◀ Kapitel 14 ▶
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Amadeus Cho, Annie Irwins Jet, 20.12 Uhr
Mein Blick gleitet herüber zu Annie, die sich in ihrem Sitz zusammenkauert. Ich überlege einen Moment lang, ob ich sie ansprechen sollte, doch ich entscheide mich dagegen. Ich habe Annie noch nie in meinem ganzen Leben so niedergeschlagen gesehen und wir kennen uns nun fast zehn Jahre.
Ich kann ihr förmlich ansehen, dass sie sich die Schuld an dem Ganzen gibt. Fieberhaft überlege ich, ob ich ihr sagen sollte, dass es nicht ihre Schuld ist. Aber ich glaube, dass sie das gar nicht hören will.
Ich sehe, dass sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel streicht und lege ihr tröstend eine Hand auf den Arm. Sie dreht den Kopf leicht und ich erwidere ihren Blick.
„Sag bitte einfach nichts.", flüstert sie und dreht den Kopf dann wieder weg von mir. Ich halte mich selbst noch rechtzeitig auf, bevor mein Mund einen Ton von sich geben kann.
Annie neben mir tippt wie wahnsinnig auf ihrem Handy herum. Unter uns sehe ich den Atlantischen Ozean und ich sehe, dass Annie einen unauffälligen Blick nach unten wirft. Sie weitet geschockt die Augen, dann steht sie auf und hält den Jet an. Irritiert sehe ich sie an, als wir in der Luft schweben bleiben und uns nicht mehr vorwärts bewegen.
„Was ist los?", frage ich sie verwirrt. Ich folge ihr mit meinem Blick, als sie sich mit langsamen Schritten zum Ende des Jets begibt. Leicht zucke ich zusammen, als sich die Ladeluke öffnet, doch ich denke mir, dass sie den Knopf mit ihren Kräften bedient haben muss.
Langsam erhebe ich mich und folge ihr zögerlich.
„Annie, was ist- Oh mein Gott.", stoße ich hervor. Der Ozean unter uns sieht erschreckend dreckig aus. Ich brauche einen kurzen Moment, dann realisiere ich, dass es kein Dreck ist – sondern der Staub von Bewohnern von Atlantis.
„Sind das Atlantaner?", frage ich sie trotzdem noch mal, in der Hoffnung, dass sie nein sagen wird.
„Das ist zumindest meine Vermutung.", gibt sie zurück und ich überlege kurz, dann lege ich ihr einen Arm um die Schultern und drücke auf den Knopf, damit die Ladeluke sich schließt. Ich weiß, dass es sie sehr mitnimmt, zu sehen, wie die Bevölkerung von Atlantis zu Staub zerfällt. Mit den Meisten hatte sie zwar nie viel zu tun, doch Atlantis war lange Zeit ein Zuhause für sie.
Sanft schiebe ich sie wieder zurück zu ihrem Platz und starte den Jet wieder. Wir müssen hier weg.
Im Hauptquartier angekommen stoße ich Annie vorsichtig an. Irritiert öffnet sie die Augen und ich realisiere erst in diesem Moment, dass sie sich in den Schlaf geweint hatte.
„Wir sind wieder hier... lass uns aus dem Jet gehen.", meine ich zu ihr und Annie nickt. Sie erhebt sich und verlässt dann schnell den Jet. Ich beeile mich ihr hinterher zu kommen.
„Leg dich etwas schlafen, Cho.", meint sie zu mir. Skeptisch sehe ich sie an.
„Kann ich dich alleine lassen?", frage ich sie und Annie dreht sich zu mir um.
„Natürlich. Du brauchst Schlaf, ich sehe dir an, wie müde du bist.", meint sie und drückt mir kurz aufmunternd die Schulter. Ich zögere noch kurz, dann nicke ich allerdings.
„Okay, ich lege mich etwas hin. Wenn du mich brauchst, dann sag Bescheid." Annie nickt mir noch mit einem leichten Lächeln zu, doch ich kann sehen, dass es kein echtes Lächeln ist. Dann drehe ich mich um und gehe auf direktem Weg in mein Zimmer.
Annie Irwin, Supreme Five HQ, 21.09 Uhr
Sobald Cho den Raum verlassen hat, drehe ich mich auf der Stelle um und gehe mit eiligen Schritten zum Fahrstuhl. Sofort öffnet er sich und ich drücke auf die Taste, um in den Keller zu kommen.
