#62 Satan's call

Pov Jimin

"Und komm gut nach Hause!"

Hinter meiner Mutter fiel die Tür ins Schloss und ich seufzte tief, es war anstrengend, über Stunden nur von sich zu erzählen, wobei ich dies noch hasste. Ich hasste es abgrundtief über mich zu reden, weil es sich einfach falsch anfühlte.

Ich stützte mich an der Wand im Flur ab und fragte mich eine Frage, an die ich mich lange nicht herangetraut hatte.

War ich glücklich?

Ich hatte Yoongi, meine Mutter, die anderen, ich hatte jeden und sie kümmerten sich um mich, mehr als zuvor. Meine Mutter mochte Yoongi, das sah man ihr an, auch wenn ich dennoch sah, dass sie ihn für seine Taten verurteilte. Wobei sie die letzte war, die das Recht dazu hatte.
Und um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, wie ich mich zur Zeit fühlte. Ich war nicht glücklich, dennoch zufrieden, ich wollte nichts anderes, als das Leben gerade. Auch wenn meine Arme nachts noch juckten, mich meine Gedanken oft unbemerkt Richtung Abgrund stießen, wenn meine Narben mich jedes mal an alles erinnerten und die Wunden wohl noch ihre Zeit zum endgültigen Heilen brauchten, ich schien zufrieden mit all dem.

Und ich dachte nicht mehr daran, dass das alles noch viel besser hätte sein können, sondern daran, dass das alles noch viel schlimmer hätte sein können.

Vor mir, auf einer Ablage aufgestellt, klingelte das Haustelefon. Ein seltener Fall, besonders um eine Uhrzeit, die sicherlich nach sechs Uhr abends betrug.
"Ich gehe schon!" Rief ich, bevor Jin sich die Mühe machte, die Vorbereitung des Essens zu unterbrechen oder Namjoon sich bei der Arbeit stören ließ. Yoongi würde, so wie Taehyung und Jungkook, sowieso nicht ans Telefon gehen, sie hassten es, weil es meistens nur Bankangestellte oder unser Vermieter waren.

Ich griff nach dem Gerät, während sich Yoongi an mir vorbei drückte, um im Badezimmer zu verschwinden, nachdem er mir einen liebevollen Kuss auf die Wange gegeben hatte.
Geschmeichelt lächelnd hob ich ab, "Hallo?"

"H-hallo.. Jimin."

Gefühlt setzte mein Herzschlag für eine Sekunde aus, in der ich unfähig war, zu atmen. Mein Körper versteifte sich, mir lief eine Gänsehaut über den Rücken, beim Klang seiner so viel in mir auslösenden Stimme. Ich hielt mir den Mund zu, unterdrückte ein stoßhaftes Wimmern mit aller Kraft. Dennoch taumelte ich gegen die Wand, sah mich hektisch um, als würde sich der Raum verengen, mir den Sauerstoff entziehen. Und nur ein einziger Satz wiederholte sich in meinem Kopf, unmöglich, ihn zu vergessen;

Nicht noch eine Runde.

Nicht noch eine Runde.

Nicht noch eine Runde.

"Warum geht nicht in diesem Moment einmal jemand anderes ans Telefon. Man, du bist nie rangegangen."

Hoseoks Stimme war wie Nadeln, die durch mein Ohr in meinen Kopf gelangten und sich in Verbindung mit den Bildern der Nacht zu einem einzigen Schmerz verwandelten. Ich wollte schreien, doch hatte seine Worte im Kopf, "Du kannst so laut schreien wie du willst, niemand wird dich hören. Das Haus hier gehört meinem Vater, jeder denkt, wir würden viel Party machen oder laut Fernsehen gucken."
Und durch die Überforderung, die Nichtverarbeitung der erlebten Szenen, bahnte sich eine Träne ihren eigenen Weg über meine Wange, hinunter zu meinem Kinn, bis sie auf den Boden fiel, auf welchem ein Teil der Taten stattgefunden hatten. Obwohl ich mir auf die Zunge biss, musste er am Ende der Leitung mein leises Winseln hören. Es war so leise, doch er war mir so nah, dennoch so fern, dass er es hörte.

Ich reagierte aus Angst, fasste mich und wollte den Anruf beenden, doch Hoseok hielt mich davon ab.

"Warte, bitte..." Hörte ich ihn.

