◀ Kapitel 30 ▶

◀ Kapitel 30 ▶

Namor McKenzie, Schlachtfeld, 18.59 Uhr


Annies ohrenbetäubender Schrei gerät in mein Ohr und ich sehe geschockt in ihre Richtung. Sie versucht noch Stark aufzuhalten, doch dieser schnipst gerade mit den Fingern. Ein beißendes Licht erfüllt die Ebene, dann ist plötzlich alles still. Tony stürzt zu Boden und ich rechne fest damit, dass Annie direkt auf ihn zustürmt, doch sie tut etwas, das mich völlig überrascht.

Mit einem wütenden Schrei stürzt sich Annie auf Thanos. Dieser hat gar nicht mehr genug Zeit, um zu reagieren, als Annie ihn mit ihren Kräften auf den Boden schleudert. Thanos wehrt sich nicht mal und ich sehe, dass Annie all ihre Kräfte sammelt. Die Steine um sie herum bewegen sich und sie ist von einem lilanen Licht umgeben, das ich noch nie so stark um sie herum gesehen habe. Ich erkenne den Schmerz in ihren Augen, obwohl sie lila glühen und sehe, dass sie stark zittert. Doch ich weiß, dass sie nicht zittert, weil sie Angst hat, nein. Sie zittert, weil sie ihre Kräfte kontrolliert. Ich bin mir sicher, dass sie uns alle töten könnte, wenn sie ihrer Wut freien Lauf lassen würde und ihre Kräfte unkontrolliert entladen würde. Es wird sie einiges an Kraft kosten, sich und ihre Wut zu kontrollieren. In diesem Moment verstehe ich wieder, weshalb Tony Angst davor hat, dass Annie die Kontrolle verlieren könnte. Doch ich weiß auch, dass es niemanden gibt, der besser mit seinen Kräften umgehen kann. Annie weiß, was sie tut und ihre Kräfte und sie sind ein Team. Sie wird nicht von ihren Kräften kontrolliert, sie selbst hat die Kontrolle.

„Ich weiß, dass du sowieso stirbst, aber das heißt nicht, dass ich dich bis dahin nicht noch quälen kann.", meint Annie laut zu Thanos und ich sehe seinen Blick, als sie auf die Knie sinkt, weil sie ihre Kräfte so stark nutzt. Thanos beginnt zu brüllen vor Schmerzen und gerade in dem Moment, in dem ich sehe, dass er anfängt sich zu Stab zu verwandeln, explodiert er direkt vor uns. Staub fliegt durch die Gegend und vermischt sich mit dem Staub der anderen aus seiner Armee.

Annie sinkt auf die Knie und stützt sich mit der Hand auf dem Boden ab. Ich kann ihr Keuchen hören, ihren verzweifelten Versuch sich zu kontrollieren, als sich ihre Kräfte wieder zurückziehen und sie ihren Blick wieder hebt. Ihre Augen richten sich direkt auf Tony und in dem Moment, in dem sie seinen Zustand sieht, erhebt sie sich und rennt zu ihm herüber. Unter normalen Umständen hätte ich gelacht, dass sie T'Challa dabei grob aus dem Weg stößt, doch gerade kann ich mich auf nichts anderes, als auf ihren Blick konzentrieren. Tony wird es nicht schaffen. Er weiß das, ich weiß das und auch Annie weiß das. Doch wie wird Annie das verkraften? Nach allem, was geschehen ist?

„Tony..." Annies sonst so starke Stimme klingt eher wie ein Wimmern, als sie bei ihm angekommen ist und vor ihm kraftlos auf die Knie sinkt. Zitternd hebt sie eine Hand und greift nach seinem Gesicht. Es kostet sie all ihre Kraft nicht vor ihm zu weinen und das Beben ihrer Unterlippe zeigt mir, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis ihre Tränen aus ihr Herausbrechen.

„Tony, wir kriegen das hin.", flüstert sie und ich trete einen Schritt näher auf die beiden zu. Auch, wenn ich weiß, dass Tony und ich nie die besten Freunde waren und er sicherlich jeden um sich haben möchte, nur nicht mich, muss ich jetzt für Annie da sein. Ich kann nicht wieder den gleichen Fehler wie vor fünf Jahren machen. Das ist mir in den letzten Jahren klar geworden. Ich muss alles daran setzen, sie wieder zurück zu bekommen. Und dieses Mal behandele ich sie richtig. So, wie sie es verdient.

