8

Am selben Tag meldete ich mich bei der Arbeit krank und verkroch mich in meinem Zimmer.

Ich war sauer auf Mr. Parsons.

Ich war sauer auf die blauen Vorhänge.

Ich war sauer auf Zach.

Ich war sauer auf die braunen Flecken auf meiner Frühstücksbanane.

Ich war sauer auf Beth.

Ich war sauer auf den Wind, der mich beim Joggen gebremst hatte.

Aber in erster Linie war ich sauer auf mich.

Trotzdem klebten meine Gedanken weitestgehend an gestern Nacht fest. Die Dinge, die Zach mir (oder Beth) ins Ohr geflüstert hatte. Unsere warmen Körper so dicht aneinandergepresst, dass kein Blatt Papier mehr dazwischen gepasst hätte. Seine fluffig weiche Bettdecke und die Matratze, die einen das Gefühl haben ließ, auf Wolken zu schlafen. Jede Berührung, die mich tatsächlich auf Wolken hatte schweben lassen.

Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, dass all das keine Rolle mehr spielte. Ich würde Zach nicht wieder sehen und das wollte ich auch nicht. Punkt. Also machte es gar keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Als Owen an meiner offenen Zimmertüre vorbeikam, blieb er stehen.

„Warum bist du nicht bei der Arbeit?", fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen.

„Krank."

„Du siehst nicht sehr krank aus."

„Du bist auch nicht bei der Arbeit."

„Ich hab frei", entgegnete er in seinem überheblichen erwachsenen Tonfall, dabei war er nur ein paar Jahre älter als ich. „Hey, hattest du gestern nicht dein Date? Wie war's? Ich hab dich gar nicht mehr nach Hause kommen hören."

Ich drehte mich zum Fenster und starrte auf die blauen Vorhänge, auf die ich heute so wütend war. „War ganz okay."

„Jed hat übrigens Hausarrest."

„Okay."

„Willst du nicht wissen, was er angestellt hat?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaub dir auch so, dass er Mist gebaut hat. Wie lange hat er Hausarrest?"

„Eine Woche."

„Okay."

Ich hörte, dass sich seine Schritte von meinem Zimmer entfernten, aber dann kamen sie wieder zurück. „Geht's dir gut?"

„Ja."

„Ist was passiert?"

Ich seufzte genervt. „Nein. Lass mich bitte in Ruhe, okay?"

Owen und ich hatten nie ein richtiges Bruder-Schwester-Verhältnis zueinander gehabt. Wenn ich ehrlich war, kannte ich den Kerl kaum. Ich wusste, dass er wie Jed gerne Spagetti aß. Ich wusste, dass Rot seine Lieblingsfarbe war. Ich wusste, dass er Klassenbester gewesen war. Ich wusste, wo er arbeitete und was er im Monat verdiente. Ich wusste, an welchen Wochentagen er fürs Einkaufen, Aufräumen, Abspülen, Wäschewaschen oder Müllentsorgen dran war. Und ich wusste, dass er längst zu seiner Freundin in die USA gezogen wäre, wenn er sich -als der Älteste- nicht für uns verantwortlich gefühlt hätte. Vielleicht war das der Grund, warum ich seit dem Tod unseres Vaters nicht mehr wirklich mit ihm zurechtkam und ein bisschen den Respekt vor ihm verloren hatte.

Weil es pures Pflichtgefühl war, das ihn bei uns hielt.

-

Die darauffolgenden Tage versuchte Zach -zu meiner großen Überraschung- oft, mich anzurufen, aber ich ignorierte ihn. Warum genau, wusste ich nicht einmal. Vielleicht, weil ich keine Lust darauf hatte, seine Nutte auf Knopfdruck zu werden. Weil ich nicht von ihm benutzt werden wollte, um seinem Vater eins auszuwischen.

Weil er Beth offensichtlich lieber mochte als Anna.

Am Donnerstagmorgen wachte Beth wieder auf. Sie streckte sich und griff nach ihrer Brille, die auf dem Nachtkästchen auf einem abgegriffenen Buch lag. Es war ein Thriller. Beth las nicht viel, weil sie seltener die Gelegenheit hatte, diesen Körper zu benutzen als ich und wollte ihre Zeit nicht mit Lesen verschwenden, aber wenn sie in dem Körper feststeckte und nicht einschlafen konnte, half es ihr, auf kleine Buchstaben und Zeilen zu schauen. Es war das einzige Buch, das sie besaß und sie hatte es noch immer nicht fertiggelesen, weil sie immer nach einer Seite einschlief. Dementsprechend nahm sie auch keine Rücksicht auf den Zustand des Taschenbuchs. Sie schlief manchmal darauf. Und so sah es auch aus.

