8. Eine denkwürdige Flugstunde
8. Eine denkwürdige Flugstunde
Die ersten Schultage flogen nur so vorbei und es passierte nichts Aufregendes. Bis eines Tages am Schwarzen Brett im Gemeinschaftsraum eine kleine Notiz hing. Alle Erstklässler standen herum und lasen aufgeregt den Zettel. Sie würden bald zusammen mit den Slytherins Flugunterricht bei Madam Hooch haben. Zwar freuten sich alle darüber, aber keiner war begeistert, dass sie ausgerechnet zusammen mit den Slytherins Unterricht hatten.
Beim Frühstück diskutierten alle Schüler eifrig über Quidditch. Jeder sprach über sein Lieblingsteam, alle außer Dean Thomas, der Fußball besser fand. Hermine hatte sich zur Vorbereitung ein Buch ausgeliehen und zitierte bei jeder Gelegenheit etwas daraus. Emily freute sich auf den Unterricht, dann hatte sie endlich wieder die Gelegenheit zu fliegen.
„Hey, seht mal her, Neville hat ein Erinnermich bekommen“, rief einer. Emily sah zu Neville hin, der eine kleine Glaskugel in seiner Hand hielt. Plötzlich formte sich ein roter Nebel in der Kugel und Neville errötete.
„Der Nebel färbt sich rot wenn man etwas vergessen hatte, aber ich weiß nicht was ich vergessen habe“, erklärte er. Alles lachte gutmütig, denn es war bekannt, dass Neville dazu neigte alles wieder zu vergessen.
Die Stunden vor dem Flugunterricht schienen viel zu langsam zu vergehen, doch endlich standen sie alle auf dem Rasen vor dem Schloss. Die Schüler stellten sich neben ihre Besen, die Gryffindors auf einer Seite und die Slytherins ihnen gegenüber. Madam Hooch hatte kurzes, graues Haar und gelbe Augen, so dass sie aussah wie ein Falke.
„Streckt eure rechte Hand über dem Besen aus und sagt ,Auf´!“, befahl Madam Hooch.
„Auf“, sagte Emily und schon flog ihr Besen nach oben in ihre Hand. Sie sah sich um, nur wenige hatten es geschafft. Harry war einer von ihnen, aber leider auch Draco, der ein arrogantes Grinsen zur Schau trug. Nachdem alle es geschafft hatten, das Besen in ihre Hand flog, erklärte Madam Hooch wie sie aufsteigen sollten und begann ihre Haltung zu korrigieren. Die Gryffindors grinsten alle als Draco korrigiert wurde.
„Wenn ich in meine Pfeife blase, dann stoßt ihr euch vom Boden ab. Haltet eure Besen gerade, steigt ein paar Fuß hoch und dann kommt wieder runter in dem ihr euch ein bisschen nach vorne lehnt. Auf mein Signal – drei – zwei…“ Noch bevor Madam Hooch eins sagen konnte, schoss Neville in die Höhe. Sein Gesicht war weiß wie Schnee und er klammerte sich panisch an den Griff. Plötzlich fiel er von seinem Besen. Emily schloss ängstlich die Augen, das konnte nicht gut gehen. Und mit einem lauten Krachen schlug Neville auf dem Boden auf.
„Du kannst die Augen wieder aufmachen“, flüsterte Leo. Zögerlich sah Emily wieder hin und sah Neville am Boden. Madam Hooch rannte sofort zu ihm hin, nach einer kurzen Untersuchung brachte sie ihn in den Krankenflügel und ließ die Schüler alleine zurück, aber nicht ohne sie zu warnen, dass sie nicht fliegen sollten.
Draco brach in lautes Lachen aus, kaum dass Madam Hooch weg war. „Habt ihr sein Gesicht gesehen?“, rief er lachend. Die Slytherins kicherten laut.
„Halt die Klappe, Malfoy“, rief Emily. Sie fühlte Wut in sich aufsteigen. Oh nein, das ist nicht gut, dachte sie. Das konnte nicht gut enden, doch jetzt waren die Worte schon gesagt.
Doch Draco hatte schon etwas anderes gefunden. Er hob Nevilles Erinnermich hoch, das im Gras gelegen hatte. Es glitzerte in der Sonne. „Gib es her“, riefen Emily und Harry gleichzeitig. Sie tauschten einen erstaunten Blick aus, aber wandten sich wieder Draco zu. Draco stieg gerade auf seinen Besen und erhob sich in die Luft.
