22. Schlammblut
22. Schlammblut
Ein paar Tage später wurde Emily von Angelina und Katie geweckt. Nach einem Blick durch das Fenster stellte sie fest, dass es gerade erst Morgengrauen war und sah ihre beiden Teamkolleginnen verwundert an.
„Quidditchtraining“, sagte Angelina während Emily aufstand und ihre Kleidung anzog. „Keins von den anderen Teams hat angefangen zu trainieren.“
„Oliver will dieses Jahr früh anfangen, damit wir eine Chance auf den Pokal haben“, fügte Katie noch hinzu.
„Aber so früh?“, fragte Emily und griff nach ihrem Besen. Angelina zuckte mit den Schultern. Oliver war so besessen von Quidditch, dass er für das Spiel fast alles tat. Gemeinsam gingen sie nach unten in den Gemeinschaftsraum wo Harry und Oliver schon auf sie warteten.
Sie kletterten gerade aus dem Portraitloch als sie hinter sich eine Stimme hörten. Es war Colin Creevey ein kleiner Erstklässler, der ein großer Fan von Harry war. Er löcherte Harry den ganzen Weg über mit Fragen über Quidditch. Die anderen waren zu müde um sich einzumischen, also blieb alles an Harry hängen.
In den Umkleideräumen trafen sie auf die Weasleyzwillinge, die aussahen als ob sie gleich einschlafen würden. Es ging allen so außer Oliver und Emily, die normalerweise auch kein Frühaufsteher war, aber die Aussicht auf Quidditch hatte ihre Müdigkeit vertrieben.
Oliver begann mit einem Vortrag über verschiedene Spielzüge während der Rest versuchte den verlorenen Schlaf nachzuholen. Emily versuchte wach zu bleiben, doch eigentlich hatte sie erwartet zu spielen und nicht Oliver zuzuhören und so sank ihr Kopf immer wieder nach vorne und sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken.
Endlich ging es hinauf auf das Feld und die Spieler erhoben sich in die Luft. Hermine und Ron saßen auf der Tribüne und sahen ihnen beim Training zu. Emily und Harry lieferten sich ein Rennen mit den Zwillingen quer über das Feld als sie jäh unterbrochen wurden. Die komplette Slytherinmannschaft, gekleidet in Grün und Silber, marschierte auf das Feld.
Die Gryffindors landeten neben ihrem Kapitän der nun Marcus Flint gegenüber stand.
„Was macht ihr hier?“, sagte Wood. In seiner Stimme schwang verhaltener Ärger mit. „Ich hab das Feld gebucht.“
„Aha“, sagte Flint. „Ich habe eine Sondererlaubnis von Professor Snape.“ Er reichte Oliver einen kleinen Zettel. Emily konnte ihn nicht erkennen, da sie zu weit weg stand, aber der Inhalt wurde Sekunden später auch so klar.
„Ihr habt einen neuen Sucher?“, fragte Oliver. „Wo?“
Hinter den sechs großen Spielern trat ein kleinerer, grinsender Junge hervor. Es war Draco Malfoy. Emily erfuhr, dass sein Vater den Slytherins neue Besen gekauft hatte, nagelneue Nimbusse 2001, der Nachfolger des Nimbus 2000, den Emily und Harry flogen. Währenddessen kamen auch Ron und Hermine angelaufen.
„Was macht der denn hier?“, fragte Ron als er Draco sah.
„Ich bin der neue Sucher“, sagte Draco selbstgefällig. „Jeder bewundert gerade die neuen Besen die mein Vater gekauft hat.“
„Immerhin musste sich keiner aus Gryffindor den Weg ins Team erkaufen.“, sagte Hermine scharf. „Sie sind darin weil sie Talent haben.“
Emily musste ein Lachen unterdrücken als sie sah wie Draco jetzt schon nicht mehr ganz so selbstgefällig aussah.
