ein letztes Mal.

Zack

Letztendlich hatten wir es dennoch geschafft. Dank der Idee der Kleinen konnten wir uns in Sicherheit bringen und wurden nicht entdeckt. Auf der Straße wehte ein angenehm kühler Wind, kein Mensch war mehr unterwegs, sodass wir nun die einzigen beiden waren, die nun herumliefen. 

,,Gib mir das Messer", forderte ich sie nun auf und steckte meine Hand vor, um es entgegen zu nehmen. Sie sollte keine Waffe bei sich tragen, bis es soweit war. Dieses beschissene Messer hat uns ganz schön in Schwierigkeiten gebracht. Als sie mir nach kurzem Zögern das Messer übergab, lächelte ich kurz und packte es in die Tasche meines Pullovers, in der ich meine Hände danach auch ließ. 

,,Wohin gehen wir eigentlich? Nicht wieder ins Zimmer?", fragte meine Begleiterin schließlich und drehte sich zum Hotel hinter uns um, in dem nur noch wenig Lichter brannten und auf ein Innenleben hinwiesen. Verneinend schüttelte ich den Kopf und richtete meinen Blick auf die Straße, die sich offen vor uns erstreckte und nur noch von dem Mondlicht und den Straßenlaternen beleuchtet wurde. 

,,Ich würde gerne noch ein letztes Mal dorthin gehen, bevor wir morgen Rachel retten", sprach ich meinen Wunsch aus und sah fragend über meine Schulter: ,,Einverstanden?" Nachdenklich musterte sie zuerst mein Gesicht und dann erneut die Eingangstür des Hotels, ehe sie letztendlich doch noch nickte und zustimmte: ,,Klar. Ich glaube, es ist sogar schon der nächste Tag angebrochen. Also würde das bedeuten, wir werden sie tatsächlich schon heute retten..." Zum Ende des Satzes wurde sie immer leiser und ihr Gesichtsausdruck wurde ernster. Heute schon?  War denn wirklich schon so viel Zeit vergangen? 

Heute also... Heute wird sich alles entscheiden. Heute werde ich Rays Versprechen einlösen müssen... Aber, was ist dann eigentlich mit der Kleinen? Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch nie über diese Frage nachgedacht hatte. Und nun war es wahrscheinlich schon fast zu spät jetzt erst darüber nachzudenken, oder? 

,,Zack?", meldete die Kleine sich plötzlich wieder zu Wort und meine neugierigen Augen fingen ihren eher betrübten Blick auf. ,,Eben in der Küche, als du gesagt hast, ich solle hinter dir in Deckung gehen, dass es deine Schuld wäre und du ihn töten würdest. Als- als du mich umarmt hast - hattest du da aufgegeben?", fragte sie schließlich und sah auf den Boden, während wir weiter dem Ende der beleuchteten Straße entgegengingen. 

Ihre Frage ließ meinen Atem kurz stocken. Was meinte sie mit ,,aufgeben"? Ich hatte doch nicht aufgegeben. Oder etwa doch? ,,Wie meinst du das?", hakte ich verwirrt nach und runzelte die Stirn, während ich unter der letzten Straßenlaterne anhielt, die den Anfang der Landstraße beschrieb. Ab dieser Stelle müssten wir durch die Dunkelheit laufen. 

Ihre Stimme würde wieder etwas fester, als sie antwortete: ,,Warst du bereit damit abzuschließen? Hättest du diesen Mann umgebracht wären wir sicherlich nie entkommen, ohne erwischt zu werden. Das weißt du genauso gut wie ich. Egal wie lange und weit wir gerannt wären, man hätte uns bestimmt erwischt." Gerade als ich meinen Mund öffnen und über eine vernünftige Entgegnung nachdenken wollte, kam sie mir zuvor und fragte mit gefühlsloser Stimme weiter: ,,Oder hättest du mich sogar dort gelassen?" 

,,Haa??!", irritiert starrte ich sie an. ,,Du denkst doch nicht ernsthaft ich hätte dich da gelassen? Wieso sollte ich das machen?", fuhr ich sie an und beugte mich vor, damit ich ihren Blick besser deuten konnte. Sie glaubte das doch nicht wirklich? ,,Was für einen Grund hätte ich denn dafür?", fragte ich sofort weiter nach, immer noch fassungslos, dass sie so von mir dachte. Mein kleineres Gegenüber atmete kurz durch, bevor sie ein leichtes Lächeln aufsetzte und mir mit einem ungewohnt warmen und weichen Blick antwortete: ,,Du könntest dann doch am Leben bleiben." 

Verständnislos schüttelte ich den Kopf. Machte sie sich Sorgen um mich oder wollte sie mich verarschen? Ich werde sie wohl nie verstehen... ,,Das könnte ich bestimmt auch, wenn ich dich mitnehme. Wenn du nicht schnell genug rennst, trag ich dich eben", entgegnete ich mit einem unbeeindruckten Schulterzucken, woraufhin sie mich aus großen Augen ansah. 

