der einzige Ausweg

Ich und Isaac hatten das Hotel verlassen und liefen nun nebeneinander die Hauptstraße entlang. Den Blick der Empfangsdame spürte ich noch eine kurze Weile lang, jedoch konnte sie uns schon bald nicht mehr mit ihren Blicken durch die riesigen, von außen sichtgeschützten, Fenster verfolgen. Wenn wir wieder da sind, werde ich sie einfach anlächeln. Vielleicht wird sie dann verstehen, dass sie sich wirklich keine Sorgen machen muss. Außerdem wäre es wirklich schlecht, wenn sie sich unsere Gesichter zu gut merkt... Immerhin könnte sie den Polizisten unser Aussehen beschreiben, sobald wieder nach Rachel gesucht wird, nachdem Zack und ich sie da raus geholt haben. 

Nun weiter vom Hotel entfernt liefen wir an mehreren kleinen Läden vorbei und ich spürte wärmend die letzten Strahlen der Sonne, die langsam erloschen, an meinem Rücken. Während Zack sich von jeder Kleinigkeit in den Schaufenstern ablenken ließ, musste ich ihn also immer wieder am Arm packen und halb mir her zerren und ihm Versprechungen machen, dass die Sachen am nächsten Tag auch noch da wären. Mein einziges Ziel dabei war, so schnell wie möglich bei Rachel anzukommen, bevor die Sonne komplett untergegangen war. Aber Zack benimmt sich ja wieder, wie ein kleines Kind, überlegte ich belustigt und musste mir ein Lächeln verkneifen, während ich nun von seinem Unterarm abließ und dafür seine Hand packte. 


Zack 

Ich zuckte kurz überrascht zusammen, als sie meine Hand nahm, wehrte mich aber nicht weiter  dagegen. Ohne ein Wort zu sagen oder beim nächsten Laden anzuhalten, folgte ich ihr auf unserem Weg die Straße entlang. 

,,Wir sind da", hauchte die Kleine neben mir und sah mit großen Augen geradeaus, ihrem Blick in die Ferne folgend, erblickte auch ich, was sie sich ansah. Ich hatte es mir eigentlich schon denken können, war aber dennoch überrascht, als ich schließlich eine riesige Mauer und innerhalb dieser das dunkle Dach eines scheinbar großen Gebäudes entdeckte. Und als wäre sie nicht schon hoch genug, stand auf dieser verdammt großen Mauer noch ein Stacheldrahtzaun. ,,Scheint so", meinte ich nur wenig beeindruckt und wollte näher ran gehen, wobei ich meinen Griff an ihrer Hand wieder aufnahm. 

Davor hatte ich meine Hand zwar nur locker hängen und mich von ihr ziehen lassen, aber jetzt wollte ich auch mitbestimmen, wo wir hingingen. Kurz überkam mich jedoch eine Ungewissheit, da ich nicht wusste, ob sie das eigentlich wollte und ich warf ihr einen Blick zu. Gerade noch sah ich, wie ihr Gesicht sich unseren Händen abwandte, dann richtete sie ihren Blick erneut nach vorne und ich erkannte zu meiner Überraschung ein glücklich wirkendes Lächeln, das sich auf ihren Lippen bildete. 

Langsam kamen wir den Mauern näher. Je weiter wir gingen, desto hoher kamen sie mir vor. Das sind bestimmt fünf oder sechs Meter... Wie soll ich denn darüber kommen? Die Kleine muss sich einen Plan ausdenken! Genervt beschleunigte ich mein Tempo und riss sie dabei mit mir mit. ,,Das tut weh!", klagte sie mehr genervt als wütend hinter mir und versuchte ihre Hand aus meinem Griff zu lösen. Ohne Erfolg. ,,Wir gehen uns das jetzt genauer angucken", sagte ich stur und ging weiter, lockerte aber meinen Griff, da ich eigentlich wirklich nicht vor hatte ihr zu schaden. 

,,Ich komm ja mit. Krieg' dich mal wieder ein", damit holte sie zu mir auf, verlangsamte mein Schritttempo jedoch auch damit, dass sie mich an meiner Hand etwas nach hinten zog. Unter zusammengebissenen Zähnen presste ich nur ein ,,Wieso nicht gleich so?" hervor und bereute es sofort wieder, als ich die hochgezogenen Augenbrauen und die Empörung in ihrem Gesicht sah. 

