2. Alles ändert sich
2. Alles ändert sich
Die Glocke weckte Emily am nächsten Morgen. Sie hatte nicht gut geschlafen und schlecht geträumt. Wovon sie geträumt hatte wusste sie nicht mehr. Rasch wusch sie sich, dann zog sie sich an und kurze Zeit später ging sie mit Linus hinunter zum Frühstück. Sie hielt sich bewusst abseits. Sie sah Edwin mit seinen Freunden am anderen Ende des Tisches sitzen. Kurz meinte sie so etwas wie Angst in seinen Augen aufblitzen sehen. Aber Edwin und Angst? Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihr mageres Frühstück.
Nach dem Essen ging Emily mit Linus nach draußen. Irgendwann in der Nacht hatte der Regen aufgehört und hatte der Sonne Platz gemacht. Man merkte endlich, dass es schon Ende Juli war. Hinter dem Waisenhaus gab es einen kleinen Garten, auch wenn das Stück vertrockneten Rasens mit dem knorrigen Apfelbaum den Namen kaum verdiente. Sie setzte sich zwischen die Wurzeln und beobachtete wie Linus hinter einem gelben Schmetterling herlief. Sie wünschte sich, dass sie ihre Zeichensachen mitgenommen hätte, doch sie wollte jetzt nicht wieder ins Haus laufen.
Plötzlich öffnete sich die Tür zum Garten quietschend. Emily stand wieder auf und Linus stellte sich neben sie und griff nach ihrer Hand. Sie versuchte ruhig und selbstsicher aussehen, auch wenn sie sich gerade nicht so fühlte. Mrs Cole trat zusammen mit zwei Männern in den Garten. Der eine trug eine blaue Robe, die seinen dünnen Körper umhüllte, und die zu seinen dunkelblauen Augen passte, die hinter einer halbmondförmigen Brille funkelten. Der andere war ganz in schwarz gekleidet. Seine ebenso schwarzen Haare umrahmten ein schmales Gesicht mit dunklen Augen und einer auffälligen Hakennase.
Emily wunderte sich, die Männer sahen wirklich seltsam aus. Mrs Cole hingegen sah etwas nervös aus und sie hatte ausnahmsweise nicht den Rohrstock in der Hand. Anscheinend wollte sie einen guten Eindruck bei den Besuchern erwecken. Aber was wollten sie von ihr?
"Das ist sie", sagte Mrs Cole kühl.
"Miss Evans?", sagte der eine Mann und strich sich über den silbrigen Bart, der ihm bis zur Hüfte reichte. Emily nickte und der Mann lächelte. "Mrs Cole? Wollten Sie nicht noch etwas Dringendes erledigen?"
Emily sah verwundert, dass Mrs Cole nickte und sofort wieder im Haus verschwand.
"Wenn ich mich erst einmal vorstellen dürfte, Miss Evans?", sagte der silberhaarige Mann. "Mein Name ist Albus Dumbledore, Schulleiter der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei und dies ist-", er deutete auf den Mann neben ihm. "Severus Snape, Professor für Zaubertränke an ebenjener Schule."
"Hexerei? Zauberei?", war das Einzige was Emily sagen konnte.
"Ach ja, ich vergaß. Ich bin gekommen um Ihnen zu sagen, dass sie an der Schule angenommen worden sind", sagte Dumbledore. "Miss Evans, Sie sind eine Hexe. Das heißt Sie besitzen Magie. Um den Umgang mit dieser zu erlernen, kommen Sie nach Hogwarts. Dort werden Sie zusammen mit anderen Hexen und Zauberern ihres Alters unterrichtet werden. Sie haben dort einen Platz seit sie vor elf Jahren geboren wurden."