„Was hältst du davon, wenn wir heute auf die Arbeit scheißen?", fragte sie und kratzte sich am Hinterkopf.

„Bist du verrückt?" Beth ignorierte mich, schwang die Beine aus dem Bett und ging zu unserem Kleiderschrank. Sie entschied sich für schwarze Jeans und ein hautenges Top mit tiefem Ausschnitt. Dabei ignorierte sie meine Proteste, sondern zog sich lediglich eine Weste über, die sie bis nach oben hin zuzippte, um meine Geschwister wegen des Aufzugs nicht allzu sehr zu verwundern.

Sie lief die Treppen nach unten, wo Jedrek am Küchentisch saß und frühstückte. „Wenn du noch rechtzeitig zur Arbeit willst, solltest du dich beeilen", nuschelte er.

„Ja, allerdings", stimmte ich zu, aber Beth ignorierte das. Sie ging in die Küche und setzte Wasser für eine Tasse Kaffee auf.

„Wo sind Brielle und Owen?", erkundigte sie sich, weil es die Frage war, die ich für gewöhnlich stellte, wenn die beiden nicht da waren, allerdings war es heute und um diese Uhrzeit eine ziemlich dumme Frage.

Das schien Jed auch so zu sehen. „Arbeiten?"

„Das sollten wir auch. Wir haben uns schon am Montag krank gemeldet."

„Du", erwiderte Beth. „Du hast dich krank gemeldet. Ich will heute zu Sebastian."

„Wir müssen arbeiten!"

„Das mit dem Job war deine blöde Idee!", schoss sie bockig zurück. „Ich will nicht schon wieder den ganzen Tag Geschirr herum tragen. Davon tun mir die Handgelenke weh! Und man muss jeden anlächeln und freundlich sein, das ist anstrengend... Außerdem weißt du, dass ich eine Haselnussallergie habe."

„Okay, du willst nicht arbeiten, aber ich will nicht mit Sebastian rummachen", entgegnete ich.

„Musst du nicht, ich mache das." Sie verzog ihre Lippen zu einem bösartigen Grinsen.

„Was grinst du so dämlich?", fragte Jedrek und setzte sich sein Cappy verkehrt herum auf.

„Geht dich nichts an, Idiot", knurrte Beth.

„Wow, hast du schon wieder deine Tage?"

„Halt die Klappe, du Zwerg!" Beinahe fand ich es putzig, dass sie ihn Zwerg nannte. Er war zwar fünf Jahre jünger als ich, aber auch um gute fünfzehn Zentimeter größer. Er war fast so groß wie Owen. Dafür war Brielle etwa fünf Zentimeter kleiner als ich und wäre damit vermutlich eher als Zwerg zu bezeichnen gewesen.

„Kann ich heute mit meinen Freunden weggehen?", fragte er und stellte die leere Schale ins Spülbecken.

„Nein, er hat Hausarrest!", schaltete ich mich sofort ein.

„Mach was du willst, aber geh mir nicht auf die Nerven!", war Beths Antwort.

Er grinste. „Du bist echt die coolste Schwester!"

„Siehst du?", meinte Beth an mich gewandt. „Ich bin die coolere Schwester."

Jed und ich hatten auch kein richtiges Geschwisterverhältnis zueinander. Er war eine fünfzehnjährige Nervensäge, die entweder den ganzen Tag mit seinen Freunden unterwegs war, oder nächtelang Videospiele spielte und illegal brutale Zombiefilme streamte. Deshalb überraschte es mich wenig, dass Beths Mach-doch-was-du-willst-Haltung bei ihm mal wieder mehr als gut ankam.

Natürlich kreuzte sie nicht bei der Arbeit auf. Stattdessen setzte sie sich in den Bus und wir fuhren zu Sebastian. Er wohnte außerhalb der Stadt.

Eigentlich mochte ich ihn, er war ein netter, intelligenter Kerl, aber er wusste nicht, dass es mich gab. Doch Beth und ich hatten Regeln für unser Zusammenleben aufgestellt. Die Eine mischte sich nicht ins Leben der Anderen ein, außer wenn es wirklich nötig war. Bei unseren Geschwistern, oder bei meiner Arbeit musste das oft sein. In der Schule war es immer unumgänglich und die Sache mit Zach eine Ausnahme gewesen. Aber was Beziehungen oder Freizeitaktivitäten anging, versuchten wir einander Spielraum für alles Mögliche zu lassen.

