Einbruch

,,Wir gehen jetzt. Bist du immer noch nicht fertig?", hallte Isaacs Stimme genervt durch den Flur. ,,Do-ho-ch!", rief ich zurück und schloss die Tür des Badezimmers mit einem ,,Wir können los" hinter mir. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass Zack es so ernst meinte, aber leere Versprechungen gab es bei dem Schwarzhaarigen wirklich nicht. Diese Versprechen waren auch der einzige Grand, warum ich nun hier war und nicht zuhause meine Ferien genoss. Denn das sollte ich eigentlich tun, stattdessen hatte ich ich für einen spannenden Urlaub entschieden, bei dem ich mich einem Einbruch und wahrscheinlich auch noch Beihilfe zum Mord schuldig machen würde, sofern uns jemand erwischen würde.

Darin bestand meine größte Angst, was würde ich denn dann bitte tun? Die Polizisten anlügen? Aber die können jederzeit die Überwachungsvideos prüfen... es darf einfach auf keinen Fall etwas passieren. Außerdem würden sie Zack dann wieder einsperren und ihn dieses Mal dann töten. Dann gibt es kein Entkommen mehr... Bei diesem Gedanken setzte mein Herz kurz aus und mir lief ein kalter Schauer der Erkenntnis über den Rücken: Zack stirbt, wenn wir es verkacken - wenn ich es verkacke.

,,Hat ja ganz schön lange gedauert", beschwerte Isaacs Stimme sich aus dem größeren Raum, an dem ich gerade vorbeilief, um meine Schuhe anziehen zu gehen. Plötzlich packte er unsanft meinen Nacken, um mich vor sich zu reißen. ,,Wieso trödelst du so? Wenn du was vorhast bist du auch immer am Hetzten. Ach ja und heute bin ich der Bestimmer, klar?", funkelte er mich drohend an und ließ mich wieder los. Mit einem Schnipsen gegen seine Nase antwortete ich: ,,Wenn du meinst, dass du das besser kannst, dann gerne. Aber wenn etwas schief geht, ist es nicht meine Schuld. Merk dir das."

,,Jaja sicher doch", entgegnete er selbstbewusst und hing dann noch nachäffend an: ,,Aber wenn wir erfolgreich sind, ist es auch nicht dein Verdienst." Um ehrlich zu sein, hatte ich immer noch keine Ahnung davon, was er vorhatte. Ich muss mich wohl überraschen lassen. Das einzige, das ich vermuten konnte war wohl, dass wir voraussichtlich etwas klauen würden. Immerhin hatte Zack gewartet, bis es Nacht war. Vielleicht sind wir bei seinem Plan heute ja wirklich erfolgreich. Freuen würde es ihn auf jeden Fall, aber er soll sich seinen vermeidlichen Sieg dann bloß nicht zu Kopf steigen lassen.

Schon fing Isaac an, mich an meinem Rücken zur Tür zu drücken, seine Eile rechtfertigte er auch schon, als wir uns im langen Flur zum Aufzug befanden: ,,Wir müssen los. Vielleicht haben wir sonst keine Zeit mehr!" ,,Entspann dich doch", zischte ich zurück und schüttelte überfordert den Kopf. Jedoch freute es mich, wie viel Mühe Zack sich dafür gab, seinen Plan zu befolgen. Zwar hatte ich noch keine Ahnung wie dieser überhaupt lautete, aber ich verließ mich einfach auf Zack, so wie er sich immer auf mich verließ.

Der Schwarzhaarige übernahm nun selbst die Führung und ging genau vor mir den Flur entlang. Dann jedoch fiel mir auf, dass seine Hand nach hinten zu mir ausgestreckt war und er sie immer wieder auffordernd öffnete und schloss, sodass ich schließlich, wenn auch etwas zögerlich, meine Fingerspitzen auf seine Handfläche legte. Ruckartig zuckte seine Hand zusammen und er schimpfte leise fluchend: ,,Das kitzelt!" Nichtsdestotrotz verfestigte sich sein Griff und er nahm meine Hand in seine, noch bevor wir den Aufzug erreichten und er ungeduldig mehrere Male auf den Knopf drückte.

Seine unerwartete Nervosität machte sich sichtlich bemerkbar und auch an meiner Hand verstärkte sich sein Handdruck zwischendurch immer mal wieder von den einen auf den anderen Moment, bis der Aufzug schließlich mit einem metallischen Geräusch ankam und die Tür sich öffnete.

Nachdem sich nun die Türen des Aufzugs mit einem erneut metallischen, schweren Geräusch geschlossen hatten, wollte ich Isaac wegen seiner Nervosität ausfragen: ,,Was hast du eigentlich geplant, dass du so unsicher bist? Ich glaub ich hab dich noch nie so unsicher gesehen, also was hast du vor?-" Doch Isaac unterbrach mich bereits, auch wenn es wohl eher ich selbst gewesen war, die mich stoppte. Sein Handgriff hatte sich während meiner Frage von meiner Hand gelöst und war schnell zu meinem Kinn hochgewandert, an dem er mich zu seinem Gesicht zog. Allerdings hatte sich dabei sein Daumen auf meine Unterlippe verirrt, sodass ich mich durch mein eigenes Grinsen unterbrochen hatte.