Er zog einen Umschlag aus seiner Robe und reichte ihn Emily. Vorsichtig nahm Emily ihn in die Hand und betrachtete ihn. Vorne drauf stand in grüner Tinte:
Miss Emily Evans
Dachboden
St. Agatha Waisenhaus
London
Auf der Rückseite war ein Wappen zu sehen. Ein Löwe, ein Adler, eine Schlange und ein Dachs umringten ein großes H. Emily brach das Siegel und zog zwei Bögen Pergament hervor. Staunend las sie was dort geschrieben stand.
HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI
Schulleiter: Albus Dumbledore (Orden der Merlin, Erster Klasse, Groz., Hexenmst. Ganz Hohes Tier, Internationale Vereinig. d. Zauberer)
Sehr geehrte Miss Evans,
wir freuen uns, ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände. Das Schuljahr beginnt am 1. September. Wir erwarten Ihre Eule spätestens am 31. Juli.
Mit freundlichen Grüßen
Minerva McGonagall Stellvertretende Schulleiterin.
HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI
Uniform
Im Ersten Jahr benötigen die Schüler:
Drei Garnituren einfache Arbeitskleidung (schwarz) Einen einfachen Spitzhut (schwarz) für tagsüber Ein Paar Schutzhandschuhe (Drachenhaut o.Ä.) Einen Winterumhang (schwarz, mit silbernen Schnallen)
Bitte beachten Sie, dass alle Kleidungsstücke der Schüler mit Namensettiketten versehen sein müssen.
Lehrbücher
Alle Schüler sollten jeweils ein Exemplar der folgenden Werke besitzen:
-Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 1
-Bathilda Bagshot: Geschichte der Zauberei
-Adalbert Schwahfel: Theorie der Magie
-Emeric Wendel: Verwandlung für Anfänger
-Phyllida Spore: Tausend Zauberkräuter und -pilze
-Arsenius Bunsen: Zaubertränke und Zauberbräue
-Newt Scamander: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
-Quirin Sumo: Dunkle Kräfte. Ein Kurs zur Selbstverteidigung
Ferner werden benötigt:
1 Zauberstab
1 Kessel (Zinn, Normgröße 2)
1 Sortiment Glas- und Kristallfläschchen
1 Teleskop
1 Waage aus Messing
Es ist den Schülern zudem freigestellt, ein Eule ODER eine Katze ODER eine Kröte mitzubringen.
DIE ELTERN SEIEN DARAN ERINNERT; DASS ERSTKLÄSSLER KEINEN EIGENEN BESEN BESITZEN DÜRFEN.
Langsam ließ Emily den Brief wieder sinken. Das war alles nur ein Traum und sie würde wieder aufwachen. "Und das gibt es wirklich? Da soll ich hin? Aber ich habe doch keine Magie?" Die Fragen sprudelten aus ihr heraus.
Sie war überrascht, dass Dumbledore nur schmunzelte und fragte: "Ist Ihnen nie etws Ungewöhnliches passiert? Etwas, dass Sie sich nicht erklären konnten?"
Emily wurde blass und sah ihn panisch an. Das Feuer. War das jetzt eine bizarre Strafe dafür? "Doch", sagte sie langsam. "Manchmal sind Gegenstände ohne mein Zutun kaputt gegangen oder durch die Luft geflogen. Und gestern-", sie holte kurz Luft dann fuhr sie fort: "habe ich aus Versehen ein paar Stöcke in Brand gesetzt, obwohl ich das gar nicht wollte."
Dumbledore nickte. "Wenn man jung ist, passiert es oft, dass sich die Magie unbewusst entlädt. Wie Sie sehen, besitzen Sie doch Magie und davon nicht zu wenig."
Emily versank in Gedanken. Instinktiv wusste sie, dass Dumbledore Recht hatte. Alles was er sagte, war die reine Wahrheit gewesen. Sie hatte schon immer gewusst wann jemand log, eine Gabe die im Waisenhaus ganz nützlich war. Sie drehte den Brief zwischen den Händen, es war die Möglichkeit von hier zu verschwinden und ein neues Leben anzufangen. Aber vorher gab es noch etwas zu klären.