Und ich wollte es nicht hören, es nicht wahrhaben und nicht einsehen, aber ich erkannte nicht ein Stück Bösartigkeit in seiner Stimme. Er lachte nicht gehässig, er schrie mich nicht zusammen, er befahl mir nicht, er bat. In dieser Stimme erkannte ich nicht meinen Vergewaltiger, dafür den Freund, der sich für etwas entschuldigen wollte, so wie damals, als er vor uns gestanden und sich Sorgen gemacht hatte, als würde sein Leben davon abhängen, weil er Jins geliebte Vase vor der Haustür zertrampelt hatte, die Nacht zuvor.

"...Was willst du? Macht es dir Spaß, mich zu quälen?!" Brachte ich leise hervor, es war nicht mehr als ein Hauchen. Ich war nicht in der Lage, mit ihm zu reden, so stabil war ich noch nicht, ich konnte das noch nicht. 'Noch nicht', würde ich jemals bereit dazu sein?
Ängstlich klammerte ich mich ans Telefon, als würde es mich retten können, würde mich jemand angreifen.

Ein Seufzen war zu vernehmen, "Nein.. Nein, selbstverständlich nicht, nein.. es quält mich genauso, glaub mir."

Ich begann zu weinen, leise. Er hörte sich so klein an, so überfordert und enttäuscht von sich selbst. Warum hatte ich so ein großes Herz, warum konnte ich nicht einfach auflegen?

"Pass auf," sagte er ruhig, "Ich werde deinen Namen nicht nochmal sagen, weil ich weiß, dass ich ihn dir ruiniert habe und ich werde versuchen, dir nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen, als ich bereits habe... Verdammt, ich wollte gar nicht mit dir reden, ugh, ich kann das nicht.."

Meine Augen weiteten sich, 'ich kann das nicht'?

"Man, ich.. werfe mir das alles so oft vor, es tut mir so verdammt leid, das will ich dir sagen, aber ich weiß so genau, dass es nicht ein Stück besser machen wird.. Das, was ich dir angetan habe, kann ich nicht rückgängig machen und das Schlimmste daran ist, dass ich dir so viel dadurch verbaut habe.. du hast bestimmt gar kein Vertrauen mehr zu irgendjemandem, schreckst bei kleinen Bewegungen auf und hast Angst, scheiße, es tut mir so leid. Ich will mich dafür erhängen, aber du weißt, dass ich das nie machen würde. Ich würde diesen anhaltenden Schmerz nur umgehen und das ist das letzte, das ich will. Ich will für das leiden, die gerechte Strafe für das bekommen, was ich getan habe.. und wenn es so ist, dass ich an nichts anderes mehr, als meine Untaten denken muss, dann sollen sie mich jagen, ich kann es ja sowieso nicht ändern.."

Mein Herz pumpte mit ungesunder Geschwindigkeit Blut durch meinen Körper, ich konnte nicht glauben, was er mir sagte, das alles wirkte so unwahr. Das konnte nicht von ihm kommen, woher dieser Sinneswandel?
Und es lief mir heiß und kalt über den Rücken, als ich ein leises Schniefen zu hören vernahm. Hoseok räusperte sich, er wollte es vertuschen, wollte nicht schwach vor mir wirken. So verschieden waren wir dann doch nicht.

"Und warum ich dir das erzähle.. Ich weiß es nicht, wahrscheinlich, weil ich nichts mehr zu verlieren habe. Ich habe alles verloren, meine Zukunft, weil einen Vergewaltiger niemand mehr einstellt, meine besten Freunde, weil ich- Gott, was habe ich getan?" Seine Stimme wurde hell durch die Verzweiflung, die ihm auch die Tränen in die Augen jagte.
"Pass auf, ich habe höchstens eine halbe Stunde, danach sind auch die letzten hier fertig mit ihren Anrufen und so liegt die Aufmerksamkeit der Wärter ganz allein auf mir, was mir das Genick bricht, weil die mich sowieso schon mehr als genug überwachen. Verdammte Vergewaltiger lieben die. Eigentlich darf ich mein Opfer verständlicher Weise nicht so einfach anrufen, weil dich das beeinflussen könnte bla, bla, bla, nur da wir alle zusammen wohn- gewohnt haben, ist das eine kleine Ausnahme, da ich ja genauso gut Namjoon oder Jin anrufen hätte wollen können. Du warst der letzte, mit dem ich reden wollte und jetzt stehe ich hier, an einer unhygienischen Blechdose, die man hier Telefon nennt und rede mit dir.. ich hasse das Schicksal."

