(Haikyuu!) Bokuto x Reader
Anime: Haikyuu!
Charakter: Kotaro Bokuto
Taggs: Vorweihnachtszeit, Wichteln, Liebesbrief, Unerreichbarkeit
Request von: KikiGirl3 (Hab leider die Sache mit der Schwerster vergessen, ich hoffe dir gefällt der OneShot trotzdem^^)
Wörter: 7.320
Geschrieben am: 20.12.2020
Veröffentlicht am: 24.12.2020
Zu Weihnachten wünsche ich mir...eine Eule
„Ich will auch!" grölte eine Klassenkameradin mit meiner Meinung nach viel zu viel Energie, während sie aus dem Fenster der Schule Fukurodani kletterte und ohne weiteres herunter sprang. Wie hypnotisiert waren ihr meine Augen voller Bewunderung gefolgt und dass, obwohl ich sonst nie wirklich begeistert von diesem Mädchen gewesen war.
Sie ist tatsächlich aus dem Fenster gesprungen, machte ich mir noch mal in Gedanken klar. Verrückt.
Ein leises Kichern durchbrach die Stille. Erst war es ganz leise, ein Windstoß hätte ihr Stimmchen wegwehen können, doch dann wurde ihr Gegacker immer lauter, so dass ich die Einbildung hatte, man könne sie hinter dem Fuji, dem riesigen Berg in der Nähe Tokios, ebenfalls hören.
Dieses Mädchen...ich mochte sie nicht. Aber ich fühlte mich schlecht Eifersucht zu spüren, in dem Moment, als ich aus dem Fenster herunter schaute und sie lachend in dem gigantischen Schneehaufen liegen sah. Eifersucht das sie mehr Mut hatte als ich.
Denn dort unten, direkt neben dem auffangendem, riesigen Schneehaufen, stand er. Bokuto Kotaro.
Der gleichaltrige Junge mit dem spitzen grau-weißen Haaren mit schwarzen Strähnen und den goldfarbenen Augen stand lachend daneben und freute sich so, als ob er gerade selbst aus dem ersten Stock der Schule in den Schnee gesprungen wäre.
Eigentlich ungefährlich, machte ich mir Mut, ich wusste ja, dass es stimmte. Die Situation war vergleichbar mit der an einem Springturm im Schwimmbad.
Und zwar wenn man unter den ersten Drei war und man wusste, dass es nur ein Sprung war und man davon nicht umkommen wird, zudem konnte man somit seinen Crush beeindrucken, doch die Angst war da. Und zwar gewaltig. Sie schien mein hilfloses Herz zerquetschen zu wollen.
Meine Beine zitterten wie Wackelpudding, Schweiß lief mir meine Schläfe herunter und kitzelte meine Haut. Heiß war mein Körper, man hätte mich als menschlichen Ofen benutzen können.
So eine Chance habe ich nie wieder. Wenn er mich dadurch nicht sieht, wann denn dann? Tief atmete ich aus. Eigentlich hatte ich mich schon längst entschlossen zu springen, aber mein Körper schien nicht mit der Entscheidung meines Kopfes einverstanden zu sein.
Das gerade eben gesprungene Mädchen namens Yumi befreite sich lachend aus dem Schnee und gab den Jungs, die neben dem Schneeberg standen ein high five, auch Bokuto, der als Kapitän des Volleyballklubs der Jungs bestimmt schon Profi darin war.
„Wer möchte als nächstes?" fragte eine andere Klassenkameradin wie eine Betreiberin eines Fahrgeschäftes und benahm sich auch so. Ihr Blick wurde von der kindlichen Freude befreit und in Überraschung getränkt, als der Nächste an der Reihe war.
„Du?" wollte sie sich versichern und sah mich komisch an. Ihre Stimme verriet mir ohne Umwege, dass sie mich nie im Leben erwartet hätte und sie Bedenken hatte, mich springen zu lassen.
Stumm nickte ich mit rasendem Herzen und übergab ihr meinen Schulranzen, dessen Griffe durch meine vor Angst schweißigen Hände ganz nass war, was auch das Mädchen mit Ekel feststellen musste.
Ohne mir noch eine Sekunde Bedenkzeit zu lassen, schmiss sie meine Sachen aus dem Fenster. „Du kannst jetzt springen." teilte sie mir mit, als mein Rucksack von der Landefläche weg genommen war.
Wie Espenlaub zitterte mein Körper, mein Herz schlug mir bis zum Hals, klopfte so laut, dass ich seinen Schlag laut in meinen Ohren dröhnen hören konnte. Mit dem Gefühl nicht genug Atemluft zu bekommen schaute ich herunter, die ca. drei Meter wirkten wie zehn und die Sache wirkte viel, viel gefährlicher, als sie überhaupt war.
Kurzzeitig wurde mir schwindelig, ich konnte nicht mehr von Schnee und Himmel unterscheiden. Dann allerdings fing ich mich, gab mir einen unüberlegten, sekundenschnellen Ruck und sprang.
Ich bereute es auf der Stelle. Denn anstatt cool und gelassen einen lässigen Abgang aus dem Schulfenster nach Schulende zu machen, stieß ich einen unbewussten Schrei aus, bevor ich in der Schneemasse untertauchte.
Der Schnee war nass und kälter als erwartet, dazu war neben dem Schrei und der Konsistenz des Schnees noch etwas anderes ungewollt und unerwartet. Etwas, worauf ich auch selbst gekommen wäre, hätte ich auch nur ein bisschen nachgedacht und nicht die ganze Zeit vor dem Sprung an Bokuto gedacht.
Eine Idiotin. Eine dumme, blöde, komplett uncoole Idiotin war ich. Warum hatte ich nicht daran gedacht? Es war doch klar gewesen, dass ich nicht so cool wie Yumi, die vor mir gesprungen war sein konnte.
Denn sie war einer der Mädchen, die sich an jeden Trend ran schmissen, egal ob enge Leggins im kältesten Winter oder die verrücktesten Make-ups. Was war gerade angesagt? Obstdiät? Hätte ich vielleicht auch mal ausprobieren sollen.
Im Gegensatz zu Yumi hatte ich nämlich nicht so einen federleichten, ultradünnen Körper, sondern war etwas pummeliger. Nicht so dass ich konkret sagen würde ich wäre fett, aber dünn war ich auf jeden Fall nicht.
Das war auch der Grund, warum ich tiefer als jeder Andere in den Schnee eingesunken war, fast so tief, dass der Schnee von oben mich begraben konnte, wenn jemand ihn auf mich schieben würde.
Lässig aufstehen wie die Anderen vor mir war also unmöglich. Schlecht. Bodenlos schlecht fühlte ich mich. Peinlichkeit packte mich wie eine schwarze Hand und drückte meinen hilflosen Körper, so dass mir übel wurde.
Wie bescheuert war ich eigentlich zu hoffen, ihn so beeindrucken zu können?
