08 | Zu mir oder zu dir?

Cuties, es wird Zeit :) Ich denke, ihr werdet das Kapitel mögen :D

Kurz darauf fand ich mich mit Marten an der Alster wieder. Er hatte nach dem Kurs einen kurzen Zwischenstopp bei sich zuhause eingelegt, um Chopper abzuholen. Ich hatte unterdessen mein Auto nach Hause gebracht und er hatte mich vor meiner Haustür eingesammelt. Von dort aus waren wir bis zu einem kleinen Parkplatz unweit meines Hauses weitergefahren. Während wir den verschnörkelten Schotterweg entlangschlenderten, der von einer Reihe von Laternen gesäumt wurde, begegneten wir hin und wieder anderen Spaziergängern. Die Bäume am Ufer der Alster warfen lange Schatten auf den Weg, während die Laternen das Wasser und die Umgebung in ein warmes, malerisches Licht tauchten.

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mich einfach rüber getragen hast", motzte ich kopfschüttelnd und drehte Marten meinen Kopf zu.

„Du hast dich ja nicht bewegt", antwortete er mit einem amüsierten Schmunzeln, während Chopper ein paar Meter vor uns im Gebüsch verschwand. Da Marten die Leine in der Hand hielt, kam der American Bully jedoch nicht weit und kehrte schnell wieder zu uns zurück.

„Aber der Sinn der Übung war, eine Lösung zu finden", erwiderte ich.

„Hab ich doch", sagte er schulterzuckend und wechselte die Hundeleine von der einen Hand in die andere, als Chopper die gegenüberliegende Seite des Weges erkunden wollte.

„Ohne Gewalt", ergänzte ich neunmalklug. Er seufzte theatralisch.

„Was war denn daran gewaltsam?", wollte er wissen. Als Chopper neugierig den Grasstreifen neben dem Weg beschnupperte, blieben wir kurz stehen. Ich lachte.

„So ziemlich alles. Du hast mich gegen meinen Willen dazu gebracht, dir aus dem Weg zu gehen", erinnerte ich ihn überflüssigerweise.

„Ich hätte auch einfach ne halbe Stunde vor dir stehenbleiben und die Wand sehnsüchtig anstarren können. Wie diese Linda. Dabei hätte ich der echt mehr zugetraut, so, wie die neulich mit dem Golfschläger das Auto ihrer Nachbarin demoliert hat", schmunzelte er bedächtig, dann setzten wir zusammen mit seinem Hund unseren Weg fort.

„Du hast mich rüber getragen. Genau genommen war das sogar Schiebung", kommentierte ich trocken. Er grinste schief.

„Plötzlich Vorzeige-Alman, oder was?", fragte er belustigt. Ich schmunzelte ebenfalls.

„Keine Sorge, den Titel mache ich dir bestimmt nicht streitig", versprach ich großspurig. Er schüttelte lächelnd den Kopf.

„Du bist ganz schön mutig."

Ich runzelte die Stirn, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und musterte ihn skeptisch von der Seite.

„Warum?"

„Normalerweise trauen sich die Leute nicht, so frech zu mir zu sein", erzählte er, dann ließ er seinen Blick übers Wasser schweifen. Ein Boot schipperte gerade vorbei und hinterließ sanfte Wellen, die nach und nach ans Ufer schwappten.

„Und was machst du mit denen?", hakte ich neugierig nach und sah ihm erwartungsvoll von der Seite ins Gesicht. Seine Augen funkelten geheimnisvoll in der Dunkelheit, als er mir wieder den Kopf zudrehte.

„Es sollte reichen, zu wissen, dass ich wohl kaum zum Spaß zu diesem Kurs mit den ganzen Bekloppten gehen muss", antwortete er vage.

„Also habe ich sowas wie einen Sonderstatus?", probierte ich, ihn frech grinsend aus der Reserve zu locken. Er zog die Augenbrauen hoch.