Generell kann ich aber sagen, dass ich mehr Rechte hatte als sie, weil ich zuerst in diesem Körper gewesen war und auch die meiste Zeit die Kontrolle hatte. Ich identifizierte mich mehr mit meinem Namen und dem Aussehen des Körpers, als sie es tat. Beth sagte immer, dass sie sich als brünette, große, schlanke Frau sah. Außerdem war sie etwa vier Jahre älter als ich.

Sie musste sich häufiger nach mir richten, da es mein Leben und meine Geschwister und meine Arbeit waren. Aber genauso oft hatte sie auch überhaupt keine Lust, mein Leben zu führen.

Sebastian kannte wegen unserer Abmachung jedoch nur Beth und hatte keine Ahnung, dass der Körper, den er so oft liebte, eigentlich mir gehörte. Und genau das ließ mich ihn gleichzeitig hassen. Er kannte auch meine Geschwister nicht und wusste nicht, dass ich im Biscotti&Cie arbeitete. Außerdem wusste ich, dass er Hals über Kopf in Beth verliebt war und sie ihn nach Strich und Faden ausnutzte. Bevor Beth an der Türe des kleinen Hauses anklopfte, zog sie sich die Weste aus und band sie sich um die Hüften.

„Hallo, schöne Frau!", lächelte er, als er die Türe öffnete und Beth ihm sofort die Zunge in den Hals steckte.

„Hast du schon gefrühstückt?", fragte er, nachdem er sie reingelassen und ausgiebig betatscht hatte. Beth schüttelte den Kopf.

„Hast du Pop-Tarts hier?", fragte sie, und ich stieß angestrengt die Luft auf. Ich hasste diesen ganzen Süßkram. Wenn ich nicht so häufig laufen gehen würde, würden wir bestimmt schon zehn Kilo zu viel wiegen.

Sebastian machte sich auf den Weg in die Küche und Beth folgte ihm. Sie setzte sich auf die Arbeitsplatte und betrachtete den sechsundzwanzigjährigen Feuerwehrmann dabei, wie er die Pop-Tarts aus dem Schrank holte, die er mit Sicherheit nur für Beth da hatte, denn ich hatte ihn noch nie Pop-Tarts essen sehen. Er riss die Folie hinunter und steckte zwei der süßen Teiggebäcke in den Toaster.

Dann kam er zu ihr und schlang sich ihre Beine um die Hüften. „Ich hab dich vermisst."

„Ich dich auch", lächelte sie, obwohl ich wusste, dass es nicht stimmte. Sie legte die Hände in seinen Nacken und küsste ihn sanft und liebevoll, als würde sie tatsächlich etwas für ihn empfinden.

Die Pop-Tarts sprangen aus dem Toaster, aber die beiden lösten sich trotzdem erst nach einer Minute voneinander.

Sebastian legte die Pop-Tarts auf einen Teller und reichte ihn Beth.

„Gehen wir ins Wohnzimmer?", fragte er, während er ihr noch ein Glas Milch eingoss.

Beth nickte und rutschte von der Ablage herunter. Unser Handy vibrierte in ihrer Hosentasche. Sie zog es heraus, und wieder leuchtete Zachs Name auf dem Bildschirm auf.

„Zach?", fragte Sebastian und sah ihr über die Schulter. „Wer ist das?"

„Zachary Parsons." Beth drückte den Anruf weg und steckte das Handy wieder ein.

Sebastian zog die Augenbrauen hoch. „Mit dem hast du was zu tun?"

Sie verzog die Lippen zu einem lieblichen Lächeln. „Natürlich nicht. Ich arbeite seit Kurzem im Biscotti&Cie. Da war ich seine Bedienung."

„Stopp!", fauchte ich. „Mein Leben! Das ist mein Leben!"

„Wie soll ich mich denn sonst erklären, Schlaumeier?", entgegnete sie schnippisch.

„Und er hat nach deiner Nummer gefragt? Einfach so?" Sebastian blieb skeptisch.

„Wer würde das nicht?", entgegnete sie, nahm ihn an der Hand und zog ihn zur Couch.

-

Ich weiß noch, dass er darauf keine Antwort gegeben hat. Er konnte keine geben. Aber er hat ihr bestimmt nicht abgekauft, was sie gesagt hat. Dafür ist sie zu oft mit anderen Typen unterwegs gewesen. Dafür hat sie zu oft anzügliche Nachrichten erhalten.