Statt beeindrucken würde ich die nächsten Wochen als Lachmaterial dienen oder zum schmunzeln anregen, dies wusste ich augenblicklich, wie sollte es dann anders sein.
Ich hasse es, dachte ich mir mit einer Portion Leere in meinem Herzen, zeitgleich blickte ich in den strahlend Blauen Himmel über mir, der auf mich wirkte, als wollte er mich mit seiner guten Laune auslachen.
„Hey, hey, hey, das war ja mal krass. Alles okay bei dir?" hörte ich eine aufgedrehte, freundlich klingende und vor allem mir sehr vertrauten Stimme sprechen. Ehe ich mich darauf reagieren konnte, schaute auch schon der einer Eule sehr ähnlich aussehende Junge in mein selbst gemachtes Loch aus Schnee.
Bokuto's nahe Anwesenheit verschlug mir augenblicklich den Atem, seine goldenen Augen funkelten wild und überhaupt nicht schadenfroh. Er ist so cool, dachte ich, als ich wortlos seine ausgestreckte Hand nahm.
Unglaublich, so würde ich die Gefühle beschreiben, die mich in dem Moment wie Geister heimsuchten, als ich seine Hand berührte.
Das angenehme Kribbeln, welches ich immer in seiner Nähe spürte, schien auszurasten. Mein Bauch fühlte sich an wie eine Höhle voller wild umher flatternder Schmetterlinge, die zu viel Coffein zu sich genommen hatten.
Warm und weich war seine Hand, überhaupt nicht so wie man es von einem Volleyballspieler der täglich Bälle mit irrer Kraft schlug erwarten würde. Naja, ein wenig rau war seine Hand schon, aber genau das ließ mir einen Schauer über den Rücken fahren.
Er half mir aus meinem Gefängnis aus Schnee und schaffte es mit großer Bemühung seinerseits mich wieder auf beide Beine zu bekommen. Vor Scharm und Liebe waren meine Wangen rosarot, sie glühten.
So cool, schoss es mir erneut durch die Gedanken, während ich den sportlichen Jugendlichen vor mir ansah, der sich gerade den lästigen Schnee von den Hosenbeinen seiner Schuluniform klopfte und selbst dabei unglaublich hübsch war.
Für einige Sekunden war ich verträumt, gefangen in meinen Wünschen mit genau diesem Jungen zusammen zu sein, als ich sie spürte.
Die Blicke. Neben mir vom festen Boden aus, oben vom Fenster, aus dem Klassenzimmer, von den Gruppen meiner Klassenkameraden beim Schneeberg, von überall kamen diese Blicke. Sie waren unangenehm, kalt und stachen mich überall.
Ohne einen weiteren Augenblick mich diesen Blicken auszusetzen zu wollen, rannte ich zu meinem Rucksack der neben dem Berg im Schnee lag, schnappte ihn mir beim vorbei rennen und verschwand. Dabei ließ ich Bokuto, der gerade eben noch vor mir gestanden war, ohne ein Wort zurück.
Der nächste Tag war der Albtraum im realen Leben, einfach nur zum heulen. Egal wer sprach, ich hörte immer das Thema Schneeberg und hatte Paranoia, dass es über mich ging, dass sie lästerten.
Völlig niedergeschlagen saß ich an meinem Platz im Klassenzimmer und versuchte so gut es ging dem Unterricht zu folgen, was sich schwerer als sonst herausstellte, da meine Gedanken immer wieder zu Bokuto's Hilfe schwappten und sich dort festsetzten.
Manchmal, wenn der Moment günstig war, starrte ich den Volleyballspieler an, was von der hinteren Reihe unbemerkt und überhaupt kein Problem darstellte, mein einziges Hindernis waren meine Schuldgefühle ihn so zu beobachten.
Meine Gedanken konzentrierten sich erst wieder wie gewollt auf den Unterricht, als unsere Klassenlehrerin in der Mitte der Klasse mit einer Kiste in den Händen stand und uns mit ihren Zahnpasterlächeln anstrahlte.
Sofort fragte ich mich, was ich verpasst hatte und spitze meine Ohren um so schnell wie Möglich mitzubekommen, was sie gerade gesagt hatte. Allerdings wiederholte sie nicht ihr Gesagtes, sondern schien auf die Reaktion der Klasse zu warten.
Egal was sie gesagt hatte, er gab definitiv eine gewaltige Meinungsverschiedenheit. Von der einen Richtung kamen Freudenschreie und Laute der Zustimmung, während gleichzeitig einige murrten und gelangweilt aufstöhnten.
Die Lehrerin schien nur die positiven Rufe wahrzunehmen, denn sie lächelte weiter und flötete schließlich in die Klasse hinein: „Gut, dann Wichteln wir."
Wichteln? Darum ging es? Ich stützte meinen Kopf auf meine Handfläche und überlegte fieberhaft, wie ich dies fand. Das Weihnachstwichteln war für mich immer ein Höhepunkt der Vorweihnachtszeit gewesen, besonders in der Grund- und Mittelschule hatte mir das immer viel Spaß gemacht, ich habe regelrecht darauf gegeiert.
Doch nun in der Oberschule hatten sich einige Sachen geändert. Zum Beispiel meine Beliebtheit. Früher war er egal wer sich geschminkt hat oder wie die Körperstruktur des anderen war, man war einfach ein Kind, zu jung um sich auf solche erwachsenen Sachen zu konzentrieren und zu faul, um sich damit auseinander zu setzten.
Jetzt allerdings spielte das Aussehen allerdings eine größere Rolle als eh und je. Nun hatte ich es mit meinen paar Kilo über der Traumfigur nicht mehr so leicht wie in der Mittelschule, in der das Aussehen zwar schon eine Rolle gespielt hatte, aber der Charakter immer noch an erster Stelle stand.
Also, warum sollte ich mich auf das Wichteln freuen?
Die Hälfte der Klasse hatte kaum mit mir zu tun, geschweige denn kannte sie meine Interessen. Außerdem war die Gefahr, dass mich ein Junge zog, welcher nur Quatsch im Schädel hatte und mir irgendwelche Diät-Produkte schenkte, sehr hoch.
Doch was wenn...ich Bokuto ziehe? Es stockte mir augenblicklich der Atem, ich verlor mich in einer Traumwelt, in der ich mir den Kopf über diese Frage zerbrach.
Allein der Gedanke daran ließ mein Herz höher schlagen vor Angst und Freude gleichzeitig. Angst weil ich viel falsch machen konnte, Freude, weil es eine Chance war.
Wie würde ich es finden, wenn es tatsächlich so wäre?, fragte ich mich selbst und blickte dabei den Rücken des Kapitän des Volleyballklubs unsicher an.
Er war gerade damit beschäftigt seinen Namen auf einen Zettel zu schreiben, welchen er kurz zuvor ohne mit der Wimper zu zucken aus seinem Matheheft gerissen hatte.
Ich schnappte mir ebenfalls einen Stift und schrieb meinen Namen auf einen Zettel, ordentlich, um nicht auch noch so abgestempelt zu werden.
