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KAPITEL 2
Annie, Sibley Memorial Hospital, 9.47 Uhr
„Annie, wie geht es Bucky? Bitte sag mir, dass es ihm gut geht.", ist das erste, das ich höre, als ich Steves kleines Zimmer im Sibley Memorial Hospital betrete. Ich sehe mich kurz um, bevor ich auf sein Bett zugehe. In seinem Zimmer befindet sich ein weiterer Patient, dem ich kurz zunicke, ihn aber eigentlich nicht weiter beachten will. Doch das tue ich, als mir auffällt, dass er mich mit offenem Mund anstarrt.
„Guten Tag, Sir.", sage ich unbeholfen und will mich eigentlich nur wieder zu Steve drehen, doch der andere Patient beginnt zu grinsen.
„Sie sind Annie Irwin.", stellt er fest und ich nicke, dann sehe ich zu Steve, der fast schon ein bisschen empört zu dem anderen Patienten herüberguckt. Einen Moment lang frage ich mich warum, bis mir bewusst wird, dass der Patient Steve wahrscheinlich nicht erkannt hat und mich schon.
„Ich bin Dave.", sagt er und ich werfe ihm ein kleines Lächeln zu, dann drehe ich mich zu Cap und lasse mich neben ihm auf die Bettkante fallen. Ich achte darauf, ihm nicht unnötig weh zu tun und nehme dann die Hand entgegen, die er mir hinhält.
„Hey, Steve.", lächele ich ihn an und er drückt meine Hand leicht, dann legt er seinen Arm auf seiner Brust ab, meine Hand immer noch in seinem Griff.
„Annie, wie geht es Bucky?", fragt er erneut und ich lächele.
„Mach dir keine Sorgen, ihm geht es gut. Er ist im Moment bei mir im Stark Tower. Ich habe ihn gestern dorthin geflogen.", erkläre ich ihm und er atmet beruhigt aus, dann schließt er kurz die Augen.
„Und was ist mit Tony? Der bringt ihn um, wenn er ihn sieht.", äußert er dann seinen Verdacht und ich nicke.
„Mach dir keine Sorgen, Tony ist im Moment nicht da und ich habe JARVIS mehr oder weniger dazu gezwungen ihm nichts zu sagen. Ich werde heute bei den Aufräumarbeiten helfen, solange ist Tony ebenfalls noch in Washington. Und danach nehme ich Bucky mit nach Atlantis. Namor wird ihn beschützen.", versichere ich ihm und Steve sieht mich mit so einer Erleichterung im Gesicht an, wie ich es schon lange nicht mehr von ihm gehört habe.
„Aber ich würde mir nicht so viele Sorgen um Bucky machen. Wie geht es dir?", frage ich ihn und er scheint erst jetzt erst zu bemerken, dass ich wegen ihm im Krankenhaus bin und nicht wegen Bucky.
„Ich bin okay... ich glaube ich habe es dir zu verdanken, dass ich so gut erhalten bin.", sagt er und ich lächele.
„Das war auch nicht mein alleiniger Verdienst. Bucky hat eine Menge dazu gesteuert, indem er dich an die Straße getragen hat, während ich uns den Weg freigeschlagen habe.", erkläre ich ihm und Steves Augen beginnen zu funkeln, als ich erwähne, dass Bucky dabei geholfen hat, ihn zu retten.
„Hat Bucky dir etwas getan?", fragt er mich nach einem Moment der Stille und ich schüttele direkt den Kopf.
„Nein, nicht wirklich. Er hatte eher Angst vor mir und ich wäre beinahe die Person gewesen, die ihm etwas getan hätte.", gebe ich zu.
„Warum das?", interessiert sieht Steve mich an und ich schmunzele.
„Ich bin dir hinterher gesprungen, als du aus dem Carrier gefallen bist.", beginne ich und er richtet sich etwas zu mir auf, doch ich drücke ihn sofort wieder in sein Krankenhausbett.
„Ich habe dich aus dem Wasser gezogen und an das nächstbeste Ufer gezerrt. Und er stand plötzlich hinter mir, also habe ich ihm erst Mal mein Schwert an den Hals gehalten. Ich dachte im ersten Moment erst, dass er da ist um dich weiter anzugreifen.", fahre ich fort und schmunzele.
„Aber er hat dir nichts getan, oder?", harkt er direkt nach und ich winke sofort ab.
„Nein, hat er nicht. Er hat mich dazu gebracht ihm zuzuhören und hat mir erzählt, wie HYDRA es geschafft hat ihn zu kontrollieren.", erkläre ich und es ist fast so, als würde sich auf Steves Gesicht Erkenntnis zeigen.
„Natürlich hat HYDRA ihn kontrolliert! Der Bucky, den ich kannte, der hätte so etwas niemals getan.", stimmt er mir zu. Ich frage mich, ob das, was HYDRA getan hat, nun schon komplett aus Buckys Kopf ist, oder ob er jederzeit wieder rückfällig werden könnte. Denn wenn er wieder ruckfällig werden könnte, dann würde er immer noch eine Gefahr darstellen, die wir nicht so einfach vergessen können. Sonst wird er am Ende noch eine Gefahr für andere und nicht nur für sich selber - und das müssen wir auf jeden Fall vermeiden.
