Kapitel 1
T'Challa, Wakanda, 11.21 Uhr
Ich sitze an meinem Schreibtisch in Wakanda und sehe auf die unzähligen Akten vor mir. Ich versuche mir immer wieder einzureden, dass ich das Richtige tue und versuche zu ignorieren, was die Leute, dessen Akten ich hier vor mir habe, alles schon getan haben. Ich weiß, dass ich das hier tun muss, doch ich zögere. Was ist, wenn alles aus dem Ruder läuft und ich alles schlimmer mache, als es vorher war? Ich zögere erneut, doch innerhalb von wenigen Sekunden sehe ich entschlossen auf den Stapel an Akten, der vor mir liegt. Es ist das Richtige. Es gibt keine andere Wahl, keine andere Möglichkeit, das hier zu lösen. Ich muss das hier tun. Zum Wohle Wakandas. Zum Wohle der ganzen Welt. Des ganzen Universums.
„Göttin, oh Göttin.", beginne ich und atme ein letztes Mal tief durch, um mich selbst zu beruhigen.
„Bewahre mich vor dem, was die Welt fordert.", murmele ich und greife nach der ersten Akte. Ich muss einfach wissen, womit ich es hier zutun habe. Aus diesem Grund habe ich den wakandanischen Geheimdienst damit beauftragt, mir eine Liste und genauere Details zu allen Mitgliedern der Illuminati zu verschaffen. Ich will zumindest vorbereitet sein, wenn ich mich mit dieser Vereinigung in Verbindung setze, wo ich sie doch all die Jahre abgelehnt habe, seit sie im Geheimen operieren. Das erste Mitglied, das sich mir zeigt, ist Tony Stark. Gegen Stark habe ich nichts, er ist ein Mensch, mit dem man klarkommen kann. Da sind deutlich unangenehmere Mitglieder im Team. Ebenso Steve Rogers, mit dem ich mich meistens gut verstanden habe, wenn ich ihn traf.
„Vor den Rechtsschaffenden.", bete ich weiter und lege die Akte von Reed Richards, Mr. Fantastic der Fantastischen Vier, zu den anderen beiden.
„Vor den Denkern... und vor den Beschwörern." Stephen Strange war schon immer ein Mysterium für mich. Wird er doch von anderen Helden dieser Welt gemieden, weiß ich, dass er einen sehr beständigen, aber kleinen Freundeskreis aus überaus mächtigen Helden und Wesen dieser Welt besitzt. Seine wahre Macht hat sich mir noch nie offenbart, doch ich wäre ein Narr, wenn ich nicht davon ausgehen würde, dass Doctor Strange ein sehr hilfreicher und vor allem mächtiger Verbündeter in diesem Kampf sein wird.
„Vor mitternächtlichen Königen." Ich schlage die Akte von Black Bolt auf. Es heißt, dass der König der Inhumans, einem Volk aus Attilan, ganze Städte mit seiner Stimme zerstören könne, weshalb er eigentlich niemals spricht, um keinen Schaden anzurichten. Doch gerade diese zerstörerische Kraft kann uns nur nützlich werden. Ich halte inne, als ich realisiere, wer jetzt folgt.
„Und vor dem Teufel und der Hexe selbst." Namor McKenzie und Annie Irwin. Es wäre eine Untertreibung zuzugeben, dass ich Namor nicht leiden kann. Schon oftmals hat mein Volk gegen seins gekämpft. Als König von Atlantis verfügt auch er über eine mehr als nur gut ausgebildete Armee, was sich mir schon häufiger gezeigt hat. Alles in mir widerspricht der Tatsache, dass ich diesen Mann nun in mein Königreich kommen lasse, doch ich weiß, dass er mir nützlich sein wird. Er ist skrupellos und – so ungern ich es auch zugebe – ein hervorragender Kämpfer, der mir in nichts nachsteht. Nicht umsonst ist er ein Mitglied der Illuminati.
Einzig und allein Annie Irwin ist ein Rätsel für mich. Noch nie habe ich auch nur ein Wort mit ihr gewechselt und das, was ich von ihr gehört habe, widersprach sich jedes Mal. Während die einen nur in den höchsten Tönen von ihr reden und scheinbar wirklich eine Freundschaft mit ihr gebildet haben, sprechen die anderen voller Abscheu und Verachtung von der Mutantin. Ich selbst hatte noch nie mit ihr geredet, doch ich weiß, dass sie eine skrupellose Kämpferin ist, die zu allem bereit wäre und vor nichts Halt macht, um sich und die Personen, die ihr wichtig sind, zu retten. Wahrscheinlich ist es ihre Verbindung zu Namor, die mich an ihr am meisten stört. Ich weiß nicht, weshalb Annie Irwin scheinbar die einzige ist, die zu Namor durchdringen kann, aber sie schafft es scheinbar. Und das ist es, was sie direkt unsympathisch für mich macht. Um so etwas wie eine Freundschaft mit einem Mann wie Namor zu führen, muss man ein spezieller Mensch sein. Eine Art von Mensch, die ich nicht in meinem Königreich haben möchte.