Gelassen drehte ich mich wieder weg und machte den ersten Schritt auf die unbeleuchtete Frage, während ich gleichzeitig meinte: ,,Was würdest du denn machen, wenn man dich allein erwischt? Wenn ich dich zurücklassen würde und man dich finden würde, mein' ich." Lange überlegen musste sie vor ihrer Antwort anscheinend nicht, als hätte sie schon über diese Frage nachgedacht: ,,Ich würde ihnen eine abgewandelte Form der Wahrheit erzählen. Du hättest mich am Leben gelassen, dafür sollte ich dir mit einer Gegenleistung helfen. Ich denke, ich würde dich so gut reden, wie ich eben könnte. Vielleicht würde es nicht wirklich was an deiner Strafe ändern, dich aber irgendwie in ein besseres Licht rücken." 

Ich konnte nicht sagen, ob mich die Antwort überraschte. Dass sie wohl auf alles gefasst war, kannte man schon vor ihn, aber irgendwie war ich auch nicht auf so eine Antwort vorbereitet. ,,Wieso würdest du das machen?", erkundigte ich mich nach kurzem Zögern und warf ihr einen unauffälligen Seitenblick zu, den sie aber mit einem Lächeln erwiderte, ehe sie mit beruhigend freundlicher Stimme sagte: ,,Weil du ein guter Mensch bist, Zack." 

Sofort wand ich mich peinlich berührt ab und kratzte mir verlegen am Nacken. Was sollte das denn jetzt heißen? Vielleicht will sie mich doch einfach verarschen und das war ein Witz. Kann ich sowas denn glauben? Wie soll ich denn ein guter Mensch sein, obwohl ich so vielen anderen ihr Leben genommen habe? Wieso sagt sie sowas ausgerechnet zu mir?


Gemeinsam liefen wir die, vom Mond nur spärlich beleuchtete, Straße entlang und redeten kaum ein Wort miteinander. Doch dieses unbehagliche Kribbeln in meinem Bauch, das ich seit unserem letzten Gespräch hatte, ließ nicht nach. Ich hatte das Gefühl, mich bedanken oder etwas nettes sagen zu müssen. Aber wie sollte ich das tun? Wie könnte ich so etwas jemals begleichen? 

Diese ungewöhnliche Ehrlichkeit zusammen mit dieser Fürsorge für meine Gefühle. Ich verstehe sie einfach nicht. Ihre Handlungen ergeben doch rein gar keinen Sinn. Wieso hilft sie mir überhaupt? Hatte das irgendeinen Nutzen für sie? Eher nicht. Still lief ich weiter, meinen Blick auf ihrem Rücken verharrt, hinter dem sie ihre Hände locker verschränkt hatte und den Blick vor sich gerichtet. Wie würde ich mich jemals für ihre Hilfe, egal welcher Art, revanchieren können? 




,,Zack?", meldete sich die mir nun wohl bekannte Stimme des Mädchens mit einem neugierigen Unterton. Mein interessierter Blick huschte zu ihr hinüber und ich hörte aufmerksam zu, als sie zu fragen begann: ,,Bist du bereit für morgen?" Ein leichtes Seufzen entfuhr mich, als ich auf die riesige Mauer sah, die sich vor uns befand. Sie war wirklich gigantisch. Ich war es eigentlich gewohnt, größer als die meisten zu sein, vor allem seit Rachel und die Kleine meine Begleiter gewesen waren. Sich jetzt so klein zu fühlen ist echt beschissen. 

Ich ließ mich nach hinten ins Gras fallen und sog den Geruch dieser Vollmondnacht ein. Es war wirklich beinahe Vollmond, etwa morgen wäre der Mond am vollsten zu sehen. ,,Das weiß ich leider nicht", seufzte ich zur Antwort und fuhr leiser fort: ,,Ich hab die ganze Zeit darauf gewartet, aber jetzt, wo es soweit ist..." Ich brach mitten in meinem Satz ab. Ich weiß ja selbst nicht, was ich sagen will- 

Das Gras neben mir raschelte und ich drehte meinen Kopf zur Seite, um daraufhin das betrübte Gesicht der Kleinen neben mir zu sehen. Auch sie lag nun im Gras und ihre Haare wehten im leichten Wind ruhig um ihr Gesicht herum. ,,Es fühlt sich nicht ganz real an. Meinst du das?", beendete sie meinen Satz und drehte ihr Gesicht zu meinem, sodass unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt lagen. 

Nickend sah ich wieder gen Himmel. Es war seltsam. Würden wir beiden nach morgen noch zusammen sein oder würden sich unsere Wege auf ewig Trennen? Mit Letzterem wäre ich wohl nicht sehr zufrieden, immerhin hatte ich angefangen sie wirklich gut leiden zu können. Wie gerne hätte ich sie noch länger an meiner Seite gehabt...