Er wollte Beth nicht verlieren. Er hat gewusst, dass er sie nie ganz bekommen würde, aber das Bisschen, das sie ihm von sich gab, wollte er behalten, also ließ er zu, dass sie ihn verletzte.

Sie ist manipulativ. Das war sie schon immer.

Die Leute, die Beth und mich kennen, aber nicht wissen, dass sie Beth kennen, denken, ich bin verrückt, weil ich am einen Tag unfassbar nett und hilfsbereit sein kann, und am anderen abweisend und der Grund für die benötigte Hilfe bin. Das betraf vor allem meine Geschwister. Dabei ist es Beth, die Leute verletzt. Ich glaube, sie macht es nicht einmal aus Boshaftigkeit, sondern weil ihr langweilig ist. Und sie meint immer, dass sie mir damit einen Gefallen tut, weil sich die Leute so von mir fern halten, womit sie bestimmt recht hat.

Den Rest des Tages haben Sebastian und sie auf der Couch gelegen, Netflix geschaut und rumgemacht. Das Rummachen hat sich in Sex verwandelt und dann ist Beth gegangen, damit sie nicht einschlafen und ich in ihrem Leben aufwachen würde.

Und einer der Gründe, warum ich Sebastian in diese Geschichte hole, ist der, damit Ihr versteht, dass Beth ihr eigenes Leben gehabt hat. Sie hatte eigene Freunde, eigene Vorlieben und eigene Hobbies.

-

Als es an diesem Abend an unserer Haustüre klingelte, machte Beth sich nicht die Mühe aufzustehen, obwohl sie auf der Couch lag. Als es ab dem fünften Mal ohne Unterlass klingelte, trabte meine Schwester die Treppen herunter.

„Gott, kannst du deinen Hintern heute nicht bewegen?"

Beth zuckte mit den Schultern. „Ich erwarte niemanden, warum sollte ich aufmachen?"

„Jed hat recht: Du hast wirklich wieder deine Tage, oder?" Genervt rauschte Brielle zur Türe.

„Entschuldigen Sie, falls ich störe, aber wohnt hier zufällig eine Anna?"

Beth wollte nach ihrer heißen Schokolade greifen, hielt aber in der Bewegung inne. „Ich bring ihn um", murmelte sie ungläubig und sprang auf.

An der Türe stand Zach und vor ihm Brielle, die ziemlich perplex aussah und überhaupt nicht zu verstehen schien, was Zachary Parsons hier wollte, ganz zu schweigen davon, was er von mir wollte. Beth schnappte sie am Arm und zog sie weg.

„Was will denn Zachary Parsons hier?", fragte meine Schwester verwundert und fasziniert zugleich. „Und was will er von dir?"

„Sag ihr die Wahrheit", bat ich Beth.

„Er war mein Date, okay?", zischte sie. „Und jetzt hau ab!" Sie schubste Brielle Richtung die Küche, aber ich war mir sicher, dass sie jedes Wort mitanhören würde.

„Was soll ich ihm sagen?", fragte Beth.

„Werd ihn los!"

Also wandte sie sich an Zach. „Was willst du hier?" Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du trägst eine Brille?", entgegnete er interessiert.

„Woher weißt du, wo ich wohne?", knurrte Beth.

„Ich hab das Mädchen, das im Biscotti&Cie arbeitet, gefragt. Ich glaube, sie heißt Belinda? Sie war ziemlich sauer, dass du heute nicht aufgekreuzt bist. Ich war auch ziemlich enttäuscht darüber, muss ich gestehen", lächelte er.

Er hatte mich bei meiner Arbeit abfangen wollen? Scheiße, war er doch ein Stalker?

Beth zog die Augenbrauen hoch. „Und sie hat dir einfach so meine Adresse gegeben?"

„Naja, eigentlich hab ich gesagt, du hättest etwas bei mir vergessen."

„Das hat er nicht!", rief ich erschrocken aus. Jetzt wusste Belinda, dass ich bei Zachary Parsons Zuhause gewesen war. Wunderbar! Bald würde es jeder im Café wissen.

Beth blieb ganz ruhig. „Und was soll ich vergessen haben?"

Er steckte die Hände in die Hosentaschen. „Du hast dich nicht verabschiedet."

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Also bist du hier, um dich zu verabschieden? Das trifft sich ja gut. Auf Nimmerwiedersehen!" Sie wollte die Türe schließen, aber Zach drückte sie wieder auf.