Es ist keine Überraschung für mich, dass Annie ein Mitglied der Illuminati ist, ist doch ihre Verbindung zum Gründer Stark mehr als nur bekannt. Ich weiß nur nicht, ob sie und Namor in Kombination etwas sind, das dieses Team braucht.
Als ich mir die Akten so ansehe, realisiere ich, dass jedes der Mitglieder etwas Wichtiges für dieses Team beiträgt. Namor ist der Herrscher der sieben Weltmeere und zudem das perfekte Paradebeispiel für einen Antihelden. Stark ist hier um den klassischen Heldenaspekt zu füllen und er ist außerdem derjenige, der dazu bereit ist, mit der Regierung zusammenzuarbeiten.
Richards ist das Wissenschaftsgenie des Teams. Black Bolt ist der Herrscher eines anderen Planeten, der sich trotzdem noch in unserem Universum befindet. Und Strange ist derjenige, der sich mit den mystischen Mächten auskennt.
Bevor Charles Xavier ermordet wurde, war auch er Mitglied des Teams und hatte zusammen mit Annie das Team durch die Belange der Mutanten unterstützt, da beide eng zusammen arbeiten. Ich weiß, dass Annie viel von Xavier gelernt hat und sein Tod sie ziemlich mitgenommen hatte.
Steve Rogers, der kein offizielles Mitglied der Illuminati ist, den ich aber trotzdem gerufen habe, scheint auch nicht sicher zu sein, ob es so eine schlaue Idee ist, Annie Irwin und Namor McKenzie gleichzeitig im Team zu haben.
„Göttin bewahre mich vor dem, was wir tun werden."
Annie Irwin, Wakanda, 11.27 Uhr
Ich gehe dicht neben Namor mit den anderen durch Wakanda. Mir gefällt dieses Land nicht und am liebsten würde ich direkt wieder zu Namors Jet rennen und hier wegfliegen, doch ich weiß, dass ich das nicht kann. Uns wurde gesagt, dass es wichtig ist und um viel geht, weshalb ich nicht direkt wieder umkehren kann. Der Gedanke, dass Tony und Steve auch hier sind, beruhigt mich. Außerdem ist Stephen auch hier und dieser ist seit mehreren Jahren Mitglied meines geheimen Teams, der Supreme Five, sodass ich mich auch auf ihn verlassen kann. Die Anwesenheit von Namor, Tony, Steve und Stephen lässt mich also ein wenig meiner Anspannung vergessen.
Während Steve vorgeht, schlendern Namor und ich den anderen langsam hinterher. Ich weiß, dass uns mehrere Mitglieder der Königswache, der Dora Milaje, beobachten und schmunzele innerlich. Es ehrt mich fast, dass T'Challa scheinbar so viel Respekt vor Namor und mir hat, dass wir die einzigen sind, die so stark bewacht werden.
Gemeinsam mit den anderen betreten wir den Palast und lassen uns durch die zahlreichen Gänge führen, um zu dem Raum zu kommen, in dem wir uns mit dem König treffen werden. Dort angekommen, habe ich gar nicht erst die Zeit mich umzusehen, da stürmt T'Challa schon in den Raum und baut sich vor uns auf.
„Ich freue mich, dass ich euch hier begrüßen darf!", beginnt er und ich spüre, dass er Namor und mich dabei bewusst nicht ansieht, die anderen aber mit einem freundlichen Lächeln ansieht.
„Ich erwarte euch in einer Stunde im großen Saal, damit wir die Vorkommnisse besprechen können. Bis dahin habt ihr genug Zeit in Ruhe anzukommen und euch etwas einzurichten. Ich lasse euch abholen, der Palast ist sehr groß.", kündigt er an und ich freue mich schon darauf, mich eine Stunde entspannen zu können. Auch, wenn Namor den Jet geflogen ist, konnte ich mich nicht wirklich entspannen und für einen königlichen Jet, waren die Sitze doch recht unbequem, sodass ich keine Ruhe bekommen habe.
Jeder der anderen wird von einer Dora Milaje Kriegerin aus dem Raum begleitet, während Namor und ich gleich von sechs Frauen eingekreist werden. Beinahe schon spöttisch sehe ich T'Challa an, da ich mich augenblicklich wie eine Schwerverbrecherin fühle.
„Ist das denn wirklich nötig?", frage ich ihn und sein kühler Blick richtet sich zu mir. Ich erwidere seinen Blick und sehe ihn ebenso kalt an.
