7. Love me do
In der großen Pause gingen Paul und ich in die Cafeteria, um unser Lunchpaket zu essen. Ich hatte zwei Sandwiche mit Erdnussbutter, während Paul zwei Sandwiche mit Nutella mit hatte. Jeder hatte den Lieblingsbelag den anderen drauf, weswegen wir einfach lachend tauschten. " Was gibt es denn hier so zu lachen?", fragte John und gesellte sich zu uns. " Ach, gar nichts ", sagte ich kichernd und biss genüsslich in Pauls eigentliches Schulbrot. Was ich aber nicht bemerkte, war, dass John mein zweites Sandwich klaute und in dieses ohne weiteres reinbiss. " Ey John. Das war ursprünglich Pauls Sandwich ", meckerte ich und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. John sah mich überrascht an und hob dann beide Hände. " Ich dachte, dass wäre deins gewesen. Warum darfst du dann Pauls Brot essen?". Ich wollte zu einer Antwort ansetzten, als Paul mir die Erklärung abnahm. " Wir haben unser Essen getauscht. Und selbst, wenn es ihr Esse gewesen wäre, klaut man dies trotzdem nicht. Hat Mimi dir wieder nichts zu Essen gemacht?". Mir fiel wieder ein, was Paul mir über John erzählt hatte und plötzlich fand ich mich wieder schuldig, ihn so angeschrien zu haben. " Doch, schon. Nur ihr Essen schmeckt mir überhaupt nicht. Und das Sandwich hier schmeckt mir viel besser ". Er zwinkerte mir verstohlen zu, was mich leicht zum Kichern brachte. " Wie war den heute deine ersten Stunden, Dani?", fragte er mit vollem Mund, trotzdem verstand ich ihn..komischerweise. " Der blanke Horror. In Bio habe ich den Text gar nicht verstanden. In Mathe wird hier alles etwas anders gerechnet als in Deutschland und von Physik wollen wir erst gar nicht sprechen. Das Einzige, was ich gut konnte, war Deutsch ". John nickte und schaute dann zu Paul rüber, der die Sandwiche schon längst aufgegessen hatte. " Hat Paulie dir etwa nicht geholfen?", fragte er mit einem strengen Blick und ließ Paul dabei nicht aus den Augen. Dieser hob abwehrend die Hände. " Natürlich habe ich ihr geholfen. Ich habe versucht, alles etwas einfacher zu erklären. In Deutsch hat sie mir dann geholfen. Also sind wir quitt ". Ich wusste nicht wirklich, ob ich etwas hinzufügen sollte. Paul hatte im Endeffekt recht. Wir waren quitt. Aber warum fühlte es sich so komisch an in meinem Herzen, diese Worte von ihm zu hören?
Nach der Schule fuhren wir mit dem Bus nachhause. Paul stellte mir noch seinen besten Kumpel George vor, der eine Klasse unter uns ging. Er entpuppte sich als ziemlich schüchtern, trotzdem war er ein netter Kerl und erzählte mir, dass er ebenfalls Gitarre spielt. Paul hatte vor, ihn demnächst John vorzustellen. Er wäre ein guter Freund und Spieler für die Band. George versprach mir, seine Fähigkeiten auf der Gitarre zu zeigen, wenn er in der Band wäre. Während wir in unsere Straße einbogen, erzählte mir Paul, dass sie nächste Woche einen Auftritt im Cavern Clun hätten und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mitzukommen. " Klar, liebendgern", antwortete ich und wollte gerade auf mein Haus zusteuern, als Paul mich zurückzog. " Wir könnten das vielleicht als unser erstes Date ansehen ", flüsterte er in mein Ohr, bevor ich mit hochrotem Kopf in meine Wohnung verschwand und mich umzog. Meine Mum war immoment nicht zuhause und mein Vater arbeiten. Auf dem Küchentisch entdeckte ich eine Notiz, dass meine Mum einkaufen gegangen wäre und mein Mittagessen im Kühlschrank stehen würde. Doch ich hatte gar keinen Hunger und somit verzichte ich drauf. Keine 10 Minuten später klopfte es an der Tür und Paul kam herein. " Hey, kann ich kurz reinkommen?", fragte er höflich, bevor ich ihm Eintritt gewährte. " Klar, müssen wir jetzt schon zu John?". Er folgte mir rauf in mein Zimmer, schloss dann die Tür hinter uns. " Nein, noch nicht. Ich wollte mit dir noch etwas Gitarre spielen üben, wenn du nichts dagegen hast ". Ganz im Gegenteil. Ich freute mich riesig, dass er noch Zeit mit mir verbringen wollte. Erst jetzt bemerkte ich, dass er seine Gitarre dabei hatte und diese um sich legte.
