12. Antworten

12. Antworten

„Sie!“, kreischte Emily. Sie rappelte sich wieder auf. Auf dem Boden kam sie sich so klein und verletzlich vor, auch wenn sie stehend immer noch kleiner war als Black. „Sie sind an allem Schuld!“

„Emily“, sagte Sirius. In seiner Stimme lag etwas, dass Emily nicht ganz beschreiben konnte. Eine Mischung aus Glück, Trauer und Staunen. „Ich bin unschuldig.“

„Sie haben meine Eltern verraten!“ Sie spürte wie die Wut in ihr hochstieg. „Ich habe alles verloren wegen Ihnen.“

Black zuckte zusammen, als ob ihn etwas getroffen hätte. „Emily! Hör mir doch zu, ich bin unschuldig.“

„Sparen Sie sich ihre Lügen.“ Emily sprang vorwärts und rammte Black. Die beiden fielen krachend zu Boden und Emily kämpfte sich nach oben. Sie presste ihre Hände auf seine eingefallene Brust und hielt am Boden fest. Merkwürdigerweise kämpfte Black nicht gegen ihren Griff an, sondern blieb ruhig liegen.

„Du hast ja keine Ahnung was in dieser Nacht alles verloren wurde“, wisperte Black so leise und so voller Trauer. „Emily Sophia Potter, du musst mir zuhören.“

Emily hatte noch nie jemanden gehört, dessen Stimme so voller Traurigkeit war. Blacks dunkle Augen schienen das gleiche zu sagen. Sie erinnerten sie an Remus Augen, in denen sie den gleichen Ausdruck gesehen hatte. Deshalb hielt sie auch inne. Und wie er ihren Namen aussprach. Es war nicht nur Trauer darin, sondern noch so viel mehr, dass Emily nicht benennen konnte. Er sprach von Schmerz, Liebe und Reue. So etwas konnte man nicht vorspielen, das konnte nur echt sein.

„Ich bin unschuldig“, wiederholte Black.

Es war die Wahrheit, erkannte Emily schlagartig. Sie hatte es schon immer gewusst wenn jemand log und sie wusste todsicher, dass Black gerade nicht log. Aber das machte doch alles keinen Sinn. Warum war Black dann in Askaban gewesen? Wer hatte dann ihre Eltern verraten?

„Du musst die ganze Geschichte hören um es zu verstehen“, unterbrach Black ihre Gedanken. „Lässt du mich sie erzählen?“ Er sah sie bittend an.

Emily rang mit sich. Das war Sirius Black, Massenmörder, Flüchtling aus Askaban und vermeintlicher Verräter ihrer Eltern. Sollte sie ihm wirklich vertrauen? Aber er sagte die Wahrheit. Sie beschloss ihm eine Chance zu geben und nickte. Vorsichtig stieg sie von ihm herunter und setzte sich auf den Waldboden.

Sirius setzte sich wieder auf und setzte sich ihr gegenüber. Krummbein kam herüber und machte es sich auf Emilys Beinen bequem. Ohne es wirklich zu merken, kraulte Emily ihn hinter den Ohren und der Kater schnurrte zufrieden.

„Ist das deine Katze?“, fragte Sirius plötzlich neugierig.

Emily schüttelte den Kopf. „Nein, er gehört meiner Freundin Hermine.“

„Er hat mir geholfen, weißt du“, erklärte Sirius. „Aber das ist gerade nicht so wichtig. Wo soll ich nur anfangen?“ Er raufte sich durch die verfilzten, schwarzen Haare die ihm bis auf den Rücken reichten und in sein eingefallenes Gesicht fielen.

„James und ich waren die besten Freunde seit der ersten Klasse, eigentlich seitdem wir uns zum ersten Mal im Zug gesehen hatten. Wir waren wie Brüder, auch dann als Remus und Peter dazu kamen.“ Seine dunklen Augen blitzten mit einem Mal gefährlich auf. „Wir waren unzertrennlich und hätten alles für den anderen getan. Die drei waren meine Familie. Es gibt einige Sachen die ich dir nicht erzählen kann weil es nicht meine Geschichte ist, aber du wirst es auch so verstehen.“

„James hat nach der Schule Lily geheiratet und nicht viel später wurdet ihr beide geboren. Es hätte alles so schön sein können, doch Voldemort wurde immer stärker und mächtiger und wir waren alle im Widerstand. Als ihr beide kaum ein Jahr alt ward, musstet ihr euch verstecken. Um alles so sicher wie möglich zu machen, haben wir auf euer Haus den Fideliuszauber gelegt. Er macht das Haus unaufspürbar und nur der Geheimniswahrer kann die Position verraten.“

Emily hörte gespannt zu. Jedes kleine bisschen an Information über ihre Eltern war ihr wichtig.

„Lily und James haben mich zum Geheimniswahrer bestimmt, schließlich war ich James bester Freund. Ich war die logische Wahl. Ich habe deine Eltern davon überzeugt später wieder zu tauschen. Sie sollten Peter nehmen, weil er eben nicht die logische Wahl war. Niemand würde vermuten, dass wir den kleinen, schwächlichen Peter nehmen würden.“ Seine Stimme war bitter.