„Reine Vorsichtsmaßnahme, Miss Irwin.", erwidert er mir und nickt seinen Wachen dann leicht zu, sodass diese uns in einen Raum eskortieren. Ich habe eigentlich fest damit gerechnet, dass sie uns in ein Schlafzimmer bringen, so, wie sie es mit den anderen auch gemacht haben, doch als sich die Tür hinter uns schließt und wir in einem Raum stehen, in dem es nur einen Kamin, einen Tisch und sechs Stühle gibt, wechseln Namor und ich einen Blick. Die Dora Milaje schließen die Tür hinter uns, doch ich bin mir sicher, dass sie allesamt davor stehen.
Mein Blick gleitet durch den spärlich eingerichteten Raum und ich stelle fest, dass es bis auf die Möbel und eine Flasche Wein mit drei Gläsern auf dem Tisch, nichts hier gibt. Mein Blick gleitet zu Namor, der dort mit seinem Königsumhang steht und seine Haltung nicht aufgeben kann. Er sieht so majestätisch aus, wie wenn er wichtige Angelegenheiten in Atlantis klärt.
Er erwidert meinen Blick und ich ziehe einen Mundwinkel in die Höhe, dann lasse ich mich in der Nähe des Kamins auf den Boden fallen.
„Du scheinst dir hier ja echt Freunde gemacht zu haben.", meine ich und ziehe die Beine an den Körper. Eine Angewohnheit, die ich seit New York viel zu häufig gemacht habe.
„Das habe ich wohl." Namor zuckt nur mit den Schultern und greift nach der Flasche. Mit einem skeptischen Blick besieht er das Etikett, scheint dann aber zu dem Entschluss zu kommen, dass der Wein in Ordnung ist und seinen Ansprüchen entspricht, denn er öffnet sie. Stumm schenkt er den Wein in zwei Gläser und kommt dann zu mir.
„Steh auf.", fordert er und ich mache was er von mir verlangt. Namor legt seinen Umhang auf den Boden und lässt sich dann darauf nieder. Ich tue es ihm gleich und setze mich neben ihn. Namor reicht mir eines der Gläser und ich schwenke es in der Hand herum.
„Wieso sind wir die einzigen, die von ihm eingesperrt werden?", frage ich ihn und er sieht mich einen Moment lang nachdenklich an.
„Weil er Angst vor uns hat.", antwortet Namor mir dann und ich schmunzele.
„Ich habe vorhin gehört, wie er gebetet hat. Er hat uns als Teufel und Hexe bezeichnet." Namor schmunzelt bei der Erwähnung des Wortes Hexe, da des der Grund war, wie ich zu dem Spitznamen Voodoo gekommen war. Wie oft wurde ich damals im Krieg als Hexe bezeichnet? Viel zu oft, als dass er sich noch erinnern kann. Namor hebt sein Glas und prostet mir stumm zu. Ich erwidere diese Geste.
Synchron trinken wir beide einen Schluck Wein, bevor ich meinen Kopf auf Namors Schulter sinken lasse.
„Ich glaube ich brauche weitaus mehr Wein, um das hier durchzustehen.", meint Namor und steht auf. Er schnappt sich sein Glas und nimmt meins entgegen, als ich es ihm entgegenstrecke.
„Müssen wir damit rechnen, dass wir eher in ein Gefängnis, statt in ein Gästezimmer gebracht werden?", frage ich Namor dann spöttisch, als er den Wein in die Gläser gießt. Ein leises, spöttisches Lachen entfährt Namor.
„Ich hoffe nicht. Immerhin verlangt er unsere Hilfe. Und er wäre ein Narr, wenn er uns dann nicht angemessen behandelt.", gibt er mir zurück und ich grinse. Ja, ein Narr. Das wäre ein passendes Wort.
„Welches Problem hat er mit mir? Ich habe noch nie mit ihm geredet und an dem Krieg zwischen Wakanda und Atlantis war ich auch nicht beteiligt, weil ich anderes zutun hatte.", meine ich und strecke die Beine etwas aus. Namor dreht sich zu mir um.
„Du gehörst zu mir. Und er kann jeden, der eine Verbindung zu mir hat, nicht leiden. Seine Beweggründe sind nicht besonders tiefgründig." Lässig lehnt er sich gegen den Tisch und es ist unfair, dass er dabei immer noch so selbstsicher aussieht.
„Wenn ich nicht wüsste, dass du meine treuste Verbündete wärst, dann würde ich dich außerdem auch nicht leiden können, da du eine Gefahr für mich darstellst.", fügt er dann noch hinzu und ich beginne zu lachen.
„Hast du mich gerade als deine treuste Verbündete bezeichnet?!", bringe ich unter Lachen hervor und auch Namor zieht einen Mundwinkel in die Höhe.
„Wann bin ich denn von deiner besten Freundin zu einer Verbündeten abgerutscht?", lache ich dann noch und gerade, als Namor etwas antworten will, öffnet sich die Tür mit einem leisen Zischen und T'Challa persönlich steht mit einem finsteren Blick vor uns.
„T'Challa..."
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