48. Erwachen
48. Erwachen
Sanft strich Sophia ihrem Patenkind über die nasse Stirn. Die Gegengifte wirkten endlich, es wusste nur keiner welche Folgeschäden es haben würde. Aber fürs erste reichte das Wissen, dass Emily lebte.
„Ich sage den anderen Bescheid“, sagte Madam Pomfrey mit einem erschöpften Lächeln. Es war inzwischen schon weit nach Mitternacht. „Sie warten sicherlich schon ungeduldig auf eine Nachricht.“
„Entschuldigt mich.“ Snape wandte sich zum Gehen. „Professor Dumbledore erwartet mich.“
„Severus“, rief Sophia ihm noch nach. „Danke für deine Hilfe.“
Statt einer Antwort neigte Snape nur den Kopf und eilte dann aus dem Krankenflügel.
Madam Pomfrey kehrte ein paar Augenblicke später mit einem sehr erschöpften Harry wieder. Sirius in seiner Animagusform begleitete ihn.
Harry ließ sich auf einen Stuhl neben Emilys Bett fallen und griff nach ihrer Hand, die immer noch eiskalt war. „Wie geht es ihr?“, fragte er leise.
„Sie schläft erst mal, aber sie wird es schon schaffen“, beruhigte Sophia ihn. Harry nach seinen Erlebnissen zu fragen, sparte sie sich, der Junge hatte genug durch gemacht. „Du solltest auch schlafen.“
Harry murmelte nur etwas Unverständliches ohne den Blick von Emily zu nehmen. Er fragte sich ob Crouch jr. erst durch den Artikel von Rita Skeeter erfahren hatte wer Emily wirklich war oder ob Voldemort es ihm gesagt hatte. Sie würden es nie erfahren, denn in den frühen Morgenstunden wurde Crouch jr. auf Anweisung von Fudge von einem Dementor geküsst.
Die Tür des Krankenflügels öffnete sich erneut und Dumbledore trat ein. „Entschuldigt mich, aber ich muss noch einmal mit Harry sprechen. Sirius, möchtest du mitkommen?“
Sirius wackelte zustimmend mit seinem Kopf und sprang auf.
Madam Pomfrey kam herbei geeilt und wollte Dumbledore daran hindern Harry mitzunehmen. „Der Junge braucht Ruhe.“
„Poppy, es ist wichtig“, antwortete Dumbledore. „Er wird bald seine Ruhe haben.“
Harry war zu müde um zu protestieren und stolperte Dumbledore mehr oder weniger hinterher.
„Wenn ich glaubte, ich könnte dir helfen“, sagte Dumbledore sanft als sie in seinem Büro ankamen, „indem ich dich in einen Zauberschlaf versetze und es dir erlaube, den Zeitpunkt zu verschieben, an dem du daran denken musst, was heute Abend geschehen ist – dann würde ich es tun. Aber ich weiß, es hilft nicht. Den Schmerz für eine Weile zu betäuben heißt nur, dass er noch schlimmer ist, wenn du ihn schließlich doch spürst. Du hast mehr Tapferkeit bewiesen, als ich je von dir hätte erwarten können. Ich bitte dich, deinen Mut noch einmal zu beweisen. Ich bitte dich, uns zu schildern, was geschehen ist.“
Und so begann Harry zu erzählen was ihm widerfahren war.
Ein paar Stunden später durfte Harry in den Krankenflügel zurückkehren, wo die anderen immer noch wach waren und auf ihn warteten. Es gab immer noch keine Neuigkeiten von Emily und Madam Pomfrey zwang ihn, sobald sie ihn gesehen hatte, sich ins Bett zu legen und einen Schlaftrank zu trinken. Im Bett neben ihm lag Sophia, die inzwischen auch tief am schlafen war.
Tiefe Dankbarkeit für Emilys Patin wellte in ihm auf, ohne ihre Hilfe wäre das Ganze vielleicht auch ganz anders ausgegangen. Außerdem fand er es sehr nett von ihr, dass sie extra zum Turnier gekommen war.
Doch die Gedanken schwanden schnell als der Trank wirkte.