„Niemand hat nach deiner Meinung gefragt, du dreckiges, kleines Schlammblut!“, stieß Draco hervor.
Emily hatte keine Ahnung was Schlammblut bedeutete, doch die Beleidigung verursachte großen Aufruhr. Fred und George versuchten auf Draco zu springen und Ron zog seinen Zauberstab, der nach dem Zwischenfall mit der Peitschenden Weide nicht mehr richtig funktionierte. Ron murmelte etwas und ein Strahl aus grünem Licht schoss aus dem falschen Ende und traf ihn selbst.
„Ron! Ron! Geht es dir gut?“, fragte Hermine.
Ron öffnete seinen Mund um zu sprechen, doch statt Wörter kamen aus seinem Mund mehrere Schnecken. Das Slytherinteam brach in lautes Gelächter aus während Harry und Hermine Ron auf die Füße halfen.
Emily schritt auf Draco zu und blickte ihm direkt in die grauen Augen. „Wage es ja nicht noch einmal meine Freunde zu beleidigen!“, zischte sie. „Sonst bekommst du es mit mir zu tun!“
Draco zuckte zusammen, doch Flint lachte nur. „Komm schon Püppchen! Was kannst du denn schon tun?“
„Fordere mich ja nicht heraus!“, stieß Emily hervor. Ihre grünen Augen glühten wütend. „Eigentlich bist du die Mühe gar nicht wert, Troll!“
Sie drehte sich um und ging zu ihren Freunden hinüber. Fred und George grinsten sie an.
„Wenn du uns so wütend ansehen würdest, würden wir auch aufgeben“, sagte Fred lachend.
„Ja, du kannst ganz schön unheimlich gucken. Hat dir das schon mal jemand gesagt?“, fügte sein Bruder hinzu.
Emily lachte als Antwort und folgte dann Harry und Hermine die Ron zu Hagrid brachten. Hagrid begrüßte sie freundlich, nachdem er festgestellt hatte, dass die vier nicht Lockhart waren, dem sie schon auf dem Weg ausgewichen waren. Hagrid riet Ron zu warten, denn ein anderes Mittel gäbe es nicht und so machten sie es sich bei Hagrid gemütlich.
„So, erzählt mir wen hat er versucht zu verhexen?“, fragte Hagrid und neigte seinen großen Kopf in Richtung Ron.
„Malfoy hat Hermine beleidigt. Ziemlich schlimm sogar, denn alle waren ganz verrückt“, erklärte Harry.
„Es war schlimm“, sagte Ron bevor er erneut ein paar Schnecken ausspuckte. „Malfoy hat sie Schlammblut genannt.“
Hagrid sah Hermine an. „Hat er nicht", grollte er.
„Er hat“, sagte sie. „Ich weiß aber nicht was es bedeutet.“
„Es war das schlimmste was er sagen konnte“, erklärte Ron. „Schlammblut ist ein schlimmer Name für jemanden der muggelstämmig ist. Es gibt einige Zauberer – wie die Malfoys – die denken sie sind besser als alle anderen weil sie reinblütig sind.“
„Das ist doch vollkommen sinnlos“, meldete sich Emily zu Wort. „Hermine ist doch viel besser als dieser Draco. Du bist nicht umsonst die Beste unseres Jahrgangs.“
Hermine errötete. „Danke“, sagte sie verlegen.
„Immerhin seid ihr nicht in Schwierigkeiten weil ihr Lucius Malfoys Sohn verhext habt“, seufzte Hagrid.
Sie verbrachten noch einige Zeit bei Hagrid, der ihnen selbstgemachte Kekse anbot (die sie aber höflich ablehnten, weil sie fürchterlich waren) und ihnen seine Kürbisse für Halloween zeigte. Als es Ron deutlich besser ging liefen sie zum Schloss hinauf wo McGonagall schon auf Harry und Ron wartete, denn die beiden mussten noch nachsitzen.