Wir spielten eine zeitlang zusammen, bis Paul plötzlich aufhörte und meine Hände in seine nahm. Ich musste ein Quieken unterdrücken, da die Berührung seiner Hände mich etwas erschreckt hatte. " Der Spruch von mir eben, mit dem Date, war wohl nicht so angebracht. Und das tut mir auch leid, aber ich wollte dich trotzdem etwas fragen ". Er holte einmal tief Luft, schaute mir dann in die Augen. " Wollen wir vielleicht am Wochenende ausgehen? Ich kenne ein nettes Restaurant und ein neuer Film läuft am Samstag. Hast du nicht Lust, mit mir hinzugehen?". War das gerade eine Frage für ein Date? Paul hatte also doch Gefühle für mich. Fragend sah er mich an, als ich keine Antwort von mir gab. Ich schluckte und antwortete ihm dann. " Ja, ich würde gerne mit dir ausgehen ". Obwohl kitschige Romantikfilme mir überhaupt nicht lagen, kam ich mit so einem Satz. Aber für Paul reichte diese, wenn auch kitschige, Antwort. Er strahlte übers ganze Gesicht und gab mir dann aus heiterem Himmel einen Kuss auf die Wange. Dieser war etwas länger als der Erste. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hatte das Gefühl, jeden Moment in Ohmacht zu fallen. Ich wollte gar nicht wissen, wie rot mein Kopf eigentlich war. Mit einem Blick auf die Uhr kam wir beide wieder in die Realität. " Dann lass uns jetzt zu John gehen. Du kannst doch deine Gitarre mitnehmen ". Lachend schüttelte ich den Kopf. " Ne du , lass mal lieber. Ich will mich ungern vor euch blamieren ". Paul lachte ebenfalls und ging zusammen mit mir aus dem Haus. Schüchtern nahm er meine Hand in seine, als wir den Weg entlanggingen. Ich schaute reflexartig nach unten, dann zu ihm hinauf. Er lächelte mich liebevoll an. Sein Lächeln erwiderte ich und nahm seine Hand an.
Bevor wir bei John ankamen, ließ er meine Hand los. Etwas schade fand ich es schon, aber es war besser so. Ich konnte mir schon vorstellen, wie John seine Sprüche gemacht hätte, wenn er uns so gesehen hätte. Es dauerte nich lange, als John die Tür öffnete. " Wo wart ihr denn solange? Wir hatten doch gesagt, nach der Schule". Er ließ uns eintreten. " Dir auch einen schönen Tag, John ", sagte ich kichernd und ließ mich von ihm in sein Zimmer führen. Überall lag etwas herum, wobei ich mich fragte, ob seine Tante sich nicht langsam Sorgen machen muss über ihren unordentlichen Neffen. " Setzt dich ruhig. Magst du was trinken?". Huch, wo kam den aufeinmal diese Höflichkeit her? So hatte ich John noch gar nicht erlebt. " Wenn es dir keine Umstände macht. Ich hätte gerne ein Glas Wasser ". Mit einem Nicken verschwand der Leader und ich hörte, wie er in der Küche zugange war. Paul setzte sich neben mich und stimmte seine Gitarre. " Wie weit seit ihr denn schon mit eurem Songtext?", versuchte ich ein Gespräch aufzubauen. Paul lehnte sich rüber zu Johns Schreibtisch und holte ein Notizblock hervor, wo komische Zeichnungen zu erkennen waren. Auch wenn manche Bedeutungen der Bilder ziemlich dreckig waren, konnte ich nicht leugnen, dass John eine gewisse Kunst fürs Zeichnen und Malen beherrschte. " Das ist bist jetzt alles, was wir haben ", sagte Paul und zeigte mir die Seite, wo die ersten Strophen draufgekritzelt waren. Die Worte hörten sich schon ziemlich gut an, vielleicht konnte man daraus tatsächlich einen guten Song kreieren. John kam wenig später mit dem Wasser und der Cola für Paul und dann begannen beide mit dem Üben. John spielte seine Melodie auf der Gitarre vor, die er sich für den Song ausgedacht hatte. Dann sang er die ersten Strophen.