,,Tut mir leid...", entschuldigte ich mich murmelnd etwas beschämt und ging wieder etwas langsamer. ,,Hoffe ich für dich", erwiderte sie frech, aber ohne ironischen Unterton in der Stimme. Fuck. Jetzt ist sie sauer. 

Inzwischen waren wir an der Mauer angekommen und liefen an der Straße entlang auf ein großes, massiv aussehendes Tor zu. In einem Umkreis von etwa einem oder zwei Kilometern standen keine weiteren Häuser, Läden oder andere Gebäude mehr. ,,Wieso ist es hier so verlassen?", sprach ich meine Frage nachdenklich aus und betrachtete die weiten Felder und den etwas entfernteren Wald um die Mauern herum. ,,Damit die Patienten und die Einwohner sich nicht gegenseitig stören. Darum gibt es hier auch nur eine kleinere Straße. Die Patienten sollen glaube ich möglichst wenig von der Außenwelt mitbekommen oder durch laute Geräusche, wie denen von Autos, gestört werden", erklärte mir die Kleine sofort und zog mich über die Straße hinweg auf die andere Straßenseite, die gegenüber des Tores lag. 

Verständnislos sah ich sie an und riss meine Hand weg von der ihren. ,,Wieso gehen wir wieder weg? Wir sind doch hier um Ray zu holen!", brüllte ich sie an und fuhr ihr mit meiner Nase vors Gesicht, sodass sie erschrocken zurückzuckte und verschreckt meinte: ,,Aber doch nicht direkt heute." Was? Wieso sind wir dann hier hin gegangen? Sie ist doch direkt hier! Ich kann sie jetzt holen - wir können sie jetzt holen! Von ihren Worten geschockt, trat ich einen Schritt nach hinten und sah sie fragend an. 

,,Wieso zum Teufel sind wir denn dann hier, wenn wir sie nicht jetzt holen?", versuchte ich verzweifelnd eine Antwort auf meine Fragen zu finden. ,,Zack...", fing sie leise mit beruhigender Stimme an, doch ich unterbrach sie aufgebracht: ,,Nichts da mit ,Zack'. Wieso? Wieso sind wir hier, wenn wir sie eh nicht retten?" 

,,Zack. Wir werden sie retten, aber nicht heute. Verstehst du?", sie sah mich aus großen, etwas besorgten Augen an, als sie mir ihre Idee zu erklären versuchte. Nein, ich verstehe nicht. Am liebsten hätte ich ihr das auch gesagt, doch ich riss mich zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Wiederwillig nickte ich und riss meinen Blick von ihrem Gesicht los, um wütend zu dem Gebäude zu sehen. 

,,Aber", fing ich wieder an: ,,Es dauert wirklich nicht lange"- flehend sah ich ihr wieder in die, nun noch besorgter wirkenden Augen- ,,lass mich da bitte rein. Gib mir fünf Minuten. Ich kann das! Auch alleine. Du musst nicht mitkommen und dich auch keiner Gefahr stellen." Aufgeregt auf eine Antwort wartend, griff ich nach ihren Schultern und zog sie so an mich heran, dass ich ihr direkt in die Augen sehen konnte. Bitte, lass mich gehen. Ich schaff das, aber ich werde nicht gehen, ehe es für dich okay ist. Keine verschissenen Alleingänge mehr. Für keinen von uns. 


(D/N) 

Überrascht sah ich Zack an, aber es regte sich auch Mitleid in mir. Er wollte sie unbedingt jetzt retten, aber es war noch nicht an der Zeit... Eigentlich wollte ich doch nur hierher, um mir alles anzusehen und mir die Abläufe hier zu merken. Schichtwechsel, wann die Lichter ausgehen, das eben alles. Aber nie hätte ich gedacht, dass es Isaac so in Aufruhr versetzten würde, wenn er hier ist. Vielleicht hätte ich ihn einfach im Hotel lassen sollen... Aber dann hätte ich unser Versprechen gebrochen, dass ich nichts mehr alleine mache. 

,,Also, pass auf: Wir gucken uns hier erst ein mal ein paar Tage an, wie alles abläuft. Dann wird es um einiges leichter sein da rein zukommen", versuchte ich zu erklären und zeigte auf das Tor in der Mauer, das mehrere Meter breit war, wahrscheinlich damit Fahrzeuge ein- und ausfahren konnten. Dabei sah ich wieder auf Isaacs Hand, die sich immer noch in meine Schulter klammerte und hob nun meine Hand, um sie auf seine zu legen, damit er sich endlich mal beruhigen konnte. 