„Wie kommst du darauf?", fragte er betont ahnungslos. Ich zuckte mit den Schultern.

„Naja, bisher sind wir noch nicht aneinandergeraten", sagte ich. Er grinste schelmisch, antwortete jedoch nicht.

„Kannst es ruhig zugeben. Ist doch keine Schande", reizte ich ihn noch ein wenig mehr.

„Von allen Spinnern, die dort hinkommen, nervst du mich eben am wenigsten", wich er einer Antwort dennoch geschickt aus. Das belustigte Schmunzeln, das dabei über seine Lippen huschte, verriet, wie viel Spaß es ihm machte. Ich wischte mir gespielt den Sorgenschweiß von der Stirn.

„Puh. Da hab ich aber Glück gehabt. Nicht auszudenken, du hättest dich mit jemand anderem zum Ausfüllen dieser unfassbar anspruchsvollen Lückentexte zusammentun müssen", zog ich ihn triefend vor Sarkasmus auf.

„Keine Sorge. Das hätte ich gerade noch so ohne dich hingekriegt", versicherte er mir entschieden. Ich lachte.

„Genau – deshalb hast du auch versucht, mich aufzuhalten, als ich gehen wollte", konterte ich wissend und reckte ihm überlegen das Kinn entgegen.

„Du meinst, als du wie die letzte Drama-Queen aus dem Raum gestürmt bist?", korrigierte er meine Version mit einem spitzbübischen Grinsen. „Ich hab's dir doch schon erklärt. Ich hatte keinen Bock, wegen dir noch einen Fehltag zu riskieren", widersprach er dann unbeeindruckt.

„Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man am seidenen Faden hängt?", feixte ich frech.

„Wenn du so weitermachst, zeig ich's dir vielleicht", schoss er zurück. Ich biss mir auf die Zunge, als er mir dabei ein wenig länger als nötig fest in die Augen schaute. Bei seinem intensiven Blick wurde mir gleichzeitig heiß und kalt.

„Ich glaube, du bist der Letzte, der den Mund so voll nehmen sollte", überspielte ich die Situation dennoch lässig und schob die Hände in meine Hosentaschen. Marten schüttelte betont enttäuscht den Kopf.

„Wie du übertreibst. Das war einmal. Aber wo wir gerade beim Thema sind – du wolltest mir ja sowieso noch sagen, was ich besser machen kann", gab er zurück und schaute mir erwartungsvoll ins Gesicht. Seine Augen strahlten regelrecht. Es war ihm anzusehen, wie gern er mich herausforderte. Ich konnte mir ein weiteres Grinsen nicht verkneifen. Es war schön, mit ihm herumzualbern.

„Bei so viel Potenzial weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll", gab ich mich nachdenklich.

„Verstehe. Du willst also, dass ich es selbst herausfinde", schlussfolgerte er, noch immer den Schalk im Nacken. Ich kicherte, dann hakte ich mich bei ihm unter. Es fühlte sich gut an, ihn zu berühren. Bei der Erinnerung, wie es sich angefühlt hatte, als er seine starken Arme um mich geschlungen und auf die andere Seite des Raumes getragen hatte, kribbelte es verräterisch in meinem Bauch. Einen Moment sagte niemand von uns ein Wort. Stattdessen gingen wir schweigend nebeneinanderher, ließen unseren Blick schweifen und hingen unseren Gedanken nach. Auch jetzt, wo wir nicht miteinander sprachen, war seine Anwesenheit angenehm, hatte sogar etwas Beruhigendes. An seiner Seite fühlte ich mich sicher und geborgen.

„Komm", sagte er nach einer Weile und deutete auf das Ufer der Alster. „Wir setzen uns hierher."

