36. Kapitel

„Was machen wir jetzt?", fragte ich Angelo.
Nachdem wir aus dem Schwimmbad geflüchtet waren, hatten wir uns in sein Auto gesetzt und dort erstmal eine Runde verschnauft.

„Keine Ahnung, wir könnten zu mir fahren", schlug er vor.
Ich schaute ihn nur etwas misstrauisch an, weil irgendwas in meinem Kopf sagte, dass dies nicht so eine gute Idee sei.

„Keine Sorge. Diesmal taucht kein bekloppter Onkel auf", entgegnete er sofort, als er meinen Gesichtsausdruck sah.
„Versprochen?", hakte ich nach.

„Ja, versprochen"

„Gut dann können wir los. Ich habe nämlich eine ziemlich Hunger und ich glaube euer Kühlschrank hat kein Problem damit geplündert zu werden, oder?"

„Na ja, es sei denn Leonardo hat das schon übernommen. Aber sonst bestellen wir einfach Pizza", schlug er vor, worauf ich grinste.
„Das klingt sogar noch besser"




Mit einem Klicken schloss Angelo die Haustür auf, sodass wir eintreten konnten.

Sobald wir im Wohnzimmer waren, ließ ich meine Sportasche auf den Boden fallen, wo sie mit einem dumpfen Schlag aufkam.
Dann wanderte mein Blick an meiner Kleidung herunter, die durch den nassen Badeanzug nicht mehr ganz so trocken war.

„Ähm...", murmelte ich und richtete meine Augen langsam wieder auf Angelo, der mich darauf nur fragend anschaute.
„Du hast nicht zufällig noch was trockenes und gemütliches zum Anziehen?"

Ich sah wie sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen.
„Ganz zufälligerweise habe ich so etwas, was sich Kleiderschrank nennt"

„Also ja?", hakte ich weiter nach, worauf er einmal nickte.
„Aber wenn du dir weiter so viel Klamotten von mir ausleihst, ist dieser bald leer"

„Ich glaube da übertreibst du ein bisschen. So viele Sachen habe ich doch gar nicht von dir", entgegnete ich und folgte ihm die Treppe hoch.
„Ach und was ist mit den zwei Shirts und der Jogginghose? Wiedergesehen habe ich die immer noch nicht"
Jedoch konnte ich sehen, wie ihm dabei ein Lächeln über die Lippen schlich.

„Also erstens hast du mir das schwarze Shirt geschenkt und die anderen Sachen konnte ich dir nur noch nicht wieder mitbringen", verteidigte ich mich und schlenderte neben ihm her zu seinem Zimmer.

„Ich weiß, war ja auch nur ein Spaß. Behalt sie meinetwegen. Ich zieh sie eh nie an"
Wie automatisch bildeten sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht und ein Kribbeln entstand in meinem Bauch.

Irgendwie möchte ich es mit ihm Zeit zu verbringen. Zumindest momentan.
Er war irgendwie so nett und lustig....und vielleicht auch ein bisschen süß.

„Kylie?", riss er mich plötzlich aus meinen Gedanken.
„Willst du jetzt was frisches zum Anziehen haben oder nicht?"
Dabei lehnte er an der Zimmertür und schaute mich belustigt an.

„Oh..ähm..ja", stotterte ich und schlüpfte schnell hinter ihm durch die Tür.

Zwar war ich schonmal in seinem Zimmer gewesen, aber irgendwie musste ich trotzdem staunen nachdem ich es betreten hatte und mich nun umschaute.

„Hier", lenkte Angelo mich aber vom Starren ab und reichte mir ein paar Klamotten.

„Ich luchse schon mal Leonardo die Pizza ab, wenn du fertig bist komm einfach runter in die Küche"

Dann fiel auch schon die Zimmertür ins Schloss und er war aus dem Raum verschwunden.

Für einen kurzen Moment verharrte mein Blick auf der Tür, aber dann wandte ich ihn wieder zu den Klamotten.
Rein kommen würde er wahrscheinlich eh nicht mehr.

Doch leider lag ich damit ein bisschen falsch.
Nachdem ich nämlich meine Hose gewechselt sowie den Badeanzug darunter gegen frische Unterwäsche getauscht hatte, ging auf einmal die Zimmertür auf.