***
Sophia wachte nach ein paar unruhigen Stunden Schlaf wieder auf. Ihr Körper war immer noch erschöpft, aber schlafen konnte sie jetzt auch nicht mehr. Vorsichtig schlich sie zu Emilys Bett hinüber und checkte die Vitalzeichen. Bis jetzt war alles in Ordnung und Emily schlief nur tief und fest.
Sirius verließ seinen Platz neben Harrys Bett und trottete in die kleine Kammer, wo Madam Pomfrey die Tränke aufbewahrte. Sophia folgte ihm erstaunt und traf ihn in seiner menschlichen Form an.
Hastig erzählte Sirius ihr was mit Harry in der Nacht geschehen war, im Gegenzug berichtete Sophia von Emily.
„Also ist Du-Weißt-Schon-Wer wirklich zurück“, seufzte Sophia und rieb sich die Schläfen.
Sirius nickte stumm.
„Ich dachte wir haben das endlich hinter uns.“ Sophia blickte zu Sirius. „Als ob die Jahre nicht genug gewesen wäre.“
Sirius raufte sich die Haare. „Alle haben gedacht, dass es endgültig vorbei sei.“
„Es fühlt sich so an als ob sie alle umsonst gestorben wären.“ In ihren braunen Augen stand die Verzweiflung. „Sie starben im Kampf gegen Du-Weißt-Schon-Wem und nun ist er wieder zurück. Ihr Tod hat überhaupt nichts gebracht.“ Am liebsten hätte sie jetzt auf etwas eingeschlagen. „Wir haben so verdammt viel verloren und für was?“
„Ich weiß, mir geht es auch nicht besser“, erwiderte Sirius. „Hat jemand Remus Bescheid gesagt?“
Sophia schüttelte den Kopf. „Nein, daran hat keiner gedacht. Meinst du Dumbledore wird die alten Kämpfer wieder zu sich rufen?“
„Er hat keine andere Wahl. Wenn es so wird wie beim letzten Mal, werden wir die einzigen sein“, sagte Sirius bitter. „Fudge wird alle Gerüchte über eine Rückkehr dementieren bis es zu spät ist.“
„Ich werde wieder dabei sein.“
Sirius nickte. „Ich auch.“
Von draußen ertönten laute Stimmen, die sich zu streiten schienen. Sophia öffnete die Tür einen Spalt um zu lauschen und erkannte die Stimmen von Fudge und Dumbledore.
„Was habe ich gesagt?“, flüsterte Sirius bevor er sich wieder in seine Animagusform verwandelte. Gemeinsam traten die beiden nach draußen.
„Sie sind mit Blindheit geschlagen“, wetterte Dumbledore gerade. „Geblendet von Ehrgeiz.“
„Wahnsinnig“, flüsterte Fudge. „Verrückt…“ Er wich von Dumbledore zurück.
Stille trat ein, während rundherum alle gespannt zusahen. Harry war inzwischen auch geworden.
„Wenn Ihr Wille, die Augen zu verschließen, Sie so weit bringt, Cornelius“, sagte Dumbledore, „dann trennen sich nun unsere Wege. Sie müssen tun, was Sie für richtig halten. Und ich- ich werde tun, was ich für richtig halte.“
„Er kann nicht zurück sein.“ In Fudges Stimme lag etwas Flehendes. „Das ist unmöglich.“
Wie sehr sich alle Anwesenden wünschten, dass Fudge einmal Recht behalten würde und Voldemort nicht zurück war, doch waren sie alle sehenden Auges und leugneten nicht die Wahrheit.
Statt Dumbledore antwortete Snape und zeigte Fudge seinen linken Unterarm, auf dem das dunkle Mal eingebrannt war. „Hier, das Dunkle Mal. Sie können es nicht so gut sehen, wie noch vor einer Stunde, aber Sie sehen es. Was meinen Sie warum Karkaroff vor ein paar Stunden geflohen ist? Er fürchtet die Rache des Dunklen Lords.“
Fudge wich noch weiter zurück und starrte angewidert auf Snapes Mal. „Ich weiß nicht worauf Sie und Ihre Lehrer es angelegt haben, Dumbledore, aber ich habe genug gehört. Ich muss zurück ins Ministerium.“ Er warf Harry noch seinen Gewinn zu und verschwand dann so schnell es ging.