„Da hin?", fragte ich skeptisch und schaute auf die Wiese, die ans Wasser grenzte. Er zuckte mit den Schultern. Zu meiner Überraschung zog er kurzerhand seine Bomberjacke aus und breitete sie auf dem Gras aus, auch, wenn es nicht nötig war. „Hier. Für dich, du Mimi", stichelte er. Lächelnd setzte ich mich mit ihm auf die Wiese. Chopper machte es sich neben uns gemütlich. Der Duft seines Parfums hüllte mich ein, als er ein Stück an mich heranrückte, gerade so weit, dass uns noch etwa eine Handbreite voneinander trennte. Jetzt war er mir so nah, dass ich seine Körperwärme spüren konnte. Kleine Wellen rauschten leise ans Ufer.

„Ich habe mir übrigens zu Herzen genommen, was du neulich zu mir gesagt hast", offenbarte ich lächelnd und drehte ihm wieder den Kopf zu.

„Was meinst du?", hakte er verständnislos nach.

„Ich habe mir eine Auszeit gegönnt und eine Thai-Massage gebucht", erzählte ich. Ein Lächeln huschte ihm übers Gesicht. Neugierig zog er die Augenbrauen hoch.

„Und, wie war's?"

„Es war toll", schwärmte ich. „Ich konnte richtig abschalten."

Er lächelte.

„Und was hast du in den letzten Tagen gemacht?", fragte ich neugierig. Er zuckte mit den Schultern.

„Nicht viel. Hab im Laden rumgehangen, mich mit den Jungs getroffen, bisschen gezockt...", erzählte er. Ich runzelte interessiert die Stirn.

„Was denn für ein Laden?", wollte ich wissen, denn ich wusste trotz unserer bisherigen Gespräche nicht, was er beruflich machte.

„Ich hab ein Tattoo-Studio, zusammen mit einem Freund von mir", sagte er.

„Okay, hätte ich mir eigentlich denken können", lachte ich. Auch er grinste. „Wie bist du denn dazu gekommen?", fragte ich neugierig nach.

„Ich wollte einfach nicht für jemanden arbeiten, also habe ich damit angefangen. Erstmal zuhause privat, das war aber eine Katastrophe, weil ich mir alles selbst beigebracht habe."

„Klingt nicht so, als wärst du sonderlich talentiert gewesen", kicherte ich. Er schüttelte seufzend den Kopf.

„Frag mal meine Jungs. Die können dir da bestimmt die eine oder andere Story erzählen, wie wir besoffen bei einem zuhause gesessen haben. Der eine hatte eine Idee, der andere hat ne Maschine geholt und ich habe einfach drauf losgestochen."

„Betrunken?", lachte ich ungläubig. Er nickte.

„Ja. Dafür sah es noch ganz passabel aus", kommentierte er amüsiert.

„Seid ihr noch befreundet?", fragte ich belustigt. Er lachte.

„Klar. Wir sind da nicht so empfindlich."

„Also bist du dein eigener Chef", schlussfolgerte ich. Er nickte.

„Genau. Und ich habe die Entscheidung nie bereut", sagte er und wirkte so im Reinen mit sich dabei, dass er mich mit seinem zufriedenen Lächeln ansteckte.

„Könnte ich mir auch gut vorstellen", räumte ich ein. „Meine Chefin ist jedenfalls ein richtiger Drachen."

„Ich hab keine Ahnung, warum du dort überhaupt noch arbeitest, wenn du da nicht zufrieden bist", meinte er, dann ließ er seinen Blick aufs Wasser schweifen. Ich tat es ihm gleich.

„Irgendwie muss ich ja Geld verdienen", seufzte ich.

„Kannst du doch überall anders auch", hielt er dagegen und drehte mir wieder den Kopf zu.

„Aber ich muss mir erst eine gute Referenz erarbeiten, bevor ich mich wo anders bewerben kann. Außerdem verdiene ich dort schon recht gut und weiß, dass andere Magazine deutlich weniger bezahlen."

„Geld ist nicht alles", winkte er lapidar ab.

