◀ Kapitel 6 ▶

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T'Challa, Wakanda, 21.00 Uhr

„Sind Sie sich sicher, dass es eine gute Idee ist, sie wieder hier zu haben?", werde ich von der Seite aus gefragt und ich nicke. Wieso zweifeln denn immer alle an meinem Verstand als König, wenn ich Sympathie Annie Irwin gegenüber zeige?

„Doch, ja. Wenn wir Wakanda eine Chance geben wollen, dann haben wir mehr Erfolg, wenn sich Annie Irwin an unserer Seite befindet.", werfe ich zurück und bekomme nur zustimmendes Gemurmel zurück.

„Richtet ihr das schönste Zimmer ein, das wir finden können. Sie soll sich hier wie eine Königin fühlen.", befehle ich dann noch und höre, dass mein Befehl direkt ausgeführt wird. Auch, wenn ich weiß, dass Annie in Atlantis nun als Namors Freundin die besten Standards erlebt, weiß ich, dass sie niemals ein großes Zimmer fordern wurde. Sie war schon immer sehr bescheiden und wusste zu schätzen, was sie hatte. So wenig es auch war.

„Ich werde Annie persönlich empfangen. Lasst mich alleine!"

Die nächsten Minuten warte ich stumm und mit verschränkten Armen hinter dem Rücken. Amadeus Cho hatte mir versichert, dass Annie auftauchen wird und ich bin mir sicher, dass ich mich auf sein Wort verlassen kann. Immerhin hatte er uns damals auch schon geholfen, als Annie in Pleasant Hill festgehalten wurde.

Es vergehen noch weitere drei Minuten, da erscheint vor mir ein dunkelblauer Nebel und Annie Irwin steht vor mir. Sie sieht aus wie immer, doch in ihren Augen kann ich erkennen, dass ihr so einiges passiert sein muss, seitdem sie in den Nachrichten war, weil sie gegen diese zwei Handlanger von Thanos gekämpft hat. Ich registriere erfreut, dass sie die Rüstung trägt, die ich extra für sie anfertigen lassen habe. Sie sieht sich etwas unsicher um, dann allerdings fällt ihr Blick auf mich und sie bekommt etwas, von der Selbstsicherheit zurück, die ich von ihr gewohnt bin. Es wirkt einen Moment lang so, als würde sie all ihren Mut zusammennehmen und sie setzt sich langsam in Bewegung.

„T'Challa.", nickt sie mir lächelnd, aber doch irgendwie ernst zu und ich kann in diesem Moment gar nicht anders, als sie zu umarmen. Ich spüre, dass sie einen Moment lang überrascht ist – natürlich, unsere Vergangenheit kann man nicht außer Acht lassen – aber sie umarmt mich zurück, als sie ihren kleinen Schock losgeworden ist.

„Wakanda ist dir auf Ewig dankbar, dass du dich uns anschließt.", gestehe ich ihr dann und sie lächelt leicht.

„Wir müssen nur hoffen, dass ich auch helfen kann.", antwortet sie mir und die Unsicherheit in ihrer Stimme verunsichert mich. Wann ist eine Annie Irwin schon eingeschüchtert?

„Der Anzug passt dir sehr gut.", lenke ich schnell vom Thema ab. Annie schmunzelt.

„Er passt so gut, dass ich kurzzeitig dachte, dass du ein perverser Stalker bist.", scherzt sie und entlockt mir damit ein kleines Lachen. Das ist die Annie, die ich kenne.

„Ich habe dir extra ein Zimmer herrichten lassen. Solange noch alles ruhig ist, steht es dir frei, was du während deiner Anwesenheit hier tun wirst.", erkläre ich ihr und lege ihr eine Hand zwischen die Schulterblätter, um sie sanft nach drinnen zu führen.

„Ich würde gerne Bucky sehen...", gesteht sie leise und sieht mich beinahe schon unsicher an. Ich wechsele einen kurzen Blick mit ihr, dann nicke ich.

„Mach dich frisch, ruh dich etwas aus und dann kannst du zu ihm gehen. Vielleicht reagiert er auf dich auch besser, als auf uns."

Annie Irwin, Wakanda, 21.27 Uhr

Frisch geduscht sitze ich in meinem Bademantel auf der Fensterbank meines Zimmers in Wakanda und sehe mein Handy in meiner Hand unsicher an. Ich würde gerne Namor anrufen und ihn bitten, die atlantische Armee hierher zu schicken, aber ich traue mich nicht. Immerhin weiß ich ja, wie gut er auf diesen Ort hier zu sprechen ist. Und unser doch Recht feindseliges Ende vor zwei Tagen hält mich auch auf. Wieso sollte er hier auftauchen, wenn ich ihn darum bitten würde?

