《56》


Als ich die Augen öffnete, wusste ich nicht, wo ich war. Ich blinzelte verwirrt, um meinen Augen Zeit zu geben, damit ich mich langsam an das helle Licht gewöhnen konnte. Im Kerker herrschte stets Dämmerlicht und der grelle Sonnenschein, der durch ein hohes Fenster auf meinen Rücken fiel, war seltsam ungewohnt. Verwirrt blinzelt blickte ich mich um.

Wo war ich?

Ich stand auf einen weißen Marmorboden. Im ersten Augenblick dachte ich, ich wäre wieder zurück im Palast des Kaisers, doch als ich meinen Blick weiter schweifen lief, stellte sich das als falsch heraus. Der Boden war über und über mit spiraligen Formen bedeckt. Das konnte nicht der Palast sein. Das war etwas ganz anders. Ich folgte den Muster des Bodens und blieb an einer großen Säule hängen. Eine Säule? Ich folgte den ihnen nach oben und erst da stellte ich überhaupt fest, wo ich mich befand.

Die hohen Säulen verliefen gut 10 Meter nach oben und mündeten dort in eine gewölbte Decke. An den hohen, weißen Wänden waren riesige Fenster eingelassen. Doch anders, als bei dem Fensters des Kaisers waren diese hier riesig und imposant und wirkten alles andere als bloß Fenster. An den Seiten spiegelten sich wieder diese Schnörkel und Ranken, die ich schon von dem Boden aus kannte. Durch die Verglasung schien das helle Sonnenlicht auf mich herab. Egal, wo wir hier waren, es hatte nichts mit dem Kerker zu tun.

Ich machte vorsichtig einen Schritt über den glänzenden Boden. Meine Kleider raschelten, doch niemand war hier, der mich hätte hören können. Ich runzelte die Stirn und sah mich in der riesigen Halle um, in der ich mich befand.

Der Raum schien länglich nach vorne zu gehen und an der Seite erhoben sich die imposanten Säulen, die in das Gewölbe in der Decke überliefen und es somit stützen. Die gewölbte Decke war ebenso, wie der Boden und das Fenster mit den selben Verzierungen geschmückt. Zusätzlich befanden sich dort blaue Schlieren. Ich sah genauer hin. Es machte den Eindruck, als verliefen über die Decke Wellen, die an den Säulen brachen und sich dort auftürmten. Ich meinte kleine Fische dort zu sehen, doch soweit reichten meine Augen nicht, dass ich es sehen hätte können. Wo um alles in der Welt war ich hier? War das ein Traum? Aber warum wirkte es so real und warum konnte ich dabei denken? Mit langsamen, forschen Schritten lief ich über den Boden und entdeckte eine Kurve, die ich von meinen Standpunkt nicht sehen hatte können. Neugierig streckte ich den Hals und steuerte um die Kurve. Das was sich vor mir aufspielte war einfach unglaublich.

Der Palast oder die Halle, in der ich mich befunden hatte mündete vor mir und stoppte auf einem runden Balkon. Zwei Säulen liefen in das Decke hinein und bildeten das Dach, damit der Balkon frei blieb. Der Boden bestand aus angelegten Kreisen, doch das war nicht das besondere daran. Auf der Plattform standen zwei Gestalten. Die eine lehnte mit verschränkten Armen an einer der Säulen. Der andere Mann stand in der Mitte, der Kreise und studierte nachdenklich das Muster auf dem Boden. Hinter den Männern, konnte man auf die unglaubliche Landschaft blicken. Wo auch immer ich mich befand, dieser Standpunkt musste ja unglaublich sein.

Den hinter den Männern erstreckte sich eine endlose Landschaft. In der Mitte lag ein riesiger See, auf der sich die untergehende Sonne spiegelte. Darum herum lag ein riesiger Wald. An der linken Seite konnte ich gerade noch die Grenze zum Wald erkennen, doch was dahinter lag, konnte ich nicht mehr erfassen. Über und über erstreckten sich die Nadelbäume um den See herum, bis in den Horizont. Ich hatte in meinen ganzen Leben noch nie so viele Bäume auf einmal gesehen. Gerne wäre ich näher getreten und hätte das gewaltige Naturschauspiel länger studiert, doch in diesem Moment regte sich die Gestalt, welche an der Säule lehnte.