„Nein.", flüstert Tony schwach zurück und ich sehe, dass Annie in diesem Moment in Tränen ausbricht, allerdings noch versucht es zu verstecken. Scheinbar sieht sie auch ein, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, ihn zu retten. Ihre Hände beginnen stärker zu zittern und ich muss der Versuchung widerstehen sie hier vor allen anderen in den Arm zu nehmen. Doch ich weiß, dass ich ihr ihren kurzen Moment mit Tony lassen muss. Ihren letzten Moment mit Tony möchte ich nicht stören. Das bin ich den beiden schuldig.

„Es tut mir so leid, Tony.", meint sie und streicht ihm eine Träne aus dem Augenwinkel. Tonys Blick gleitet sanft zu ihr und ich erkenne, dass er versucht stark zu bleiben. Es zerbricht ihm das Herz Annie so zu sehen. Jeder hier Anwesende, der Annie kennt, weiß, welches Verhältnis sie und Stark zueinander haben. Und ich kann in den Blicken der anderen, als ich mich umsehe, erkennen, dass diese ebenfalls realisieren, was dies hier mit Annie anrichtet. Bucky und Steve neben mir sehen geschockt zu ihr und Steve sieht so aus, als würde er Annie am liebsten sofort von hier fortschaffen, sodass sie ihren langjährigen Freund nicht mehr sehen muss.

„Du warst so unglaublich stark. Tony, du-", stammelt Annie und unterbricht sich selbst. Sie kann ein Schluchzen nicht unterdrücken und beginnt wie wahnsinnig zu beben.

„Namor!", ruft Tony mit all seiner Kraft und ich setze mich in Bewegung, obwohl ich mir eben noch gesagt habe, dass die beiden ihren Moment zu zweit haben sollen. Neben Annie sinke ich auf die Knie und lege ihr meine Hand auf die Schulter, bevor ich mich bremsen kann. Doch das ist wahrscheinlich gerade genau das, was sie braucht. Ein Zeichen, dass sie nicht alleine ist, ohne, dass ich sie zu etwas dränge.

„Kümmer dich gut um Annie. Lass sie nicht allein. Und behandele sie dieses Mal so, wie sie es verdient.", meint er und ich nicke.

„Natürlich.", sage ich und werfe Annie einen unauffälligen Seitenblick zu. Ihre Tränen fließen ihr die Wangen herunter und ich sehe, dass sie gar nicht erst versucht zu verstecken, wie sehr sie die Situation mitnimmt. Noch nie konnte ich Annies Emotionen so einfach von ihrem Gesicht ablesen, wie jetzt.

„Tony.", mischt sich nun auch Pepper ein und Annie beschließt, dass sie die beiden am besten alleine lassen sollte. Sie beugt sich nach vorne zu ihm und drückt ihm einen sanften Kuss auf die Wange.

„Ich liebe dich, Tony. Danke für Alles.", flüstert sie und steht dann auf. Sie schüttelt meine Hand ab und geht dann stumm an mir vorbei. Ich folge ihr mit meinem Blick, wie sie sich an den anderen Anwesenden vorbei schlängelt und immer weiter Abstand zwischen die anderen und sich bringen möchte. Unsicher sehe ich ihr hinterher. Sollte ich sie am besten alleine lassen? Oder folge ich meinem Instinkt und laufe ihr hinterher?

Annie wirft einen unauffälligen Blick nach hinten, dann sehe ich, dass sie vom Boden abhebt und sich schnell entfernt. Ohne zu zögern fliege ich ihr hinterher.

Ich sehe sie, wie sie sich auf einer Stelle neben dem See auf den Boden fallen lässt und ihren Sturz, kurz bevor sie aufkommt, abfängt. Doch sobald sie wieder Boden unter den Füßen hat, lässt sie sich auf ihren Hintern fallen und zieht ihre Knie an den Körper. Ihr Schluchzen dringt bis zu mir durch, obwohl sie die Hand vor den Mund presst, um die Töne, die sie von sich gibt zu unterdrücken und ich werde langsamer. Ein paar Meter entfernt von ihr lande ich sanft, dann gehe ich langsam auf sie zu und lasse mich vor ihr auf die Knie sinken.