Ich konnte mein leichtes Grinsen nicht einmal unterdrücken und sah einfach weiter zu Zacks, einerseits überraschten aber gleichzeitig auch ruhigen Augen auf, die aus irgendeinem, mir unerklärlichen Grund, auf mein Gesicht fixiert waren. ,,Alsooo?", unterbrach ich die kurze Stille und mein Blick sprang erwartungsvoll zwischen seinen unterschiedlich farbigen Augen hin und her. Ein leichtes, bedrohliches Schmunzeln legte sich auf Zacks Gesicht und er antwortete mit gerecktem Kinn: ,,Wir brechen gleich ein und besorgen dir ein Messer, damit die Kleine sich auch selbst verteidigen kann." Verblüfft zog ich die Augenbrauen hoch. Hat er mich grad ,,Kleine" genannt?

Nun ja, eigentlich ist das sogar ziemlich süß. Aber er sagt das bestimmt nur, weil er meinen eigentlichen Namen nicht kennt. Wenn ich Glück habe, wird er das auch nie. Soweit jedenfalls der Plan, auch wenn es wirklich keine große Bedeutung hätte, ihm meinen Namen einfach zu sagen. Kurz zuckten meine Mundwinkel auch wieder ein wenig auf, senkten sich aber bei meinem Gedanken schnell wieder. Aber... wenn ich mich mit (D/N) bei ihm vorstelle, würde ich eine richtige, aufrichtige Verbindung mit ihm eingehen. Dabei möchte ich ihm doch einfach nur helfen... Ich will keinen verletzten, und wie möchte man bitte von jemandem verletzt werden, dessen Namen man nicht mal kennt? Ihm liegt wahrscheinlich eh nicht so viel an mir, dass ich ihn verletzten könnte - aber sicher ist sicher.

,,Das ist aber lieb von dir. Wie fürsorglich du doch bist", entgegnete ich etwas sarkastisch mit einem übertrieben unschuldig gestellten Gesicht. Sanft hob Isaac mein Kinn mit seinem Zeige- und Mittelfinger höher und höhnte nur leise: ,,Natürlich doch, immerhin wäre ich ohne dich vollkommen am Arsch." ,,Mag gut sein,", gab ich frech zurück und hing meinen Worten noch selbstbewusst an: ,,darum hoffe ich, dass du mich beschützt, ja?" Ein übertriebenes Seufzen verließ Zacks Mund und er ließ von meinem Kinn ab, ehe er sich entspannt auf meiner Schulter abstützte, sobald der Aufzug anhielt und wir diesen innerhalb von wenigen Schritten verließen.

,,Hab ich denn eine andere Wahl?", fragte er theatralisch und legte sich grinsend die Hand auf die Stirn. Ich fasse es nicht. Beinahe fiel mir die Kinnlade herunter. Flirtete der Schwarzhaarige gerade wirklich zurück? Fraglich ist jetzt nur, ob er es ernst meint oder aus Spaß mein Necken so erwidert...

,,Die hast du nicht", wendete ich glücklich ein und wollte Richtung Ausgang sparzieren, allerdings zog mich der Schwarzhaarige mit seinem, um meine Schulter gelegten, Arm zurück und fragte nur verwirrt: ,,Wohin gehst du denn? Wir gehen da lang" Perplex sah ich dorthin, wo sein Finger mir deutete hinzusehen und erblickte zu meinem Schrecken, dass Isaac gerade auf die großen Türen zur Hotelküche zeigte. Wir können doch nicht in unser eigenes Hotel einbrechen...

,,Komm, auf geht's", sagte Zack optimistisch, hob seinen Arm über mich herüber und machte bereits Anstalten, die großen Türen zum Essenssaal aufzuschwingen. Gerade als er die erste Tür öffnete und Platz machte, sodass ich zuerst eintreten konnte, zog ich ihn entschieden an seinem Pullover zurück und zischte leise: ,,Bist du dir echt sicher, dass du hier etwas klauen möchtest?" Die Augen verdrehend legte er seine Hand auf meinen Rücken und stieß mich unsanft in den Raum hinein, woraufhin er die Tür schloss, nachdem er selbst ebenfalls eingetreten war. Tolle Antwort. Echt. Danke.

Der Saal war wie in Dunkelheit getaucht, ich konnte kaum etwas erkennen, weshalb ich fast aufschrie, nachdem eine Stimme in mein Ohr raunte: ,,Sonst wären wir ja nicht hier" Als ich mich dann schlagartig umdrehte stieß ich also mit voller Wucht gegen Isaacs Kopf, der sich zu mir heruntergebeugt hatte. ,,Au! Scheiße", beschwerte sich seine Stimme zischend vor meinem Gesicht und ich konnte seinen Atem auf diesem spüren, als würde er genau vor mir stehen.