Love, love me do
You know I love you
I'll always be true
So please, love me do
Whoa, love me do
Wenig später stimmte Paul mit ein und spielte mit. Ich schaute den Beiden grinsend zu. Es war total süß zu beobachten, wie sie voll in ihrem Element waren. Als sie ihr Vorspiel beendet haben, konnte ich nicht anders, als zu klatschen. " Ihr wart richtig gut, Jungs. Unglaublich!". John verbeugte sich vor mir und nahm dann meine freie Hand. " Alles nur für dich, Miss ", sagte er charmant und setzte sich dann neben mich. Ich merkte, wie Paul etwas näher an mich rückte. War das seine Art von Eifersucht? " Hast du noch eine Idee, wie wir den Text fortsetzten könnten?", fragte er, um mich von Johns Präsenz abzulenken. Tatsächlich hatte ich eine Idee, und begann diese leise vorzusingen. Es musste irgendwie zur Musik passen.
Someone to love
Somebody new
Someone to love
Someone like you
Mehr fiel mir ehrlich gesagt nicht ein. Eigentlich sollten sie diese beiden Texte lassen. Dies wäre doch ein guter Anfang für den ersten eigenen Song. " Das hört sich eigentlich ziemlich gut an ", meinte John und lächelte mich an. Die Jungs probten den ganzen Nachmittag, holten noch die Mundharmonika dazu, die John damals von seinem Onkel bekommen hatte. Er konnte sehr gut dadrauf spielen. Als es langsam anfing zu dämmern, bat ich Paul, mich nachhause zu bringen. " Ich habe meinen Eltern gar keine Notiz hinterlassen, wo ich bin. Bestimmt macht sich meine Mutter Sorgen ". Die Beiden verstanden und wir verabschiedeten uns voneinander. Ich traute mich sogar, John zu umarmen, was er mit einem Lachen erwiderte. Paul hatte am Ende recht gehabt. Jetzt sah ich John mit ganz anderen Augen. Auf dem Weg nachhause wurde ich total nervös. Ich hatte wirklich vergessen, irgendeine Telefonnummer oder Nachricht zu hinterlassen. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei Paul gewesen, sodass ich das vollkommen vergessen hatte. Hoffentlich zog ich kein Nachteil draus. Paul brachte mich noch zur Haustür, gab mir einen Kuss auf die Wange mit den Worten " Ich hole dich morgen wieder ab " und ging zu sich nachhause. Schnell lief ich die Treppe hinauf und sah meine völlig besorgte Mutter in der Küche stehen. " Kind, wo warst du so lange?", fragte sie eher erschrocken als wütend. Gut, dass mein Vater noch nicht Zuhause war. " Ich war zusammen mit Paul bei John ". Verwirrt musterte sie mich und machte sich daran, das Geschirr abzuwaschen. " Wer ist denn John?". Achja, den kannte sie noch gar nicht . " John ist ein guter Kumpel von Paul und wir waren heute bei ihm und haben einen Songtext geschrieben ". Meine Mutter hatte nicht wirklich viel Ahnung vom Musikbuisness und so ließ sie mich dann auch mit weiteren Fragen in Ruhe. Ich ging rauf in mein Zimmer mit dem Gedanken, Paul nochmal wiederzusehen. Im Prinzip brauchte ich eigentlich nur rübergehen, aber ich wollte auch nicht stören. Und vor seinem Vater und seinem Bruder wäre es mir regelrecht unangenehm. Wer hätte aber gedacht, dass ich heute Nacht ihn doch nochmal sehen würde, bevor der nächste Tag anbricht.
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Ein neues Kapitel. Ich weiß, dass es etwas unlogisch ist, dass sie Love me do schreiben, obwohl das denke ich mal noch nicht vorgekommen ist, als sie noch Quarrymen hießen. Aber ich kenne keine originalen Songs von Quarrymen und Love me do war das erste Lied, was die Beatles geschrieben haben. Also habe ich einfach das genommen xD
Freue mich über Sternchen, Kommentare und Follower <3
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