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Klar, damals habe ich gedacht, Zach sieht in mir eine Gelegenheit zu einfachem Sex. Nicht zu guter Letzt war das Beth zu verschulden, die sich an ihn rangeschmissen hat, wie eine Ertrinkende an den Rettungsring.

Ich hab nicht wissen können, dass so viel mehr aus uns werden würde. Das war vermutlich auch der Grund, warum ich Beth alles erlaubt habe, was sie mit ihm machen wollte. Ich habe versucht, mir einzureden, dass ich ihn ohnehin nicht so gerne gehabt habe.

Aber das habe ich.

Ich habe begonnen ihn in diesen zwei (mehr oder weniger drei) Treffen wirklich zu mögen.

Ich war schon damals in ihn verliebt, ohne es mir einzugestehen.

Eigentlich geht es in dieser Geschichte nicht wirklich um mein Sexleben mit Zach, aber da es anscheinend eines der Dinge ist, die in Büchern immer erwähnt werden: Beth und er hatten Autosex auf seiner Rückbank. Zweimal. Das erste Mal ist er oben gelegen, das zweite Mal sie. Ich musste Beth dazu zwingen, ihm zu sagen, dass sie nicht ohne Kondom mit ihm schläft. Ich bin, was das angeht, um einiges vorsichtiger als sie. Unter anderem wegen der Syphilis.

Danach sind wir zu seiner Villa gefahren. Er hat Beth hochgehoben, in den zweiten Stock getragen, auf sein riesiges Bett gelegt und nochmal mit ihr geschlafen. Und so sehr ich Beth angefleht habe, nicht einzuschlafen -nach dem dritten Mal Sex war sie so müde, dass sie sich nicht mehr wach halten konnte.

-

Natürlich!, schoss es mir durch den Kopf, als ich aufwachte, und den Zehenwackeltest machte. Erst vögelt sie mit dem heißen Millionärssohn und dann haut sie ab.

Ich öffnete die Augen und sah einen großen Garten und einen riesigen Pool. Verwirrt rieb ich mir übers Gesicht. Dann verstand ich, dass sein Zimmer eine Fensterfront besaß, durch die man auf das Grundstück schauen konnte. Rechts von mir ging eine Glastüre auf den Balkon hinaus.

Zach lag nicht neben mir, aber ich hörte Wasserrauschen aus einer der Türen links von mir dringen. Vermutlich war das sein Bad und er stand unter der Dusche.

„Gott sei Dank!", murmelte ich und griff nach meinen Klamotten.

Heute war Beth nicht in der Stimmung, sich zu melden. Vielleicht war sie noch zu müde, von den unzähligen Orgasmen, die Mr. Perfect ihr gegeben hatte.

Normalerweise war mir ihre Abwesenheit ganz recht, weil ich so meine Ruhe hatte, aber ich wusste nicht, wie zur Hölle ich aus dieser riesigen Villa wieder rauskommen sollte! Beth hatte bestimmt besser aufgepasst.

Ich schlich aus Zachs Zimmer und durfte feststellen, dass auch der Rest des Hauses gigantisch und luxuriös war. Ich ging den Flur nach rechts entlang, bemerkte aber, dass ich nur an vielen Türen und einem Hintereingang zum Garten vorbeikam. Also drehte ich wieder um und fand die Treppen, die sich nach unten schlängelten. Alles war hell und aufgeräumt. Eine der Wände bestand aus Glas und Wasser lief zwischen den dicken Scheiben hindurch. Fasziniert schlich ich um die Wand und merkte dabei nicht, dass ein Mann in den Wohnbereich gekommen war.

„Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?" Ich erschrak und betrachtete den Mann im Anzug.

Mr. Parsons.

Wunderbar!

Er sah nicht begeistert aus.

Wäre ich an seiner Stelle wohl auch nicht gewesen.

„Ich... äh..." Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Meine zweite Hälfte hat gestern drei Mal mit ihrem Sohn geschlafen, und ich will mich jetzt aus dem Haus schleichen, wo ist der Ausgang, bitte?

Zu meiner großen Erleichterung kam Zach in diesem Moment die Treppen herunter gelaufen. Dann fiel mir ein, dass ich vorgehabt hatte, ihn nicht wieder zu sehen und prompt fühlte ich mich wieder scheiße. Jetzt würde ich mich wohl oder übel von ihm verabschieden müssen.

„Dad, was machst du denn noch hier?", fragte er und zog sich das T-Shirt über den Kopf. Er klang peinlich berührt.

Mr. Parsons Blick folgte Zach, als er die Treppen nach unten trabte und schließlich neben mir stehen blieb. Zach roch nach... etwas Männlichem. Der Duft weckte Erinnerungen von gestern Nacht, auch wenn es nicht wirklich meine Erinnerungen waren. Seine Haare waren noch nass und die Tropfen fielen auf seine Schulter.