Ich schwieg, war wie gelähmt. In diesem Moment war es wohl auch besser so. Würde ich viel fühlen, würde mein Körper überreagieren und wahrscheinlich an einem Herzinfarkt sterben. Ich wusste nicht einmal mehr, was ich von ihm erwartete. Es war kein Mitleid, kein Mitgefühl, kein Verständnis, kein Hass, keine Trauer, es gab nichts, dass ich von ihm erwartete. Ich hatte ja nicht mal seinen Anruf erwartet, wer konnte dabei schon normale Gedanken fassen.

"Gib mir mal bitte ein Lebenszeichen, damit ich weiß, ob du noch atmest.." sagte er und klang etwas besorgt. Wie konnte er das immer noch sein, nach dem, was er mir angetan hatte?
Zu seiner Genugtuung schniefte ich laut, mehr brachte ich nicht heraus. Meine Unterlippe zitterte etwas und ich fühlte mich dreckig, jedoch konnte ich nicht verleugnen, dass es mich beruhigte, wenn er einfach nur vor sich hin redete und mich nicht reden ließ, da ich nicht wollte, dass er meine Stimme hörte. Ich befürchtete, hatte den Hintergedanken, er könnte sich allein daran wieder aufgeilen, er könnte wieder merken, wie schwach, zerbrechlich und hilflos ich war und sich, obwohl dies unmöglich durch die Mauern des Gefängnisses war, wieder auf mich stürzen.

"Du bist stark. Und ich will deinen Namen benutzen, weil man das nunmal tut, wenn man jemanden anspricht, aber er könnte dir weh tun.. Durch mich könnte er dir weh tun."
"Mein verdammter Name wurde schon vor dir durch den Dreck gezogen, ich bin nicht stark, ich bin der schwächste Mensch der Welt." Platzte es aus mir heraus und wieder einmal konnte man sehen, wie gut mein Kopf mit dem restlichen Teil meines Körpers zusammenarbeitete. Konnte ich etwas nicht zurückhalten, sprach ich es aus, hatte ich Angst, handelte ich so, wie ich es nie würde.

Hoseok seufzte, "Die Sache.. die Sache mit deinem Arm.. als ich damals gesagt habe, dass mir das leid tut, habe ich es ernst gemeint. Du.. hast das nicht verdient."

"Sag mir, was das auf deinem Arm ist."
"Du hast mich gefesselt. Leuchtet's dir ein?"
"Ich meine das, was schon davor drauf war."
"Ich habe mich selbst verletzt."
"Wegen Yoongi?"
"Mehr oder weniger."
"Das .. Tut mir leid."


Ich wimmerte beim Aufkommen dieser Erinnerungen. Es zerrte weiterhin an meinem Herz, dass Yoongi in dieser Nacht nicht da gewesen war. Ich hätte seine Nähe gebraucht, diesen gewissen Schutz, den ich bei ihm immer genoß und seine Liebe.

"Ich kann gar nicht glauben, dass Yoongi dich zu so etwas getrieben hat.." Wisperte Hoseok.
"Du bist derjenige, der so einen Hass auf ihn hatte-"
"Hatte." Betonte er, "Weißt du, dass er vor ein paar Tagen hier war? Hier bei mir? Sag mir, behandelt er dich genau so, wie er von dir spricht?"
Mein Herz machte einen Sprung und das allein bewirkte der Gedanke an Yoongi. "N-nein, also- ich weiß nicht, wie er von mir spricht.." Stotterte ich.

"Ji- Hast du jemals an seiner Liebe zu dir gezweifelt? Denn so, wie ich ihn erlebt habe, könnte ich das nicht. Schon damals im Krankenhaus.. als du operiert wurdest. Er hat um dich geweint, er wollte es nicht begreifen und du hast ihm angesehen, dass er dem Tod, allein von dem Gedanken, dich zu verlieren, sehr nah war. Und dann hat er jeden Tag an deinem Bett gesessen. Von morgens bis abends, er hat nicht einmal mehr mit uns gefrühstückt, so schnell wollte er zu dir. Er ist eigentlich nur zum schlafen nach Hause gekommen. Yoongi ist einer der treusten Menschen, die ich kenne, du musst dir vorstellen, damals hatte er nur die Information, dass wir beide.. also dass du ihn mit mir betrogen hättest."

