„Keine Sorge, wir gewinnen das Ding."
„Finnley, du bringst uns noch ins Grab!" Beschwere ich mich und sehe zu seinem Seitenprofil. „Ach Quatsch." Lacht er und gibt Gas, ohne mich zu beachten. Ich wende meinen Blick wieder nach vorne, steif vor Angst. Ich hasse Autos. „Bitte, Finnley", flehe ich, „ich habe Angst." Murmle ich. Er sieht mich an. Wie kann er mich anschauen?! Wie kann er nicht auf die Straße schauen?!
„Vertraust du mir denn nicht? Ich kann gut fahren, Honey, schon vergessen?" Oh, wie könnte ich? Ja, er fährt gut, verdammt gut und verdammt schnell. „Aber doch nicht bei dieser Straße! Und nicht mit dem Auto!" Sage ich erbittert und spüre, wie mir eine Träne ins Auge steigt. „Keine Sorge, wir gewinnen das Ding sowieso."
Das 'Ding' sollte das Rennen zwischen seinem Kumpel und ihm sein, weil sie sich nie einigen können, welches Auto nun besser ist.
Ich bettle darum, dass er sein Tempo drosselt, doch er grinst nur der Strasse entgegen.
„Finnley, Straßenrennen, so wie du sie betreibst, sind nicht grundlos verboten!" Ich schreie auf, als wir scharf um die Kurve biegen. Er lacht nur. Er amüsiert sich an meiner Angst.
„Bitte fahre langsamer, ich mag das nicht und habe Angst. Du hast mir nicht erklärt, dass du ein Rennen fahren willst, sonst wäre ich nie gekommen." Versuche ich es nochmals, diesmal jedoch ruhiger. Doch er hört nicht auf mich und sagt nur: „Es wird nichts passieren, wirklich."
Er ist so selbstsicher. Er scheint genau zu wissen, dass gar nichts passieren kann, doch das kann es. Oh, ich hasse ihn. Eigentlich, dachte ich, dass ich ihn liebe, aber es geht zu weit.
„Hör zu, es geht zu weit. Werde sofort langsamer oder..." meine Stimme erstickt. „Oder was?" Lacht Finnley auf. „Komm schon, noch drei Kurven und wir sind die Sieger, wir können nicht jetzt stoppen, wenn wir einen solchen Vorsprung haben!" Erwidert er bloss und tritt aufs Gaspedal. Ich schreie auf, Kälte arbeitet sich meinen Rücken hoch.
„Finnley, wenn du nicht auf der Stelle dein Tempo verlangsamst, ist es vorbei." „Ach Quatsch, du kreppierst nicht." Ich schüttle den Kopf. „Das meine ich nicht", erkläre ich drohend, „werde langsamer, oder ich mache Schluss. Deine letzte Chance." Zische ich ihn an.
Finnley dreht seinen Kopf abrupt zu mir. „Wie bitte?!" „Finnley du verdammtes Arsch, schau auf die Strasse!" Kreische ich ihn wütend an und werde kreidebleich. Er sieht kurz nach vorne, lenkt um die Kurve und sieht mich wieder an, als die Straße gerade wird. „Was hast du gesagt?" Fragt er bedrohlich, sein Gesicht läuft puterrot an. So hat er sich bisher nie benommen. Ich schlucke, plötzlich macht er mir in mehr als einer Hinsicht Angst.
„Honey, du kannst das doch nicht einfach beenden!" Er wird lauter. Eigentlich, ist laut werden nicht mein Ding. Ich bin schüchtern und still. Jedoch will ich, dass diese Situation augenblicklich ein Ende hat. „Werde langsamer, jetzt." Finnley drückt aufs Gas, ich wimmere nur.
