27 | Zerrissen

Cuties, ihr müsst stark sein. Es kommen nur noch drei Kapitel nach diesem hier und ich bin selbst ein wenig traurig... Ich weiß, ihr wünscht euch alle, dass die beide über ihren Schatten springen, oder? Mal sehen, was Lou sagt...

„Hör zu. Dass ich schlussgemacht habe, tut mir leid. Ich habe es schon bereut, als ich es ausgesprochen habe...", sagte Marten leise und sah mir dabei fest in die Augen. Ich seufzte.

„Warum hast du dann nicht angerufen? Oder wenigstens im Kurs mit mir darüber geredet?", fragte ich traurig, legte den Kopf schief und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht.

„Ich sagte ja schon, dass ich ein Idiot bin", wiederholte er. Ich schüttelte enttäuscht den Kopf.

„Du machst es dir verdammt leicht", sagte ich und zog meine Hand aus seiner. Er ließ sich mit dem Rücken gegen die Fahrertür fallen und musterte mich ernst.

„Ich hatte tatsächlich vor, im Kurs mit dir über alles zu reden und mich bei dir zu entschuldigen. Du warst so distanziert. Ich konnte es dir nicht mal verübeln und habe mir schon überlegt, wie ich danach auf dich zukommen soll. Aber dann hast du vor allen unsere Geschichte ausgepackt...", beantwortete er schließlich meine vorangegangene Frage. Ich runzelte die Stirn.

„Weil ich nicht wusste, wie ich mit dir umgehen sollte – erst trennst du dich im Affekt von mir und verschwindest, dann meldest du dich nicht mehr und zu allem Überfluss sitzt du dann dort vor mir und tust, als wären wir praktisch Fremde. Ich hatte keine Ahnung, wie ich dir sonst sagen sollte, was in mir vorgegangen ist", rechtfertigte ich mich enttäuscht. Er fuhr sich seufzend mit der Hand übers Gesicht.

„Tut mir leid, dass ich danach so ätzend zu dir war. Ich habe mich einfach von dir verraten gefühlt", gestand er. Ich sah ihm traurig in die Augen.

„Du hast mir das Gefühl gegeben, dass ich dir egal bin."

„Bist du nicht; ganz im Gegenteil", sagte er, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um die aufkeimenden heißen Tränen unmittelbar herunterzuschlucken, um ihm nicht zu zeigen, wie sehr sein Verhalten mich verletzt hatte.

„Du fehlst mir", fügte er hinzu. Seine Stimme war rau geworden. Doch auch, wenn es schön war, diese Worte aus seinem Mund zu hören, konnte ich meine Gefühle nicht zulassen.

„Ich freue mich, dass du jetzt endlich mit mir über alles reden willst, aber du kannst nicht erst einfach so aus einer Laune heraus unsere Beziehung wegwerfen, weil du dich nicht unter Kontrolle hast, und dann ein klärendes Gespräch regelrecht einfordern, so, wie es dir gerade passt. Ich habe mich dir geöffnet, dir vertraut und mich sicher mit dir gefühlt – und du hast mich einfach verlassen, weil dir eine Entscheidung nicht gepasst hat. Woher soll ich wissen, dass du nicht das nächste Mal wieder so überreagierst und mich alleinlässt?", sprach ich meine Zweifel offen aus.

„Werde ich nicht", versicherte er mir fest entschlossen. Mein Herz wurde schwer.

„Das Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich dir das glauben soll", gestand ich betroffen. Er hatte mein Grundvertrauen tatsächlich tief erschüttert, ohne auch nur zu ahnen, was er damit in mir auslösen würde. Marten kniff die Augen leicht zusammen.

„Wie meinst du das?", hakte er nach.

„Dieses blinde Vertrauen und diese Sicherheit, die du mir gegeben hast, sind nicht mehr da", erklärte ich bedrückt. Er sah mich aus großen Augen an.

„Ich wollte doch bloß nicht, dass du etwas tust, was du später bereust. Ich hab das getan, weil du mir so viel bedeutest und ich dich in Sicherheit wissen wollte", verteidigte er sich. Ein trauriges Lächeln huschte mir über die Lippen.

„Trotzdem hättest du deine Meinung nicht über meine stellen sollen, nur, weil du mir nicht zugetraut hast, dass ich das hinkriege", sagte ich entschieden.

„Heute weiß ich, dass das nicht richtig war und du deine eigenen Erfahrungen machen musst", erwiderte er. „Aber ich wäre dabei gern an deiner Seite."

Ich biss mir auf die Zunge.

„Ich weiß nicht, ob es dafür (nicht) schon zu spät ist", sagte ich ehrlich, auch, wenn es mir beinah das Herz zerriss. Aber ich wusste es tatsächlich nicht. Ich brauchte lang, um mich jemandem zu öffnen und die Person in mein Leben zu lassen und seine Zurückweisungen hatten mich so vor den Kopf gestoßen, dass ich tatsächlich nicht sicher war, ob ich mich einfach so wieder auf eine Beziehung mit ihm einlassen und so tun konnte, als wäre all das zwischen uns nicht vorgefallen. Jetzt gerade jedenfalls hatte ich nicht das Gefühl, mich vollkommen bei ihm fallenlassen zu können. Viel zu groß waren die Bedenken/Sorgen/Ängste, er könnte wieder dermaßen austicken und sich in einer Übersprungshandlung von mir trennen, nur, weil ihn etwas störte. Er sah mir betreten ins Gesicht.