Dort angekommen stehe ich vor dem Touchpad und lege meine Hand darauf. Sofort öffnet sich die schwere Metalltür und ich trete ein. Hier unten im Keller ist die Kommandozentrale meines Hauptquartiers, zu dem nicht alle von uns Zugang haben. Und Cho und ich sind sowieso meistens die einzigen, die sich hier unten aufhalten. Die anderen haben eigentlich keinen Grund hier alleine, ohne mich, herumzuspazieren.
Mit einer eleganten Handbewegung aktiviere ich die Systeme, dann ziehe ich meine Rüstung aus und lege das Armband ab. Dann setze ich mich auf den Stuhl direkt vor der Steuereinheit und lege die Beine hoch. Ich streiche mir durch die Haare und seufze. Konzentrier dich jetzt, Irwin! Keine Zeit für Trauer!
„Jarvis, sei so nett und aktiviere das „Scheunentor-Protokoll"!", sage ich in den Raum.
„Annie, ich freue mich, von dir zu hören!", ertönt eine Stimme und kurz darauf höre ich, dass sich vor sämtliche Fenster eine dicke Stahlschicht schiebt, die uns vor der Außenwelt absichert.
Ich bin so froh, dass ich Jarvis behalten durfte. Nachdem Tony und Bruce Vision erschaffen haben, hat Tony Jarvis quasi in den Stand-By-Modus versetzt, da er es seltsam fand, wenn sich Jarvis und Vision gleich anhören. Ich habe mich allerdings geweigert meine gesamten Systeme fortan von Friday steuern zu lassen. Jarvis und ich sind ein eingespieltes Team und ich will mich nicht an eine neue KI gewöhnen müssen. Nach etwas Diskutieren hat Tony dann schließlich beschlossen, dass Jarvis ab sofort meine KI wird, während er Friday benutzt. Ich könnte ihm dafür nicht dankbarer sein. Auch, als dieses ganze Pleasant Hill Drama war, hatte er nie Anstalten gemacht und versucht, Jarvis außer Gefecht zu setzen.
„Wie kommt es, dass du zurück bist?", fragt mich Jarvis und ich höre einen leichten Unterton von Verwirrung in seiner Stimme.
„Jarvis, greif auf die globalen Vermisstenstatistiken zu." Den Raum zuerst auf die Umgebung hier zu beschränken, könnte wahrscheinlich helfen, doch ist momentan leider unangemessen. Immerhin reden wir hier von einem Problem, das die ganze Welt betrifft.
„Erstelle eine neue Datei mit dem Namen „Vanashing" und öffne sie.", fordere ich ihn auf und stehe wieder von meinem Stuhl auf. In der Mitte des Raumes öffnet sich eine Projektion der Datei und ich trete darauf zu.
„Möchtest du, dass ich die Datei auf dem Supreme Five Server teile?", fragt er, doch ich schüttele den Kopf.
„Nein. Fürs Erste bleibt sie auf meinem privaten Server." Und ich bin mir nicht mal sicher, wer davon profitieren könnte, etwas auf dem Supreme Five Server zu sehen, wo doch nur noch Cho, Steve und ich übrig sind.
„Tu mir den Gefallen und informier dich selbst über die Situation, die wir hier haben. Das geht deutlich schneller, als wenn ich dir alles erkläre... greif auch auf den Erinnerungsspeicher von Friday zu." Das einzige, das ich an der Rüstung von T'Challa vermisse ist, dass ich keinen Zugriff auf Jarvis hatte. Somit hat Jarvis auch keine Ahnung von dem, was bisher so alles passiert ist. Vielleicht können Cho und ich an der Rüstung rumbasteln, bis wir Jarvis dort integriert haben. Aber auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob das überhaupt nötig sein wird...
„Und wenn du fertig bist, dann check bitte den Bestand meines Büros, ob wir noch einen neuen Teleporter herstellen können. Chos und meiner sind beide zerstört. Ich komme gleich wieder... ich brauche eine Dusche und andere Klamotten.", meine ich mit einem Blick auf meine blutigen und völlig verdreckten Klamotten, die selbst unter der Rüstung so einiges abbekommen haben.
„Soll ich dich informieren, wenn ich so weit bin?", fragt Jarvis mich.
„Nein... ich komme dann einfach wieder herunter."
Amadeus Cho, Supreme Five HQ, 23.47 Uhr
Als sich die Tür vor mir mit einem leisen Zischen öffnet, sehe ich Annie über den Tisch gebeugt stehen und höre Jarvis gerade ihren Namen sagen.
„Hm?", fragt sie die KI und tippt dann auf dem Display im Tisch herum.
„Amadeus Cho ist auf dem Weg zu dir.", verkündet die KI.
