20 - Zuhause


Mitten in der Nacht wurde ich von einem lauten Geräusch geweckt. Erschrocken fuhr ich hoch und sah mich im Zimmer um. Das Erste was ich sah war Fufu, der mir einen schulbewussten Blick von der Zimmertür zu warf. Erleichtert ließ ich mich zurück ins Bett sinken, es war nur Fufu, der wahrscheinlich zur Toilette wollte. Allerdings verließ er nicht wie erwartet das Zimmer, sondern schlug den Weg in meine Richtung ein und ließ sich auf der Bettkante nieder. Mit seiner Hand strich er mir behutsam einige Haare von der Stirn. „Endlich bist du wach, ich hab mir schon Sorgen gemacht Kleiner." Er lächelte mich mit seinem typischen Fufu-Lächeln an und auch jetzt gab mir dieses Lachen wieder ein wohliges Kribbeln. Ich erwiderte sein Lächeln, was er als Aufforderung sah sich neben mich zu legen. Es fühlte sich anders an als sonst, nicht als wäre er nur mein bester Freund. War in meinen verlorenen Stunden etwas zwischen uns passiert? Ich wollte ihn lieber nicht fragen, vermutlich hätte es ihn verletzt. Also beschloss ich seine Nähe einfach zu genießen und kuschelte mich in seine Arme. Wenn ich bei ihm war fühlte ich mich so sicher wie nirgendwo sonst. Hätte mich jemand gefragt wo mein Zuhause war, hätte ich ohne zu zögern ‚in Fufus Armen' gesagt. Es gab keinen Ort auf der Welt, wo ich glücklicher war als bei ihm. Mein eigenes Zuhause war schon lange kein fröhlicher Ort mehr für mich.

„Sag das nochmal!" Etwas knallte auf den Boden. Tausend Glassplitter. Jemand schluchzte. „Sag es!" Ich wollte nicht. Ich konnte nicht. „Sag, dass du lügst!" Lüge? Es war keine Lüge. Ich schüttelte den Kopf. Er hatte es nicht gesehen. Ein leises Wimmern hinter mir. ‚Ich muss hier raus.' Noch ein Knall. Diesmal in meinem Gesicht. Etwas in mir wollte schreien und weinen und einfach davonlaufen. Ich wusste nicht, was die beste Option war, nur dass es keine richtige gab. Warum war ich hergekommen? Welcher Teil von mir hatte das für eine gute Idee gehalten? Ich wusste wie sie waren, wie er war. Ich wollte mich selbst ohrfeigen, doch das übernahm schon er für mich. Etwas salziges lief über meine Lippen. Wann hatte ich zu weinen begonnen? Ich lief rückwärts. Eine Hand packte meinen Arm. „Du bleibst hier und redest!" Ich blieb stumm. „Mach dein scheiß Maul auf, du..." Erneut traf er meine Wange. Schluchzen. Es war von Anfang an klar. „Weißt du was Maximilian? Etwas wie du hat in meinem Haus nichts mehr verloren. Komm wieder, wenn du normal bist." Mein Körper war taub. Unfähig mich zu bewegen, hatte ich Mühe nicht zu stürzen. Auf meinem Weg zur Tür begegnete ich dem geschockten Gesicht meiner Mutter. Natürlich sagte sie nichts. Sie sagte nie etwas gegen ihn. Eigentlich waren wir eine glückliche Familie, solange alle taten was er wollte und niemand schwul war. Ich hatte meine Familie verloren. Ratlos trat ich aus der Tür, ging einige Schritte, bis ich das Knallen der Tür hörte. Ich riskierte einen Blick zurück, auf das Haus meiner Kindheit. Wir waren glücklich, hatten im Garten gespielt, viel gelacht. Dann hatte er seinen Job verloren, begonnen zu trinken und schlussendlich die Welt zu hassen, mich zu hassen. Wer weiß ob ich dieses Haus jemals wiedersehen würde, wer weiß ob ich jemals wieder glücklich sein würde, dieses Haus zu sehen. Damit drehte ich mich um und rannte. Irgendwann erlaubte ich mir zu weinen. Erschöpft brach ich auf dem Gehweg zusammen. Gegen Abend schrieb mir meine Mutter, mein Vater wäre mit seinen Freunden etwas trinken gegangen und ich ging zurück, um meine letzten Sachen zu holen. Meine Mutter gab mir einen letzten Kuss auf meine, noch immer gerötete, Wange. Sie umarmte mich und ich drehte mich um und ging.

Seit diesem Tag hatte ich niemanden meiner Familie mehr gesehen. Es war nun fast ein Jahr her. Ich hatte Weihnachten alleine gefeiert und nicht einmal zu meinem Geburtstag eine Nachricht von ihnen bekommen. Sie wollten mich nicht mehr. Er wollte mich nicht mehr. Dabei hatte ich es ihm nicht einmal erzählt. Ich wollte meine Familie besuchen, Differenzen klären, einfach eine schöne Zeit haben. Und plötzlich wussten sie, dass ich auf Männer stand, obwohl ich es damals selbst noch nicht wusste. Geschockt wie ich war konnte ich mich nicht einmal erklären. Ohne es zu merken liefen mir Tränen die Wangen hinunter. Dann spürte ich Fufu, wie er mich enger an sich zog. Fufu. Mein Zuhause.

Sooo heyy ich bin auch mal wieder da, ich weiß das Kapitel ist bisschen kürzer, aber es steckt sehr viel Mühe drin alsoo ja. Ich find das Thema Outing immer sehr kritisch und ich weiß, dass "Outing" was ich hier beschrieben hab ist sehr negativ verlaufen, aber es gibt natürlich auch sehr viele Outings die gut verlaufen, aber diese Fälle wollte ich jetzt mal nicht mit einbeziehen, denn wie ihr wisst: wir brauchen DRAMAAAA eheh

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