Wenn ich ihn wirklich ziehe...was soll ich ihm dann schenken? So weit kommt es eh nicht, kein Grund sich Gedanken darüber zu machen, mäßigte ich mich. Und dann kam mir ein Gedanke. Wenn ich ihn ziehen würde...könnte ich ihn dann nicht ein Liebesgeständnis ins Geschenk packen?
Es wäre für mich besser als es ihm persönlich zu geben, was ich so oder so nie tun würde und einfacher, als es ihm in die Schultasche zu schmuggeln, wenn er mal unaufmerksam war.
Ich fasste mir ein Herz, Schluss mit der Hasenherzigkeit. Wenn ich ihn ziehen würde, würde ich ihm ein Liebesgeständnis machen, dies entschloss ich für mich bitterernst. Dies brannte ich mir wie ein Brandeisen in meinen Kopf, wenn ich es mir so nicht traue, dann werde ich immer den Schwanz einziehen. Es würde eh nicht passieren.
Nun stand die Lehrerin direkt vor mir, mein Herz trommelte gegen meine Rippen als ob es kein Morgen gäbe und es mich umbringen wollte. Mit zittrigen Fingern griff ich unsicher in die Metalldose und holte einen Zettel heraus.
Es war komisch. Zur gleichen Zeit wollte ich Bokuto ziehen, damit ich ihm eine Freude bereiten konnte und ich mein Liebesgeständnis nicht ewig vor mir her schieben konnte, aber gleichzeitig wollte ich es nicht, zu viel könnte ich falsch machen, ein Liebesgeständnis konnte man auch zurückweisen.
Um mich zu beruhigen atmete ich tief ein und wieder aus, bevor ich versuchte den kleinen Zettel aufzumachen. Mühsam faltete ich ihn auseinander, egal wer der Besitzer diese Stückes war, er hatte beim Zusammenfalten etwas übertreiben.
Und da stand er.
Sein Name.
In krakeliger Schrift stand in schwarzer Farbe Bokuto auf diesen kleinen, verfluchten Zettel. Ich hätte schreien können. Vor Freunde und Angst.
Ungläubig starrte ich dieses Stück Papier zwischen meinen zitternden Fingern an, als ob ich mich verlesen hätte. Hatte ich jedoch nicht. Denn egal wie oft ich blinzelte oder weg schaute, der Name bleib wie ein Brandzeichen auf diesem Zettel.
Verdammt, dachte ich mir nur, während ich meinen Kopf auf den harten Schultisch legte und mir wünschte, diesen Schwur niemals geleistet zu haben. Ich hatte mich selbst in Unglück gestürzt.
Bokuto spielt Volleyball. Aber kann ich ihn einfach einen Volleyball schenken? Bestimmt hat er schon viele. Oder ich schenkte ihn noch etwa kleines dazu. Obwohl, wie teuer ist so ein Ball?
1200,00 yen (ca.10 Euro), soviel hatte ich zu Verfügung, um ihn ein perfektes Geschenk zu machen. Nach kurzer Zeit fand ich den Volleyball als Idee schon banal und weiteres viel mir nicht ein.
Ein dickes Seufzten entkam meinen Lippen. Warum ausgerechnet er?
Unschlüssig wälzte ich mich in meinem Bett, hoffte irgendeinen Geistesblitz zu bekommen, der blieb jedoch zu meinem Pech aus. Unfähig noch länger mitten am Tag im Bett zu legen stand ich gequält auf und schaute mich in meinem Zimmer um, vielleicht kam ich dann ja auf eine Idee, was ich ihm schenken konnte.
Nachdem einige Zeit vergangen war und ich immer noch nichts gefunden hatte, tapste ich lustlos die Treppe zum Wohnzimmer herunter und schaute mich dort um. Meine Eltern waren außer Haus, keine Ratschläge ihrerseits also.
Volleyball...was hat mit Volleyball zu tun und würde ihm gefallen?, fragte ich mich mindestens das tausendste Mal, ohne auch nur eine geringe Antwort auf die lästige Frage zu bekommen.
„Vielleicht sollte ich erst mal mit dem Brief anfangen..." flüsterte ich mäuschenstill und blickte zur Kommode, wo neben dem Telefon immer ein Block darauf wartete, benutzt zu werden, daneben süße Kugelschreiber mit kleinen Tieren darauf, eine Danksagung einer Tierschutzorganisation.
Ich entschied mich für den mit den fauchenden Löwen, nahm den schweren Block in die Hand und setzte mich auf das Fernsehsofa, ideenlos und irgendwie verloren.
Fast schon böse starrte ich das weiße Blatt Papier an, aus irgendeinem Grund hatte ich die Hoffnung, es würde sich von selbst ein Liebesbrief schreiben. Dummer Gedanke.
Der kühle, meiner Meinung nach viel zu leichter Kugelschreiber ruhte wie festgefroren in meiner Hand, genau so unfähig wie sein Besitzer.
Ganz ruhig, du schaffst das schon. Es ist nur das Skript, du kannst so viele Fehler machen wie du willst. Schreib erst mal den Namen, beruhigte ich mich verzweifelt.
Obwohl der Name wohl unübersehbar das Einfachste an der Sache war, scheiterte ich schon an dieser kleinen Aufgabe hoffnungslos.
Lieber Bokuto? Oder doch lieber nur Bokuto? Sehr geehrter? Hallo? Oder vielleicht ein lockeres Hey? Soll ich doch lieber Kotaro schreiben?
Heiß lief mein Kopf, alle Sicherungen schienen durchzubrennen, bis ich mich schreiend in das nächst beste Kissen schmiss, verzweifelt von der Aufgabe, die wie ein Berg vor mir aufgebaut war.
Aggressiv schlugen meine Beine gegen das Sofa und drückte mein Gesicht weiter in das Kissen. Warum ist das so schwer!? Verdammt!
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, drehte ich meinen Kopf und starrte den Block an. Das wird ein Kampf. Ein Kampf den ich gewinnen musste. Kein Weg führte dran vorbei.
Freude aber auch Fassungslosigkeit durchzogen mich wie Wellen, während ich das beschmierte Blatt Papier mit dem ungefährem Inhalt des Liebesbriefes in meinen verkrampfen Händen hielt und auf dem Boden meines Zimmers hockte, wie ich es sonst nur tat, wenn mir kotzübel war.
Ein wenig war mir sogar vor Aufregung übel, die unzähligen Herzen die ich auf dem Blatt in meiner verträumten Welt verteilt hatte und mir im Nachhinein unglaublich peinlich waren, machten die Sache nicht gerade besser.
Kitschige Weihnachtsmusik wurde von meinem Handy abgespielt, das zehnte Mal lief „silent night" und ich konnte nun behaupten, dass es mir zu den Ohren heraus hing, aber ich konzentrierte mich nicht darauf.