„Der Kunde hat abgesagt, ich muss erst in einer Stunde los", sagte Mr. Parsons knapp und zeigte wieder auf mich. „Wer ist das?"

Die Ähnlichkeit zwischen den beiden war verblüffend. Beide groß, dunkel Haare und stechend blaue Augen, auch wenn die von Mr. Parsons eiskalt zu mir herüberschauten.

Zach warf mir einen flüchtigen Blick zu, wohl, weil er nicht wusste, als wen er mich vorstellen sollte.

„Anna", sagte er schließlich. „Sie ist... eine Freundin von mir."

Mr. Parsons nickte langsam, dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Ich hatte Armbanduhren schon immer als lästig empfunden. „Es ist gleich neun. Frag deine eine Freundin doch, ob sie zum Frühstück bleiben will."

Unwillkürlich riss ich vor Schreck die Augen auf. Mit dem reichsten Mann aus ganz Chelsea zu frühstücken hatte tatsächlich nie auf meiner Wunschliste gestanden und tat es seit gestern Nacht noch weniger. Zach sah auch nicht begeistert aus, zumindest verspannte er sich neben mir, aber blickte schließlich auf mich hinab.

„Hast du Hunger?" Ich war mir nicht sicher, ob sein Blick schrie: „Sag ja!" oder „Sag Nein!"

Und so sehr ich mir gestern auch gewünscht hatte, an Beths Stelle zu sein, so wollte ich gerade nichts sehnlicher, als ihr die Leitung zu übertragen. Sie hätte sich nie von Mr. Parsons einschüchtern lassen, sondern ihn mit ihrem Charme vielleicht sogar um den Finger gewickelt.

Aber es war ohnehin zwecklos, denn Zachs Vater winkte uns bereits in die Küche. Konnte man einem Millionär eine Einladung abschlagen, wenn man ohne dessen Wissen in seinem Haus war?

Zach legte eine Hand auf meinen unteren Rücken und schob mich sanft in Richtung Küche.

„Lass dich von ihm bloß nicht verunsichern", raunte er mir zu, bevor er einen Stuhl für mich zurückzog. Ich betete, dass Beth doch noch auftauchte. Zach ließ sich neben mir an dem lächerlich langen Tisch nieder, und sein Vater setzte sich uns gegenüber. Keine zehn Sekunden später kamen zwei Angestellte herein und servierten Kaffee und Tee. Mr. Parsons wies sie an „das Übliche" drei Mal zu servieren und die beiden verschwanden wieder.

„Also Anna", begann er, während er Zucker in seine Tasse rieseln ließ. „Wie alt bist du?"

Ja, das ist auch immer die erste Frage, die ich jemandem stelle, wenn ich ihn kennenlerne.

„Zwanzig", brachte ich mit nervös schlagendem Herz hervor.

„Studierst du?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich arbeite." Jede meiner Antworten kam mir falsch vor. Ich fühlte mich wie ein unnützer Käfer. Und genau dieses Gefühl vermittelte mir dieser Mann auch, als ich ihm sagte, dass ich Kellnerin im Biscotti&Cie war.

„Das überrascht mich nicht", bemerkte er. „In dieser Stadt bringt es niemand zu etwas."

„Dad", mahnte Zach.

„Sie haben es zu etwas gebracht", bemerkte ich und konnte den patzigen Unterton in meiner Stimme nicht vermeiden.

„Die Ausnahme", lächelte er.

Zach räusperte sich und warf seinem Vater einen unmissverständlichen Blick zu, doch dieser ging nicht darauf ein.

„Hast du vor zu studieren?"

Ich schüttelte den Kopf. „N-Nein. Ich meine, ja. Vielleicht, ich- ich bin noch nicht sicher. Mal schaun, wie sich die Dinge entwickeln."

Verdammt, Beth hatte Recht. Ich stotterte wirklich herum.

Mr. Parsons nickte, aber ich glaubte nicht, dass er verstand. Er verabscheute mich. Das wusste ich. Das wusste Zach. Das wusste die Fliege, die um meinen Kopf schwirrte, um sich noch mal extra über mich lustig zu machen.

Dabei fühlte ich mich wie eine Fliege, die auf einem Misthaufen lebte und Mr. Parsons perfekte Atmosphäre störte.

„Zach wird irgendwann mein Unternehmen übernehmen", bemerkte er. Ich war mich nicht sicher, warum er das fallen ließ, denn das wusste ich. Das wusste jeder.

„Das weiß ich."

„Und was hast du vor?"

