte meine Kräfte früher nicht kontrollieren und ich hatte niemanden, der mir beibringen konnte, wie weit ich gehen darf.", beginne ich und realisiere erneut, wie sehr sich die Schüler an der Schule von Professor X eigentlich glücklich schätzen können.

„Ich war früher ein anderer Mensch. Arrogant, vorlaut und von mir selbst viel zu sehr überzeugt... und ich dachte, dass ich meine Kräfte kontrollieren könne. Dass ich sie habe, damit ich den anderen Menschen zeigen könne, warum sie sich niemals mit mir anlegen sollen.", fahre ich fort und schüttele mich leicht bei der Erinnerung an das, was jetzt kommt.

„Ich habe die Kontrolle verloren. Aber nicht so, wie damals, als wir gegen Attuma gekämpft haben. Nein. Ich hätte beinahe Namor getötet. Und Nathan. Und Wade. Und Logan. Und alle anderen, die sich in meiner Nähe befanden. Mich selber natürlich auch.", meine ich und stehe auf, als ich sehe, dass Bucky mich geschockt ansieht.

„Siehst du das hier?", frage ich Bucky und ziehe mein Oberteil ein Stückchen nach unten, um ihm eine Narbe zu zeigen, die sich etwas unterhalb meiner linken Brust befindet. Erschrocken sieht er mich an und ich setze mich wieder neben ihn.

„Das war Namor. Er hat auf mich geschossen, mit einer Kugel aus einer Adamantium-Vibranium-Legierung. Deswegen wird die Narbe niemals komplett verschwinden. Er hat bewusst auf mich geschossen, weil er wusste, was ich anrichten würde. Er hätte mich an diesem Tag umbringen können.", meine ich und spüre, dass mir die Tränen die Wange herunter laufen. Ich erinnere mich nicht mehr an vieles, aber ich erinnere mich jedes Mal wieder an seine panischen Schreie, als ich zu Boden gegangen bin. Und an eine einzelne Träne, die auf meine Wange getropft ist.

„Ich glaube, dass er es damals auch beinahe geschafft hätte. Darüber weiß ich nicht viel. Ich wurde bewusstlos und habe zu viel Blut verloren. Die anderen haben mir damals erzählt, dass Namor, sobald er realisiert hat, was er getan hat, einen Panikanfall bekommen hat. Ich weiß nur noch, wie ich aufgewacht bin und ihn vor mir gesehen habe. Er war von oben bis unten mit Blut bespritzt. Und es war nicht sein Blut. Es war meins." Ich stehe ruckartig auf, als ich daran denken muss und sehe aus dem Fenster.

„Ich weiß bis heute nicht, was passiert ist. Das war das erste Mal, dass meine Kräfte Besitz von mir ergriffen haben. Und auch das letzte Mal. Zumindest in diesem Ausmaß.", beende ich meine Erzählung und Bucky sieht mich geschockt an.

„Manchmal, da glaube ich, dass es besser wäre, wenn Namor damals richtig getroffen hätte. Denn das wollte er, da bin ich mir sicher. Er wusste, dass es das Richtige gewesen wäre, obwohl er es nicht konnte.", beinahe schon spöttisch lächele ich und sehe mein eigenes Spiegelbild an, das sich in der Fensterscheibe abbildet.

„Aber dann realisiere ich, dass es bestimmt einen Grund gibt, warum ich hier bin. Warum ich diese Kräfte habe. Und ich habe beschlossen, sie zu kontrollieren und sie für das Gute einzusetzen. Oder zumindest für das, was ich als richtig erachte. Denn wenn ich diese Macht habe, dann sollte ich sie nutzen. Ansonsten ist alles, was passiert, irgendwie auch meine Schuld. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich jedes Mal wieder Angst habe, Bucky. Auch ich bin nicht unsterblich. Auch mich kann man umbringen. Und das ist gar nicht mal so ein Wunderwerk, wie alle denken." Ich drehe mich zu Bucky um und sehe ihn beinahe schon finster an.

„Und eines Tages wird eine Person kommen, die es schaffen wird."

Steve Rogers, Wakanda, 11.54 Uhr

„Steve...", eine ungewohnt sanfte Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und ich wende den Blick von Bucky ab. Annie Irwin persönlich gerät in mein Blickfeld und ich sehe sie erstaunt an. Ich glaube ich habe sie noch nie in meinem ganzen Leben in einem so alltagstauglichen Outfit gesehen. Sie sieht aus, wie eine normale Frau Ende zwanzig. Ihr lockerer Pullover weht leicht im Wind und ihre Beine stecken in einer engen Lederhose. Dazu trägt sie Stiefeletten. Ich hätte erwartet sie in ihrer Kampfuniform zu sehen, immerhin weiß sie, worum es hier geht, doch ich habe mich geirrt. Ihre Augen sind wie immer schwarz umrandet und doch sieht man ihr an, dass sie diese Situation hier sehr mitnimmt.