Es war der einundzwanzigste Dezember, drei Tage vor Weihnachten, der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien. Nervös überprüfte ich die verschiedensten Sachen, welche auf meinem überfüllten Schreibtisch herumlagen. Sie waren wichtig, denn sie zusammen bildeten das hoffentlich perfekte Wichtelgeschenk für Bokuto.
Noch nie hatte ich mir so viele Gedanken bei einem Wichtelgeschenk gemacht, wahrscheinlich hatte das niemand, wer bleib denn schon Nächte mit geschwollenen Augen auf, um dann am Morgen ohne Idee verschlafen in den Spiegel zu schauen und sich selbst zu erschrecken, weil man wie eine Drogensüchtige aussah.
Als Erstes nahm ich die knisternde Tüte Federn, welche in naturfarben gehalten waren und wie die von Eulen aussahen und schüttete sie als Füllmaterial in den kleinen Karton. Später würde ich das langweilige braun mit schönem Geschenkpapier überkleben, aber zuerst musste ich damit leben.
Nachdem die Federn ordentlich verteilt waren nahm ich den nachfüllbaren Kaffeebecher mit Volleybällen verziert in die Hand und legte ihn hinein. Zwar war ich am Anfang dagegen ihm einen Becher zu schenken, da ich mir nicht sicher war, ob er etwas damit anfangen konnte, aber es stellte sich als schönes, überlegtes und großes Geschenk heraus, weshalb ich mich schließlich doch dafür entschieden hatte.
Vorsichtig nahm ich den Schlüsselanhänger von meinem Schreibtisch und legte ihn in die Federpracht, wo die kleine niedliche Eule wie auserwählt hinein passte.
Zuletzt legte ich noch eine große XL Packung Pockys mit Oreogeschmack hinein und betrachtete mein überraschend gut gewordenes Werk. Mit Stolz in der Brust lehnte ich mich zurück.
Geschafft, dachte ich mir schlapp und klappte den Karton zu, um ihn mit Mühe zu verpacken. Gerade wollte ich nach der Schere am anderem Ende meines Schreibtisches greifen, dabei fiel mein Blick unverhofft auf den vereinsamten Briefumschlag.
Weiß wie der Schnee draußen strahlte er Ruhe aus, doch der Schein täuschte, denn im Inneren befand sich definitiv nichts Ruhiges, sondern das unter Nervenzusammenbrücken verfasste schriftliche Liebesgeständnis, welches mich in den Wahnsinn getrieben hatte.
Es würde es nicht in das Paket schaffen. Zu schwach war ich. Scharm breitete sich in mir aus, sowie ein Gefühl, welches Leere und Unzufriedenheit vermittelte, schwer wie ein Stein lag es auf meiner Seele.
Nein, ich habe mich entschieden, es...ist besser so, hinderte ich mich selbst davor den Brief doch noch einzupacken.
Was hatte ich mir eigentlich gedacht? Weinerlich legte ich meine Stirn auf meinen Schreibtisch und schloss meine schmerzenden Augen, zu lange hatte ich an dem Liebesgeständnis bei grellem Licht gesessen. Schade dass er es nie lesen würde.
Es wäre wie in einem Märchen. Bokuto, der Kapitän der Volleyballmannschaft, dünn und sportlich, mit kindischen Stimmungsschwankungen und wundervollem Lächeln und ich, dicklich und allergisch gegen Sport, mit mangelndem Selbstbewusstsein und dem unrealistischen Traum, ein Prinz würde ein mal an meiner Seite sein.
Wenn wir ein Paar werden würden...dass wäre verrückt, hauchte ich in Gedanken.
Schmerzhaft bis ich mir plötzlich in die Zunge, stand ruckartig auf, griff nach dem Brief der auf meinem Englischbuch lag und schmiss ihn mit zugekniffenen Augen in das Paket.
In Windeseile schloss ich es, wickelte das Geschenkpapier mit lustigen Schneemännern drumherum und klatschte eine rote Schleife darauf, nur um es dann in die hintere Ecke meines Schrankes zu stellen, damit ich es nicht ansehen musste.
Rasend und rasselnd ging mein Atem. Erschöpft und seelisch fertig ließ ich mich auf mein Bett fallen. Den Erdbeeren auf meinem geliebten Schlafanzug gleichend wurden meine Wangen rot, weil mir vorstellte, wie Bokuto meinen Brief lesen würde.
Zuerst stellte ich mir vor, wie er in seinem, von mir komplett ausgedachtem Zimmer, den Brief öffnete und ihn mit glänzenden Augen und roten Wangen lass und sich dabei herzerwärmend freute. Wunschvorstellung. Danach kam die wahrscheinliche Realität.
„Was soll dass den? Wie komisch." sagte der imaginäre Bokuto mit einem verächtlichem Grinsen und schmiss den Brief in den Müll.
Augenblicklich riss ich die Augen auf und rannte zum Schrank.
Mit Wucht schmiss ich ihn auf und wollte das Geschenk wieder aufreißen, um den Brief herauszufischen, blöderweise entschied ich mich kurzzeitig um. Verzweifelt ließ ich mich wie eine Dramaqueen auf meinem Fußboden nieder.
Und ich werfe Bokuto Stimmungsschwankungen vor, dabei habe ich doch selbst die schlimmsten, dachte ich mir wimmernd und wand mich wie ein Fisch im Trockenem auf meinem Zimmerboden herum.
Bin aber auch selbst schuld, stelle mir so einen Mist vor. Bokuto würde das nie tun. Aber trotzdem...halte es in meinen Gedanken...es kann alles passieren.
Schweiß lief mir unaufhörlich den Rücken herunter, einzelne Perlen rannten spürbar an meiner Haut entlang, bis sie dann in dem wärmenden, dicken Stoff der Winterschuluniform der Fukurodani aufgefangen wurden und dort verschwanden.
Meine Finger zitterten als hätte ich Parkinson, der Inhalt von Bokuto's Geschenk, welches ich in meinen Händen hielt, wurde wie in einer Achterbahn durchgeschüttelt.
Mit stetigen Schlucken versuchte ich verzweifelt meine trockene Kehle zu befeuchten, während ich das Geschenk auf den Tisch mit den anderen abstellte und schnell zu meinem rettendem Platz flüchtete.
Dort angekommen schaute ich nervös die Tischkante an, einige haben schon angefangen nach vorne zu gehen, um ihr Geschenk zu holen und brachten ihren Freunden gleich ihre mit. Ruhig ließ ich es angehen, sich jetzt in diese Flut zu stürzen, würde eh länger dauern als wenn ich wartete.
Als tat ich dies auch, bis fast jeder sein Geschenk hatte, bevor ich meins auf dem Tisch suchte. Es war eingepackt wie ein Bonbon, hoffentlich keine Anspielung auf mein Körpergewicht und mit süßen Schleifchen an beiden Seiten in Form gebracht.