„Namor.", schluchzt sie, ohne dass sie aufgesehen hat. Ich lächele traurig, dann lege ich meine Arme um sie. In dem Moment, in dem ich meine Arme um ihren bebenden Körper schlinge, erwidert sie meine Umarmung und krallt sich förmlich an mir fest. Unwillkürlich steigt in mir die Frage auf, was in diesen fünf Jahren nur geschehen sein muss, dass sie so reagiert.

„Hey, es ist okay. Lass es einfach raus.", meine ich leise zu ihr und halte sie einfach fest, während sie ihren Tränen freien Lauf lassen kann. Einfach nur um ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine ist. Dass ich für sie da bin. Es dauert beinahe eine viertel Stunde, da verebben ihre Tränen erst wieder. Und als sie das tun, bleibt sie trotzdem in meinen Armen. Weitere fünf Minuten vergehen, dann hebt sie langsam ihren Blick und sieht mich mit verweinten Augen an. Doch noch bevor ich ihr sagen kann, was mir auf der Seele brennt, legt sie ihre Hand an meine Wange und haucht mir einen ungewohnt zarten Kuss auf die Lippen. Viel zu schnell löst sie sich wieder von mir.

„Namor...", beginnt sie zögerlich und ich sehe, dass sie etwas sagen möchte, sich aber selbst dazu überreden muss.

„Du musst nichts sagen.", meine ich leise zu ihr, doch sie schüttelt den Kopf.

„Doch. Hör mir bitte zu. Ich weiß, dass unsere Zeit vor Thanos nicht gerade... gut gelaufen ist... aber ich weiß, dass ich daran auch nicht ganz unschuldig bin. Und ich habe Fehler gemacht. Eine Menge. Und das, was ich zu dir gesagt habe, das stimmt nicht. Zumindest nicht alles. Was aber stimmt ist, dass ich dich in diesen fünf Jahren jeden Tag vermisst habe und mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen konnte. Und der Gedanke, dass ich dieses Leben nie mit dir führen kann, hat mich wahnsinnig gemacht." Es ist wahrscheinlich das erste mal, dass Annie so offen mit mir über ihre Gefühle redet. Noch nie hatte Annie so offen über das geredet, das sie fühlt.

„Wir haben beide Fehler gemacht. Und ich weiß, dass ich ein Idiot war. Es ist gut, dass du vor mir weggelaufen bist. Sonst hätte ich wahrscheinlich nie realisiert, was ich ändern muss. Und wenn du uns noch eine Chance geben möchtest, dann verspreche ich dir, dass es nicht so endet, wie beim letzten Mal." Annie lächelt mich sanft an, als ich diese Worte spreche. Unsicher blicke ich ihr ins Gesicht. Auch, wenn sie mir auf dem Schlachtfeld indirekt gesagt hatte, dass sie uns noch eine Chance geben würde, ist es jetzt noch Mal eine andere Sache. Doch Annies nächsten Worte zeigen mir, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe.

„Okay." Und obwohl es nur so ein simples Wort ist, weiß ich, was alles dahinter steckt. Ich sehe sie mit einem sanften Lächeln an, von dem ich nie erwartet hätte, dass sie es erwidern würde.

Gerade, als ich mich zu ihr beugen möchte, um sie zu küssen, entdecke ich hinter uns etwas, das mich erstarren lässt. Annie bemerkt dies natürlich sofort und dreht ihren Kopf in die Richtung, in die ich eben geschaut habe. Doch sie kann nichts entdecken.

„Was siehst du?", fragt sie mich leise, wohlwissend, dass meine Augen deutlich besser sind als ihre.

„Cho-" Noch bevor ich erklären kann, was los ist, springt sie auf und stürmt an mir vorbei. Mit einer mir bisher unentdeckten Leichtigkeit hebt sie vom Boden ab und bremst sich nicht mal, als sie den Boden wieder berührt. So schnell ich kann folge ich ihr, nachdem ich beobachtet habe, mit welcher Leichtigkeit sie mittlerweile durch die Gegend fliegt.

„Amadeus!", ruft sie laut und stürmt auf den Jungen zu, der sich kaum auf den Beinen halten kann. Er ist zusammengekauert und zittert am ganzen Körper, sein Gesicht schmerzverzerrt.