„Es gibt einiges zu tun.“ Dumbledore verschwendete keine Sekunde. „Molly, ich glaube wohl zu Recht, dass ich auf Sie und Arthur zählen kann.“
„Natürlich können Sie das.“ Mrs Weasley wirkte entschlossen.
„Dann muss ich Arthur eine Botschaft schicken“, antwortete Dumbledore. „Alle, die wir von der Wahrheit überzeugen können, müssen sofort benachrichtigt werden.“
„Ich gehe zu Dad“, bot Bill an. „Sofort.“
„Bestens.“ Dumbledore wandte sich an McGonagall. „Ich möchte, dass Hagrid so schnell wie möglich in meinem Büro erscheint. Und auch – wenn Sie einverstanden ist- Madame Maxime.“ Er schickte auch Madam Pomfrey fort, damit sie sich um Winky kümmern konnte.
Dann bat er Sirius sich in seine menschliche Gestalt zu verwandeln. Mrs Weasley kreischte erschrocken auf, doch sie ließ sich leicht wieder beruhigen. Snape hingegen betrachtete Sirius mit äußerster Abscheu und beide waren nur mit guten Zureden durch Dumbledore dazu bewegen so etwas wie einen Waffenstillstand zu schließen. Allerdings änderte das nichts an dem Hass zwischen den beiden Männern. Sophia fühlte sich für einen Moment in die Schulzeit versetzt, der Hass hatte in nichts nachgelassen.
„Ich habe Aufträge für euch drei“, sagte Dumbledore zu Snape, Sirius und Sophia. „Severus, du weißt, was ich von dir verlangen muss. Wenn du willens bist … wenn du bereit bist.“
„Das bin ich“, erwiderte Severus, bleicher als sonst.
„Viel Glück“, wünschte ihm Dumbledore, dann verließ Snape den Krankenflügel.
Sophia hatte eine dunkle Ahnung was Snapes Auftrag war und widerwillig empfand sie so etwas wie Hochachtung für den Slytherin.
„Sirius, ich muss dich bitten, sofort abzureisen. Du musst die alten Kämpfer alarmieren, Remus Lupin, Arabella Figg und Mundungus Fletcher. Tauch eine Weile unter, ich werde Verbindung mit dir aufnehmen.“
„Aber“, wandte Harry ein.
„Wir werden uns bald wiedersehen“, sagte Sirius. „Das versprech ich dir. Aber ich muss tun was in meinen Kräften steht, das verstehst du doch?“
„Ja, natürlich.“ Harry sah dennoch nicht wirklich überzeugt aus.
Sirius verwandelte sich wieder in Tatze und war schnell verschwunden.
„Nun zu dir, Sophia“, sagte Dumbledore. „Als erstes bitte ich dich hinunter zum Schiff von Durmstrang zu gehen, dort solltest du eine Yuna Tarjonen finden, ich würde gerne mit ihr sprechen.“
„Die Tochter von Anna Tarjonen?“
Dumbledore nickte. „Danach bitte ich dich den Bergströms Bescheid zu sagen, ich denke dieses Mal werden sie uns offener unterstützen. Würdest du Kontakt zu deinen Kollegen aufnehmen? Vielleicht wird der ein oder andere uns unterstützen.“
„Natürlich. Ich weiß auch schon ein paar, ich muss sie nur irgendwo auf der Welt wiederfinden“, lächelte Sophia.
„Meine Eltern sind bestimmt dabei“, meldete sich Inga zu Wort, das erste Mal seit langem. „Und Lasse bestimmt auch. Wofür immer sie die brauchen, aber wenn es gegen Sie-Wissen-Schon-Wem ist, dann auf jeden Fall. Und Yuna auch.“
„Bestens“, erwiderte Dumbledore. „Doch ich muss euch jetzt verlassen und mit den Diggorys reden. Harry – nimm den Rest des Schlaftranks. Wir treffen uns alle später.“
Gemeinsam mit Sophia verließ er den Krankenflügel. Sophia machte sich auf direkten Wege zum Schiff. Sie versuchte nicht zu viel über alles nachzudenken, dennoch trug sie die dumpfe Gewissheit, dass der Krieg erneut ausbrechen würde, in sich. Sie hoffte nur, dass sich die Geschichte nicht wiederholen würde.