Überrascht von dem Gewicht des Geschenkes machte ich mich auf meinem Weg zum Platz, dabei erhaschte ich einen gewagten Blick zu Bokuto's Tisch, um den sich drei Jungs versammelt hatten, ihre Geschenke vor sich und jeweils auf ihren Stuhl sitzend.
Bokuto war gerade dabei das Geschenkpapier aufzureißen und tat dies mit sichtlicher Freude, als sich sein bester Freund Akaashi, ein ruhiger Typ mit schwarzen Haaren und meist ausdruckslosem Gesichtsausdruck ihm eine Schere gab.
Augen rollend nahm er die Schere und befreite das Geschenk vom Papier. Neugierig machte er den Karton auf und freute sich, zu meiner Verwunderung allerdings erst mal über die Eulenfedern.
„Akaashi, schau mal!" forderte er seinen Teamkameraden auf. Dieser schaute Bokuto eher gelangweilt statt belustigt an, als eben Genannter sich die Federn in sie spitzen Haare steckte.
Ich hingegen bekam einen beinahe Herzinfarkt, so unglaublich niedlich war diese Erscheinung von ihm. Viel mehr als gedacht freute ich mich, die Federn als Füllmaterial benutzt zu haben, der Anblick war alle Mühen wert gewesen.
Leise und unscheinbar setzte ich mich, dabei behielt ich meinen Blick auf Bokuto allerdings bei.
Immer noch mit den Federn im Haar holte der Volleyballspieler den Eulenschlüsselanhänger heraus und hielt ihn begeistert dem Schwarzhaarigen vor das Gesicht.
„Niedlich, aber ist das nicht eher ein Geschenk für Mädchen?" äußerte einer der anderen Jungs die um Bokuto's Tisch saßen, ebenfalls vom Volleyballclub.
Seine Bemerkung traf mich wie Pfeile ins Herz, schmerzhaft verkrampfte sich alles in mir. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich hatte angenommen, dass ihm der Anhänger wegen der Eule gefallen würde.
Umso glücklicher war ich, als ich ihn reden hörte: „Findest du? Also mir gefällt er!" und er den Schlüsselanhänger tatsächlich an seiner Schultasche befestigte. Den Schlüsselanhänger, den ich ihm ausgesucht hatte.
Ein weiteres Mitglied schnappte sich den Kaffeebecher mit den Volleybällen drauf und drehte ihm in Licht. „Fairtrade" meinte dieser nur überrascht und zeigte das bekannte Zeichen der Anderen.
„Umweltbewusst." fügte Akaashi knapp hinzu, während Bokuto sich den Becker zurück schnappte. „Finde ich cool, die Person muss gewusst haben, was ich gerne mag." sprach er und schaute dabei seine Kumpels mit einem wissendem Gesichtsausdruck an, dabei grinste er wie üblich, was mein Herz höher schlagen ließ.
Seine Freunde schüttelten nur abweisend mit dem Kopf und lachten: „Also ich habe dir das nicht geschenkt." versicherte der Eine und hob seine Hände. „Ich auch nicht." „Ebenfalls nicht ich."
„Wie? Echt? Verarscht ihr mich auch nicht?" hinterfragte Bokuto verunsichert und schaute dabei hilfesuchend seinen besten Freund an. „Wer auch immer dir das geschenkt hat, er scheint ziemlich über dich Bescheid zu wissen."
Warme Gefühle durchströmten mich, es freute mich ungemein, dass meine Geschenke genau das Richtige zu sein schienen. Flüssig und angenehm wie Honig fühlte ich mich plötzlich, meine Hände krallten sich in meinen Rock und hielten sich dort Halt suchend fest. Doch so schnell diese Glücksgefühle mich wegen einem Satz durch strömten, so schnell konnten sie durch einen Satz ausgelöscht werden.
„Hey, da ist noch ein Brief drin!" machte der eine Volleyballspieler seine Freunde auf den fast ganz von Federn versteckten weißen Umschlag im Federberg aufmerksam. Erstaunt nahm Bokuto ihn aus dem Füllmaterial und drehte ihm um, wahrscheinlich um den Namen des Absenders zu lesen.
„Für Bokuto" laß er vor. „Mach schon auf, ich will wissen was drin steht!" drängelte ein Junge aufgeregt und zerstörte so mit einem gnadenlosen Schlag mein ganzes Leben.
Sie würden es lesen. Alle. Meine geheimsten Gefühle standen in all ihrer Wirkung auf diesem Stück Papier und gleich würden sie alles davon wissen.
Vielleicht, nein, sicher würden durch das Volleyballteam alle Schüler erfahren, dass die zurückhaltende, dickliche Mitschülerin sich in das Volleyballass der Schule verliebt hatte. Und sich verdammt noch mal Hoffnung gemacht hatte.
Mein Leben war zerstört, fast im selbem Moment dachte ich über einen Schulwechsel nach.
„Nichts da, was wenn der privat ist!?" Bokuto hielt den Brief schützend von seinen Teamkameraden weg und öffnete ihn. „Ja, ja, schon gut, setzt dich wieder normal hin, wir spicken auch nicht." befahl Akaashi wie man es sonst einer Mutter zugetraut hätte, unglaublicher weise hörte der Kindskopf namens Bokuto auf ihn.
Nachdem er sich ordentlich hingesetzt hatte, nahm er den Brief aus dem Umschlag und faltete ihn aufgeregt auf.
Als er anfing zu lesen brach für mich die Welt zusammen. Warum habe ich das getan?!, schrie ich mich selbst heißer an, meine Hände krallten sich nun schmerzhaft in meine Beine. Ich blöde Kuh, warum, warum, warum?!
Verzweifelt bemerkte ich nicht, wie meine beste Freundin sich nach hinten zu mir drehte. „Schau mal was ich bekommen habe." riss sie mich freudestrahlend aus meinem dunklem Loch und knallte eine Kosmetiktasche mit mindestens acht Nagellacken auf meinen Tisch.
„Du hast ja noch gar nicht aufgemacht." erkannte sie verdutzt und schaute das bunte, unangerührte Geschenkbonbon vor mir an. „Ach so? Mach ich jetzt." meinte ich nervös lachend und nahm das Geschenk zu mir, um es dann ordentlich mit einer Schere von dem Papier zu befreien.
Dabei stellte ich mich absichtlich so dämlich an, dass meine beste Freundin die Mission ordentliches Geschenkauspacken für mich übernahm. Gewollt. So konnte ich zu Bokuto schauen, ohne dass es von ihr bemerkt wurde. Meine Gefühle für ihm waren noch nicht mal ihr bekannt.
Als ich zu dem Volleyballkäpten schaute, wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, so unverständlich war sein Gesichtsausdruck. Aus seinem aufgeregtem Grinsen war ein unbeabsichtigter geöffneter Mund geworden, seine Wangen waren rot und er seine Augen schimmerten.
Ihn anzuschauen gab mit keinen festen Eindruck über seine Gefühle. Im Gegenteil. Sein Ausdruck verwirrte und verunsicherte mich noch mehr als eh schon.