"Oh Gott-" Rutschte es mir angewidert raus, diese Vorstellung war widerwärtiger, als seine Tat an sich.

"Danke," Lachte Hoseok ironisch, "Aber was ich damit sagen will, ist, dass er dich besucht hat, obwohl er Gründe gehabt hätte, es nicht zu tun. Er hat nie, wirklich keine einzige Sekunde deine Hand losgelassen. Er hat die Schwestern bewacht, die deine Werte überprüft haben, hat jeden Besucher genauestens gemustert, bevor er jemanden an dich heran gelassen hat. Er hat oft zwölf Stunden nichts gegessen, vielleicht etwas getrunken, aber auch nur, wenn ihm jemand etwas gebracht hat, ich schwöre, er wollte deine Hand nicht loslassen. Ich weiß nicht, wie viel du mitbekommen hast, aber er hat dir jeden Abend gesagt, dass du nicht zu viel Angst haben sollst, er würde in ein paar Stunden wiederkommen, er hat dir zugesprochen, dass du stark bist und dass er an dich glaubt. Und am meisten hat er die Worte "Ich liebe dich" benutzt... er hat wirklich jeden Abend Abschied genommen, als würdest du den nächsten Morgen nicht mehr leben.
Man," Er lachte wieder leise, diesmal ohne bösen Hintergedanken, "Ich hasse diesen Typen. Er kriegt alles hin, er kommt mit allem so gut klar."

"W-womit klarkommen..?" Fragte ich leise. Hoseok einfach reden zu lassen glich der Nacht, in der er das alles mit mir angestellt hatte, nichts zu tun und es einfach zu ertragen, war angenehmer, als noch mehr Schmerzen zu verursachen, indem ich mich wehrte. Ich hatte einen unangenehmen Kloß im Hals liegen, der mir eine Übelkeit vorlügte. Meine Gedanken bestanden rein aus den Gebeten, das Vergangene nicht noch einmal passieren zu lassen.

"Mit der Vergangenheit.. mit der Vergangenheit muss er zurecht kommen. Und er sieht so gelassen dabei aus. Er war schon immer derjenige, der lieber zuschaut, als handelt, was also tatsächlich in seinem Kopf vorgeht, können wir nicht wissen. Du kennst nur das, was Menschen dich kennen lassen. Aber er sieht aus, als hätte er mit allem abgeschlossen, mit mir.. mit ihr.. Warum kann er das so einfach? Und warum kann ich das nicht? Ich bin neidisch, ja, das gebe ich zu... er war immer in allem irgendwie besser als ich. Obwohl wir früher in der gleichen Scheiße gesteckt haben, sie hat uns beide benutzt und ich habe ihm vorgeworfen, dass es bei ihm anders war.. Ich war noch nie ein guter Mensch, fällt mir gerade auf." Ein selbstironisches Lachen, "Ich könnte mich echt hassen. Yoongi.. ist so eine tiefgründige Person, hast du das mal bemerkt? Ich meine, du bist jeden Tag bei ihm, natürlich weißt du das, nur, hast du wirklich mal drauf geachtet? Was für Antworten er dir gibt, während er in die Leere starrt? Das sind die Momente, in denen er nicht verstecken kann, dass er in seinen Gedanken oft gefangen ist. Du weißt bestimmt weniger über ihn, als du denkst. Er hat mir gar nicht beantwortet, ob du von seinen Narben weißt.. Er meinte nur, ich solle nicht versuchen, auf diesem Gebiet seine Schwachstelle zu suchen, sie wären verblasst, genau so wie seine Erinnerungen. Du, pass bitte auf ihn auf.. Ich hasse ihn, ich will nicht, dass er an seinen Gedanken erstickt, lieber drehe ich ihm den Hals um."

Hoseoks Lachen schallte wieder einmal durch den Hörer und ich zuckte etwas unter dem Klang zusammen. Er hasste ihn, aber nicht auf eine negative Art und Weise, es war schwer zu erklären, aber ich verstand ihn. Es gab spezielle Dinge, die er an ihm verabscheute, doch dadurch, dass er ihn für eine lange Zeit schon kannte, hatte er ihn lieb gewonnen, tief in seinem Herzen, dort, wo er es nie zugeben würde.