Aber ist Namor nicht auch noch mein bester Freund? Ich hatte immer Angst davor, dass das, was zwischen uns ist, ein Mal enden könnte und wir dadurch unsere Freundschaft verlieren könnten. Doch ist dies jetzt de Fall? Oder sind Namor und ich in der Lage unsere momentanen Differenzen zu vergessen und uns auf das große Ganze zu fixieren? Es geht hier gerade nicht um unsere gescheiterte Beziehung oder unseren stummen Kampf, den anderen nicht gewinnen zu lassen. Nicht als erster den anderen zu kontaktieren. Ich weiß, dass Namor die Aufnahmen gesehen haben muss. Er muss es einfach. Und doch hatte ich kein Wort von ihm gehört, in dem er wissen wollte, ob ich noch lebe. Ich dachte, dass wir das schaffen könnten. Im Guten auseinanderzugehen, meine ich. Aber mittlerweile bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Ich weiß, dass Namor ein verdammter Sturkopf ist. Und ich bin es auch. Doch ich weiß ebenfalls, dass wir jede Hilfe gebrauchen können, wenn Thanos hier auftauchen sollte.

Ich überlege noch einen Moment, dann allerdings springe ich über meinen eigenen Schatten und wähle Namors Nummer. Er geht erstaunlich schnell an sein Handy.

„Hey.", meldet er sich sofort und ich lächele. Das klingt doch bisher gar nicht so schlecht. Kein wütendes Geschrei, keine Beleidigungen, keine Morddrohungen.

„Namor, ich brauche deine Hilfe.", komme ich gleich zur Sache, denn es würde mir jetzt sowieso nichts bringen, erst drumherum zu reden. Das würde Namor auch gar nicht wollen. Und vor allem jetzt nicht. Wir wissen beide, dass wir uns hier gerade nur gut verstehen, weil wir beide wissen, dass ich ihn nicht anrufen würde, wenn es nicht etwas extrem wichtiges wäre.

„Was ist passiert?", fragt er mich und ich überschlage die Beine, während ich auf die Stadt herunterblicke. Es ist eigentlich echt schön hier.

„Es ist viel passiert.", beginne ich und überlege einen Moment lang, wie ich denn anfangen soll.

„Schieß los!", fordert Namor und kann es scheinbar gar nicht ertragen, dass ich ihn warten lasse. Aber das überrascht mich nicht.

„Ich war mit Tony, Stephen und Peter im Weltraum... und dort haben wir andere Leute gefunden, die auch gegen Thanos kämpfen wollen. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich habe mehr oder weniger die Energie des Zeit-Steins in mir aufgenommen und einen Anruf von Amadeus Cho bekommen. Auf jeden Fall bin ich jetzt in Wakanda.", fasse ich die Situation grob zusammen.

„Wakanda?!", echoet er überrascht und ich seufze innerlich. Das ist natürlich alles wichtige, das man aus meiner ganzen Erzählung mitnehmen kann.

„Ja. Vision wurde angegriffen, weil er einen Infinity-Stein besitzt. Wir wollen den Stein zerstören, aber würden Vision umbringen, wenn wir es einfach so täten. Deswegen können wir hier den Stein von ihm trennen und ihn so retten, bevor ich den Stein zerstören kann.", versuche ich es möglichst schlüssig zu erklären, aber weiß nicht so recht, ob das so klappt, wie ich es gerne hätte. Und ich weiß auch gar nicht, wieso ich es tue. Wieso rede ich hier gerade mit Namor, als wäre all das zwischen uns nie passiert? Als hätte diese Beziehung niemals existiert? Sind wir beide so gut darin, Sachen zu verdrängen und sie nie wieder zu erwähnen? Das ist doch lächerlich! Wir haben fast zwei Jahre eine Beziehung geführt. Und eineinhalb davon glücklich, wie ich behaupten würde!

„Wer ist wir?" Namors Stimme klingt skeptisch und er weiß wahrscheinlich schon, dass ihm die Antwort nicht gefallen wird.

„T'Challa, Steve, Natasha... du weißt schon, das Team eben.", meine ich ausweichend.