"Was ist mit Linus? Ich kann ihn nicht alleine lassen", fragte sie.
Dumbledores Gesicht wurde wieder ernst und er schien zu überlegen. „Ich denke, es wird sich bald eine Familie finden, die Linus aufnimmt. Morgen wäre perfekt. Ihm wird nichts geschehen“, antwortete er.
„Versprochen?“, setzte Emily hinzu. Leeren Versprechen war sie schon allzu oft begegnet. Die dunkelblauen Augen blickten direkt in die grünbraunen Augen Emilys, als er nickte.
„Versprochen.“ In seiner Stimme lag nichts als Ehrlichkeit und so nickte Emily erleichtert. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Dann komme ich mit.“
Dumbledore und sogar Snape, lächelten auf das kleine Mädchen hinab. Was für ein außergewöhnliches Mädchen, dachte sich Dumbledore, ein ungebrochener Geist, erstaunlich für ihr Alter.
Emily bekam von den Gedanken der Männer nichts mit, denn sie beugte sich zu Linus hinunter. „Linus. Du musst mir jetzt gut zuhören. Ich gehe fort, aber es wird schon bald jemand kommen, der für dich sorgt. Und denk immer daran, dass ich dich lieb habe und ich werde dir schreiben, wann immer es geht.“
Sie sah den kleinen Jungen eindringlich an. „Ich will aber nicht, dass du gehst. Du sollst bei mir bleiben", sagte Linus.
„Ich weiß, ich würde doch auch gerne bei dir bleiben, aber ich muss da alleine hingehen“, erklärte sie ihm. Es war die Wahrheit, Linus war für sie der kleine Bruder, den sie nie gehabt hatte und ihn jetzt zu verlassen tat ihr weh. „Erinnerst du dich was wir über Versprechen gesagt haben? Versprochen ist versprochen und wird nicht…“
„Gebrochen“, vollendete Linus den Satz.
„Richtig. Und Dumbledore hat mir versprochen, dass es dir bald besser gehen wird. Du musst nicht mehr lange hierbleiben.“ Sie zog ihn in eine Umarmung und vergrub ihr Gesicht in seinen braunen Wuschelhaaren.
Dann stand sie wieder auf und wandte sich wieder an die Männer, die ruhig warteten. „Sie sollten Ihre Sachen packen, dann wird Severus Sie in die Winkelgasse begleiten, wo Sie Ihre Sachen kaufen können. Danach können Sie bis zum Schuljahresanfang bei den Weasleys bleiben, einer Zaubererfamilie. Es sei denn, Sie möchten ins Waisenhaus zurückkehren.“
Emily schüttelte vehement den Kopf, niemand würde sie hier zurück bringen. „Aber ich habe kein Geld für alles.“, fiel ihr plötzlich ein.
Doch Dumbledore zerstreute ihre Sorgen, denn er zog einen Beutel aus seinem Umhang, in dem es klimperte. „Ich habe mir erlaubt, schon mal etwas Geld für Sie zu holen. Es stammt aus dem Erbe Ihrer Eltern.“ Er reichte den Beutel an Snape weiter. „Ich verabschiede mich jetzt. Wir sehen uns in Hogwarts wieder.“ Mit einem lauten Crack verschwand er plötzlich. Emily starrte auf die Stelle, wo Dumbledore noch Sekunden zuvor gestanden hatte. Aber er war wirklich weg.
"Du solltest jetzt deine Sachen packen", meldete sich zum ersten Mal Snape zu Wort. Seine Stimme war zwar recht kühl, aber immer noch freundlich. Emily nickte und sie gingen wieder ins Haus. Auf der Treppe trafen sie Edwin, der jetzt wieder sein fieses Grinsen zur Schau stellte. Die Anwesenheit von Snape schien ihn nicht zu stören.
"Na Teufelskind.", sagte er süßlich. "Wirst du endlich abgeholt und in die Klapse gebracht?"