"Und weißt du, wie er von dir redet? Schon wenn er deinen Namen ausspricht, fängt er an zu lächeln, du siehst, wie seine Augen förmlich funkeln. Er ist erkrankt, wieder, würde sie jetzt sagen. Er ist der Liebe zum zweiten Mal verfallen und diesmal, glaube ich, hat er keine Chance auf Heilung mehr. Er liebt dich. Mit allem, was er hat. Wie er von dir redet, ist unglaublich. Ich habe ihn nie so fasziniert und leidenschaftlich von einer Person erzählen hören und ich kenne ihn nun schon wirklich lange."

Ich schniefte und versuchte kläglich zu sprechen, "I-ich erinnere mich noch... daran, als d-du gesagt hast.. dass unsere B-Beziehung so süß ist, weswegen.. sie zerstört werden muss-"
"Richtig, vergib mir, ich weiß nicht, was damals mit mir los war.. ihr seid süß zusammen.. mehr als das. Man sieht euch an, dass ihr euch gegenseitig beschützt, ich kann.. Ich kann das nicht beschreiben. Mach dir keine Sorgen, du bist an nichts Schuld und.. es tut mir leid, dass du das durchmachen musstest und musst, auch wenn ich selbst daran schuld bin. Du hast das alles nicht verdient, es scheinen immer die wertvollsten und herzensguten Menschen zu sein, die alles abbekommen, bis sie gebrochen werden.. Aber du bist nichts von dem, was ich dir eingeredet habe. Du bist nicht wertlos, nicht ungeliebt, nicht nutzlos. Du bist... wertvoll, vergiss das nicht, bitte." Sagte er bereuend.

"H-Hoseok.." brachte ich hervor.

"Mhm?" Er sprach mit mir, als würde er Verständnis haben und geduldig mit mir sein. Er sprach mit mir, wie der Freund, den ich vor seiner Tat gehabt hatte.
"Du... hast auch gesagt, dass.. wir.. das dringend wiederholen müssen-"
"Gott, nein! Bitte häng dich nicht an meinen Worten auf. Ich werde dich nie wieder verletzten, dich nie wieder auch nur anfassen, glaub mir, ich verspreche- ich schwöre es. So etwas würde ich nicht noch einmal übers Herz bringen. Sich an diese Szenen zu erinnern, ist auch für mich widerlich."

Es war eine Weile still, mittlerweile war ich an der Wand heruntergerutscht und hatte mich klein gemacht, die Beine an den Körper gezogen.

"Aber.. ich will dich nicht länger foltern. Wir haben schon sechzehn Minuten gesprochen, ich wollte die anderen noch sprechen. Würdest du mir einen letzten Gefallen tun und den Hörer an Jungkook, Taehyung oder Yoongi weitergeben?" So sehr ich es auch wollte, Hoseok klang kein bisschen bösartig.
"J-ja, klar.." antwortete ich und guckte zum ersten mal wieder auf.
"Und dann gehst du zu Yoongi und lässt dich von ihm in den Arm nehmen, er wird für dich da sein, bei ihm bist du sicher, okay?"

Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und erschrak, ließ beinahe einen Aufschrei frei und das Telefon fallen. "Yoongi-Hyung.." Keuchte ich panisch, mein Herz raste.
"Na, wenn man vom Teufel spricht."
"Du telefonierst seit einer viertel Stunde und- warte, weinst du?" Er kniete sich zu mir und nahm mein Gesicht in beide Hände, musterte mich ausgiebig und nahm mich dann in den Arm. "Wer ist dran? Warum weinst du?" Fragte er besorgt und ich wimmerte, seine Nähe hatte ich vermisst.
"Gib ihn mir, bitte." Hörte ich Hoseok und ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte. "Jimin," rief er, bevor ich den Hörer weiterreichen wollte, "Tut mir leid, eine letzte Sache noch. Ich habe noch etwas, was dir gehört. Du brauchst keine Angst zu haben, du kannst sie beruhigt anfassen und sie benutzen, ich habe nichts mit ihr angestellt. So ein gutes Herz hatte ich dann doch noch und habe sie in die Schublade in meinem Nachttisch an meinem Bett gelegt. Sie gehört dir und sie ist sauber, ich würde es nie wagen, sie zu beschmutzen. Nimm sie dir." Ich wusste nicht, was er meinte, doch ich murrte zustimmend und gab das Telefon so schnell, wie möglich an Yoongi weiter, der mich verwirrt ansah. Er fragte mit seinem Blick, wer am anderen Ende der Leitung war, jedoch schlug ich einfach die Augen nieder und rappelte mich auf.