Ich blinzelte den Mann vor mir irritiert an. Ganz ruhig rührte er in seinem Kaffee herum. „Wie bitte?"

„Was du mit Zach vorhast."

„Dad", warnte Zach wieder.

Mir entfuhr ein nervöses Lachen. „Ich verstehe nicht ganz..."

„In eine Millionärsfamilie einheiraten, und dann den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen und onlineshoppen, ist es das?"

Jetzt war ich endgültig verwirrt. Dieser Mann kam in etwa so schnell auf den Punkt wie sein Sohn, aber nicht einmal halb so charmant und freundlich.

Neben mir fuhr sich Zach durch die Haare.

„W-Was? Ich... wie um alles in der Welt kommen Sie überhaupt darauf, dass zwischen Zach und mir...?" Ich war zu schockiert von der Dreistigkeit dieses Mannes, um weiter zu sprechen.

Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und richtete sich die Krawatte. „Weil er keine Mädchen mit nach Hause bringt, deshalb."

„Dad!" Jetzt hatte Zach keine Lust mehr, zu verstecken, dass er sauer war.

Er bringt keine Mädchen mit nach Hause?

Entweder waren seine Mädchen alle schlau genug, sich nicht von seinem Dad erwischen zu lassen, oder Zach blieb lieber in den Häusern und Wohnungen besagter Mädchen.

Oder er ist nicht so eine Person...

Aber das war die unwahrscheinlichste Option.

-

Der Rest des Frühstücks ist nicht unbedingt besser verlaufen. Mr. Parsons hat bei jeder Gelegenheit indirekt betont, dass er erfolgreich war, ich es nie werden würde und in diesem Haus nicht viel zu suchen hatte. Dass ich mich von seinem Sohn fernhalten sollte, weil ich seiner nicht Wert war und bloß nicht auf den Gedanken kommen sollte, Zach das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Mr. Parsons damit sein Geld oder seinen Sohn schützen wollte, aber dass er etwas schützen wollte, weiß ich heute. Damals habe ich ihn für ein arrogantes Ekelpaket gehalten, das denkt, sich alles erlauben zu können, nur weil er ein paar Kröten mehr als normal Sterbliche besaß.

Erst Monate später hat Zach mir erklärt, dass er der einzige Sohn von Mr. Parsons war und je sein würde, weil sein Vater mit zwanzig Jahren an Hodenkrebs erkrankt und seitdem unfruchtbar war. Er hatte lediglich vor den Operationen seinen Samen einfrieren lassen, und so war Zach zehn Jahre später auf die Welt gekommen, nachdem Mr. Parsons Zachs Mutter kennengelernt hatte.

Zach hat immer behauptet, dass seine Mutter nur deshalb für Mr. Parsons ein Kind ausgetragen hat, weil er ihr leidgetan und sich so sehr ein Kind gewünscht hat. Unter anderem als Nachfolger seines Unternehmens. Zach war sich nicht sicher, ob seine Mom seinen Dad jemals wirklich geliebt hat und umgekehrt.

Und damit verknüpft hat Zach sich auch häufig die Frage gestellt, ob er wirklich geliebt wurde, aber auch das habe ich erst mit der Zeit verstanden.

Aber zurück zu dem grauenhaften Frühstück. Als ich es nicht mehr ausgehalten habe und kurz aufs Klo verschwunden bin, habe ich die beiden reden hören. Ja, ich habe die beiden aus der Küche bis in den ersten Stock gehört, obwohl sie sehr leise gesprochen haben. Das war der Moment, in dem ich gebetet habe, dass Mr. Parsons am Tag davor spät nach Hause gekommen ist und nicht mitbekommen hat, was im Oberstock vorgefallen ist.

„Was sollen die Leute denken, wenn du mit einer Kellnerin durch die Gegend läufst?", hat Mr. Parsons geknurrt. „Eine, die noch nicht einmal ein Ziel anstrebt. Keine vernünftige Ausbildung hat!"

„Was sollen sie denken?" Zach ist wütend gewesen. „Oh, seht nur, zwei Menschen, die einander mögen?"

Einander mögen. Damals hätte ich Zach dafür schlagen können, weil ich dachte, dass er mich nur für flüchtigen Sex benutzt hat und nun seinem Vater eins auswischen wollte. Dass er meinen „niedrigen" Status dafür benutzte, um seinen Dad wütend zu machen.

Mr. Parsons hat Zach versichert, dass ich ihm nur des Geldes wegen wollte und hat noch einmal deutlich gemacht, dass er mich hier nicht mehr sehen wollte, also habe ich mich nach draußen geschlichen, ohne mich zu verabschieden.

An diesem Tag habe ich beschlossen, dass ichnichts mehr mit Zachary Parsons zu tun haben will.

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