Das war zuviel für Emily. Mit einem raschen Schritt stand sie vor Edwin und starrte ihm direkt in die Augen. Die Tatsache, dass sie fast anderthalb Köpfe kleiner war, hielt sie nicht davon ab. "Nenn mich noch einmal Teufelskind und du wirst es bitter bereuen. Und dann flamme ich dir alles ab, nicht nur deinen verdammten Rohrstock! Und Linus lässt du auch in Ruhe!" Ihre Stimme war ganz ruhig und leise geworden. In ihren Fingern kribbelte es als ob sie elektrisch aufgeladen wären.
Sie trat zurück und lächelte kurz. Edwin sah ziemlich verschreckt aus, während ein kleines Lächeln um Snapes Lippen spielte. "Du solltest besser nach oben gehen, bevor du noch etwas in Brand steckst."
Emily nickte und stieg die Treppe hinauf. Sie hörte nur kurz wie Snape Edwin etwas sagte, dann folgte ihr der Professor. Sie zog eine Tasche aus der Kommode und packte ihre wenigen Habseligkeiten hinein: das Märchenbuch, einige komische Bücher über Verwandlungen, ihre Zeichensachen und ihre Kleidung.
„Fertig“, verkündete sie. Sie wandte sich zu Linus um sich ein letztes Mal von ihm zu verabschieden. „Machs gut Kleiner. Ich hab dich lieb.“ Sie drückte ihn noch mal an sich, aber nur kurz, bevor sie noch in Tränen ausbrach. Emily wollte ihn nicht zurücklassen, aber sie hatte Dumbledores Versprechen, dass es ihm gut gehen würde.
„Wir können gehen“, wandte sie sich an Snape.
„Warte“, sagte er da und kniete sich vor sie hin, so dass sie ihm direkt in die Augen sehen konnte. Er holte aus seinem Umhang einen langen, dünnen Stab, den er auf ihre verletzte Wange richtete. „Episkey“, murmelte er und Emily spürte warme Funken durch ihre Haut schießen. Vorsichtig berührte sie ihre Wange und fühlte nichts als heile Haut. Dankbar sah sie Snape an doch Snape nickte nur und richtete sich wieder auf und streckte seine Hand aus.
„Hier, halt meine Hand. Wir disapparieren“, befahl er. Disapparieren? Emily hatte keine Ahnung was das bedeutete, aber es würde schon seine Richtigkeit haben. Mit ihrer Tasche in der einen Hand, schloss sie ihre Finger um seine Hand und plötzlich verschwamm alles vor ihren Augen. Sie fühlte sich als ob sie durch etwas Enges gesogen wurde. Plötzlich hörte das komische Gefühl auf und sie öffnete ihre Augen wieder.
Sie standen in einer dunklen Seitengasse, die auf eine belebte Straße hinausführte. Sie gingen ein Stück weiter und standen vor einem schäbig aussehenden Pub. „Zum tropfenden Kessel“ stand auf einem verwitterten Holzschild, das über dem Eingang hing. Rund herum strömten die Menschen, doch sie warfen weder ihnen noch dem Pub einen zweiten Blick zu. Ihre Blicke schienen über den Pub zu gleiten ohne ihn zu sehen. Emily kam zu dem Schluss, dass sie den Pub überhaupt nicht sehen konnten. Snape hatte schon ihre Hand losgelassen und ging auf den Eingang zu, so dass Emily sich beeilen musste mit ihm Schritt zu halten. Sein schwarzer Umhang wehte hinter ihm her.