Zitternd lief ich nach oben, mir war kalt. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und suchte Hoseoks Zimmer auf.
"Jimin-Hyung, ist alles in Ordnung?" Fragte mich Taehyung, welcher mir entgegen kam. Doch da ich wusste, dass ich Hoseoks Zimmer nicht alleine betreten konnte, nahm ich den jüngeren stillschweigend bei der Hand.
Das Flurlicht durchflutete den verlassenen und unbewohnten Raum, wie eine Welle. Der Gedanke an seinen Besitzer, ließ ihn noch enger und erdrückender wirken, sauerstoffarmer, als er bereits war. Er roch, wie er immer gerochen hatte, an mir lag es, dass mir dieser Geruch nun Anlass zum Erbrechen gab.

"W-was willst du hier?" Taehyung hörte sich etwas ängstlich an, wohlmöglich wunderte er sich, da ich der letzte war, der diesen Raum freiwillig betreten würde.
Ich zuckte zusammen, als ich Yoongi von unten schreien hörte. Ich konnte nicht verstehen, was er schrie, doch er war wütend und schimpfte. Wahrscheinlich war es wegen Hoseok, er sollte nicht allzugut auf ihn zu sprechen sein.

Meine innere Unsicherheit versuchend zu ignorieren, tapste ich weiter vor, um schließlich die Schublade des Nachtschränkchens zu öffnen. Meine Augen weiteten sich, bei dem, was sie erblickten. Ich hatte komplett über sie vergessen. Und sie funkelte immer noch so, wie am ersten Tag.

Pov Yoongi

"Hey.. na?"

"Du?! Wie kannst du es wagen, hier anzurufen, wer hat dir das erlaubt? Und was hast du Jimin erzählt? Kannst du uns nicht einfach in Ruhe lassen?!" Schrie ich durch den Hörer und es war mir mehr als egal, wer es noch hörte.

"Es ist auch schön, deine Stimme wieder zu hören, hach, wie ich dich vermisst habe."
"Halt die Klappe und sag mir, was du willst!"
"Das ist schon ein Widerspruch für sich, mein Gott, beruhig dich, mit Jimin war es angenehmer zu sprechen. Er ist wirklich deine Schwachstelle oder?"
Meine Finger krallten sich in das Holz der Ablage, sodass es weh tat. Ich war mehr als aufgebracht und wenn es so offensichtlich war, gab ich es gerne zu, dass Jimin der Grund dafür war. Ich hasste es, ihn weinen zu sehen, es schmerzte in meiner Brust, vor allem, weil der Tag meines Erachtens nach gut verlaufen war. Und Hoseok hatte es geschafft, meinen Jungen wieder auf den Boden zu bringen.

"Um ehrlich zu sein, habe ich nicht viel Zeit, mich mit dir aufzuhalten, auch wenn das grob klingt, du hast bestimmt auch keine Lust, meine lästige Stimme zu hören." Sagte er uninteressiert und ich lachte, "Was du nicht sagst."
"Ich wollte nur anrufen, um Dinge loszuwerden, die mir zu privat sind, um sie im Gerichtssaal zu besprechen."
"Im Gerichtssaal?" Ich schaute mich im Flur um, ob mir jemand zuhörte und sprach leiser.
"Ihr habt den Brief noch nicht bekommen? Dann kommt er bestimmt noch. Der Termin für die Verhandlung wurde festgelegt."
"Heißt das, Jimin muss noch einmal aussagen? Das schafft er nicht, dafür ist er zu instabil."
"Genau das habe ich mir auch gedacht.. Naja, ich denke nicht, dass es lange dauern wird. Hör zu, ich spiele dieses Spiel nicht mehr. Ich habe gestanden."
"Du beginnst, es zu bereuen? Woher der Sinneswandel, Herr Jung?" Fragte ich überrascht.

"Von dir."