Doch als meine Hand kurz davor war, seine zu berühren, schlug er sie einfach weg, kurz bevor er mich auch an beiden Schultern los ließ und von sich weg drückte. Er hielt sich eine Hand in sein Gesicht und verdeckte somit seine Augen, dennoch konnte ich erkennen, dass er versuchte sich zusammenzureißen, als seine Mundwinkel anfingen zu zucken - als würde er versuchen, nicht in Tränen auszubrechen, fuhr mir eiskalt das Entsetzen den Rücken herunter. ,,Du raffst es echt nicht, hm?", presste er unter zusammengebissenen Zähnen mit einem verachtend klingenden Unterton hervor, trotzdem hörte ich heraus, dass seine Stimme kurz davor war, zu versagen.

Bevor ich aber etwas antworten konnte, erklang eine aufgebrachte Stimme aus Richtung des Tores: ,,Ey! Was macht ihr da? Alles in Ordnung bei euch?" Erschrocken fuhr ich zusammen, als ich sah, dass es wohl ein hier angestellter Wachmann sein musste, da er neben einem Auto stand, hinter dem sich gerade das riesige Tor schloss und mir einen kleinen Blick auf das Gebäude erlaubte. Scheiße! Er darf unsere Gesichter nicht sehen. Wenn wir Pech haben, hat der Typ gesehen, dass Zack mich geschubst hat. Aber ich darf jetzt nicht die Nerven verlieren!

,,Alles gut!", rief ich dem Wachmann zu und zog Isaacs Kopf sanft zu mir und legte ihn behutsam in meine Halsbeuge, um ihn zu beruhigen. Wahrscheinlich hatte noch nie einer über seine Gefühle nachgedacht. Er musste sich selbst wohl zu viel Stress aufgebürdet haben. Wahrscheinlich nahm er sich das mit Rachel auch zu sehr zu Herzen - ihr Versprechen. Es bereitet ihm wohl unendlich viel Druck. Vielleicht auch, weil er sie eigentlich gar nicht Töten möchte? 

,,Was ist denn los?", rief der Typ uns zu, der neben seiner geöffneten Autotür stand, die Arme in die Hüften stützte und uns mit gehobenen Augenbrauen erwartungsvoll ansah. Verpiss dich doch einfach! Das hätte ich am liebsten in sein arrogantes Gesicht geschrien, aber ich hielt die Klappe und ließ mir schnell eine Ausrede einfallen.

 Also versicherte ich ihm mit beruhigender Stimme: ,,Es ist wirklich alles in Ordnung!" Kurz zögerte ich, brachte dann aber mit einer verstellt mitleidig klingenden Stimme hervor: ,,Seine Mutter war hier eingewiesen und hat sich vor etwa einem Jahr das Leben genommen. Darum sind wir hier kurz auf unserem Weg in die nächste Stadt vorbeigefahren" Fahr weg, geh, los. Ich versuchte meine aufkommende Panik zu unterdrücken und warf froh, dass Zack leise blieb und sich nicht dagegen wehrte, als ich meine Hand auf seinem Hinterkopf ließ und in seine Haare vergrub. 

Bitte lass den Typ meine Geschichte glauben. Langsam verzweifelnd überlegte ich, was ich tun sollte, wenn er näher käme. 

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(1662 Wörter) 

Und damit glaube ich sogar einer der längsten Parts und das war er auch, Part 25. Und er kommt mitten in der Nacht, weil ich ihn gerne hochladen wollte, bevor wir die 16k Reads erreichen, bei denen gerade nur noch 3 fehlen xD 

Also auch noch mal hier: Vielen Dank für eure ganzen Votes und den ganzen anderen Support, auch in den Kommentaren^^ Ich freu mich immer wahnsinnig über das alles, schaffe es aber leider nicht immer, allen eine Nachricht in ihrem Feed zu hinterlassen^^" Aber ich gebe mir natürlich weiterhin Mühe ( •̀ ω •́ )✧

Stand: 10.04.2021       3:55 Uhr (ich muss morgen um 8 Uhr aufstehen 0.o) 

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Kommentare: 492

Vielen Dank noch mal für das alles! <3 

Ich hoffe der Part hat euch gefallen :) 

(1792 Wörter) 





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