Mit einem Keuchen fuhr ich herum und blickte nun in die schwarzen Augen von Angelo, die mich neugierig musterten.
„Du willst dir nicht vielleicht was drüber ziehen. Nicht das ich etwas gegen deinen Look hätte, aber meine Mutter findet das glaube nicht so anziehend, wenn du verstehst was ich meine"

Ich rollte einmal mit den Augen und schnappte mir dann das Shirt, was ich aufs Bett gelegt hatte.
Er hatte mich eh schon mit deutlich weniger Kleidung gesehen, also brachte es jetzt auch nichts Panik zuschieben. Außerdem hatte ich ja bereits meine Hose an und trug oben rum zum Glück einen Sport BH.

Schnell streifte ich mir das schwarze T-Shirt über und lief dann zu ihm.
„Du konntest ja auch einfach mal aus Respekt nicht hinschauen", murmelte ich und quetschte mich dann an ihm vorbei, raus auf den Flur.

Ich hörte wie er auflachte und dann die Zimmertür hinter mir schloss.
„Du stellst viel zu hohe Anforderungen. Glaub mir bei so einem Anblick wie du ihn bietest, könnte kein Junge einfach wegschauen"

Daraufhin bekam er nur einen leichten Schlag von mir auf den Oberarm, aber auch ein kleines Lächeln geschenkt.

Das hatte er sofort bemerkt und legte seine Arme um mich herum, sodass ich mich nun nicht mehr wirklich bewegen konnte.
„Wusste ich doch!", raunte er leise in mein Ohr.

„Was wusstest du?", hakte ich genauer nach und drehte meinen Kopf etwas zur Seite, sodass ich nun in seine hübschen Augen blicken konnte.

Wie konnten die bitte so dunkel sein? Wie als hätte man sie mit schwarzer Farbe ausgemalt.

„Angelo!!!", ertönte aber auf einmal Leonardos Stimme von unten, worauf er sein Gesicht ruckartig von mir wegdrehte und mir wieder einmal die Frage nicht beantwortete.

Jetzt war unser kleiner Moment, wenn man es überhaupt Moment nennen konnte, zerstört.

„Was?", rief er und löste sich etwas von mir, worauf sich plötzlich das Gefühl von Enttäuschung in mir breit machte.

„Ist das deine Pizza die Chico da gerade futtert oder meine?"

Verwundert schauten wir uns beide an und stürmten im nächsten Moment die Treppe herunter.

Unten in der Küche stand Leonardo, der seinen Blick auf einen mittelgroßen Hund gerichtet hatte, welcher gerade dabei war den Inhalt von einem der Pizzakartons zu leeren.

„Warum nimmst du Vollidiot ihm die nicht weg?", brüllte Angelo seinen Bruder an und entriss dem Hund die Pizzaschachtel.
„Weil wenn es deine wäre, er sie ruhig auffressen kann und was macht Kylie hier schon wieder? Du weißt ganz genau was für ein Aufwand es beim letzten Mal war sie hier raus zu bekommen"

Dabei sah er mich jedoch kein einziges Mal an. Wie als würde ich nicht zusammen mit ihnen in der Küche stehen.
Was hatte er bloß die ganze Zeit?

„Er ist nicht da. Also sehe ich kein Problem darin, dass sie nicht hier sein dürfte"

Ich sah wie Leonardo den Mund öffnete und ansetzten wollte etwas auf italienisch zu sagen, aber ihn dann wieder schloss.
Anscheinend war ihm wieder in den Sinn gekommen, dass ich die Sprache ebenfalls konnte.

Sein Blick wanderte schließlich zwischen uns beiden hin und her.
„Kann ich mal mit dir reden? Jetzt!", richtete er sich dann an seinen Bruder.
Dabei konnte man deutlich den Ernst in seinem Gesicht erkennen.

Anscheinend war es ihm doch wichtiger, als ich gedacht hatte, denn in seinen hellbraunen Augen spiegelte sich wieder etwas Sorge.

Angelo fuhr sich nur einmal durch die schwarzen Haare und drehte sich dann zu mir.
Ich nickte nur leicht, worauf er schließlich ein Danke mit seinen Lippen formte und dann mit seinem Bruder aus der Küche verschwand.

Ich starrte den beiden hinterher und spürte auf einmal wie etwas nasses meine Hand anstupste, worauf ich erschrocken einen Satz zur Seite machte.