Zusammen traten sie in das schummerige Halbdunkel des Pubs. Hinter dem Tresen stand ein buckeliger Mann, der gerade Gläser polierte. Rund herum saßen jede Menge Leute. Emily beobachtete sie interessiert, sie alle trugen die gleichen seltsamen, langen Gewänder wie Dumbledore und Snape. Manche von ihnen trugen auch spitze Hüte und einer von ihnen hatte in seiner Hand sogar eine Kröte. Sie hätte sich alles noch stundenlang weiter angucken können, doch Snape eilte schon weiter und Emily folgte. Sie durchquerten den Raum und traten in einen kleinen Hinterhof. Snape zog seinen Zauberstand und tippte auf einzelne Ziegel. Knirschend bewegten sich die Ziegel und gaben eine Öffnung frei. Emily starrte mit offenem Mund auf die Szene die vor ihr lag. Eine schmale Gasse umringt von unzähligen Geschäften. Flourish & Blotts, Ollivander, Eyeloop’s Owl Imperium, Madame Malkin’s waren nur einige von den vielen Geschäften.
"Los, wir sollten uns beeilen. Noch ist es leer in der Winkelgasse", sagte Snape und schritt voran. "Hast du noch deine Liste?"
"Ja", sagte Emily. Sie gingen als erstes zu Flourish & Blotts um die Schulbücher zu besorgen. Emily war fasziniert. Hunderte von Regalen standen in den Laden, gefüllt mit den seltsamsten Büchern. Einige schienen schon uralt zu sein, während andere noch neu glänzten. Es roch nach Staub, Tinte, Pergament und ein bisschen nach dem Muff der Jahrhunderte. Sie sah Bücher, die nach einem schnappten, Bücher mit Augen, und Bücher deren Titelbilder sich zu bewegen schienen. Verwundert trat sie näher und betrachtete das Buch genauer. Eine ältere Hexe schwang ihren Zauberstab und rundherum flogen Haushaltsgegenstände durch die Luft. Emily hätte Stunden an diesem Ort verbringen können, doch Snape scheuchte sie weiter.
Sie gingen weiter zu Madam Malkin's um die Schulumhänge zu kaufen. Mit großen Augen beobachte Emily wie Nadel, Faden und ein Maßband um sie herumflogen und die Arbeit fast von selbst taten. Madam Malkin war sehr nett, auch wenn sie dauernd sagte, dass Emily viel zu klein sei. Emily errötete verlegen.
Als nächstes ging es in die Apotheke um die Zutaten für den Zaubertränke-Unterricht zu kaufen. Es war ein kleiner, dunkler Laden. An den Wänden zogen sich lange Regale entlang in den viele Gläser standen. Es war faszinierend und unheimlich zugleich. Emily wollte Snape fragen was in den Gläsern war, war sich aber nicht sicher ob sie ihn fragen durfte.
Snape beobachtete das kleine Mädchen während es sich im Laden umsah. Die großen Augen blitzten neugierig auf als ihr Blick die Regale entlang wanderte. Er sah, dass dem Mädchen die Fragen auf der Zunge brannten, sie sie jedoch zurück hielt. "Das da vorne sind Augen eines Lurches, daneben stehen Spinnenbeine. Hier vorne sind Einhornhaare, und in der kleinen Phiole ist Drachenblut, sehr wertvoll und nützlich", erklärte er und deutete auf die einzelnen Gläser.
Emily nickte und versuchte sich alles zu merken. Snape erklärte ihr noch ein paar der anderen Sachen, dann verließen sie den Laden. Sie kauften Pergament und Federn, dann machten sie sich auf den Weg zu Ollivander, dem Zauberstabmacher. Eine kleine Glocke ertönte als sie durch die Tür traten. Snape hielt sich im Hintergrund, während Emily zu der Theke trat.
Tausende von langen, schmalen Schachteln stapelten sich in den Regalen zwischen denen der Staub tanzte. Es war dämmrig in dem Laden und ein wenig beengt. Emily spürte geradezu die Magie in der Luft. Plötzlich tauchte ein weißhaariger Mann auf und begrüßte Emily. Seine hellen Augen waren etwas unheimlich.
"Guten Morgen, ich bin Ollivander", sagte der Mann. "Was ist deine Zauberstabhand?"