***
Harry und Leo wechselten sich in ihrer stillen Wache an Emilys Bett ab. Auch Inga verbrachte viel Zeit bei Emily. Sie hatten Harry erzählt was an dem Abend passiert war, auch wenn sie sich immer noch keinen Reim auf Emilys vermeintliche Panikattacke machen konnten, die sie auch schon hatte bevor ihr das Gift verabreicht worden war. Harry verstand es allerdings, das Band zwischen ihnen hatte dafür gesorgt, dass Emily sah und spürte was er gefühlt hatte. Zusammen mit der Präsenz von Voldemort und dem Gift hatte das ganze wohl zu einer Überreaktion geführt.
Inga und Leo kämpften beide mit ihren Schuldgefühlen, weil sie diejenigen gewesen waren, die Emily das Gift verabreicht hatten.
Doch Harry versuchte ihnen einzureden, dass sie keine Schuld trugen. Es war schließlich Barty Crouch jr., der Emily vergiften wollte. Und woher hätten die beiden auch wissen sollen, dass es Gift war? Harry war sich sicher, dass Emily genauso denken würde.
Aber auch er kämpfte mit seinen ganz eigenen Schuldgefühlen. Wenn er nur nicht Cedric dazu überredet hätte den Pokal auch zu nehmen. Und genauso wie Hermine, Ron und so viele andere ihm sagten, dass er keine Schuld hatte, so glaubte er ihnen nicht wirklich, so glaubten ihm auch Inga und Leo nicht.
Das Ende des Schuljahres näherte sich und Emily war immer noch nicht aufgewacht. Ein Spezialist von St. Mungos hatte Emily untersucht und ihnen nur gesagt, dass Emily irgendwann aufwachen würde, ihr Körper würde sich von den Nachwirkungen des Giftes erholen. Sie müssten einfach nur Geduld haben. Aber das ließ sich immer so leicht sagen, wenn man selbst nicht betroffen war.
***
Es fühlte sich an als ob sie aus den Tiefen eines Ozeans auftauchen würde. Es wurde immer heller um sie herum und irgendwie fühlte sich alles leichter an. Sie nahm einen tiefen Atemzug als sie die Oberfläche durchbrach und blinzelte als helles Licht auf ihre Augen traf.
Stimmen flatterten aufgeregt um sie herum, doch sie verstand nichts. Es war alles ein Rauschen, aber sie wusste es war ein gutes Zeichen. Sie hatte so lange keine Stimmen mehr gehört, dort wo sie gewesen war, war alles leise gewesen.
Verschwommene Formen tanzten vor ihren Augen. Schwarze und grüne Flecken, dann etwas Helles. Wieder die Stimmen, sie wollte ihnen antworten, doch ihre Stimme versagte. Die Flecken verschwanden und jemand beugte sich über sie, kühle Hände auf ihrem Körper.
Endlich wurden die Formen klarer und sie erkannte die Krankenschwester. „Emily? Kannst du mich verstehen?“
Vorsichtig nickte Emily und sah wie ein Lächeln auf dem freundlichen Gesicht erschien. „Lass mich dich eben kurz untersuchen, ja?“
Nur langsam kam die Erinnerung wieder. Da war das Trimagische Turnier und Harry war in Gefahr. „Harry“, sagte sie, doch aus ihrem Mund kamen nur unverständliche Geräusche.
„Alles ist gut“, erwiderte Madam Pomfrey, die sie trotzdem zu verstehen schien. „Harry ist hier.“
Emily drehte den Kopf zur Seite und sah ihren Bruder zusammen mit Leo neben ihrem Bett stehen, beiden schenkte sie ein schwaches Lächeln.
Danach verlangte ihr geschwächter Körper nach Ruhe und sie schlief wieder ein. Als sie das nächste Mal aufwachte, glänzte hinter den hohen Fenstern der dunkle Himmel und die Krankenstation lag im silbernen Schein des Mondes, der sich in den Metallbetten spiegelte.
Emily hatte nicht erwartet, dass jemand hier sein würde, doch erstaunt sah wie Dumbledore neben ihrem Bett saß und in einem dicken Buch mit violettem Einband las, die typische Halbmondbrille tief auf seiner krummen Nasenspitze.