„Du wirst langsam, Jarvis. Ich bin schon hier.", lache ich leicht und sehe mir Annie genau an, als sie sich zu mir umdreht. Ich kann einen geschockten Blick zum Glück unterdrücken, als ich sie sehe. Sie hatte augenscheinlich eine Dusche genommen. Ihre Haare sind noch nass und fangen leicht an sich zu wellen. Sie trägt ein enges, schwarzes Top und eine kurze schwarze Sportshorts. Ich hatte Annie noch nie in so kurzen Sachen gesehen und bin innerlich geschockt. Ich sehe, dass sich viele blaue Flecke auf ihren Beinen und ihren Armen befinden. Hin und wieder ziert sich ein Schnitt auf ihnen und ich bin verwirrt. Annie besitzt doch eigentlich relativ gute Selbstheilungskräfte, oder? Wieso können diese Schnitte nicht geheilt werden?
„Ich wurde mit magisch veränderten Klingen getroffen." Scheinbar hatte sie meinen Blick bemerkt. Ertappt sehe ich nach oben in ihr Gesicht. Sie hatte sich offensichtlich das Gesicht gewaschen, denn sämtliches Blut und der ganze Dreck, der sich dort vorhin noch befunden hatte, ist verschwunden. Ebenso ihr Make Up. Ich sehe die tiefen Augenringe und die Schatten, die sich unter ihren Augen gebildet haben. Außerdem ist Annie um einiges blasser als sonst schon. Ihre lilanen Augen heben sich noch stärker von ihrem Gesicht ab, als sonst schon.
„Ich wusste nicht, dass deine Adern so stark hervorstechen.", bringe ich das erste hervor, das mir vorher aufgefallen ist. Ihre Adern leuchten in einem Lila, das leicht durch ihre Haut schimmert.
„Deswegen trage ich immer lange Sachen.", meint sie und streicht sich die Haare aus dem Gesicht.
„Du siehst aus, als wärst du durch die Hölle gegangen.", meine ich wenig sensibel und Annie lacht spöttisch.
„Ja, so ungefähr kann man es beschreiben.", gibt sie zurück.
„... Annie? Darf ich dich etwas fragen?", frage ich sie und Annie sieht mich nachdenklich an, nickt dann aber.
„Was ist passiert?"
„Das ist eine lange Geschichte... setz dich doch.", meint sie und geht zu dem Mini-Kühlschrank, den sie hier einst hingestellt hat, wenn wir beide wieder tagelang hier unten hocken und irgendwelche Missionen planen.
Sie wirft mir eine Dose Cola zu und nimmt sich selbst auch eine. Gemeinsam setzen wir uns an den Tisch und Annie legt die Füße hoch.
„Ich war mit Namor in Atlantis und Loki hat mich kontaktiert.", beginnt sie.
„Er hat mir die Koordinaten des Raumschiffes gegeben, auf dem er, Thor und eine Menge anderer Asgardianer waren. Sie wurden von Thanos angegriffen und er bat mich um Hilfe. Ich habe mich sofort angezogen und wollte losgehen, als Namor mich aufgehalten hat... Wir hatten einen Streit und haben endlich beendet, was seit Monaten schon nicht mehr funktioniert hat... Ich habe versucht Thor und Loki zu helfen, aber es hat nicht geklappt. Heimdall konnte Bruce und mich von dort wegbringen. Wir sind im Sanctum bei Stephen gelandet und haben Tony kontaktiert. Während wir versucht haben, einen Plan zu erstellen, wurden wir angegriffen und sind auf dem Raumschiff von Thanos gelandet, während er zum Glück nicht da war. Irgendwann kamen wir dann auf dem Titan an. Ab da weißt du, was passiert ist: Du hast mir gesagt, dass Steve meine Hilfe braucht und ich bin gegangen.", erklärt sie. Ich sehe sie einen Moment lang an, überlegend, ob ich sie noch mehr fragen kann, doch sehe, dass ihr das eben schon schwer genug gefallen ist, weswegen ich beschließe, dass ich lieber vom Thema ablenken sollte.
„Was machst du eigentlich hier unten?", frage ich sie dann und stelle die Coladose auf den Tisch.
„Jarvis, zeig ihm, was ich angefangen habe." Vor mir öffnet sich eine Datei mit mehreren Bildern.
„Sind das die...?" Ich bringe es nicht fertig es auszusprechen.
„Ja, das sind die Toten. Ich war dabei eine Liste zu erstellen.", meint sie und ganz oben auf der Liste sehe ich Stephen und Namor.
„Kann ich dir helfen?", frage ich zögerlich und Annie nickt.