„Zum Leben sollte es aber schon reichen", hielt ich dagegen.

„Ach was, du kannst dir auch einfach einen reichen Typen anlachen, der dich aushält", schlug er vor. Ich zog eine Grimasse.

„Ganz bestimmt – und dann versauere ich zuhause in meinem Schloss, muss mich um all die Kinder kümmern, die ich ihm schenken sollte und langweile mich in meiner restlichen Lebenszeit zu Tode, während er damit beschäftigt ist, seine Sekretärinnen zu vögeln", kommentierte ich trocken, ehe ich energisch den Kopf schüttelte. „Nie im Leben."

„Klingt, als würdest du nicht so an das Konzept von Beziehungen glauben", schlussfolgerte er und sah mir prüfend ins Gesicht. Ich zuckte ratlos mit den Schultern.

„Und du?", beantwortete ich seine Frage mit einer Gegenfrage. Er hob abwehrend die Hände.

„Eigentlich schon, aber die letzte war echt eine Herausforderung", erzählte er.

„Also aus gutem Grund Single", kombinierte ich und sah ihm aufmerksam ins Gesicht.

„Und du?", spielte er den Ball zu mir zurück und grinste schief. Ich seufzte theatralisch.

„Was glaubst du wohl?", fragte ich bissig, strich mir durchs Haar und sah frustriert wieder aufs Wasser.

„Liegt wahrscheinlich an deinem feurigen Temperament."

Angesichts seiner Bemerkung drehte ich ihm wider den Kopf zu.

„Was?", lachte ich empört, dann verschwand das schiefe Grinsen aus meinem Gesicht. Meine Augen zu Schlitzen verengt schaute ich geradewegs prüfend in seine. Machte er gerade einen seiner üblichen Scherze oder meinte er seine Vermutung ernst?

„Wir wissen beide, dass du ziemlich viel auf dem Kasten hast", sagte er unverblümt, ohne eine Miene zu verziehen.

„Tzzz", machte ich gespielt beleidigt, ohne ihn anzusehen.

„Also, bist du eher der Beziehungstyp oder willst du bloß deinen Spaß haben?", hakte er plötzlich nach. Als ich ihm den Kopf zudrehte, sah ich, dass das Dauergrinsen aus seinem Gesicht verschwunden war und er mir stattdessen aufrichtig interessiert in die Augen sah.

„Beziehungstyp. Und du?"

„Kommt immer auf die Frau an. Es gibt welche, bei denen kann ich mir das vorstellen, und bei anderen schließe ich das direkt aus", antwortete er.

„Woran machst du das fest?", fragte ich neugierig.

„Ich muss ihr vertrauen und mich bei ihr fallenlassen können, wissen, dass sie hinter mir steht, loyal ist, und ich mich auf sie verlassen kann, auch, wenn es mal eng wird."

„Das finde ich auch wichtig", pflichtete ich ihm bei. „Ich brauche keinen Mann, der mich im Stich lässt, weil es gerade mal nicht so schön im Leben ist."

Marten nickte.

„Wenn sie in den schlechten Zeiten nicht da ist, brauche ich sie auch nicht, wenn es gut läuft", sagte er.

„Sehe ich auch so. Dann kann ich auch einfach irgendjemanden daten, um mich bei Laune zu halten, und muss meine Energie nicht in eine Beziehung stecken, die mich am Ende bloß runterzieht", gab ich zustimmend zurück.

„Total. Das Leben ist schon nervig genug. Wenn ich eine Freundin habe, sollte mir das gute Gefühle geben und keine schlechten. Ich sorge ja auch dafür, dass es ihr an meiner Seite gutgeht", sagte er entschieden. „Obwohl ich natürlich auch Macken habe, mit denen sie klarkommen muss – einige sogar", schob er reflektiert hinterher. Ich schmunzelte.

„Wäre mir nicht aufgefallen."