Ich erstarre, als sich plötzlich ruckartig die Tür öffnet und eine große Gestalt in einem schwarzen Kapuzenpullover den Raum betritt. Doch als ich merke, dass es nur Namor ist, atme ich erleichtert aus.
„Namor! Was machst du denn hier?", frage ich und umarme ihn zur Begrüßung, denn ich bin froh ihn zu sehen.
„JARVIS hat mich kontaktiert und mir gesagt, was für eine Heldin du wieder einmal warst. Und er hat mir gesagt, dass du im Krankenhaus bist, Steve.", beim letzten Teil des Satzes dreht er sich an mir vorbei zu Steve, der Namor freundlich und fast schon etwas erleichtert ansieht.
„Ich bin froh, dass du hier bist, Namor. Es ist gut zu wissen, dass Annie nicht alleine ist, solange ich hier drinnen bin.", sagt Steve und ich drehe mich zu ihm.
„Ich war die meiste Zeit meines Lebens alleine, ich denke diesen einen Tag hätte ich auch überlebt. Aber ich freue mich natürlich, dass du hier bist, Namor.", sage ich und lächele meinen besten Freund schüchtern an. Im nächsten Moment bin ich irritiert von mir selber. Schüchtern? Seit wann bin ich schüchtern in seiner Gegenwart? Ich glaube diese blöden Gedanken, über Gefühle für ihn werden immer wahrer...
Tony, SHIELD Tower, Washington D.C., 16.45 Uhr
Ich stehe oben in dem Teil des Towers, den Annie und Rogers in ihrem Zerstörungswahn noch heile gelassen haben. Natürlich bin ich stinkwütend, dass ausgerechnet die Carrier, an denen ich mitgerabrietet habe, dafür verwendet werden sollten, unter anderem auch mich zu töten, doch ich bin mir sicher, dass es auch eine andere Möglichkeit gegeben hätte, als gleich drei Helicarrier zu zerstören und damit eine Massenkatastrophe auszulösen. Natürlich, ich hätte es ahnen müssen, wenn Annie darin involviert ist, dann wird sie natürlich dafür sorgen, dass das, was sie töten will, zerstört ist und keine Gelegenheit mehr zum Töten bekommt. Doch trotzdem ist es ein blödes Gefühl zu wissen, dass Annie zusammen mit Rogers für diese Katastrophe gesorgt hatte.
Zudem heißt es, dass HYDRA wieder da ist. Und Annie hatte sich geschworen sich an HYDRA zu rächen, für das, was sie ihr angetan haben. Sie hatte mir so oft versichert, dass sie HYDRA keine Chance mehr geben wird, ihr etwas zu tun. Und ich weiß, wie weit sie dafür gehen würde. Doch das ist genau das, was ich verhindern möchte. Ich will nicht, dass die Welt Annie nur wieder als Massenmörderin ansieht. Ich möchte, dass sie als die Heldin angesehen wird, die sie auch ist.
Mein Blick gleitet aus dem Fenster und ich sehe Annie und Namor, wie sie dort unten im kniehohen Wasser stehen und beim Aufräumen helfen. Annie benutzt entgegen meiner Erwartung nicht ihre Telekinese, sondern hebt die Trümmerteile zusammen mit Namor aus dem Weg.
Doch dann, als sie beide bemerken, dass es nicht mehr weiter zu gehen scheint, tritt Annie ein kleines Stück von ihm weg und hebt beide Arme. Mit einer fast schon unfairen Leichtigkeit lässt sie das relativ große Trümmerteil davonfliegen und sieht dann zu Namor, der ihr direkt das nächste Teil zeigt. Mir fällt direkt auf, dass die beiden sich wohl stumm abgesprochen haben und sich die Aufgaben nun teilen. Namor scheint von oben herunter zu gucken und die ganze Sache zu koordinieren, während Annie mit ihren Kräften seine Befehle ausführt. Kurzzeitig bin ich erstaunt, dass sie das einfach so macht, dann aber wird mir wieder bewusst, dass wir von Annie Irwin in Kombination mit Namor McKenzie reden. Beide alleine sind ja schon mächtig genug – körperlich und geistig – aber beide zusammen, sind eine Kombination, mit der man sich nicht anlegen möchte. Während Annie diejenige ist, die mehr Ahnung von Technik und ähnlichem hat, ist Namor derjenige, der sich mit Kriegsführung und Strategien deutlich besser auskennt. Beides zusammen ist eine Kombination, die nicht gerade gesund ist, wenn sie sich gegen den falschen richtet.
„Mr. Stark, was machen Sie da?", ertönt eine Stimme hinter mir und ich drehe mich um, wende dabei den Blick von Annie und ihren Aufräumarbeiten ab.
„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht, Mrs. Hill.", erwidere ich und drehe mich nur wieder um. Diese Frau hatte mir gerade noch gefehlt.