Dumbledore lächelte, als er bemerkte, dass Emily wach war und reichte ihr ein Glas Wasser, welches sie nur allzu dankbar annahm.
„Guten Morgen“, sagte Dumbledore leise und von irgendwo her aus dem Krankenflügel hörte Emily eine Uhr zwei Uhr schlagen. „Wie geht es dir? Soll ich Madam Pomfrey rufen?“
Emily schüttelte den Kopf. Es tat zwar alles noch ein bisschen weh, vor allem das Atem, aber sie wollte kein Schmerzmittel. Zumindest nicht sofort, denn sie machten Emily so benommen und das wollte sie vermeiden.
„Welchen Tag haben wir?“, fragte Emily.
„Übermorgen ist der letzte Tag vor den Ferien“, erwiderte Dumbledore. Das bedeutete, dass Emily einige Tage verpasst hatte.
„Was ist passiert?“, verlangte sie zu wissen. „Ich erinnere mich nur daran wie ich auf der Tribüne saß mit den anderen.“ Sie rieb sich die Schläfen. „Und dass ich komische Bilder gesehen habe von Harry. Von Voldemort.“ Langsam kehrte ihre Erinnerung zurück, nur verschwommen, aber immerhin.
„Kannst du mir erzählen, was du alles gesehen hast?“, bat Dumbledore. Das Buch hatte er längst beiseite gelegt und sah nun Emily eindringlich an.
Kurz schloss Emily die Augen um sich zu erinnern, dann nickte sie und begann mit leiser und immer kratziger und rauer Stimme zu erzählen. Anfangs kamen die Worte nur stockend aus ihrem Mund, doch dann schienen sie nur so über ihre Lippen zu fallen. Dumbledore sagte die ganze Zeit kein einziges Wort, sondern hörte nur aufmerksam zu, seine dunkelblauen Augen auf sie gerichtet. Je weiter sie in ihrer Erzählung kam, desto steiler wurde die Falte zwischen den Brauen und desto mehr verlor sich das Funkeln in den Augen.
Als Emily geendet hatte, blickte sie abwartend zu ihm herüber, doch Dumbledore schien immer noch tief in Gedanken zu sein und sagte kein Wort. Statt Dumbledore zu drängen, griff Emily nach dem Glas und nahm einen tiefen Schluck. Sprechen war so anstrengend, wenn man es so lange nicht mehr getan hatte. Ihr entwich ein Gähnen, das sie auch nicht unterdrücken konnte.
Erst ihr Gähnen schien den Schulleiter aus den Tiefen seiner Gedanken zu holen, denn er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Emily. „Wir sollten morgen weiter reden“, sagte Dumbledore. „Du brauchst deine Ruhe nötiger als das Gefasel eines alten Mannes.“
Emily wollte widersprechen, sie wollte unbedingt wissen was das Ganze alles auf sich hatte, wollte endlich Harry sehen, doch sie musste wieder gähnen und sie merkte wie ihr die Augen langsam zufielen.
„Schlaf Emily“, hörte sie Dumbledore noch sagen. „Du hast noch so viel Zeit.“
***
Emily hatte keine Ahnung wie lange sie geschlafen hatte, als sie das nächste Mal aufwachte. Doch dieses Mal schien die Sonne hell durch die Fenster und der Krankenflügel hatte sich gefüllt. Ganz am anderen Ende war ein Bett belegt und Madam Pomfrey kümmerte sich um den Patienten. Das gab Emily die Zeit ganz wach zu werden, sie fühlte sich zwar immer noch erschöpft, aber längst nicht so sehr wie in der Nacht oder als sie das erste Mal aufgewacht war.
Vorsichtig richtete sie sich auf und die Bewegung alarmierte Madam Pomfrey, die eilig herbei kam und Emily sofort untersuchte und mit Heiltränken vollstopfte.
Dann verlangte Emily zu wissen, warum sie überhaupt im Krankenflügel war. Ihre Erinnerung war zu verschwommen und auch Dumbledore hatte ihr nichts gesagt. Erst von der Krankenschwester erfuhr Emily, dass man sie vergiftet hatte, doch die Details kannte auch Madam Pomfrey nicht.