„Deshalb sage ich es dir – damit du dich drauf einstellen kannst", grinste er frech und sah mir herausfordernd in die Augen. Seine funkelten geheimnisvoll in der Dunkelheit.

„Ich bin Elend gewohnt. Sollte also nicht so schwer werden", konterte ich trocken. Er lachte.

„Und sie sollte einen guten Humor haben", ergänzte er. „Wenn ich mit ihr nicht lachen kann, kann ich mit ihr auch nicht weinen...", erzählte er. Ich nickte.

„Ja, das stimmt", pflichtete ich ihm bei.

„Also, nachdem wir das jetzt geklärt haben...", fuhr er schmunzelnd fort. „Zu mir oder zu dir?"

Ich musste unwillkürlich lachen.

„Dein Ernst?", fragte ich kopfschüttelnd. Er grinste schief.

„Ich locke dich gerne aus der Reserve. Müsstest du eigentlich längst gemerkt haben", kommentierte er amüsiert. Ich seufzte schwer.

„Was habe ich mir nur dabei gedacht, mich mit dir zu verabreden?", fragte ich, während er aufstand.

„Ich bin halt ein heißer Typ", sagte er unbeeindruckt und hielt mir seine Hand hin. Ich genoss das sanfte Kribbeln auf meiner Haut, als er mir aufhalf und seine Finger meine für den kurzen Moment fest umschlossen.

„Du solltest nicht jeder Frau glauben, die du im Club aufreißt", konterte ich ungerührt. Er lachte.

„Wenn mich so ne heiße Schnitte wie du regelrecht anspringt, sage ich bestimmt nicht nein", erwiderte er belustigt. Ich seufzte theatralisch, dann reichte ich ihm seine Jacke.

„Ich hatte eben Hoffnung, aber wie wir beide ja wissen, wurde ich bitter enttäuscht...", stichelte ich und schenkte ihm einen enttäuschten Seitenblick. Er schüttelte energisch den Kopf.

„Den Schuh zieh ich mir nicht mehr an. Inzwischen habe ich dir oft genug Wiedergutmachung angeboten."

Als wir den Gehweg erreichten, musterte er mich erwartungsvoll.

„Sollen wir noch ein Stück gehen oder willst du zurück?"

Ich schwieg ein paar Sekunden. Einerseits genoss ich die Zeit mit ihm sehr, andererseits war es schon sehr spät und ich musste morgen wieder früh im Büro sein.

„Was soll's", lächelte ich trotzdem, bevor ich mich bei ihm unterhakte und wir unseren Weg in die entgegengesetzte Richtung fortsetzten. Noch war ich nicht bereit, mich für heute von ihm zu verabschieden. Dafür gefiel es mir viel zu sehr, in seiner Nähe zu sein und mit ihm herumzualbern. Mit ihm fühlte ich mich unbeschwert und vergaß die Welt um mich herum. Doch auch, als er zwei Stunden später wieder vor meinem Haus hielt, war ich nicht bereit, mich von ihm zu verabschieden.

Chopper, der es sich auf dem Rücksitz von Martens Wagen gemütlich gemacht hatte, döste vor sich hin und beachtete uns gar nicht mehr. Marten lehnte sich lässig in den weichen Ledersitz und sah zu mir herüber. Seine Brustmuskulatur drückte sich deutlich durch den dicken Stoff des Sweaters, der unter seiner offenen Jacke hervorschaute. Mein Mund wurde trocken, als er mir derart intensiv in die Augen schaute. Seine Augen funkelten mystisch in der Dunkelheit und ich erwischte mich bei der Frage, wie es sich wohl anfühlte, im nüchternen Zustand von ihm geküsst zu werden. Augenblicklich begannen meine Lippen angenehm zu kribbeln.