„Warum meidest du mich?"

Beth sah ihm trotzig in die Augen. „Warum verfolgst du mich?"

„Ich verfolge dich nicht, ich hab dich nur ein paar Mal angerufen."

Sechzehn Mal", erwiderte sie.

„Du hast gezählt?"

„Ich hab's mir für die Cops notiert."

Zach stieß einen amüsierten Laut aus. Wieso gefiel mir das belustigte Glänzen in seinen tiefblauen Augen nur so? Wieso musste er an meiner Türe aufkreuzen und mich in Frage stellen lassen, ob ich mit meinem plötzlichen Abgang das Richtige getan hatte? Wieso musste er mich wieder hoffen lassen, dass aus uns mehr werden könnte?

„Warum meidest du mich?", fragte er wieder.

„Was soll ich ihm sagen?", fragte Beth mich.

„Frag ihn, warum er sooft angerufen hat." Beth tat es.

„Weil du mich meidest."

„Okay, so kommen wir nicht weiter", seufzte sie und wollte die Türe wieder schließen.

„Warte!" Er drückte sie erneut auf, ließ diesmal aber seine Hand auf der Türe, beugte sich näher zu mir und sah mir fest in die Augen. „Ich hab angerufen, weil ich dich wieder sehen wollte."

Während mein Herz zu flattern begann, blieb Beth misstrauisch und betrachtete ihn forschend. „Wieso?"

Er sah belustigt auf mich herab. „Weil ich dich mag? Ist das Grund genug?"

„Meint er mich, oder dich?", fragte mich Beth mehr als irritiert.

„Keine Ahnung...", seufzte ich. „Mich hat er schon zwei Mal getroffen. Und ich hab mit ihm und seinem Dad gefrühstückt."

„Schon, aber ich hatte Sex mit ihm." Da war was dran.

„Magst du mich, oder den Sex?", fragte Beth schließlich ungeniert nach. Sie redete nie groß um den heißen Brei herum, aber mir war es peinlich, dass sie ihn so direkt fragte.

„Muss ich mich für eines entscheiden?", hakte er belustigt nach.

„Wäre gut", murmelte ich missmutig... Diese ganze Situation war total verdreht.

Beth seufzte. „Es ist der Sex. Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich unsterblich in mich verliebt hast."

„Hab ich nicht, aber ich mag dich trotzdem", entgegnete er ernst. „Und ich würde dich gerne besser kennenlernen, aber du machst es mir nicht gerade leicht."

„Ich bin auch niemand, den man gerne kennenlernen wollen sollte", erwiderte Beth und sprach damit meine Gedanken aus.

„Wow." Er zog die Hand von der Türe zurück. „Ich hab eigentlich gedacht, du wärst kein Klischeemädchen."

„Ich bin kein Klischeemädchen! Ich bin-"

„Stopp!", rief ich erschrocken. „Sag es bloß nicht."

„Warum nicht?", fragte sie verbissen. „Du willst doch wohl nichts von ihm, oder?"

Ich zögerte.

„Anna!", knurrte Beth. „Vor ein paar Tagen noch hast du gesagt, dass ich-"

„Schon, aber... Da hat er noch nicht an unserer Türschwelle gestanden und diese ganzen Sachen gesagt. Das tut man doch nicht für jemanden, von dem man nur Sex will, oder? Sex kann er überall bekommen..."

„Und so jemanden willst du, ja?" Sie seufzte. „Wenn du ihn weiter sehen willst, dann sag mir das jetzt. Aber dann treff ich mich nicht mehr mit ihm, ich hab keine Lust ständig so zu tun, als wäre ich du! Einmal war es ja ganz lustig, aber auf Dauer..."

Noch bevor ich etwas erwidern konnte, wandte sie sich wieder an Zach. „Heute ist wirklich kein guter Zeitpunkt. Aber ich ruf dich an, wenn... Wenn es eben passt, okay?"

Er lächelte. „Okay. Wenn du es nicht machst, weiß ich ja jetzt, wo du wohnst."

„Bist du ein freiberuflicher Stalker?"

„Nein, Hobbystalker. Aber nur mittwochs und donnerstags."

Beth lachte.

Beth lachte wirklich.

-

Ich war überrascht. Normalerweise findet Beth nichts so schnell lustig. Aber sie mochte Zach auch. Nicht so, wie ich ihn mochte, aber er war ihr sympathisch und das genügte mir, denn so würden wir uns vielleicht arrangieren können.

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