Annie kommt sofort bei ihm an und greift ihm unter die Arme, dann besieht sie sich hektisch seinen Körper und ich sehe, dass sie nicht verhindern kann, dass sich ein beinahe schon sorgenvoller, ängstlicher Blick auf ihr Gesicht schleicht. Als ich ebenfalls an ihm herunterschaue, erschrecke ich mich. Es grenzt an ein Wunder, dass der Junge sich überhaupt noch auf den Beinen halten kann. Der Menge an Blut nach zu urteilen, steht er kurz davor hier auf der Stelle zusammenzubrechen. Ich entdecke unzählige Wunden an seinem Körper und danke innerlich allen Göttern, die mir einfallen, dass er noch am Leben ist. Das hätte Annie sonst nicht verkraftet.

„Stephen!", brüllt Annie plötzlich laut und ich zucke beinahe zusammen, weil ich nicht mit diesem plötzlichen Ausbruch gerechnet habe. Auch der Gerufene dreht sich geschockt um, dann allerdings weiten sich seine Augen geschockt und er kommt sofort zu uns herüber. Annie und er verlieren keine Worte über das, was das Problem ist. Stattdessen greift Stephen dem Jungen unter die Arme und öffnet ein Portal, noch bevor jemand etwas sagen kann. Sobald Stephen mit Cho durch das Portal gestiegen ist und es sich hinter den beiden schließt, atmet Annie erleichtert aus.

Nur am Rande nehme ich wahr, dass die atlantische Armee hinter uns auftaucht. Doch keiner der Soldaten wagt es, auch nur einen Ton von sich zu geben. Alle senken ergeben die Köpfe und blicken zu Annie und mir. Diese streicht sich die Haare aus dem Gesicht und dreht sich dann zu mir um. Es ist ihr deutlich anzusehen, dass sie die letzten Stunden mitgenommen haben und sie nun viel zu erschöpft ist. Doch ich weiß auch, dass sie nicht wirklich bereit dazu ist, diesen Ort von sich selbst aus zu verlassen. Aus genau diesem Grund lege ich ihr einen Arm um die Schultern und sehe sie mit einem sanften Lächeln an.

„Wir sollten nach Hause gehen.", meint sie leise und ich sehe, dass ihr Blick auf Wong fällt. Dieser scheint zu verstehen, was sie möchte und ein stolzer Blick schleicht sich auf sein Gesicht. Ich verstehe zwar nichts von dem, was dort gerade zwischen den beiden passiert, doch als sich ein Portal vor uns öffnet und Annie entschlossen durch das Portal tritt, beschließe ich, dass es mir egal sein kann. Ich sollte froh um jede weitere Person sein, die Annie geholfen hat, als sie alleine war.

Erstaunt besehe ich mir die ersten Soldaten, die an mir vorbei durch das Portal treten, obwohl ich ihnen keinen Befehl gegeben habe, dass sie zurückkehren dürfen. Kurz bin ich sprachlos, dann allerdings höre ich von der anderen Seite des Portals Jubel ausbrechen und verstehe, was hier passiert. Annie - nein, Königin Annie - ist zurück in ihrem Königreich. Ich beginne beinahe dämlich zu grinsen, als ich erkenne, dass sie während meiner Abwesenheit tatsächlich dafür gesorgt hat, dass es meinem Volk gut geht. Neben mir taucht plötzlich Luke auf, der meinen Blick scheinbar deuten kann.

„Atlantis hätte keine bessere Königin während deiner Abwesenheit haben können.", meint er leise zu mir und ich drehe meinen Kopf zu ihm. Dabei versuche ich gar nicht erst meinen stolzen Ausdruck auf meinem Gesicht zu verstecken.

„Ich bin so froh, dass ich wieder bei ihr sein kann... und dieses Mal mache ich es richtig.", sage ich leise und Luke sieht mich nachdenklich an.

„Fragst du sie, ob sie deine Frau werden wird?"

„Nein. Annie und ich halten nichts vom Heiraten. Und das müssen wir auch nicht. Solange wir zusammen bleiben, ist das alles, was mir wichtig ist."

„Ich habe so im Gefühl, dass ihr dieses Mal keine getrennten Wege gehen werdet..."

Mein Blick fällt durchdas Portal auf Annie, die noch nie vorher solch eine Autorität ausgestrahlthat. Sie wirkt beinahe wie eine geborene Herrscherin. „Ich auch..."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top