Plötzlich hatte Bokuto den Brief zu Ende gelesen, sein Kopf schoss nach oben, er schaute mich aus heiterem Himmel direkt an. Völlig überrumpelt und von jeglichen Gedanken abgeschnitten erschrak ich mich wie von einer Biene gestochen und drehte ich mich nach vorne.
Ich hatte Angst. Angst wie ich sie nie zuvor gespürt hatte. Als würde ich ertrinken verlor ich mich in kalten Gedanken, die einem gigantischem Ozean glichen. Bis zum Grund würde ich versinken.
Heulen hätte ich können, die Angst und Nervosität trieben mir Tränen in die Augen, der Gedanke daran, dass er meinen Blick aufgefangen hatte, brach mich wie bröseligen Zwieback in zwei, er machte mich fertig.
„Uhw, schau mal." hörte ich meine Freundin gedämpft von meiner nachtschwarzen Welt sprechen. Mein fast schon leerer Blick schaute auf und traf das ausgepackte Geschenk. Weiß wie Schnee und niedlich wie Bokuto lag es da.
Ein kleines, flauschiges Kaninchenkuscheltier mit riesigen Schlappohren. Genau das, was ich im Moment gebraucht hatte. Knapp davor zu weinen nahm ich das Kuscheltier und drückte es an mich.
So flauschig, dachte ich mir, gleichzeitig versteckte ich mein Gesicht in seinem weichem Fell. „Aww, wie süß." quiekte meine beste Freundin und streichelte das Fell das Kaninchens, damit sie sich selbst ein Bild von der Flauschigkeit machen konnte.
Verstecken wollte ich mich. Verstecken und nie wieder hervorkommen. Die gesamte Zeit über hatte ich das Gefühl von ihm angeschaut zu werden, mich versichern konnte ich mich nicht, ich traute mich den ganzen Schultag nicht mehr zu ihm zu schauen, zu unangenehm und zu risikoreich.
Endlich kam das erlösende Klingeln der Schulglocke, der letzte Schultag vor den Winterferien war vorbei, die Ferien standen zusammen mit Weihnachten vor der Tür. Schneller als ich es sonst tat packte ich rekordverdächtig meine Sachen zusammen, stopfte sie gefühllos in meinen Rucksack und verabschiedete mich liebevoll von meiner besten Freundin und meinen anderen Freundinnen, bevor ich dann praktisch aus der Schule jagte.
Abermals verfluchte ich mich selbst, dass ich so naiv gewesen war und ihm einen Brief geschrieben hatte, ich sollte doch am ehesten wissen, dass mein Leben kein Shojo-Manga war. Es würde nicht so einfach laufen, es würde keine Romanze geben in der ein sportlicher Junge ein dickliches Mädchen ein ja zu einer Liebesbeziehung gibt. Nicht in meinem Leben. Nicht so. Nicht mit diesem Jungen.
Schwer atmend blieb ich an meiner Bushaltestelle einige Blocks von der Schule entfernt stehen, lehnte mich erst mal Atem ringend gegen den Stützpfahl des Bushäuschens und fühlte mich wie ein Strandball, welchen man die Luft rausließ.
Fünf Minuten, so lange würde es noch dauern bis der Bus zum rettendem Nachhause fuhr. Sonst nahm ich einen Bus später, der in fünfzehn Minuten fahren würde, doch an den vielen anderen Tagen hatte ich Bokuto schließlich kein Liebesgeständnis gemacht und mich stattdessen zeitlos mit meinen Freundinnen unterhalten.
Nun wollte ich so schnell wie möglich weg und wenn ich dann zu Hause war, einfach den Fernseher anschalten und einen Film schauen. Vielleicht über Liebeskummer, irgendwie war ich gerade in der Stimmung für einen Tränendrüsen-aufreisenden-ich-verkrieche-mich-danach-drei-Stunden-weinend-in-meinem-Zimmer Film.
Drei Minuten.
Die Bushaltestelle war leer, verständlich, schließlich nahmen sich die anderen Schüler wesentlich mehr Zeit für die Verabschiedung und blieben auch freiwillig noch länger in der Schule, um zu ratschen.
Als Entschuldigung werde ich meine Mädels wohl zum Eisessen einladen müssen. Obwohl, in dieser Jahreszeit besser zu gebrannten Mandeln, kam mir in den Sinn, Schuldgefühle lasteten schwer auf mir.
Zwei Minuten.
„Hey, Hey! Da bist du ja!" hörte ich plötzlich eine Stimme schreien. Überrascht und unwissend drehte ich mich zu der Richtung, woher die Stimme kam und wünschte mir augenblicklich, doch länger in der Schule geblieben zu sein.
Kotaro Bokuto. Eingepackt in einen dunkelblauen Schal, passend zur grauen Jacke und der schwarzen Hose.
„W-was machst du hier?" fragte ich und versuchte gefasst und cool zu wirken, was mir teilweise gelang. Dabei wusste ich genau, was er hier machte. Denn er hatte ihn gelesen. Meinen Liebesbrief, denn ich nie schreiben hätte dürfen.
Und tatsächlich war es dieses Stück Papier, welches er in der Hand hatte. Obwohl er genau wie ich bis hier her gerannt war, atmete er noch nicht mal halb so stark wie ich, noch nicht mal Schweiß zierte seine Stirn, so wie es bei mir der Fall war. Man erkannte, auch wenn ich diese Statur nicht hätte, wer Sport machte und wer nicht.
In diesem Moment bog der Bus um die verschneite Ecke und blieb vor der halbwegs geräumten Bushaltestelle stehen, wie jeden Tag auch. „Ich muss los." brachte ich als einziges mit wild schlagendem Herzen heraus und stieg in den Bus ein.
Augenblicklich begrüßte mich ein Schwall warmer Luft, die Kälte wurde von meinen Knochen genommen, doch eine gewisse Kälte bleib. Der Gedanke, ihn einfach so stehen zu lassen.
„Eine Karte bitte, eine Person." Erschrocken drehte ich mich um und sah Bokuto, der gerade bei dem Busfahrer ein Ticket bezahlen wollte. „Wohin junger Mann?" fragte dieser höflich und machte schon mal das Ticketfach auf.
„Häh...wohin fährst du?" wollte er an mich gerichtet wissen, seine goldenen Augen schauten mich unsicher an. „Äh...Ich...also...bis zur Shinami-Block... ." bevor ich weiter reden konnte, nickte Bokuto dem Busfahrer zu, der das Ticket löste.
„Warte..." versuchte ich ihn überrumpelt aufzuhalten, doch Bokuto hatte schon seine Geldbörse gezückt und bezahlte. Mit gültigem Ticket in der freien Hand grinste er mich nun an.
Während es in mir drunter und drüber ging. Wenn er mir hinterher rennt und sich auch noch ein Ticket löst, ist dass nicht ein gutes Zeichen?, machte ich mir Hoffnung, schluckte diese allerdings schnell wieder runter, umso enttäuschter wäre ich, wenn er mir jetzt nur einen angenehmen Korb geben wollte.