Sagte er trocken und die Spannung zwischen uns löste sich etwas.

"Du liebst ihn. Du liebst ihn wirklich. Man, ich hasse dich bis aufs Tiefste, aber ich sehe, wie abhängig ihr voneinander seid und ich will nicht noch mehr zerstören, als ich sowieso schon habe. Ich.. muss akzeptieren, dass du es wohl immer ein Stück besser machen wirst, dass du mit allem wohl etwas besser umgehen kannst und du wohl einfach besser aus deinen Fehlern lernst. Du hast das alles vielleicht auch ein Stück weit mehr verdient, als ich es je würde, du weißt warum.."
"Hör auf." Bat ich, "Stell mich nicht besser da, als ich wirklich bin."
"Als du wirklich bist? Ich denke nicht, dass ich lüge."
"Soll ich dir etwas erzählen? Ich habe nichts von all dem verarbeitet, ich komme mit nichts klar, was meinst du, warum ich immer abhaue, wenn es ernst wird? Ich lerne aus nichts, ich mache immer wieder die selben Fehler. Das ist genauso, als würdest du sagen, dass manche Menschen viel glücklicher sind. Nein, jeden Menschen auf dieser Welt hat etwas geprägt, nur können es die einen besser verstecken, als die anderen."

Mich als stark zu bezeichnen, war eine genauso große Lüge, wie Jimin glücklich zu nennen.

"Pass auf ihn auf, okay? Auf Jimin, meine ich. Sei gut zu ihm, verlass ihn nicht." Flüsterte er.
"Was interessiert es dich, wie ich mit ihm umgehe?" Zischte ich giftig.
"Du würdest sterben ohne ihn. Sind wir ehrlich, würdest du ihn verlassen, hättest du nichts mehr, du würdest ohne ihn eingehen, wie eine Pflanze ohne Wasser. Er kann sich glücklich schätzen, dich zu haben. Du wirst auf ihn aufpassen und nur das richtige tun, daran glaube ich. Nur.. solltest du ehrlich zu ihm sein."
"Was meinst du?"
"Sag ihm, dass seine Downphasen auch in dir etwas auslösen können, es bist nicht nur du, der ihm schadet, es gibt immer zwei Seiten einer Münze."
"Nicht alle Münzen sind golden.."
"Aber jede Münze glänzt."
"..Wenn man sie poliert."

"Yoongi-Hyung, weißt du, was mit Jimin los ist?" Ich zuckte kurz, als mich Taehyung ansprach.
"Ist das.. Taehyung?" Fragte Hoseok auf der anderen Seite. Ich stieß einen Seufzer aus und drückte Tae im Vorbeigehen das Telefon in die Hand. "Bitte heul danach nicht. Und wenn du es tust, geh zu Jungkook, ich kann nicht noch einen Menschen trösten." Nörgelte ich und stieg die Treppe hoch.

Pov Taehyung

"Hallo?" Fragte ich schüchtern und wartete ein paar Sekunden, bis ich eine Antwort erhielt.

"Hallo.. Tae."

Mein Herz stoppte für einen Moment, bevor es zu rasen begann, mein Mund blieb einen Spalt offen. "H-hey.." Gab ich leise zurück, "Wie geht es dir?"
"Du bist der erste, der mir normal antwortet." Er lachte leise, was meinen Lippen ein kleines Lächeln aufsetzte.
"Aber, Taehyung, das ist der falsche Anfang."
Das Lächeln verschwand, "Warum?"
"Weil es dich nicht interessieren sollte, wie es mir geht, es sollte dir egal sein. Du solltest begreifen, dass ich kein Umgang für dich bin."

Seine Worte schnitten, wie Klingen durch mein Herz, so schwieg ich. Ich fühlte mich wieder wie der kleine, naive Junge, der nicht wusste, wie die Welt funktionierte.