„Wir fügen zuerst die hinzu, die wir gesehen haben oder von denen wir sicher wissen, dass sie tot sind.", meint sie.
„Ich habe Logan und Kurt sterben sehen.", meine ich und füge zwei Bilder der beiden auf die Projektion hinzu.
„Okay... ich habe doch die Deppen auf dem Titan kennengelernt... lass mich kurz überlegen. Diese Nebula hat überlebt... das heißt gestorben sind Drax, Mantis, Quill... und Peter.", meint Annie leise und schiebt die Bilder ebenfalls an die richtige Stelle.
„Wanda und Vision.", meine ich leise.
„Steve meinte, dass Sam und Bucky es auch nicht geschafft haben." Ich sehe den traurigen Gesichtsausdruck auf Annies Gesicht und seufze. Unruhig fahre ich mir durch die Haare, die mir die ganze Zeit in den Augen hängen. Stumm fügt sie dann noch die Bilder von König T'Challa und seiner Schwester Shuri hinzu.
„Was ist mit diesem Baum, der bei Thor war?", meine ich und Annie zuckt mit den Schultern.
„Absolut keine Ahnung.", gesteht sie dann und erstellt eine neue Spalte mit ungeklärten Personen, zu der sie diesen Baum hinzufügt. Ich sehe, dass sie zögert, dann fügt sie zwei weitere Personen in die fragwürdige Spalte.
„Heimdall und Loki?", lese ich fragend vor.
„Sie waren auf dem Schiff, das Thanos angegriffen hat und Quill meinte, dass sie Thor retten mussten, aber niemand anderen mehr gesehen haben.", erklärt sie mir und ich verstehe.
„Jarvis, hast du Informationen bezüglich Fury oder Hill? Danvers? Irgendwer anderes? Die fantastischen Vier? Welche der X-Men leben noch?", fragt Annie.
„Ich erstelle eine Liste, nachdem ich mich informiert habe.", bestätigt Jarvis.
„Danke.", murmelt Annie zurück und setzt sich auf ihren Stuhl zurück. Ich sehe ihr an, wie müde sie ist. Annie schließt für einen kurzen Moment die Augen und ich sehe sie einen Augenblick an. Dann erstelle ich wortlos eine weitere Spalte. Wir müssen wissen, wer noch alles lebt.
Ich beginne diejenigen hinzuzufügen, von denen ich weiß, dass sie noch leben.
Annie, Steve, Banner, Tony, diese blaue Lady, dieser Waschbär... Natasha, Rhodey. Ich zögere. Hatte diese Leibgarde von T'Challa nicht auch überlebt? Ich füge ihr Bild einfach mal hinzu.
„Jarvis. Kontaktiere bitte Clint Barton und bitte um ein Lebenszeichen.", fordere ich die KI auf und Annie öffnet nicht mal die Augen, als ich zu sprechen beginne. Ist sie vielleicht wirklich eingeschlafen?
„Füg Wong zu deiner Liste hinzu.", nuschelt sie dann plötzlich und ich zucke zusammen.
„Wer ist Wong?", frage ich irritiert.
„N Kumpel von Stephen. Toller Mann.", antwortet sie mir kraftlos.
Nach wenigen Minuten meldet sich Jarvis wieder zu Wort.
„Barton und Wong haben auf meine Anrufe reagiert und leben noch. Allerdings bekomme ich keine Lebenszeichen der anderen erfragten Personen.", erklärt er.
„Okay, danke, Jarvis.", antwortet Annie. Sie kann kaum noch die Augen offen halten und ich sehe sie nachdenklich an. Dann beschließe ich, dass ich sie ins Bett bringe. Langsam gehe ich auf sie zu.
„Komm her, Annie. Du musst schlafen.", sage ich und hebe sie vorsichtig hoch. Innerlich wundere ich mich, woher ich plötzlich diese Kraft dazu habe, doch denke mir dann nichts dabei. Stattdessen bringe ich Annie erst Mal in ihr Bett.
Den Schlaf jetzt, hat sie sich mehr als nur verdient.
Hey, ich sehe, dass ein paar Leute das hier immer noch lesen und würde mich wirklich wahnsinnig freuen, wenn ich ein paar Kommentare bekommen könnte.
Was haltet ihr von der Wendung, dass die gedachte Lösung doch keine ist?
Was denkt ihr, wie Annie die nächsten 5 Jahre verbringen wird?
Und was haltet ihr eigentlich von Cho? Der Gute wird in nächster Zeit definitiv eine größere Rolle spielen.
Denkt ihr, dass Annie irgendwann wieder glücklich wird? Vielleicht sogar mit Namor oder Stephen?
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