Hermine und Emily gingen hinauf in den Gemeinschaftsraum ohne auf die Jungen zu warten. Hermine setzte sich an ihre Hausaufgaben und Emily holte eins der Bücher über Animagi hervor. Im letzten Jahr hatte sie die Bücher schon mehrmals gelesen und sich eingehend damit beschäftigt. Mit zauberstabloser Magie kam sie schon ganz gut zurecht sofern es sich um einfache Sprüche handelte, doch dieses Jahr würde sie sich mit den komplexeren auseinandersetzen.
Sie hatte beschlossen, dass sie die Verwandlung zum Animagus durchziehen würde. Letztes Jahr war es eher nur eine theoretische Idee gewesen, doch jetzt wollte sie es. Sie wollte nie wieder hilflos sein, sich verteidigen können. Bei der Begegnung mit Voldemort war es nur der Schutz ihrer Mutter gewesen, der sie gerettet hatte, doch sie wollte selber kämpfen.
Emily konnte zwar jede Menge Zaubersprüche lernen, aber es war noch etwas ganz anderes wenn man sich so verwandeln konnte. Außerdem spürte sie, dass Animagi noch einmal wichtig würden in ihrem Leben. Es war auch eine weitere Verbindung zu ihrer Vergangenheit, mal abgesehen von den Büchern. Es musste doch eine Bedeutung haben, dass sie ausgerechnet diese Bücher besaß. Und wieso sollte sie die nicht benutzen?
Mithilfe der Bücher würde sie es sehr wahrscheinlich schaffen die Verwandlung zu erreichen, denn das älteste und zerlesenste von ihnen enthielt eine komplette Anleitung dazu. Doch sie wollte noch ein paar weitere Informationen zu Animagi sammeln, deshalb beschloss sie in die Bibliothek zu gehen. Dort angekommen, begann sie die langen Regalreihen und die Register zu durchsuchen, doch sie fand nur ein paar Informationen über Animagi im Generellen, keine Anleitungen.
Die erstaunlichste Information war, dass die Animagiverwandlung illegal war, sofern man nicht unter Beobachtung des Ministeriums stand. Man musste sich auch registrieren wenn man seine endgültige Verwandlung hinter sich hatte. Emily wusste bisher davon nichts, denn ihre Bücher waren so alt, dass es dieses Gesetz noch nicht gab.
Sie fragte sich ob die ehemaligen Besitzer registrierte Animagi waren. Sie suchte nach einem Verzeichnis und fand dort nur sieben Einträge. Einer davon war McGonagall, aber das wusste Emily schon.
Emily ging noch einmal die Namen der ehemaligen Besitzer durch. Tatze, Krone und Wurmschwanz. Und dann war da noch Moony, der in den Randnotizen erwähnt wurde. Tatze war vielleicht ein Hund oder eine Katze, Krone ein Tier mit Geweih und Wurmschwanz jemand mit einem besonderen Schwanz. Aus Moony wurde sie nicht schlau. Aber keiner der aufgeführten Animagi passte auf die Beschreibung. Außerdem mussten sie ungefähr aus der gleichen Zeit stammen und sich kennen, denn in den Randnotizen bezogen sich aufeinander.
Das ließ nur einen Schluss zu, keiner der vier war ein registrierter Animagus. Deshalb begann Emily danach zu suchen ob sie vielleicht verurteilt wurden, doch sie fand nichts. Also war es möglich ein Animagus zu sein ohne sich zu registrieren und ohne aufzufliegen, solange man seine Fähigkeit nicht missbrauchte.
Sie hatte nicht vor es zu tun, hinzu kam dass sie nicht wusste wie das Ministerium für Zauberei war. Gegen das Muggelpendant hatte sie einiges einzuwenden, denn das Waisenhaus fiel unter dessen Zuständigkeit und es hatte kläglich versagt. Das Waisenhaus war Emilys persönliche Hölle gewesen. Sie beschloss abzuwarten in welches Tier sie sich verwandeln würde. Wenn es ein Tier war, das oft vorkam, dann würde es leichter sein sich zu verstecken. Und irgendwie war es etwas Aufregendes, Verführerisches sich in ein Tier zu verwandeln.