„Okay, schon klar. Wofür brauchst du nun also meine Hilfe?", fragt er schon sichtlich genervter. Nun kommt also das, wovor ich etwas Angst habe. Ich weiß, dass es unfair ist, ihn deswegen zu fragen, aber auf der anderen Seite geht es um das Wohl der ganzen Welt.

„Wenn Thanos hier auftaucht, weiß ich nicht, ob die Armee Wakandas ihn aufhalten kann... ich wollte dich bitten, mit der Armee herzukommen." Meine Stimme klingt erstaunlich sicher, aber viel zu leise für meine sonstige Sprechweise.

„Nein." Namors Stimme wiederum klingt stark und gefasst.

„Wieso nicht?", frage ich nach.

„Weil ich nicht an der Seite dieser Wakandaner kämpfen werde." Eine Spur von Abscheu erklingt in seiner Stimme und ich bin augenblicklich entmutigt. Wenn er alleine deswegen schon nicht kommen will, dann habe ich ihn schon fast verloren.

„Namor, bitte. Lass deine Streitigkeiten mit T'Challa außen vor. Das tun wir beide in diesem Moment doch auch.", versuche ich trotzdem noch, ihn irgendwie zu überreden.

„Das mit uns ist etwas völlig anderes! Wir beide waren jahrelang befreundet. So etwas wirft man nicht wegen einer gescheiterten Beziehung weg."

„Namor, darüber reden wir, wenn wir uns sehen und uns beide etwas beruhigt haben... aber jetzt ist gerade nur wichtig, dass du uns hilfst."

„Nein." Ich wusste, dass das nicht leicht werden wird und er mit Sicherheit lange an seiner Meinung festhält, aber vielleicht habe ich ja doch noch die Chance, ihn umzustimmen. Vielleicht tut er es ja nicht für die anderen, aber für mich.

„Bitte, Namor. Du weißt, ich bettele nie, aber bitte." Wie kann ich mich selber so dermaßen erniedrigen? Und dann auch noch vor Namor?

„Wieso ist dir das so wichtig? Geht es dir darum, Wakanda zu retten?", fragt er mich spöttisch und ich verdrehe die Augen. Na super, jetzt hab ich den Salat und er geht zu seiner Trotzphase über.

„Nein, mir geht es darum, zu verhindern, dass wir den Stein an Thanos verlieren.", versuche ich ihm so ruhig wie möglich zu erklären und hoffe, dass davon etwas bei ihm ankommt.

„Ich werde nicht schon wieder hunderte meiner Leute an Thanos verlieren. Selbst für dich nicht, Ann.", Namors Stimme klingt erschreckend sanft und ich weiß, dass das nur der Vorbote eines kommenden Unheils ist.

„Es wäre doch nicht für mich. Es wäre für die ganze Welt."

„Nein. Wir können ihn ohne meine Leute nicht aufhalten, also auch nicht mit meinen Leuten." Okay, ich habe so gut wie keine Chance, ihn jetzt noch umzustimmen. Aber wir können doch nicht einfach so weggucken, wenn wir etwas tun könnten!

„Namor, wieso denkst du so? Wir können das schaffen!"

„Nein, können wir nicht. Und ich hätte dich eigentlich für intelligenter eingeschätzt." Jetzt ist der Zeitpunkt angekommen, an dem ich wütend werde. Es ist die eine Sache, uns nicht helfen zu wollen, aber es ist die andere, mich jetzt dafür zu verurteilen, dass ich es tue. Wir leben alle auf dieser Erde und wenn wir sie nicht vor Thanos beschützen, dann bringt er uns alle um. Niemand weiß, was sein Plan ist, aber es wird mit Sicherheit nicht gut für uns ausgehen.

„Wieso bin ich jetzt dumm, nur, weil ich daran glaube, dass wir es schaffen können? Selbst T'Challa stellt seine Armee dazu bereit zu kämpfen."

„Wieso vergleichst du mich ständig mit diesem Bastard?", Namors Stimme klingt beinahe wütend und ich seufze innerlich. Ich kann verstehen, dass die beiden nicht gerade die besten Freunde sind, aber so langsam könnte man ja zumindest dazu übergehen, sich nicht zu hassen. Immerhin sah es neulich so aus, als würde er es akzeptieren, dass T'Challa und ich nun miteinander klar kommen.

„Hey, nenn ihn nicht so! Er hat genug für mich getan! Und ich vergleiche dich nicht mit ihm.", versuche ich deshalb also T'Challa zu verteidigen und hoffe, dass ich es damit nicht nur noch schlimmer mache.