Kichernd musste ich mich zusammenreißen, nicht laut loszulachen und prallte erneut gegen sein Gesicht, woraufhin ich noch mehr kichern musste und Zack mich schließlich am Hinterkopf in seine Halsbeuge drückte. ,,Sei doch still", flehte er nervös, was allerdings mehr nach einer Ermahnung klang und mich dazu zwang, mich wieder in den Griff zu bekommen. Ich nickte, als Zeichen, dass er mich loslassen könnte und nach einigen Malen blinzeln konnte ich sogar seine Silhouette vor mir ausmachen. ,,Warum wolltest du eigentlich hier hin?", fragte ich den Schwarzhaarigen nun leise und merkte so langsam, wie sich ein mulmiges, flaues Gefühl in meinem Magen ausbreitete.

,,Wegen deinem Messer, du Hohlbirne", gab Isaac mir mit in der Dunkelheit funkelnden Augen als Antwort und machte sich auf zu der Küche, deren Eingangstür man beim Frühstück hatte sehen können. Zack schien alles beobachtet zu haben und fand die Klinke zu meiner Bewunderung, trotz der Dunkelheit des Raumes, ziemlich schnell, ohne gegen Stühle oder Tische zu rennen. Anders als ich. Beinahe wäre ich gegen einen Stuhl gefallen und hätte diesen, zusammen mit dem Tisch und mir selbst, auf den Boden befördert. Ich hatte es jedoch Zack zu verdanken, nicht hingefallen zu sein, da dieser mich im letzten Moment auffing, ehe ich den Stuhl zu Boden trampeln konnte.

,,Alles gut?", zischte er. ,,Ja, danke", gab ich stotternd zurück und hielt mich noch ein wenig länger an seinen Armen fest, die mich gerade noch so vor den Fall gerettet hatten. ,,Du bist tollpatschiger als gedacht", neckte Isaac grinsend und schnippte gegen meine Stirn, während er ein ,,Ab jetzt. Die Tür ist offen", von sich gab und mir half mich aufzurichten, damit ich vor ihm den Raum betreten konnte.

,,Mach das Licht an", ordnete er, nun auch ohne zu flüstern, an und die Tür fiel zeitgleich mit einem leisen Klicken ins Schloss. Auch wenn er es in der Dunkelheit nicht sehen konnte, nickte ich und machte mich daran, einen oder mehrere Lichtschalter zu suchen, die ich nach wenigen Sekunden neben dem Türrahmen ertastet hatte. In der Hoffnung, ein kleineres Licht würde angehen, drückte ich den Schalter, der sich rechts außen befand. Es ging ein fahles, trübes Licht über den darunterliegenden Herdplatten an, das den Raum aber zu genüge erleuchtete und in alle Ecken vordringen konnte. Außerdem war es viel unauffälliger, als die großen Lampen, die jeweils in einem Abstand von etwa einem Meter von der Decke hingen.

Die Küche war recht einfach aufgebaut. In der Mitte des großen Raumes befanden sich viele Herdplatten und große Arbeitsflächen. Über diesen hingen so einige Kochutensilien, wie Kellen und Pfannenwender. Rechts neben der Tür thronte eine weite Arbeitsfläche über der eine riesige Auswahl an Messern an der Wand hing. Mein Blick wanderte in den linken Teil des Raumes, wo sich einige Spinde, offenbar die der Angestellten, befanden. Ein paar davon waren mit Schlössern versehen wohingegen bei manchen die Türen nicht ein mal ganz geschlossen waren.

Das unsichere Gefühl in meinem Magen verstärkte sich wieder und es fühlte sich an, als müsse ich mich jeden Moment übergeben. Jetzt erst wurde mir klar, was ich hier gerade wirklich tat. Ich bin eingebrochen! Ich klaue etwas! Aber eigentlich war das nicht ein mal ansatzweise so schlimm, wie das was wir vorhatten. Meine Hände fingen an leicht zu Zittern an und ich rieb meine Fingernägel nervös aneinander, um mich zu beruhigen.

,,Hier Kleine. Das nimmst du mit", erklang Zacks Stimme beruhigend hinter meinem Rücken und beim Umdrehen erblickte ich ein großes Messer in seiner Hand. Der Schwarzhaarige steckte seine freie Hand nach der meinen aus und öffnete diese, um mir dann das Messer zu geben. Vor plötzlich aufkommender Angst konnte ich meine Hand vor Zittern nicht einmal um das Messer herum schließen. Wie armeselig ich doch bin... und ich dachte wirklich, ich könnte hier etwas erreichen... Isaacs warme Hand brachte mein Zittern zum stoppen. Er hatte meine Hand umschlossen und sich hinter mich gestellt, sodass er nun gemeinsam mit mir das Messer hielt. 

Aufmunternd und zugleich auch beruhigend gelassen sah Zack mich von der Seite an, als er sich über meine Schulter gebeugt hatte. 

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(2006 Wörter) 

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