„Kommt doch und holt es euch“, sagte Draco. Mit einem Blick verständigten sich Emily und Harry und liefen zu ihren Besen und flogen hinter Draco her. Emily konnte noch Hermine hören wie schrie, dass sie Ärger bekommen würden, doch sie blendete es aus. Es war zu schön wieder in der Luft zu sein und zu fliegen.
Draco hatte seinen Besen hoch oben in der Luft gestoppt und sah zu wie Emily und Harry hinter ihm her flogen. „Gib es her oder ich schmeiß dich von deinem Besen“, forderte Harry als sie auf der gleichen Höhe waren. Draco schien ernsthaft besorgt, denn kurz huschte so etwas wie Angst über sein blasses Gesicht. Er holte weit aus und warf das Erinnermich von sich.
Emily wendete und schoss der glitzernden Kugel hinterher. Ein Lächeln breitete sich unbewusst auf ihrem Gesicht aus. Es war fast genauso wie dem Quaffel hinter her jagen, nur war das Erinnermich kleiner. Harry war ihr dicht auf den Fersen, genauso wie Draco, der seinen Mut wiedergefunden zu haben schien. Beide Jungen versuchten das Erinnermich zu fangen, das nun immer schneller auf den Boden zuraste. Kurz vor dem Boden zog Draco zurück, doch Harry schnappte sich den Erinnermich und flog wieder höher. Emily sah wie Draco wieder wendete und erneut auf Harry zu schoss. Draco hatte es nicht geschafft Harry in Verlegenheit zu bringen und probierte es erneut.
Harry sah Draco auf sich zukommen und ließ sich ein Stück in der Luft niedersinken, dann warf er das Erinnermich zu Emily hinüber. Obwohl Harry nicht der talentierste Werfer war (wie er selber später eingestand), schaffte sie es das Erinnermich zu fangen. Mit der kleinen Kugel sicher in der Hand landete sie so schnell wie möglich wieder auf dem Boden. Einen Moment später landeten auch Harry und Draco. Harry mit einem Grinsen und Draco sah definitiv nicht erfreut aus. Emily lächelte Harry an und gemeinsam gingen sie zu den Gryffindors zurück.
„EMILY EVANS, HARRY POTTER!“, rief eine Stimme hinter ihnen, sie klang ziemlich verärgert. Emily zuckte erschrocken zusammen und ihr Herz begann zu rasen. Sie hatte geahnt, dass dies nicht gut enden würde und leider hatte sie Recht behalten. Seufzend drehte sie sich um und sah McGonagall auf sie zukommen. Sie war fast sprachlos und ihr Mund war nur eine dünne Linie. „Wie können Sie es wagen! Sie hätten sich ihr Genick brechen können! Folgen Sie mir.“
Emily sank das Herz noch tiefer und ihr brach der kalte Schweiß aus als sie zusammen mit Harry McGonagall folgte. Madam Hooch hatte sie gewarnt und jetzt würden sie von der Schule fliegen und sie müsste wieder ins Waisenhaus zurück. Emily sah verstohlen zu Harry, ihm schien es auch nicht besser zu gehen, er war genauso nervös und besorgt wie sie.
Die drei hielten vor einer Tür. „Professor Flitwick, kann ich mir Wood für einen Moment ausleihen?“, fragte McGonagall. Überraschenderweise kam aus dem Klassenraum ein stämmiger Fünftklässler mit brauen Locken. Emily erinnerte sich daran, dass die Zwillinge ihn irgendwann mal erwähnt hatten. Er sah verwundert aus als er McGonagall mit den zwei Erstklässlern neben sich stehen, erblickte.
McGonagall führte sie ein leeres Klassenzimmer. „Evans, Potter, das ist Oliver Wood. Wood, ich habe zwei neue Spieler für Sie."
Sofort leuchtete Woods Gesicht auf. „Meinen Sie das ernst?“, fragte er.
„Absolut. Die beiden sind Naturtalente. Potter hat dieses Ding nach fünfzig Fuß Sturzflug gefangen. Miss Evans hätte ebenso das Talent als Sucherin zu spielen, doch sie würde sich auch als Jägerin gut machen", erklärte McGonagall.