"Vor dem Gespräch mit dir habe ich mich am meisten gefürchtet. Weil ich genau weiß, wie weh es dir tun muss. Als Vergewaltiger sollte ich mich eigentlich nicht mehr darum kümmern, ob etwas anderen weh tut, oder nicht? Und wenn es nötig ist, um es dir ein für alle mal klar zu machen, dann erzähle ich dir sogar gerne und detailliert, wie ich einen deiner besten Freunde vergewaltigt habe." Obwohl er solche Worte aussprach, hörte es sich nicht so an, als würde er sie wirklich aussprechen wollen. "Warum..?"
"Taehyung.. hat dir Yoongi das gesagt, was ich ihm aufgetragen hatte?"
"Er sollte mir etwas ausrichten?"
"Gott, wie ich diesen Idioten hasse. Er sollte dir sagen, dass es mir leid tut. Ich habe Dinge gesagt, die ich besser ausdrücken hätte können. Ich habe gesagt, dass in deinem Kopf noch nie etwas Sinn gemacht hat, tut mir leid dafür. Dass du Sachen nicht verknüpfen kannst und du der Wahrheit nicht ins Auge sehen willst, es tut mir leid. Und dass du nicht merkst, wie Menschen sich wirklich fühlen, was Trauer und Wut mit einem anstellen können, tut mir wirklich leid. Du hast mich gefragt, ob ich weiß, wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt. Und ich weiß es, es tut verdammt doll weh, wie Nadelstiche und ich habe einfach zugelassen, dass dir das selbe widerfährt. Glaub mir, ich wollte das nicht.." Seine Stimme kratzte hell.

"Danke.." Flüsterte ich, "Es hat sich noch niemand bei mir entschuldigt, weil er mir das Herz gebrochen hat."

"Taehyung? Warte nicht auf mich." Seine Stimme war kurz vor dem brechen, weinte er etwa? "Wenn man jemanden liebt, ist man gewisser Weise gefangen, das weiß ich, also gebe ich dich hiermit frei. Lieb mich nicht, vergiss mich, hass mich. Ich zwinge dich nicht, ich bitte dich. Yoongi hat mir gesagt, dass man Menschen die Wahl geben muss, bei ihnen zu bleiben und nicht der Grund dafür sein sollte, dass sie gar keine andere Chance haben, vielleicht klappt das andersrum ja auch. Das zwischen uns kann gar nicht klappen, denk daran, wer ich bin, was ich getan habe und dass ich das gleiche mit dir machen könnte. Ich könnte dich genauso gut schlagen, treten, verletzen, dich beleidigen, zusammenschreien, nieder machen, beschmutzen und vergewaltigen. Wie fühlt sich das an?"

Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken und ich antwortete, "Ekelhaft.."
"Gut.. und denk mal daran, wer so oft neben dir schläft, wer mit dir gesprochen, über deine Witze gelacht und mit dir Sachen erlebt hat, während ich damit beschäftigt war, am Neid auf andere verrückt zu werden."
"Jungkook?"
"Wenn er derjenige ist, der dir das geben kann, was dir zusteht."
"Was steht mir denn zu?"
"Das werde ich dir nicht sagen, damit du nicht sagen kannst, dass ich dir das eingeredet habe. Deinen Wert musst du selbst erkennen. Denk immer daran, Dinge haben nur den Wert, den du ihnen gibst."

"War es falsch, dich zu lieben?" Fragte ich. Inzwischen war mein Blick leer gen Boden gewandert, ich fühlte nichts mehr bei seinen Worten, nur, dass sie sich in mein Gedächtnis brannten. Von dort würden sie wohl nie wieder ganz verschwinden.

Hoseok lachte wieder leise, "Was habe ich zuletzt gesagt? Diese Entscheidung liegt bei dir. Entscheide selbst, ob dir diese Liebe gut oder weh getan hat."

"Hyung?"
"Du brauchst vor mir keinen Respekt mehr zu haben, aber ja?"
"Ich denke.. es ist Zeit Abschied zu nehmen."

Ich würde mich nicht weiter mit ihm aufhalten, er tat mir weh, er war nicht gut für mich.

"Stirb nicht weiter an meiner Existenz.
Nur bitte leg nicht gleich auf, die letzten Minuten würde ich gerne noch mit Jungkook reden."

'Stirb nicht weiter an meiner Existenz'
Es klang radikal, doch es war so wahr.

"Because there's still a "hell" in "hello"
And a "good" in "goodbye"."
____________________________

[Danke fürs kommentieren und voten]

Hey~
Dieses Kapitel hat genau 4800 Wörter
Me is proud af

Ihr könnt euch ja denken, wie ich das Kapitel finde .. :') obwohl ich ganz zufrieden mit dem Anfang bin
Naja, bildet euch eine eigene Meinung~

Schönen Abend euch noch♡

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top