Nachdenklich verließ Emily die Bibliothek. Mittlerweile war es schon Abend geworden und die Dunkelheit hatte sich über die Schule gesenkt. Anscheinend war sie länger in der Bibliothek geblieben als sie dachte. Sie beeilte sich um wieder in den Gemeinschaftsraum zu kommen.
Plötzlich hörte sie ein komisches Klappern und Ratteln. Sie blieb stehen und sah sich nach der Geräuschquelle um, doch sie konnte nichts erkennen. Das seltsame Geräusch ertönte wieder. Es schien aus der Wand zu kommen. Vorsichtig trat sie näher, doch das Geräusch war nicht mehr zu hören, doch es erinnerte sie an etwas.
Als es ein paar Minuten ruhig war, setzte sie sie ihren Weg fort. Angestrengt durchforstete sie ihr Gedächtnis woran sie das Geräusch erinnerte. Es klang so als ob es aus den Rohren kam die das Schloss durchzogen. Die Rohre! Emily fiel der Ghoul ein der über Rons Zimmer wohnte und schon mal mit den Rohren klapperte. Das klang so ähnlich, vielleicht lag es an dem Alter von Hogwarts das die Rohre so klapperten.
Emily zuckte mit den Schultern, es war also nichts Beunruhigendes und so setzte sie ihren Weg ereignislos fort.
Im fast leeren Gemeinschaftsraum traf sie auf Harry, der gerade vom Nachsitzen wiederkam.
„Wo warst du denn noch so lange?“, fragte Harry seine Schwester.
„In der Bibliothek“, antwortete Emily. „Wie war das Nachsitzen?“
„Grausam. Ich musste Lockhart bei seiner Fanpost helfen“, erwiderte Harry während sie es sich in den Sesseln vor dem Feuer bequem machten.
„Du hast mein vollstes Mitleid“, sagte Emily mit einem schiefen Lächeln, dass Harry müde erwiderte.
„Vorhin ist etwas Komisches passiert“, begann Harry. „Bitte halte mich nicht für verrückt. Ich habe so eine komische Stimme gehört. Sie kam aus der Wand. Lockhart hat sie nicht gehört.“
„Verrückt bist du nicht“, sagte Emily langsam. „Was hat die Stimme gesagt?“
„Komm… Komm zu mir und dann hat sie gesagt, dass sie mich töten will.“
Emily schauderte. „Das klingt gar nicht gut. War noch irgendwas in dem Raum? Vielleicht irgendwas aus den dunklen Künsten?“
„Nein“, antwortete Harry bestimmt. „Nicht bei Lockhart. Da hängen nur Bilder von ihm selbst herum.“
„Dann verstehe ich es auch nicht“, sagte Emily. Sie runzelte die Stirn. Sie hatte die Rohre klappern gehört, ob das etwas mit der unheimlichen Stimme zu tun hatte? Aber die Rohre, wenn es sie überhaupt waren, hatten die Geräusche verursacht weil sie so alt waren. Vielleicht gab es keine Verbindung dazwischen.
„Wir sehen morgen weiter, ja?“, sagte Emily. „Wir sind beide so müde, dass wir kaum klar denken können.“
Harry nickte und gähnte wie zur Bestätigung. Die Geschwister lachten leise und wünschten sich eine gute Nacht. Als Emily im Bett lag, dachte sie, dass dieses Schuljahr wahrscheinlich doch nicht so ruhig werden würde wie sie am Anfang noch gehofft hatte.
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Nicht das beste Kapitel, aber da so viele liebe Kommentare kamen, lade ich es jetzt schon hoch :)
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