„Doch Peter-" Sirius Stimme brach und er holte tief Luft bevor er weitersprechen konnte. „Er hat die Position weiter gegeben und Lily und James verraten.“

„Er war ein Freund von euch? Und er hat meine Eltern verraten?“, fragte Emily ungläubig. Obwohl ganz so viel Unglauben steckte nicht mehr darin. Sie hatte auch geglaubt, dass Sirius ihre Eltern verraten hatte. Aber wie konnte jemand seine besten Freunde so verraten?

 „Ja“, antwortete Sirius traurig. „Aber die Geschichte geht noch weiter. Ich wusste, dass Peter Lily und James verraten hat, also wollte ich Rache üben. Ich habe Peter aufgespürt und ihn auf offener Straße gestellt. Doch er hat geschrien, dass ich angeblich Schuld sei, dann hat er die Straße in die Luft gejagt. Er hat sich in eine Ratte verwandelt und ist verschwunden. De Auroren haben mich gefunden und weil alle dachten, dass ich der Geheimniswahrer sei, haben sie mich festgenommen und nach Askaban gebracht.“

„Aber Sie haben doch bestimmt eine Verhandlung bekommen?“

„Du kannst mit diesem Sie aufhören“, sagte Sirius. „Nein, ich wurde direkt nach Askaban geschickt.“

„Und jetzt bist du ausgebrochen, warum?“

„Weil Peter Pettigrew in Hogwarts ist. Er ist ein Animagus wie ich. Momentan versteckt er sich als Ron Weasleys Ratte im Schloss. Er ist der wahre Verräter und ich will endlich Rache.“

Emily schauderte bei dem Gedanken an Krätze. Sie wusste warum sie Ratten nicht leiden konnte. „Ron hat wirklich eine Ratte. Aber ich weiß nicht, ob sie wirklich Peter ist.“ Doch dann fiel ihr etwas ein. "Krätze ist weg. Krummbein hat ihn gefressen. Du bist zu spät."

"Nein, Krummbein hat ihn nicht gefressen, davon wüsste ich", widersprach Sirius. "Aber es sind dennoch schlechte Nachrichten. Man erkennt Peter daran, dass ihm ein Finger fehlt. Er hat ihn sich selbst abgeschnitten."

Emily brauchte ein paar Momente um alles zu verstehen. Innerhalb von Minuten hatte sich ihre Welt wieder auf den Kopf gestellt und dass woran sie geglaubt hatte, hatte sich als falsch erwiesen. Sirius war nicht der Verräter, sondern Peter. Dass Sirius die Wahrheit sagte, daran zweifelte sie nicht. Noch nie war sie so dankbar gewesen für ihre seltene Gabe.

„Emily?“, fragte Sirius vorsichtig.

Emily sah vorsichtig auf. „Ich glaube dir.“

Ein Ausdruck unglaublicher Erleichterung erschien auf Sirius Gesicht und ließ ihn gleich ein paar Jahre jünger aussehen. Er schloss für ein paar Sekunden die Augen. „Ich danke dir“, sagte er als sie wieder öffnete.

„Aber wenn du unschuldig bist, warum warst du dann in Askaban?“, fragte Emily.

„Ich habe keine Verhandlung bekommen. Außerdem war Pettigrew der Einzige, der meine Unschuld beweisen konnte, denn wir vier waren die Einzigen die davon wussten“, erklärte Sirius. „Alle anderen dachten immer noch ich wäre der Geheimniswahrer.“

„Was ist mit Remus? Du hast gesagt ihr wärt Brüder gewesen“, hakte Emily nach.

„Das waren wir auch. Aber wir wussten, dass es einen Verräter gibt und jedweges Vertrauen bröckelte in dieser Zeit. Wir glaubten, dass Remus der Verräter war und wir haben ihm nichts davon erzählt.“

„Remus könnte nie ein Verräter sein“, erwiderte Emily mit Überzeugung.

„Das weiß ich mittlerweile auch“, antwortete Sirius bitter. „Aber woher kennst du Remus?“

„Er unterrichtet hier als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Er hat mich gleich erkannt.“

„Wenn einer von uns jemals als Lehrer arbeiten würde, dann er“, sagte Sirius versonnen. „Dann hat Dumbledore ihm endlich eine Chance gegeben.“

„Er ist ein guter Lehrer“, sagte Emily. „Harry und ich finden, dass er der beste Lehrer ist den wir jemals hatten.“

„Harry.“ Sirius runzelte die Stirn. „Er kennt die Wahrheit nicht.“

Emily nickte. „Wir haben Fudge und ein paar Lehrer gehört wie sie die falsche Geschichte gehört haben. Er glaubt, dass du der Verräter bist. Aber ich werde ihm von der Wahrheit erzählen, dann wird er nicht mehr so denken.“

„Nein", protestierte Sirius heftig. "Ich brauche erst die Ratte. Ohne die Ratte kann ich meine Unschuld nicht beweisen. Verstehst du?"