"Ich habe bis jetzt nur als Jägerin gespielt", sagte Emily und ihre Wangen färbten sich tiefrot, aber insgeheim war sie erleichtert. Sie würden nicht von der Schule fliegen. Wood hingegen sah so aus als ob seine kühnsten Träume war geworden wären. „Ich bin Kapitän der Gryffindors. Und weiß Merlin, wir brauchen dringend neue Spieler. Jetzt braucht ihr nur noch eigene Besen.“
„Ich spreche mit Professor Dumbledore und vielleicht kann man die Regeln etwas ändern. Wir brauchen ein besseres Team als letztes Jahr. Slytherin hat uns im letzten Match platt gemacht. Ich konnte Severus wochenlang nicht in die Augen schauen.“, antwortete McGonagall. „Ich will hören, dass ihr hart trainiert, oder ich überlege mir vielleicht noch eine Strafe.“ Dann lächelte sie plötzlich. „Ihr Vater wäre stolz auf Sie, Potter. Er war ebenfalls ein exzellenter Quidditchspieler.“
Danach entließ sie Harry und Emily. Als sich die Tür schloss, stieß Emily die Luft aus, die sie gerade noch angehalten hatte. Sie lehnte sich an die Wand. „Ich dachte wir würden rausfliegen.“
„Ich auch. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass so etwas passiert“, antwortete Harry und lehnte sich neben sie.„Wir haben echt Glück gehabt. Allerdings kann ich es nicht glauben, dass wir beide in der Quidditchmannschaft sind. Die beiden einzigen Erstklässler.“
Emily nickte. Sie würden sich anstrengen müssen um mit den Älteren mitzuhalten und um McGonagall nicht zu enttäuschen. Aber gleichzeitig war sie auch richtig glücklich. Sie war gut genug um in die Mannschaft aufgenommen zu werden und sie hatten es Malfoy gezeigt.
„Ich würde zu gerne Dracos Gesicht sehen, wenn er davon erfährt, dass wir nicht von der Schule geflogen sind“, sagte Emily und Harry brach in lautes Gelächter aus. Emily konnte nicht anders als mit einzustimmen. Als sie sich wieder beruhigt hatten, streckte Harry seine Hand aus und hielt sie Emily hin.
„Wir werden es den anderen zeigen“, sagte er lächelnd. Emily nickte und ergriff seine Hand. Für einen Moment war es so als ob Emily Harrys Emotionen spüren konnte: bodenlose Erleichterung, Glück und Freude. Schnell ließ sie seine Hand wieder los und versteckte ihre Überraschung hinter einem Lächeln.
„Ich sollte gehen. Ich will Fred und George davon erzählen. Sie sind auch im Team, als Treiber. Bis nachher“, sagte Emily hastig und lief davon. Rasch lief sie die Treppen hoch in den Turm. Fred und George saßen wieder einmal auf dem Teppich vor dem Kamin. In der einen Ecke sah sie Hermine über einem Buch sitzen, aber erst wollte sie es den Zwillingen erzählen.
„Hey“, begrüßte Emily die beiden so normal wie möglich, doch sie konnte das breite Grinsen auf ihrem Gesicht nicht verstecken. Die Zwillinge sahen sie verwundert an.
„Was ist los?“, fragte George.
„Ich bin auch im Quidditchteam als Jägerin. McGonagall hat mich gesehen und uns erlaubt dem Team beizutreten“, brach es aus ihr heraus.
Fred und George starrten sie ungläubig an. „Sag das noch mal“, verlangte Fred.
„Ich bin Jägerin.“
„Jetzt nicht ernsthaft? McGonagall steckt dahinter?“, sagte George immer noch überrascht. Emily nickte.
Plötzlich erschien ein breites Grinsen auf den Gesichtern der Zwillinge und sie schlossen Emily in eine Umarmung. Alle drei fielen auf den Teppich und brachen in Gelächter aus. „Lasst mich los Jungs. Ich krieg keine Luft mehr“, japste Emily.
„Herzlichen Glückwunsch“, sagte Fred.
„Aber wir haben es dir ja gesagt. Nur haben wir nicht damit gerechnet, dass McGonagall dich spielen lässt. Jetzt brauchen wir nur noch einen Sucher“, sagte George.
„Haben wir. Harry Potter ist unser Sucher. Ist schon alles mit McGonagall abgeklärt“, begann Emily und erzählte den Zwillingen und Hermine, die herbei getreten war, die ganze Geschichte. „Und zum Schluss meinte McGonagall, das wir dringend gewinnen sollten“, schloss Emily.
„Stimmt. Woods Lebenstraum ist es einmal den Quidditchpokal zu gewinnen. Aber dieses Jahr sollten wir gute Chancen haben“, sagte Fred. George nickte zustimmend.
Es war mittlerweile schon spät geworden und so liefen die vier hinunter in die große Halle zum Abendessen. Auf dem Weg erzählte Hermine Emily was passiert war nachdem McGonagall aufgetaucht war und die beiden mitgenommen hatte. Draco hatte sich unglaublich gefreut, ohne Zweifel war er sich sicher gewesen, dass die beiden jetzt von der Schule flogen. Hermine meinte, Ron wäre kurz davor gewesen Draco eine zu schlagen, aber dann wäre schon Madam Hooch wieder gekommen und hätte den Unterricht abgesagt.