Da der Busfahrer weiter wollte, war ich mehr oder weniger gezwungen mir einen Platz zu suchen. Außer Bokuto und mir war noch eine älter Frau ganz vorne im Bus, um diese nicht zu stören setzte ich mich in die drittletzte Reihe und rutschte bis zum Fenster durch, aus dem man die eingeschneite Landschaft betrachten konnte.
Ich tat so als würde ich sie gerade bestaunen, aber in Wirklichkeit nahm ich sie als Vorwand nicht Bokuto anschauen zu müssen, der sich einfach neben mich gesetzt hatte.
„Ganz schön mutig mir einen Liebesbrief zu schreiben." fing er nach einiger Zeit Stille an zu sagen, dabei blickte er mich goldig an. „Danke.", erwiderte ich leise, unsicher ob dies nun positiv oder negativ war, meinen Blick aus dem Fenster löste ich nur kurz, ihn jetzt anzuschauen würde ich nicht überleben.
Doch Bokuto ließ sich davon nicht aufhalten, er versuchte das Gespräch aufrecht zu erhalten und es nicht an die Stille zu verlieren, so wie es zu passieren schien. „In deinem Brief stand dass du nicht vor kurzen ein Auge auf mich geworfen hast. Wie lange bist du schon in mich verliebt?" fragte er mich aufdringlich, was er selbst gar nicht bemerkt hatte.
Er versucht mit mir zu reden...das ist positiv, oder? „Ähm...naja...seit Anfang der zweiten Klasse der Oberschule. Ich weiß nicht mehr wie oder wann es passiert ist. Eines Morgens war es einfach da." erzählte ich mit hochroten Wangen, komplett wir im Kopf. Was ist das für ein Gespräch?
Bokuto machte mich Wahnsinnig. Seine Nähe ließ mich meinen Verstand verlieren, ich fühlte mich eingeschlossen aber gleich zeitig so frei.
Erneute Stille. Keiner von uns schien zu wissen was man als nächstes sagen konnte, da ich gerade gesprochen hatte lag die Last des als nächstes Sprechenden auf Bokuto, der dies allerdings nicht wahrhaben wollte und schwieg.
Die Stille schmerzte in meinen Ohren, ich hatte das Gefühl, er könne meinen starken Herzschlag durch meine Brust hören. Angespannt biss ich mir auf die Lippe, kniff ein wenig die Augen zusammen. Wer auch immer mir diesen Mut geschenkt hatte, wollte dieses Gespräch fortführen.
„Jetzt sag schon was! Ich hatte den Mut dir meine Gefühle zu gesehen, also bitte mach deinen Mund auf." fuhr ich ihn mutig an, verlor mich dann allerdings sofort wieder in meiner selbst verhassten Schüchternheit.
Verdutzt starrte mich Bokuto ein wenig dümmlich an, aber genau das ließ ihn so liebenswürdig aussehen. „Ähm...na klar, sorry." meinte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, seinen Blick stur auf den Sitz vor sich gerichtet.
„Also wie sage ich das jetzt am besten?..." nuschelt er, allerdings so deutlich, dass ich ihn ohne Probleme verstand. Eine Abfuhr. Genau das würde jetzt kommen. Schon in Stein gemeißelt, war diese Zukunft, jetzt, wo er schon so anfing.
Ich ließ mich mit diesem Gedanken mitreißen, wie in den leckenden Fluten eines wilden Flusses, augenblicklich war meine Stimmung an einem Tiefpunkt angekommen, denn ich noch nicht ein mal von mir selbst erwartet hatte.
Die plötzliche Leere versenkte mein Herz, obwohl Bokuto die darauffolgenden Worte noch gar nicht ausgesprochen hatte.
„...Naja, ich...bin auch schon lange in dich verliebt, weißt du." murmelte er und starrte dabei auf den Boden zwischen seinen Stiefeln, an denen der schmelzende Schnee wie Eis im Sommer auf den Busboden tropfte.
Geschockt fiel mir der Mund auf, während ich meinen festgefrorenen Blich nach draußen löste und den hochroten, nervös schauenden und leicht zitterten Jungen neben mir ansah. „Wie?" hauchte ich.
„Im zweiten Jahr hatten wir so ein Theaterstück, erinnerst du dich? Damals haben wir so ein Märchen nachgespielt. Ich hatte die Rolle eines Ritters, du warst eine Hofdame an der Seite der Prinzessin. Die meisten Jungs damals haben gesagt, dass Shiro als Prinzessin unglaublich schön ist, doch ich hatte nur Augen für dich. Manche haben gesagt, dass dir das Kleid nicht steht, doch ich fand dich einfach bezaubernd, ich war wie hypnotisiert. In diesem Stück warst du für mich eigentlich die wahr Prinzessin. Und da ist es halt passiert."
Er lachte. Aus Nervosität oder aus dem Grund, dass er sein damaliges Empfinden witzig fand, wusste ich nicht. Vielleicht ein bisschen was vom beiden.
Ich erinnert mich. Diese Stück war ein schönes gewesen, aber das Kleid hatte mich in meinen Augen dicker als sonst wirken lassen, kein tolles Gefühl.
„Sag mal, warum hast du mich hübsch gefunden? Ich meine, mit meiner Struktur...." weiter redete ich nicht, meine Worte blieben mir in der Kehle stecken, sie waren eh unsicher und mehr murmelnd als sprechend. Knapp dabei zu heulen war ich.
„Was meinst du?" fragte mich Bokuto unerwartet.
„Du weißt schon...mein Körper eben."
Statt einem wissendem Blick erntete ich einen verwirrten, ich-habe-keine-Ahnung-wovon-du-redest-Bokuto Blick, der sich allerdings lichtete.
„Das meinst du? Dein Ernst? Die paar Kilo? Dabei finde ich doch gerade gut, dass du nicht so ein Skelett wie manch anderen Mädchen bist. Ich meine, wenn ich sie umarmen würde, hätte ich Angst sie aus Versehen zu zerbrechen und man spürt die Knochen so deutlich." Bokuto verzog sein Gesicht.
„Nichts gegen Dünne oder so, aber ich stehe da nicht wirklich drauf. Die Mädchen stehen immer weniger zu sich selbst und was sie essen. Die meisten Jungs finden es eh am besten, wenn Mädchen etwas mehr auf den Rippen haben, sonst hat man ja überhaupt nichts zum anfassen....nicht pervers gemeint." entschuldigte er sich sofort mit schuldigen Blick.
„Du bist anders.... Ich stehe auf dich, so wie du bist." Seine Wangen wurden immer röter, ebenso meine.
Wir redeten uns aus. Wir sagten das was wir dachten. Und genau das machte diesen Moment so einzigartig.