„Ich darf ja wohl mal nachfragen. Was ist denn da draußen so interessant?", fragt sie, als sie bemerkt, dass ich dauerhaft aus dem Fenster starre. Als es draußen einen lauten Knall gibt, kommt auch sie zu mir und sieht herunter. Annie ist gerade dabei besonders große Trümmerteile des Carriers zu zersprengen, damit sie besser abtransportiert werden können.
„Sie ist so mächtig.", stellt Mrs. Hill neben mir fest und ich sehe bedauernd zu Boden.
„Ja, das ist sie. Und das hat uns schon so einige Male den Arsch gerettet.", antworte ich und wende mich von der Scheibe ab, als ich sehe, dass sie die Trümmerteile mit Leichtigkeit und ohne jede Ermüdung weiter durch die Gegend fliegen lässt.
„Natürlich, das habe ich auch nicht abstreiten wollen. Mir selber ist auch bewusst, dass wir auf Annie angewiesen sind.", wehrt sie direkt ab und sieht mich mit einem geschockten Blick an, so als hätte ich ihre gesamte Botschaft falsch verstanden und will sie nur schlecht reden. Gerade, als ich noch etwas sagen will, unterbricht sie mich allerdings direkt.
„Aber ist Ihnen mal aufgefallen, dass Annie immer mächtiger ist? Sie wird von Jahr zu Jahr stärker. Die Sache in New York ist gerade mal drei Jahre her und trotzdem hat sie sich in diesen drei Jahren so stark weiter entwickelt, das ist doch erschreckend, finden Sie nicht?", harkt sie nach und ich weiche direkt ihrem Blick aus. Denn sie hat Recht. Auch ich finde es erschreckend, dass sich Annie so schnell entwickelt und sie trotzdem immer noch stärker wird.
„Tony, was ist, wenn sie eines Tages die Kontrolle verliert?" Sofort sehe ich ruckartig auf und blicke Maria Hill direkt in die Augen.
„Annie kann perfekt mit ihren Kräften umgehen, genau deshalb wird sie auf eurer Skala mit einer 10 von 10 bewertet.", meine ich, doch ich erziele damit nicht das gewünschte Ergebnis. Ich hatte gehofft, dass ich Maria somit beruhigen könnte. Doch diese ist scheinbar nur noch sorgenvoller.
„Genau das ist es, was mir Angst macht. Du weißt, dass Leute, die bei uns auf einer Skala mit einem Wert über 8 eingeschätzt werden, katastrophale Auswirkungen auf die Umgebung erzielen können. Das ist dir bewusst, Tony, oder?" Sie lässt bewusst alle Höflichkeitsformen weg, doch das ist mir egal. Das hier gerade ist so viel mehr als ein einfaches Teamgespräch. Es geht um so viel mehr und das wissen wir beide.
„Annie würde sich niemals gegen uns richten, das weiß ich.", versichere ich Maria und versuche mich ein Stück weit damit auch selber zu beruhigen, denn ich hatte mir diesen Gedanken selber schon häufig gestellt. Was ist, wenn Annie irgendwann die Seite wechselt und wir sie als Gegner haben? Oder, wenn irgendwann einmal Krieg zwischen Menschen und Mutanten ausbrechen sollte, so, wie es schon lange hätte passieren können. Was ist dann?
Es können gar nicht genug von uns sein, um ein Team, das von Annie und Namor zusammen angeführt wird, besiegen zu können. Es sind nicht bloß die Schurken, die uns gefährlich werden können. Mittlerweile stellen Annie und Namor auch eine wahre Bedrohung für uns da und das ist es, was mir Angst macht. Zugeben würde ich das allerdings niemals.
„Dann habe ich eine andere Frage, Tony. Was ist, wenn sie die Kontrolle verliert? Oder etwas passiert, wodurch sie eine andere Meinung von uns und unseren Vorgehensweisen bekommt? Auch eine Annie Irwin kann sich gegen uns wenden.", meint Maria und ich seufze, dann fahre ich mir mit einer unbewussten Bewegung durch die Haare. Ich hatte es nicht mal gemerkt, doch meine gesamte Haltung und somit auch meine Körpersprache hatten sich in den letzten paar Minuten so stark verändert, dass auch Maria mittlerweile auffallen muss, dass mich das ganze Thema nicht so kalt lässt, wie ich es die ganze Zeit vorgebe.
„Was schlägst du aber vor, was wir tun sollen?", frage ich sie und Maria legt den Kopf schief.
„Du kennst Annie deutlich besser als ich, Tony.", erwidert sie und ich verziehe das Gesicht.
„Genau deshalb fällt es mir ja so schwer, das, was ich im Moment herstelle, weiter zu führen.", gebe ich zu und habe sofort alle Aufmerksamkeit, die Maria mir hätte schenken können.
„Woran arbeitest du, Tony?", harkt sie nach und ich sehe kurz auf den Boden. Dann sehe ich wieder auf, blicke ihr direkt in die Augen und sage: „Ein Serum, um Annies Kräfte zu unterdrücken."
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