In der Halle trafen sie auf Harry, der Ron gerade lebhaft alles erzählte. „Training beginnt nächste Woche, aber sag es keinem. Wood will es geheim halten“, sagte Harry gerade. Das gilt auch für dich, Emily.“
Emily nickte und setzte sich gegenüber. „Okay. Ich habe es sowieso nur Fred und George erzählt und die sind auch im Team als Treiber. Und Hermine weiß auch Bescheid.“ Ron sah absolut nicht begeistert aus als Emily Hermine erwähnte, denn Ron hielt Hermine für einen Besserwisser und die beiden stritten sich andauernd.
Plötzlich tauchte Draco auf mit Crabbe und Goyle im Schlepptau. „Eure letzte Mahlzeit? Wann geht euer Zug zurück?“, sagte Draco, ein selbstgefälliges Grinsen im Gesicht. Emily beschloss ihn einfach zu ignorieren, irgendwann würde er wohl schon wieder von dannen ziehen. Vor allem weil der Tisch an dem einen Ende der Halle voller Lehrer war und Draco sowieso nichts machen konnte. Sie brachte all ihre Willenskraft auf um sich nicht einzumischen, es müsste doch wohl einmal möglich sein, dass sie sich selbst beherrschen konnte. Außerdem war Harry im Gegensatz zu den Waisenhauskindern selbst in der Lage dazu sich zu verteidigen, vor allem gegen Draco der zwar eine große Klappe zu haben schien ohne viel dahinter.
„Du bist ein ganzes Stückchen mutiger jetzt wo du deine Freunde bei dir hast“, sagte Harry kühl. Anscheinend hatte er sich nicht dazu entschlossen Draco einfach zu ignorieren.
„Ich nehme es auch alleine mit dir auf. Heute Nacht. Zaubererduell um Mitternacht“, erwiderte Draco. Harry und Ron akzeptierten sofort und Draco verschwand wieder zu seinem Tisch.
Hermine mischte sich sofort ein und warnte die Jungen vor den Konsequenzen. Emily sah, dass das keine gute Idee war, denn es würde sie noch mehr in ihrem Plan stärken. Sie wandte sich zu Leo, der wie so oft neben ihr saß und begann sich mit ihm zu unterhalten.
Nach dem Essen gingen Emily und Leo gemeinsam zurück in den Gemeinschaftsraum. „Meinst du sie machen das wirklich mit dem Duell? Ich hab zufällig Draco darüber reden hören“, fragte Leo.
Emily seufzte und sah zu Leo auf, er war immerhin einen Kopf größer als sie. „Ja. Draco und Harry hassen sich seit dem ersten Tag. Aber ich befürchte Draco wird sich irgendeinen schmutzigen Trick ausgedacht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich wirklich Harry stellt, dafür ist er zu feige.“ Leo nickte zustimmend, er war ganz ihrer Meinung.
Es war mitten in der Nacht als Emily aus dem Schlaf aufschreckte. Ihr Herz raste und sie keuchte atemlos. Es fühlte sich so an als ob jemand in Gefahr sei, aber sie wusste nicht wer. Das Gefühl war einfach so über sie gekommen. Sie ließ sich wieder auf ihr Bett fallen und sah an den Himmel ihres Bettes. Sie hörte Lavender leise schnarchen und Parvatis Bett knirschte. Emily versuchte sich zu beruhigen. Vielleicht hatte sie nur schlecht geträumt, aber sie war sich sicher, dass nicht sie es gewesen war, die in Gefahr gewesen war. Es war jemand anderes. Plötzlich erinnerte sie sich an heute Nachmittag, als sie sich sicher gewesen war, dass sie Harrys Gefühle gespürt hatte. Vielleicht war es ja schon wieder Harry gewesen den sie gespürt hatte. Aber warum ausgerechnet Harry? Und warum spürte sie so etwas überhaupt?
Emily hörte plötzlich leise eine Person durch den Schlafsaal tapsen, dann das Rascheln eines Vorhangs und das Bett neben ihr knatschte. „Hermine?“, flüsterte Emily. „Du bist noch wach? Ich erzähl dir morgen alles.“, wisperte Hermine und gähnte. Emily wusste, dass sie jetzt nichts mehr aus Hermine herausbekommen würde, aber sie fragte sich, ob Hermine Harry und Ron hatte aufhalten wollen.
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