Es war nur Chico gewesen, der mich jetzt aus seinen großen Glubschaugen anschaute und dabei seine Zunge im Gesicht kleben hatte.
Irgendwie sah dieser Blick ziemlich dumm aus, worauf ich mir das Lachen nicht verkneifen konnte und mich zu dem Hund auf den Boden setzte.

„Du bist aber ein Süßer", murmelte ich und kraulten ihn hinter seinen Ohren, worauf er anfing wie wild mit der Hinterpfote auf den Boden zu schlagen.

Dann schmiss er sich auf den Rücken und wälzte sich dort hin und her, wodurch ich ihn am Bauch weiter krauelte.

Plötzlich schreckte ich aber hoch, als auf einmal ein lautes Klirren aus dem Wohnzimmer ertönte und kurz darauf Leonardos brüllende Stimme.
„Du Arschloch wusstest ganz genau, dass ich sie mochte und jetzt schnappst du sie mir einfach weg"

„Reg dich ab, dass war ne verdammte Woche in der du Interesse hattest. Außerdem kann sie dich doch eh nicht leiden", ertönte die Stimme seines Bruders.
Verwundert stand ich vom Boden auf und lief langsam auf die Tür zu, um zu lauschen.

Wollten die beiden nicht über ihren Onkel reden?
Zumindest hatte es sich vorhin doch so angehört.
Aber jetzt waren sie ja bei einem komplett andern Thema angelangt.

„Ach aber dich schon oder wie? Du bist hier doch der Herzensbrecher von uns beiden. Wenn sie jemanden hassen sollte dann dich"

Immer mehr presset ich mein Ohr an die Tür, obwohl ich das eigentlich gar nicht musste. Denn den Streit der Beiden konnte man im gesamten Haus hören.

„Spiel dir nichts vor. Auch wenn ich nicht da gewesen wäre, hätte sie nie im Leben etwas von dir gewollt. Sieh es ein Leonardo! Du spielst nicht in ihrer Liga", knurrte Angelo.

„Du elendes Arschloch. Ständig musst du mir alles kaputt machen"
Und dann hörte man bereits ein lautes Klirren sowie Gepolter.
Anscheinend prügelten sich die beiden gerade.

„Du weißt ganz genau, dass ich es nicht mit Absicht tue", durchschnitt auf einmal Angelos Stimme die Prügelei, worauf wieder einigermaßen Stille herrschte.
Zumindest bis man Leonardo wieder keifen hörte.
„Und ob du es tust. Du hast einzig und alleine ein Auge auf sie geworfen nur um es mir damals für Scarlett heimzuzahlen"

„Da waren wir gerade mal zehn", brüllte Angelo seinen Bruder an.
„Und du weißt ganz genau, was ich von Scarlett mittlerweile halte"

Doch weiter kam er mit reden nicht, denn im nächsten Moment ertönte wieder lautes Gepolter.
Anscheinend hatte sich Leonardo erneut auf ihn gestürzt.

Jetzt reichte es mir aber.
Die beiden konnten doch nicht jedes Mal, wenn sie sich stritten, das komplette Haus zerlegen.

Mit einem Ruck stieß ich die Tür auf und durfte im nächsten Moment mitansehen, wie Leonardo Angelo so doll ins Gesicht schlug, dass er aus der Nase blutetet.

„Leonardo! Angelo!", brüllte auf einmal eine Stimme, worauf ich verwundert meinen Kopf zu Seite drehte und Gianna die Treppe herunter eilen sah.
„Sofort auseinander ihr zwei Bekloppten! Ihr könnt mir doch nicht ständig das Haus zerlegen"

Ich sah wie sie auf Leonardo zu eilten und probierte ihn von seinem Bruder herunter zu ziehen.
Ich fackelte nicht lange und schaffte es noch gerade so Angelos Arm zu packen, der kurz davor war sich auf Leonardo zu stürzen, der nun ebenfalls fest gehalten wurde.

Wütend starrten die beiden Brüder sich an wobei Gianna und ich Mühe hatten, die zwei Köpfe größeren Jungs, davon abzuhalten sich erneut auf einander zu stürzen.

Leonardo hatte ein ziemliches blaues Augen und ein paar Blutergüsse.
Angelos dagegen blutete aus der Nase und ein paar Kratzspuren zeichneten sich in seinem Gesicht ab.