Sie ließ Emily mit tausenden Fragen zurück. Wer hatte sie vergiftet und warum? Nun, das Warum war noch einfach zu beantworten. Sie war schließlich Harry Potters Schwester und von daher gab es genug Leute, die sie gerne tot sehen würden, vor allem wenn Voldemort tatsächlich zurück war. Wobei sie da einfach nur hoffte, dass dies Halluzinationen gewesen waren.
Doch niemand war da um Emilys Fragen zu beantworten, wahrscheinlich hatten sie alle gerade zu tun und Madam Pomfrey hatte sicherlich Harry, Leo und Inga aus dem Krankenflügel geschmissen, damit Emily ihre Ruhe hatte.
Dumbledore hatte sein Buch auf Emilys Nachttisch vergessen und da sie gerade so wieso nichts Besseres zu tun hatte, griff sie danach. Der violette Einband fühlte sich samtig unter ihren Fingern an und die goldenen Lettern waren schon verblichen und abgegriffen. Nexum inter geminos war der Titel und Emily, die kein Latein konnte, erkannte nur das Wort geminos, Zwillinge.
Neugierig schlug sie das Buch auf, die pergamentenen Seiten schon ganz dünn und ausgeblichen. Als Autor stand dort ein gewisser Myrddin Emrys angeben, dessen Namen Emily aber noch nie gehört hatte.
Vorsichtig blätterte sie ein paar Seiten weiter, darauf bedacht ja nicht das feine Pergament zu zerreißen. Die Seiten waren mit einer dünnen, spinnenhaften, krakeligen Schrift bedeckt, es schien alles handgeschrieben zu sein. Trotz des lateinischen Titels war der Text in Runen verfasst, viele von ihnen waren Emily gänzlich unbekannt, auch wenn sie seit beinahe zwei Jahren Alte Runen hatte.
Sie erkannte die Runen für Zwillinge, Seele, Verbindung und Herz. Aufs Geratewohl schlug sie eine Seite in der Mitte auf und fuhr mit einem Finger über die Tintenlinien. Die Runen für sehen, Herz und Zwillinge fanden sich hier genauso.
Dumbledore musste wegen der Seelenverwandtschaft zwischen Emily und Harry in der Bibliothek recherchiert haben. Obwohl Emily vermutete, dass das Buch viel zu wertvoll war um in der Bibliothek zu stehen.
Neugierig geworden vertiefte sie sich in das Buch, obwohl ihr nur die wenigsten Runen bekannt vorkamen, dennoch wollte sie so viel wie möglich herausfinden.
So hörte sie auch nicht die Schritte, die sich ihrem Bett näherten. Erst ein gutmütiges Lachen und „Die Neugier. Sie treibt uns alle immer wieder“ ließ sie aufhorchen.
Dumbledore stand wieder an ihrem Bett und sah auf sie hinab.
Verlegen klappte Emily das Buch wieder zu. „Entschuldigung, ich hätte Ihr Buch nicht nehmen sollen.“
„Es ist meine Schuld“, erwiderte Dumbledore. „Ich hätte das Buch nicht herum liegen lassen sollen. Eine interessante Lektüre, nicht wahr?“
„Ich verstehe nicht viel davon“, gab Emily zu. „Ich kenne die meisten Runen gar nicht. Aber es geht um Zwillinge und die Verbindung zwischen ihnen, oder?“
Dumbledore nickte. „Sehr wohl. Darüber möchte ich mit dir reden. Hast du die Kraft dazu?“
„Natürlich.“ Emily wollte endlich die Antworten. „Aber was ist mit Harry?“
„Ich hole ihn.“ Dumbledore lächelte breit als Emilys Augen aufleuchteten.
Einen Augenblick später stand Harry schon neben ihr und nahm sie vorsichtig in den Arm. „Ich hab dich vermisst“, murmelte Emily.
„Ich dich auch“, kam es leise von Harry.
Nach ein paar geflüsterten Worten und Versicherungen, dass es beiden gut ging, setze sich Harry zu Emily auf das Bett und Emily sagte zu Dumbledore: „Ich will alles wissen.“
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Ich hoffe, die meisten von euch sind nach diesem Kapitel wieder etwas beruhigter :) Für den lateinischen Titel übernehme ich auch keine Gewähr, kann nämlich kein Latein :D
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