"Ähm, Rechts", antworte Emily und schon schoss ein Maßband durch die Luft und begann sie von oben bis unten zu vermessen, ähnlich wie bei Madam Malkin's. Ollivander betrachtete sie prüfend dann verschwand er zwischen den Regalen und kam mit einer schmalen Schachtel wieder.
"13 Zoll. Einhornhaar. Eiche. Sehr fest", sagte Ollivander und reichte Emily den Zauberstab. Sie nahm ihn zögerlich und Ollivander bedeutete ihr ihn zu schwingen. Sie kam sich ein bisschen närrisch vor, doch sie tat es. Sofort zersprang die Vase auf der Theke. Erschrocken ließ Emily den Zauberstab fallen und entschuldigte sich.
"Macht nichts, macht nichts", sagte Ollivander beruhigend. "Das war einfach nicht der Richtige." Ein paar Minuten später probierte Emily den nächsten aus, doch auch der war nicht der Richtige, denn jetzt fiel ein Regal um. Sie probierte jede Menge aus, doch nie war der Richtige dabei.
"Hmm, hmm", murmelte der Zauberstabmacher. "Eine Herausforderung die ich gerne annehme. Vielleicht ist dies der Richtige." Er verschwand wieder und kam mit einer staubigen Schachtel wieder. Er öffnete sie vorsichtig und reichte Emily einen Zauberstab, dessen Griff aus einem rötlichen Holz gefertigt war und dann in ein helleres Holz überlief. Er war schön in seiner Schlichtheit.
"Ein Experiment aus meiner Jugendzeit. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn verkaufen werde", sagte Ollivander. "Aber es schadet nicht ihn einmal auszuprobieren. 10 Zoll, Phönixfeder, eine Mischung aus Zedernholz und Birne. Perfekt für Verwandlungen, aber er wird sich auch gut im Duell schlagen."
Emily nahm ihn und wusste sofort, dass dies ihr Zauberstab war. Vorsichtig schwang sie ihn und sofort schossen goldene Funken aus der Spitze. Ollivander sah sehr erfreut aus, doch er runzelte gleichzeitig seine Stirn. "Wahrhaft wunderlich. Eine interessante Wahl, dass muss ich sagen. Aber nun gut der Zauberstab wählt seinen Besitzer."
"Was ist denn so komisch daran?", wagte Emily nachzufragen.
"Der Kern besteht aus einer Phönixfeder", erklärte Ollivander. "Der Phönix, von dem die Feder stammt, hat mir drei Federn überlassen. Alle drei habe ich zu außergewöhlichen Zauberstäben verarbeitet. Den ersten habe ich vor vielen Jahren verkauft. Er hat viele Zauber gewirkt. Großartige, aber auch schreckliche. Der zweite ist deiner. Den dritten habe ich noch nicht verkauft, er liegt noch immer in meinem Lager. In der Tat wunderlich. Aber es ist die Entscheidung des Zauberstabes. Sieben Galleonen bitte."
Snape bezahlte und dann standen sie wieder auf der Winkelgasse. "Warum hat nicht jeder Zauberstab bei mir funktioniert?", fragte Emily neugierig.
"Genau kann ich es dir nicht erklären, aber wie Ollivander sagte, sucht sich der Zauberstab seinen Besitzer aus. Die Kombination aus Holz und magischem Innneren ist einzigartig und passt deshalb nur auf einen. Die besten Ergebnisse erzielt man immer noch mit seinem eigenen."
"Was lerne ich eigentlich in Hogwarts?", fragte Emily als nächstes. Snape begann ihr die einzelnen Fächer knapp zu beschreiben und Emily runzelte nachdenklich die Stirn. "Macht es etwas aus, dass ich noch keine Ahnung von Magie habe? Ich meine, Sie haben gesagt, dass auch Kinder aus magischen Familien nach Hogwarts gehen?"
"Nein, es macht keinen Unterschied.", sagte Snape langsam. "Ihr fangt alle mehr oder weniger auf dem gleichen Stand an. Du stellst gerne Fragen, oder?" Das letzte klang ein bisschen belustigt.