„Danke", überspielte ich meine Sehnsucht mit einem Lächeln. Dass er mich noch immer schweigend ansah, machte mich nervös. Das Herz schlug mir bis zum Hals, doch er regte sich nicht, schien stattdessen abzuwarten, wie ich mich verhielt. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ihn auf die Wange küssen? Ihn umarmen? Einfach aussteigen? Oder wartete er möglicherweise darauf, dass ich den ersten Schritt machte? Die Ungewissheit überforderte mich. Ich wusste ja nicht einmal, was von alledem ich gerade selbst wollte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ein Mann mich das letzte Mal dermaßen verunsichert hatte.

„Okay, bis dann", sagte ich schließlich hektisch, als ich es nicht mehr aushielt. Erst, als ich mit einem unangenehmen Ruck in den Sitz zurückgezogen wurde, realisierte ich, dass ich noch nicht einmal den Sicherheitsgurt gelöst hatte. Hastig drückte ich auf der Schnalle herum, während Marten mich belustigt beobachtete.

„Bis dann", wiederholte er, als ich es endlich geschafft hatte, mich aus dem Gurt zu befreien und die Beifahrertür aufstieß.

„Komm gut nach Hause", lächelte ich, dann sprang ich aus seinem Wagen und schlug die Tür hinter mir zu. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken, als ich über den Gehweg in Richtung Hauseingang ging. Ich hatte bereits meinen Schlüsselbund in der Hand, als ich die Tür erreichte.

„Hey, warte mal..."

Als ich zu ihm herumfuhr, sah ich, dass Marten ausgestiegen war und ein paar Schritte auf mich zumachte. Der Blick, mit dem er auf mich herabschaute, war undefinierbar. Ich schluckte unmerklich, als er vor mir stehenblieb, denn mein Mund war noch immer staubtrocken. Ich wollte etwas sagen, doch auf einmal bekam ich kein Wort heraus. Er war mir plötzlich wieder so nah, dass ich seinen Duft riechen konnte. Seine unergründlichen Augen ruhten auf mir und funkelten geheimnisvoll in der Dunkelheit. Die Luft zwischen uns knisterte, als er mich zwischen der kühlen Häuserfassade und sich selbst gefangen nahm. Ich verlor mich in seinem intensiven Blick, während er entschieden seine Arme um mich schlang, dann zog er mich mit einem bestimmten Ruck zu sich heran. Die Entschlossenheit, mit der er mich packte, gefiel mir. Ihm plötzlich so nah zu sein, fühlte sich an, als würde ich verbrennen. Noch während ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, spürte ich seine Lippen auf meinen. Sie waren ein wenig rau und schmeckten nach Vanille. Im ersten Moment war ich so überrascht, dass ich die Augen aufriss, aber Marten grinste lediglich in den Kuss hinein, löste seine Lippen von meinen und küsste mich direkt ein weiteres Mal. Von einer Sekunde auf die andere kribbelte alles in mir. Als er sich kurz von mir löste, seufzte ich wohlig auf, legte meine Arme um seinen Hals und sank gegen seine Brust, ehe er mich ein weiteres Mal küsste. Als seine Zunge schließlich über meine Lippen strich, gewährte ich ihm Einlass. Ich hätte nicht einmal widerstehen können, wenn ich gewollt hätte. Marten wusste genau, was er da tat. Meine Beine drohten, nachzugeben, doch er hielt mich sicher in seinem Arm, also ließ ich mich endgültig fallen und versank in diesem innigen, fordernden Kuss, während in mir ein kleines Feuerwerk in schillernd leuchtenden Farben explodierte. Es fühlte sich einfach so richtig an – wie er roch, wie er sich anfühlte, wie seine Lippen schmeckten. Ich hoffte, dass dieser Kuss nicht so schnell endete. Weglaufen konnte ich danach immer noch.

Hach, was soll ich euch sagen, es ist mir echt schwergefallen, diesen Kuss so lang hinauszuzögern :D Wie hat euch das Kapitel denn gefallen? :D 

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