Nachdem ich ein paar Sekunden atme sehe ich ihn an. „Ich mache Schluss." Sage ich kalt. Er sieht mich an. „Es ist aus, du bist selbst daran schuld, ignorantes Arschloch." Zische ich ihn an. Er ist sichtlich überrascht. Und wütend, sehr sogar. „Wirst du jetzt endlich langsamer?!" Das Auto verlangsamt sich. „Danke-..." Plötzlich wird es wieder ganz schnell und mein Hinterkopf schlägt an die Lehne. Ich schreie auf.
„Finnley du verrammter Psychopath!" Kreische ich und kippe meinen - noch heißen - Kaffee über sein Schoss. „Ah, Fuck!" Verdient.
Er versucht mit einer Hand die Flüssigkeit wegzuwischen, ich schaue nach vorne. „Finnley, Kurve!" Schreie ich, doch es ist zu spät.
Das Auto schießt über die Strasse hinaus, die kleine Barriere, die in die Erde gesteckt ist, hilft nichts. Es geht so schnell und so langsam zugleich. Das Auto stürzt den Hang hinunter und landet irgendwo auf dem Dach- oder ist es doch die vordere Scheibe, die als erstes bricht? Herumfliegende Scherben erhöhen den Lautpegel und streifen meine Haut. Ohne Probleme schleifen Glasscherben meiner Haut entlang, welche sofort aufspringt.
Mein Körper zittert, doch das geht im Wackeln des stürzenden Fahrzeuges unter. Ich habe gar keine Zeit, meine Angst zu spüren, zu schnell sind das knacken von Knochen, das kreischen von Metall und das dumpfe Aufprallen vorbei. Denn nachdem wir immer weiter stürzen, lande ich kopfüber und spüre einen letzten elastischen Ruck. Bin ich kopfüber? Denke ich nochmal nach. Vielleicht?
Ich habe keine Ahnung, wo genau Finnley ist, wo oben und unten oder links und rechts ist, oder was gerade geschehen ist. Alles in meinem Körper zieht, als würden meine Atome auseinander gebracht werden, langsam und quälend. Ich sehe kaum Etwas, zu verschwommen ist meine Sicht. Ich will mich nach meinem Mitfahrer umsehen, doch jede Sekunde der Bewegung erhöht den Schmerz meines Körpers um ein Hundertfaches. Ich kann mich nicht bewegen, als würde ein Betonklotz um meinen Hals geschmiegt sein und es verhindern.
Schon ironisch, wie lange das Geschehen dauert und was alles passiert, wobei es kaum ein paar Sekunden geht. Eigentlich realisiere ich das ganze gar nicht. Es geht mir auch zu schnell, dass ich keine Gelegenheit bekomme um wegen dem Schmerz zu weinen, weil ich schon alleine im Dunkeln bin.
Sirenen. Zumindest so etwas in der Art? Ein Krankenwagen? Ob er für mich kommt?
Und auch zu diesen Gedanken komme ich kaum.
Obwohl es Minuten, wenn nicht Stunden sein müssen, sind es Sekunden und Momentfetzen, die in meinen Kopf gelangen. Der Rest? Hm.
Ich spüre Hände und Körperwärme.
Ich spüre den kalten Wind.
Das rütteln des Wagens, in den Ich geschoben werde.
Und alarmierte Leute, die undeutliches Zeug schreien.
Obwohl es so kurz ist, ist es so stressig.
Zuletzt das Piepen von Geräten.
Das war's. Kein Schmerz, keine flackernden Lichter, keine Leute die sich über mich beugen und kein Stress oder brüllende Leute.
Einfach nur die Stille, die ich mir die ganze Zeit gewünscht hätte, wenn ich in der Lage gewesen wäre, etwas zu wünschen.
Egal, ob es jemanden interessieren wird, oder jeder nur um den armen verunglückten Rennfahrer trauert, der in Zukunft bestimmt eine tolle Karriere gehabt hätte. Wenigstens habe ich endlich meine Ruhe. Kein Stress, du hast Zeit. Du hast Ruhe.
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986 Wörter
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