„Und jetzt?"

Ich schluckte. Nun konnte ich nicht länger verhindern, dass meine Augen sich mit heißen Tränen füllten.

„Ich weiß es nicht."

Er sah mir so ratlos ins Gesicht, wie ich mich fühlte. Eine nahezu erdrückende Stille entstand. Keiner von uns sagte ein Wort. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Marten irgendwann die Schultern straffte.

„Ich sollte nach Hause. Chopper ist schon die ganze Nacht allein", sagte er sachlich. Ich schluckte, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden, doch es nutzte nichts.

„Danke fürs Fahren", brachte ich tonlos über die Lippen, ehe ich völlig durch den Wind aus seinem Auto sprang und die Tür hinter mir zuwarf. Mein Herz zerbrach in tausend Teile, während ich zum Hauseingang herüberhuschte und hörte, wie Marten Gas gab und davonbrauste. Mit zitternden Fingern betrat ich kurz darauf meine Wohnung. Ich hatte das Gefühl, dass meine Knie drohten, nachzugeben, also hielt ich mich am Türrahmen fest. Meine Finger verkrampften dabei so sehr, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Ich war so durcheinander, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Heiße Tränen liefen über meine Wangen, als ich mich etwas später unter die Dusche schleppte, in der Hoffnung, so all die vielen Emotionen, die sich in mir vermischt hatten, wegspülen zu können. Doch es gelang mir nicht.

Mein Zeitgefühl hatte mich vollends verlassen, als ich mich irgendwann völlig erschöpft und mit verquollenen Augen in meinem Bett wiederfand. Die Decke tief ins Gesicht gezogen kämpfte ich mit meiner Selbstbeherrschung. Lang hatte mich niemand mehr so aus der Bahn geworfen wie Marten.

Nicht nur, dass er völlig unerwartet in der Bar aufgetaucht war – er hatte mir wie selbstverständlich auch noch eröffnet, dass ich ihm fehlte, sich bei mir entschuldigt und mich um eine zweite Chance gebeten. Doch auch, wenn ich ihn genauso vermisste, wusste ich nicht, wie das funktionieren sollte, denn ich konnte ihn tatsächlich nicht mehr einschätzen. Wie sollte ich mich wieder auf ihn einlassen, wo es doch nur einen einzigen heftigen Streit gebraucht hatte, damit er mich verließ?

Schluchzend wischte ich mir die Tränen von den Wangen und zog mein Handy zu mir heran. Ich wusste, dass die Uhrzeit unmöglich war und Sam wahrscheinlich noch den Schlaf der Gerechten schlief, aber ich brauchte sie gerade. Also wählte ich kurzerhand trotzdem ihre Nummer. Schließlich konnte sie mich genauso um jede Tages- und Nachtzeit anrufen, wenn es ihr schlechtging. Es dauerte eine ganze Weile, doch dann klickte es endlich in der Leitung.

„Hallo?", nuschelte meine beste Freundin verschlafen.

„Ich bin's", sagte ich leise.

„Was ist los?", murmelte sie müde.

„Marten ist in der Strandbar aufgetaucht", antwortete ich knapp. Ich hörte es am anderen Ende leise Rascheln und vermutete, dass Sam sich verwundert aufgesetzt hatte.

„Echt jetzt?", fragte sie und klang tatsächlich von einer auf die andere Sekunde hellwach.

„Ja."

„Und, habt ihr geredet?", hakte Sam neugierig nach.

„Ja. Und jetzt geht's mir noch schlechter als vorher", erzählte ich traurig.

„Gib mir eine Sekunde", bat sie mich, dann murmelte sie etwas, das ich nicht verstand, und ich hörte das leise Zudrücken einer Tür. „Tut mir leid, ich musste kurz rausgehen. Eugen muss das ja nicht alles mitkriegen", erklärte sie dann. Mein schlechtes Gewissen meldete sich sofort.

„Tut mir leid. Ich wollte euch nicht den Morgen vermiesen."

„So ein Quatsch", tadelte mich meine beste Freundin, dann klapperte leise Geschirr. „Also, ist es so scheiße gelaufen?", griff sie unser Gespräch wieder auf. Den Geräuschen im Hintergrund nach machte sie sich in der Küche eine Tasse Kaffee. Ich seufzte schwer, dann begann ich zu erzählen. Es tat gut, dass Sam mir einfach nur zuhörte, ohne mich zu verurteilen oder ihn zu verteufeln. Sie war eine tolle Freundin.

„Und was machst du jetzt?", wollte sie wissen, als ich am Ende meiner Erzählungen angekommen war. Ich seufzte betreten und strich mir ratlos durchs Haar.

„Ich habe keine Ahnung."

„Vielleicht musst du es ja auch noch gar nicht wissen. Lass es einfach auf dich zukommen. Ihr seht euch doch bestimmt kommende Woche im Kurs, da siehst du ja dann, wie es läuft und wie du dich damit fühlst."

Ich kann das doch alles nicht mehr. Ich meine, jetzt kommt er schon zu ihr und entschuldigt sich, und sie ist unsicher. Findet ihr, sie sollte ihm eine Chance geben, oder ist es okay, wenn sie sich erstmal sortieren will?

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