"Aber wie willst du Peter finden? Er ist verschwunden, er könnte überall auf den Ländereien sein", erwiderte Emily. "Es sei denn..." Sie grinste plötzlich. "Harry und ich haben die Karte des Rumtreibers. Wenn Peter noch auf den Ländereien ist, dann finde ich ihn."


"Du willst mir helfen?"

Emily lachte. "Natürlich. Du bist unschuldig. Du sprichst die Wahrheit. Du verdienst es, dass du wieder frei sein kannst. Außerdem weiß ich, dass du mein Pate bist. Du bist nächste was ich an Familie habe, außer Harry und Remus."

„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Du bist die Erste, die nicht schreiend wegrennt."

"Ich bin anscheinend auch die Erste die die Wahrheit erfährt", antwortete Emily. "Aber ich muss zurück, sonst vermissen sie mich noch."

"Wirst du wieder kommen?"

"Ja, sobald ich wieder Zeit dazu finde", versprach Emily.

"Danke." Es kam von Herzen.

*

Emily musste eigentlich total verrückt sein. Sie lief durch den Wald und traf den Massenmörder Sirius Black und unterhielt sich ganz normal mit ihm. Und er war auch noch unschuldig. So schnell wie möglich lief sie zurück zum Schlos auf der Suche nach Harry. Hoffentlich war er schon wieder zurück aus Hogsmeade. Sie holte ihre Sachen hinter der Statue hervor und trat in den Gemeinschaftsraum.

Vor dem Kamin saßen Harry, Ron und Hermine zusammen. Emily runzelte die Stirn, hatten Hermine und Ron sich weider vertragen. Alle drei waren bedrückt. Hermine sah auf als Emily zu ihnen trat und reichte ihr einen Zettel. Es war eine Nachricht von Hagrid. Er hatte verloren und man würde Seidenschnabel hinrichten.

"Verdammt", fluchte Emily leise. "Was machen wir jetzt?"

"Wir bereiten uns auf die Berufung vor", antwortete Hermine. "Vielleicht haben wir so eine Chance. Ron und Harry helfen mir."

"Ich bin auch dabei", sagte Emily.

Bevor sie abends in ihren Schlafsaal ging, hielt sie Harry noch kurz zurück. "Ich habe es endlich geschafft."

Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Ehrlich? Und was ist deine Form?"

"Eine Löwin."

"Oh wie toll!" Seine Begeisterung war ehrlich. "Herzlichen Glückwunsch."

"Danke", sagte Emily. "Aber was ich dich eigentlich fragen wollte, ich brauche kurz die Karte. Könnte ich sie mir ausleihen?"

Ein Schatten fiel über sein Gesicht. "Lupin hat sie mir abgenommen. Ich war in Hogsmeade unter dem Tarnumhang, nur ist er verrutscht und Malfoy hat mich gesehen und bei Snape verpetzt. Ich bin gerade so um eine Strafe herum gekommen."

Emily ließ ihre Schultern sinken und starrte Harry an. Das waren keine guten Nachrichten. Gerade jetzt wo sie die Karte wirklich brauchte. "Wenigstens etwas. Sei froh, dass du keine Strafe bekommen hast. Aber sei das nächste Mal bitte vorsichtiger, ja?"

Harry nickte und versprach es ihr. Dann wünschte er ihr eine gute Nacht und ging in seinen Schlafsaal. Emily blieb zurück am Feuer. Wie sollte sie jetzt Peter finden? Ihre einzige Hoffnung war die Karte gewesen. Morgen würde sie zu Lupin gehen und ihn fragen ob sie die Karte wieder bekommen könnte.

*

Noch vor dem Unterricht lief Emily zu Lupins Büro. Sie klopfte und auf sein Herein trat sie ein. Lupin sah sie erstaunt an. "Emily, was kann ich für dich tun?"

"Ich wollte fragen ob ich die Karte zurück bekommen kann."

"Ich kann dir die Karte nicht zurück geben", antwortete Lupin. "Es wäre zu gefährlich. Sirius Black könnte sie benutzen um in die Schule zu gelangen."

"Ich will sie ja nicht herum liegen lassen", hielt Emily dagegen. "Bitte Remus."

Remus schüttelte entschieden den Kopf. "Nein, Emily. Die Karte bleibt in meiner Obhut. Wozu brauchst du sie überhaupt?"

"Ich will einem Freund helfen", sagte sie ausweichend. "Es ist wichtig."

"Es tut mir Leid", erwiderte Remus. "Es geht nicht. Und dabei bleibt es."

Emily seufzte, Remus würde sich nicht überzeugen lassen. Sie drehte um und wollte das Klassenzimmer verlassen. Als sie an der Tür stand, fiel ihr etwas ein. "Ist dir eigentlich schon mal die Idee gekommen, dass Sirius unschuldig sein könnte? Er war der beste Freund meines Vaters und auch deiner. Du müsstest doch wissen, dass er niemals ein Verräter sein würde." Sie wusste nicht ganz was in sie gefahren war, dass sie so etwas sagte. Aber die Worte waren nun gesagt.

Remus starrte sie an, er konnte nicht glauben was sie gerade gesagt hatte. Was wusste Emily?

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