,,Ja, das meinte ich. Keine Ahnung, ob ich jetzt wirklich hier sein würde hättest du mir nicht heute, wie bei unserem ersten Treffen zur Seite gestanden...", sagte ich leise, mit einem Schmunzeln und- bereute es sofort wieder. Meine Ohren wurden ungeheuer heiß und ich spürte diese unwohle Wärme schon in meinem ganzen Gesicht. Ich benehme mich wie ein Vollidiot. 

,,Uhmm... äh, danke. Das- Das hast du grad wirklich schön gesagt", stotterte sie zögerlich neben mir. Als ich dann unsicher zu ihr herüber sah, hatte sich sich immer noch nicht abgewandt und lächelte mich schelmisch und mit ebenfalls geröteten Wangen an. Dann bin ich wenigstens nicht der Einzige von uns beiden, dachte ich erleichtert, ehe ich mich mit einem Schnaufen aufsetzte. 

Mit in den Nacken gelegten Kopf fragte ich nach: ,,Gehen wir wieder zurück?" Ich betrachtete für wenige Sekunden die Sterne am klaren Nachthimmel, bevor ich meinen Kopf wieder aufrichtete und die Mauer vor uns anstarrte. Morgen, nein heute ist es so weit. 

,,Ja, lass uns gehen", gähnte die Kleine hinter mir und stand auf, woraufhin ich mich ebenfalls erhob und erneut den Größenunterscheid zwischen uns bemerkte. ,,Kleine" passt wirklich gut zu ihr. 

Und so begann unser Rückweg, der sich unendlich viel länger anfühlte, als unser Hinweg. Dies lag aber wahrscheinlich daran, dass meine Begleitung beinahe im Laufen einschlief und, auch wenn sie dann mal aufholte, nach wenigen meiner Schritten wieder zurückfiel. 

,,Geht's noch langsamer?", stöhnte ich genervt auf und blieb, die Arme und den Kopf hängen lassend, stehen. Nun ja, nach der ganzen Aufregung heute kann ich's auch verstehen, aber schlafen kann sie, wenn wir zurück sind. Als sie endlich neben mir ankam, ging ich leicht in die Knie und nickte auffordernd, zusammen mit einem: ,,Rauf da. Ich trag dich jetzt zurück." 

Ihre müden Augen weiteten sich benommen etwas, dann schüttelte sie den Kopf und machte den Mund auf, um zu widersprechen, doch ich fiel ihr sofort ins Wort: ,,Los jetzt. Keine Diskussion, sonst kommen wir nie an." 

Widerwillig knickte sie irgendwann mit einem grummelnden ,,Na gut" ein und ich legte meinen Griff unter ihre Beine, um sie auf meinen Rücken zu ziehen. Vorsichtig legten sich Arme über meine Schultern und hingen auf Höhe meiner Brust, sobald ich, mit der Kleinen auf dem Rücken, losging. 

Ruhig säuselte ihr Atem gegen meinen Hals und ich konnte merken, wie sie langsam einschlief. Frage ist jetzt nur, wie zum Teufel ich ohne ihre Hilfe ins Zimmer kommen soll. Still, nur sie auf meinem Rücken tragend, lief ich weiter die Straße entlang, auf der schließlich auch wieder Straßenlaternen die Nacht erleuchten. Ständig ging mir nur diese ein Frage durch den Kopf: Was ist wohl an den Tag nach heute? 

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(1770 Wörter) 

Und damit ist Kapitel 32 beendet (*/ω\*)

Wie wahrscheinlich schon zu ahnen ist, wird es nicht mehr viele Kapitel geben, ich schätze derzeit auf 36-38 Kapitel, mit denen ich dieses Buch abschließen werde ^-^ 

Übrigens: Denen, die meine Beschreibung gelesen haben, ist vielleicht eine kleine Sache aufgefallen, die ich aber bald offiziell machen werde ╰(*°▽°*)╯seid auf jeden Fall gespannt, es wird was großes werden ;)

Tut mir übrigens Leid, dass jetzt was länger nichts kam, ich hatte ja schon auf meinem Board angekündigt, wieso das so war :) Bei den Oneshots ist übrigens auch ein Neuer da (¬‿¬)

Letzte Ankündigung für heute: Ich werde das Cover wohl heute noch ersetzten, da ich aktuell sehr viele Cover mache. Dieses neue wird nichts krass besonderes, da es an den alter Charme meiner Anfänge auf Wattpad erinnern soll^^ 

Stand: 25.08.2021          22:10 Uhr 

Reads: 31.926 | Votes: 1.682, danke für jeden einzigen, die Votes helfen mir in Ranglisten und sind wirklich, zusammen mit Kommentaren meine größte Motivation, da ich so weiß, dass Leuten meine Story gefällt :) | 1k Kommentare <33 

Danke für alles! <3 

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