„IHR BEIDE....", fuhr Gianna ihre Söhne an und musterte sie wütend.
„Ihr wisst ganz genau, was ich von euren Auseinandersetzungen halte und erst recht wenn diese im Haus stattfinden"

Mann konnte hören wie Angelo wütend auf schnaubte und ich mich wortwörtlich an seine Arm klammern musste, damit er sich nicht nochmal auf Leonardo stürzte.
„Das Miststück dort hat doch angefangen"

„Mir ist es relativ egal wer angefangen hat und um was ihr euch wieder prügelt", unterbrach Gianna ihn.
„Wenn ich sowas nochmal erlebe Jungs werde ich Roberto Bescheid geben. Und glaubt mir dieser wird schon dafür sorgen, dass ihr euch mal wie eine Familie benehmt"

„Der soll erstmal die Flasche aus der Hand legen und sich als Familienmitglied erweisen. Er hat Dad schließlich dazu gebracht...", setzte Leonardo an, aber sein Mutter fiel ihm ins Wort.

„Leonardo!!", ermahnte sie ihn nur, wobei ich aber merkte, dass ihre Augen leicht zu mir wanderten.
Was hatten sie denn auf einmal alle?
Waren dieses Familiensachen wirklich so privat?

Langsam kam mir die Sache mit dem Fotoalbum wieder in den Sinn.
Gianna war Mancinis...äh...Giorgios Frau.
Wahrscheinlich hatte sie mich schon erkannt, als ich das erste mal hier war sowie meine Mutter nur den Namen von Angelo hören musste, um zu wissen wer er war.

Natürlich wollte sie nicht, dass ihr Sohn da Familienangelegenheiten vor mir ausplapperte. Und das erst Recht nicht, wenn es um ihren Ehemann ging, der bei uns generell schon einen schlechten Status hatte.

Aber warum war sie dann so nett zu mir?
Und was hatte die ganze Sache mit dem Onkel auf sich?

Ich konnte sehen wie Leonardos Augen zu mir wanderten und auf meine trafen.
Man konnte Enttäuschung in ihnen erkennen und im nächsten Moment Wut.

Jedoch galt die Wut nicht mir, sondern jemand anderem.
Und zwar seinem Bruder.

Der hatte nämlich seine Hand auf meine Schulter gelegt und mich etwas hinter sich geschoben.

Es sah so aus als wollte Leonardo nochmal ansetzten etwas zu erwidern, aber dann drehte er sich ruckartig um und verschwand die Treppe hoch.

Man konnte hören wie Gianna aufseufzte und dann ihren Blick an Angelo wandte.
„Wir reden nachher nochmal"

Er nickte darauf nur und schaute seiner Mutter zu wie sie sich an mich richtete.
„Kylie...", sagte sie und man konnte sehen wie sie Luft holte.
„Es tut mir Leid, dass du das hier miterleben musstest, aber momentan haben wir ein paar Familienproblem und..."

„Leonardo kommt damit nicht ganz klar und lässt seine Aggressionen deswegen gerne mal an seinem Bruder aus", vervollständigte Angelo den Satz seiner Mutter, worauf sie ihm nur einen grimmigen Blick zu warf.

„Ist okay", murmelte ich und schenkte Gianna ein schwaches Lächeln.
„Bei uns läuft auch nicht immer alles rund"

Ich konnte sehen wie sie sich ihre Mundwinkel ebenfalls leicht hochzogen und sie einmal aufseufzte.
„Danke"

Dann wandte sie sich wieder an ihren Sohn und man konnte sehen wie sich wieder der pure Ernst in ihrem Gesicht abzeichnete.
Anschließend sprach sie auch schon in einer Höllen Geschwindigkeit auf italienisch mit ihm, worauf ich sie erstmal verdattert anschaute.

Zumindest wusste ich jetzt woher Leonardo das geerbt hatte.
Verstehen konnte ich nämlich nur einen Satz, denn dann hatte sie schon wieder geendet
„Ich werde alles dafür tun, dass Roberto sie nicht bekommt"

Dann war sie aus der Küche verschwunden.

———
Hello Hello 🌸
Hier ist das neue Kapitel für euch. Ich hoffe es hat euch gefallen.
Mal etwas länger als sonst, aber ich glaube das ist nicht schlimm, oder?

Ich freue mich schon mega auf die Lesenacht und ihr? 📚
Irgendwelche Ideen was noch passieren wird?

Schönen restlichen Mittwoch euch noch❤️😌

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