Emily war beruhigt, dass sie nicht so sehr hinterherhängen würde. "Ja", erwiderte sie. "Es ist alles so faszinierend. Ich kann es kaum glauben."
"Das geht vielen so am Anfang", sagte Snape. "Fehlt noch etwas? Möchtest du noch etwas kaufen? Eine Eule, eine Katze? Du hast doch heute Geburtstag, oder?"
Emily konnte nichts anderes als ihn anstarren. Sie hatte es erfolgreich geschafft ihren eigenen Geburtstag zu vergessen. In all den Jahren vorher war ihr Geburtstag nie ein Tag zum Feiern gewesen und irgendwann hatte sie kaum mehr daran gedacht. Es war einfach nur noch der Tag an dem sie ein Jahr älter wurde und mehr nicht. Geschenke konnte man im Waisenhaus sowieso nicht erwarten. Und dass jemand anderes an ihren Geburtstag dachte, war ihr auch noch nie passiert.
„Äh ja, habe ich. Geht dass denn? Und wozu eine Eule?“, brachte Emily hervor. Snape sah sie erstaunt an, das kleine Mädchen sah nicht aus als ob sie sich über ihren Geburtstag freuen würde, eher als ob sie gleich Schläge erwartete.
„Eulen liefern die Post“, erklärte er knapp und führte sie in die Menagerie.
Schrilles Kreischen, Fauchen und leuchtende Augen begrüßten sie als sie eintraten. Kaum waren sie drin, flatterte eine kleine schwarze Eule auf Emily Schulter und pickte ihr Ohr.
Eine junge Verkäuferin trat lächelnd auf sie zu. „Das ist eine ein bisschen aus der Art geschlagenen Zwergohreule.“
„Warum aus der Art geschlagen?“, fragte Emily neugierig.
„Sie ist zum einen schwarz und zum anderen ein bisschen klein.“
„Ich nehm sie“, beschloss Emily. Sie fand die Eule passte zu ihr. „Ich nenne dich Eos. Du bist zwar schwarz aber das ist egal.“, flüsterte sie. Ein Neuanfang für Emily, genauso wie die Morgenröte ein neuer Tagesanfang war. Emily kaufte noch einen Käfig und dann verließen sie auch schon den Laden, Eos immer noch auf Emilys Schulter.
„Ich bringe dich jetzt zu den Weasleys. Mrs Weasley hat eingewilligt, auf dich aufzupassen bis die Schule anfängt. Hier ist dein Ticket“, erklärte Snape.
Emily nickte, mittlerweile war sie müde und ausgelaugt von all den ganzen Eindrücken die auf sie eingestürmt waren. Und so ganz konnte sie es immer noch nicht glauben, was ihr seit heute morgen passiert war. Snape streckte wieder seine Hand aus und Emily ergriff sie. Wieder überkam sie das seltsame Gefühl eingequetscht zu werden, doch schon standen sie vor dem seltsamsten Gebäude das Emily je gesehen hatte. Es sah aus als ob man überall wo es nur ging ein Zimmer angebaut und es nur noch durch Magie zusammen gehalten würde.
Snape wandte sich zu dem kleinem Mädchen um, das immer noch, ohne es zu merken, seine Hand hielt und den Fuchsbau ansah. Für einen Moment sah er sich selbst als kleinen Jungen, doch er schob den Gedanken energisch weg. „Mrs Weasley wird gleich kommen. Ich muss gehen“, sagte er.
Emily sah zu ihm auf und wisperte: „Danke.“
Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht und er strich sanft über ihre Wange, die Wange die er vorher geheilt hatte. Dann drehte er sich um und mit einem Crack verschwand er.
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Zedernholz steht für Charakterstärke und Loyalität, während Birne für Warmherzigkeit und Großzügigkeit steht. Und Eos ist die Göttin der Morgenröte.
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen :)
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