„Doch tust du! Wieso bleibst du nicht bei ihm, wenn er so viel toller ist, als ich?", Namors schneidende und sarkastische Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken und ich weiß, dass es eine gute Entscheidung war, dass wir vorerst getrennte Wege gehen. Wir können momentan einfach nicht normal miteinander umgehen.

„Sag mal spinnst du?! Kannst du nicht ein Mal in deinem Leben dein Ego zügeln und nicht so ein grenzenloser Egoist sein? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, du hast Schluss gemacht, erinnerst du dich? Und auch Atlantis wird nicht sicher sein, wenn Thanos die Welt übernimmt. Und du willst nicht mal versuchen, Milliarden von Leben zu retten, indem du vielleicht einen Teil deiner Leute opferst?" Ich bin mittlerweile an dem Punkt angekommen, an dem ich wirklich sauer und gleichzeitig auch enttäuscht bin. Ich dachte wirklich, dass wir das schaffen können. Das wir uns zusammenraufen können und gemeinsam Seite an Seite kämpfen. Wie früher.

„Ich bin ein Egoist, weil ich meine Leute nicht in einen Krieg ohne positive Ausgangschancen schicken möchte? Ich weiß, dass du in Atlantis einige Privilegien genießen durftest, aber meine Armee zu töten, gehört definitiv nicht dazu." Ich sehe mein Handy beinahe schon wütend an, als er diese Worte sagt.

„Hörst du dich eigentlich mal selber reden? Ich dachte wirklich, dass du, nach dem was T'Challa für uns getan hat, vielleicht mal erwachsen geworden bist und diese lächerliche Streitigkeit mit ihm vergisst. Aber stattdessen bist du noch der gleiche, egoistische, verbitterte Volltrottel, wie vorher!", ich registriere nur am Rande, dass die Adern in meinem Arm zu leuchten beginnen und weiß, dass ich einen Gang runterfahren sollte. Nicht, dass ich zu wütend werde und dann noch Dinge sage, die ich bereuen werde. Obwohl, macht das jetzt noch einen Unterschied? Ich glaube kaum, dass noch etwas zu retten ist.

„Pass auf, was du sagst!", warnt mich Namor und ich lache spöttisch.

„Wieso? Weil ich Recht damit haben könnte?", frage ich ihn dann provokant und werfe einen weiteren Blick aus dem Fenster.

„Weil du nicht weißt, wovon du redest." Weiß ich nicht? Ich dachte in den ganzen Jahren, in denen ich ihn schon kenne, kann ich ihn ganz gut einschätzen. Niemand kennt ihn besser, als ich.

„Ich weiß ganz genau, wovon ich rede, Namor McKenzie. Und ich hätte mehr von dir erwartet, als feige einem Kampf fernzubleiben."

„Vielleicht solltest du dich bei T'Challa über mich beschweren gehen.", erwidert Namor spöttisch und ich habe nun langsam wirklich genug.

„Namor, es reicht.", unterbreche ich ihn mit schneidender Stimme.

„Ja, mir auch. Viel Erfolg."

„Warte!", versuche ich ihn aufzuhalten. Ich höre, dass er seufzt, aber trotzdem nicht auflegt.

„Was ist noch?", fragt er mich wütend.

„Ich wollte nicht, dass es so kommt, Namor... ich wollte dich nie verlieren. Du bist mein bester Freund und das wirst du auch immer bleiben. Komme was wolle.", meine ich leise und sehr ruhig.

„Ich weiß, Ann. Das mit uns, das sollte nicht sein und das haben wir beide gemerkt. Ich bin mir sicher, dass der Tag kommt, an dem alles wieder so sein wird wir früher... aber nicht heute." Mit diesen Worten höre ich, dass die Leitung unterbrochen wird. Ungläubig sehe ich mein Handy an und stehe auf.

„Hast du gerade aufgelegt?! Namor?!", frage ich, doch wie erwartet kommt keine Antwort. Ich würde mir am liebsten die Haare raufen, doch lasse es lieber. Stattdessen funke ich T'Challa an.

„Was gibt's?", fragt er mich.

„Du hast doch ne Schwester, oder? Kann die mir Unterwäsche leihen?", frage ich ihn. Ein leichtes Lachen ertönt am anderen Ende der Verbindung und ich muss ebenfalls kurz schmunzeln.

„Ich schicke dir jemanden vorbei. Komm doch bitte morgen früh, wenn du fertig bist, in den Thronsaal."

Ich würde mich über ein paar Kommentare freuen, wenn das hier noch jemand liest :) 

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