Annie lächelt mich schwach an und fällt mir dann in die Arme. Sofort erwidere ich ihre Umarmung. Ich bin ihr so dankbar, dass sie hier hergekommen ist. Mit ihr sind unsere Chancen um einiges gestiegen.

„Es ist schön, dich hier zu sehen.", meine ich zu ihr und streiche ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr, die vom Wind in ihr Gesicht geweht wurde.

„Ist Namor auch hier?", frage ich sie dann und sie senkt traurig den Kopf.

„Nein. Und er wird auch nicht kommen." Ich kann förmlich hören, wie enttäuscht sie ist und sehe sie mitleidig an. Das trifft sie bestimmt sehr schwer. Als sie leicht zu lächeln beginnt, sehe ich sie irritiert an.

„Aber hey, wir brauchen ihn nicht, um die Welt zu retten, oder?", meint sie dann noch zuversichtlich und ich ziehe einen Mundwinkel in die Höhe.

„Hoffen wir es zumindest."

Annie dreht sich um und begrüßt Natasha, dann fällt ihr Blick auf Wanda.

„Hey! Gott sei dank, dir geht es gut." Die beiden Frauen fallen sich in die Arme und Annie lächelt Wanda beinahe schon mütterlich an.

Wanda Maximoff, Wakanda, 12.03 Uhr

Ich sehe Annie Irwin mit einem leichten, schmerzhaften Lächeln an. Ich habe sie so lange nicht mehr gesehen und jetzt, wo ich sie sehe, ist es unter diesen Umständen. Seitdem mein Bruder und ich den Supreme Five beigetreten sind, habe ich das Gefühl, dass ich mehr Kontrolle über mich und meine Kräfte habe, da Annie mir einiges beigebracht hat. Ich weiß, dass ich niemals ihr Level erreichen werde, aber es fühlt sich gut an, seine Kräfte in vollem Maße nutzen zu können.

„Wanda, wie geht es dir?", fragt sie mich und ich muss mir die Tränen in meinen Augen verkneifen. Immerhin komme ich immer noch nicht so ganz darüber hinweg, dass mein Bruder tot ist.

„Den Umständen entsprechend, denke ich.", lächele ich sie schwach an und sie nickt. Ich sehe, dass sie etwas sagen möchte, aber es sich aufgrund der anderen, die hier sind, verkneift.

„Lasst uns nach drinnen gehen."

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Annie und ich trennen uns kurzzeitig von den anderen und sie führt mich in ein riesiges Zimmer, in dem viele ihrer Sachen liegen.

„Ist das deins?", frage ich sie geschockt und sie nickt.

„T'Challa war wohl der Meinung, dass ich es so gemütlich haben soll, wie nur irgendwie möglich.", zuckt sie nur mit den Schultern und schließt die Tür hinter sich. Als die Tür zu ist, sieht sie mich sanft an und setzt sich auf das Bett. Als sie neben sich auf das Bett klopft, lasse ich mich vorsichtig neben sie fallen.

„Sei ehrlich zu mir... wie geht es dir?", fragt sie sanft und sieht mir tief in die Augen. Ich überlege einen Moment lang, ob ich sie anlügen sollte, aber beschließe, dass es sowieso nichts bringen wird.

„Ich vermisse ihn immer noch... gibt es Neuigkeiten von Cable?", frage ich sie und hoffe, dass sie mir endlich gute Neuigkeiten mitteilen kann. Annie sieht mich traurig an.

„Nein, leider nicht, Kleine.", sagt sie und ich senke traurig den Kopf. Annie legt eine Hand an meinen Hinterkopf und nimmt mich dann in den Arm. Ich lasse meinen Kopf auf ihre Schulter sinken. Einzelne Tränen laufen mir die Wange herunter.

„Ich setze immer noch alles daran, dass Nathan auftaucht und Pietro zurückholen kann.", versichert sie mir dann noch und ich nicke. Okay, vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance.

„Wie geht es Vision?", fragt sie mich dann und ich schnaube.

„Ging schon mal besser. Wenn ich die Schlampe finde, die ihm das angetan hat, bringe ich sie persönlich um.", versichere ich Annie und sie lächelt mich stolz an.

„Das ist die Wanda, die ich kenne."

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