Genau so einzigartig wie meine Reaktion. Wie ein kleines Schulmädchen ließ ich meine Haare vor mein Gesicht fallen, in der Hoffnung, mich so verstecken zu können. Es wurde mir einfach alles zu viel. Sein Geständnis war atemberaubend.
Plötzlich spürte ich seine dünne Hand auf meiner, sein Daumen strich scheu über meine Haut, er war nervös.
„'Tschuldigung wenn ich dir gerade unangenehm bin." meinte er und wurde noch röter. Ich wartet auf mehr, doch er verschluckte seien Wörter. „A...alles gut." erwiderte ich und genoss heimlich das Gefühl seiner Hand.
„Darf ich dich küssen?" Küssen?! Mein Kopf schien zu explodieren, seine Worte trafen mich wie große Kissen, schwer aber weich. Es kam so plötzlich, einfach aus dem nichts.
„Wir sind in der Öffentlichkeit." flüsterte ich voller Scham, ich konnte es nicht glauben, dass er mich dies gefragt hatte. „Und wenn es unauffällig ist?"
Seine Hand legte sich auf meine Wange, sanft schob er meine Haare aus meinem Gesicht. Es ging mir zu schnell, doch ich hatte Angst es zu zeigen. Schnell nicht im den Sinn weil das Geständnis gerade mal wenige Sekunden her war, sondern zu schnell, weil ich mich kein bisschen auf einen Kuss vorbereiten hatte.
Wenn ich dies vorher gewusst hätte, hätte ich mich im Internet oder bei Filmen schlau gemacht, aber so lag ich wie ein Lamm auf der Schlachtbank.
„Du zitterst. Möchtest du es nicht?" fragte mich Bokuto fürsorglich, wobei er seinen Kopf schief hielt, was den Bildern von Eulen verdammt ähnlich sah. „Doch...schon...aber ich habe keine Ahnung, wie so etwas geht." gestand ich peinlich berührt. Was für eine komische Situation.
„Mach dir keine Gedanken, ich habe es auch noch nie gemacht."
Bokuto's Lippen verschmolzen sich mit meinen, das Gefühl überrumpelte mich total. Wie eine elektrische Ladung jagten kribblige Wellen durch meinen Körper, vorbei an meinem unmenschlich stark klopfendem Herzen, dessen Schläge ich in meinem gesamten Körper wahrnahm.
Obwohl wir beide in dem Thema noch Anfänger waren, stellten wir uns ganz und gar nicht schlecht an. Nach einer Sekunde, in der alles in meinem Körper sich aufgehängt hatte, schien es in meinem Kopf klick zu machen, irgendwie wusste ich wie es ging. Hatte ich zu viele Shojo-Manga gelesen?
Seine weichen, feuchten und kalten Lippen schmeckten nach Zimt und anderen Weihnachtgewürzen, welche wahrscheinlich von den Plätzchen kamen, die uns die Lehrerin zum Abschluss gegeben hatte.
Wir lösten uns erhitzt. Gänzlich überfordert und peinlich berührt saß ich im Sitz und schaute wieder aus dem Fenster, unfähig etwas anderes zu tun, auch wenn mit dies selbst missfiel. Noch überforderter war ich allerdings, als ich den Kopf der Eule auf meiner Schulter spürte.
Unsicher schaute ich ihn an, seine Lippen waren zu einem lieblichen, zufriedenen Lächeln verzogen, seine Augen geschlossen. „Ich freue mich so." antwortete er, obwohl ich gar nichts gesagt hatte.
Nun machte er seine Augen auf und schaute mich schelmisch an. Vorsichtig ergriff er meine Hand und drückte sie sanft, er rutschte näher zu mir, so dass sich unsere Beine berührten und versenkte seine Nase in meinen Haaren.
Angenehm warm war sein Körper, so dass ich nicht widerstehen konnte, es zu genießen. Gleichzeitig waren diese wohligen Schauer in meinem Körper, welche mir immer wieder klar machten, dass es mein Crush war, der sich da gerade an mich lehnte. Dieses Gefühl von seinem Körper, unbeschreiblich angenehm.
„Sind wir jetzt...zusammen?" fragte ich den verträumten Volleyballspieler, der sich wie eingeschlafen an mich anlehnte. Woher auch immer ich den Mut fand, Respekt an mich selbst.
„Wenn du mich als festen Freund haben willst." erwiderte dieser hochrot, dabei versteckte er sein Gesicht noch mehr.
„Ich liebe dich." fügte er hinzu, diesmal allerdings klang er selbstsicher und wie man es von ihm erwarten würde, mein Herz hielt das nicht aus.
„I...ich dich auch. Ich liebe dich auch. Und es würde mich sehr freuen, wenn du mein fester Freund werden würdest." brachte ich gerade so noch heraus, mir drohte die Gefahr in Ohnmacht zu fallen.
Meine Hände hatten sich regelrecht in meinem Rock festgekrallt, so verzweifelt war ich. Doch dies musste ich nicht. Denn Bokuto gab mir einen warmen Kuss auf meine Wange und versicherte mir so, dass er es genau so sehr wollte wie ich.
„Du bist knall rot." bemerkte Bokuto besorgt, der nicht einschätzen konnte, ob es an ihm oder an der Kälte draußen lag. „Ist doch normal..." murmelte ich schüchtern. „Wenn man von seinem Crush geküsst wird, ist das eben so."
„Bin ich auch so rot?"
Tatsächlich war er das. Und wie. Seine Augen waren leicht glasig, sein Gold wirkte wie flüssiger Honig, er schwitzte leicht und sah im Großen und Ganzen nervös, aber auch aufgedreht wie eh und je aus. Rosarot, über die Nasenspitze reichend war seine Errötung, heftiger als ich es zuvor bei jedem anderen Menschen gesehen hatte.
Wie war das alles hier zustande gekommen? Vor einer Stunde war ich noch komplett verzweifelt, klammerte mich nicht wirklich an die Hoffnung, mit ihm zusammen sein zu können. Und nun? Nun war alles so schnell passiert.
Erst war er mir hinterher gelaufen, nun erwiderte er mein Liebesgeständnis, ohne meine Figur nicht zu mögen.
Wenn dieses Hindernis fällt...dann habe ich Chancen. Chancen auf eine Beziehung mit ihm. Daran hatte ich nie gedacht. Dass er einmal mein Gewicht als etwas positives betrachten würde, es gab mir auch so unendlich viele Möglichkeiten für die Zukunft.
Während ich dies dachte, machte Bokuto unbemerkt eine kleine Siegespose mit seinen Händen, welche er zu Fäusten formte, unermessliche Freude war ihm ins Gesicht geschrieben. Denn er war glücklich, seinen Crush, bei dem er dachte, sich ihr nie nähern zu können, so plötzlich doch erreichen konnte, die für ihn bedeutungslose Sache mit dem Gewicht hatte er schon längst wieder vergessen.
A/N: Ich hoffe der OneShot war nicht zu komisch^^' Ich wünsche euch frohe Weihnachten^^
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