Seine Knielange Tunika flatterte in dem leichten Wind, doch seine kinnlange braunen Haare blieben an Ort und Stelle. Er trat einen weiteren Schritt auf den Mann in der Mitte zu. Ich spürte, dass es sich hierbei nicht einfach nur um zwei Bauer handelte. Schon die Art ihrer Klamotten zeigte, dass sie viel mehr Geld besitzen mussten.

Der breitschulterige Mann, der an der Säule gelehnt hatte drehte sich zur Seite um, sodass ich mich tiefer in mein Versteck, hinter der Säule, zurückzog.

In diesem Moment blickte der andere Mann auf und in mir gefror alles. Diese Männer waren aufgrund verschieden. Auch, wenn ich sie nur von der Seite her erkannte, es reichte, um genug zu erkennen.

Der linke Mann war schlanker, doch trotzdem merkte man ihm an, dass er ein Kämpfer war. Seine hellblaue Tunika, passte perfekt zu seinen hellblonden, fast schon weißen Haaren. Zusätzlich waren seine Augen blau und seine Gesichtszüge weich. Ich musste mir eingestehen, dass er wahrscheinlich jünger, als ich war. Um seine Hüfte hatte er sich einen Gürtel mit einem kleinem Dolch geschlungen.

Er blickte zu dem anderen Mann und ein mildes Lächeln stahl sich auf seine Züge. Der andere Mann trug eine dunkelbraune, fast schon rote Tunika. Er war stämmiger, als sein Gegenüber und man erkannte direkt, dass er schon öfters gekämpft hatte. Ich vermutete, dass er sonst immer eine Rüstung oder einen Lederschurz trug, den die Tunika spannte sich deutlich an den Oberarmen und der Mann schien sichtlich verärgert über seine Klamotten zu sein. Seine Gesichtszüge, zumindest das was ich erkannte waren scharf und seine Augen waren zu Schlitzen verzogen. Wahrscheinlich war dies sein üblicher Gesichtsausdruck, sowie Avan meistens einen ähnlichen Ausdruck widerspiegelte.

An seinem Kinn wuchs ein Bart, welchen er jedoch auf ein paar Härchen gekürzt hatte. In diesem Augenblick verschränkte er die Arme vor der Brust und erwiderte das Lächeln seines gegen übers nicht im Geringsten.

Also, warum hast du mich herbestellt und warum in aller Welt in diesen Klamotten?", verächtlich sah er an sich hinunter, was der andere Mann mit einem Lächeln quittierte. Seine mächtige Stimme donnerte durch den Raum, wie ein heftiges Gewitter.

Du weißt doch, doch ich es nicht dulde, wenn voll bewaffnete Krieger in mein Reich einmarschieren", erwiderte der andere mit einer sanften aber bedachten Stimme.

Du immer mit deiner lächerlichen Ruhe und Besinnung. Es geht nicht überall auf der Welt friedlich zu", donnerte sein gegenüber. Doch, der Mann in den hellblauen Gewändern schien das nicht zu stören. Mit aller Ruhe schritt er an den Abgrund des Balkons und blickte in die Ferne. Einen Moment lang herrschte Stille.

Der eigentliche Grund warum du hier bist ist ein anderer", sagte er plötzlich mit weitaus ernsterer Stimme. Er drehte sich zu seinem Gegenüber herum, der ihn mit hochgezogener Augenbraue musterte.

Weißt du, ich habe nachgedacht. Ich habe überlegt, was es da draußen noch so gibt. Gerade, du müsstest dich doch dabei auskennen." Der andere Mann musterte ihn, ohne etwas zu erwidern. „Wir leben hier auf engstem Raum, doch was ist mit den anderen da draußen? Was ist da, wo der Wald endet und wo die riesigen Flächen anfangen? Gerade Eila müsste das doch zu Zugunsten fallen."

Der andere Mann sah ihn fragend an. „Worauf willst du hinaus?"

Riesige Flächen, unbewaldet, nichts. Freies Feld, freie Landschaft. Verstehst du nicht was das ist?" Der Mann zuckte fast unmerklich mit den Schultern. „Ich weiß nicht was das werden soll. Seit Jahren liegen die Flächen neben uns." Der andere Mann schien verärgert. „Versteh doch. Das ist unsere Chance!" Der Mann schüttelte den Kopf. „Du meinst, du willst hingehen?" Der Mann nickte und eine seiner weißen Strähne fiel ihm ins Gesicht, doch es schien ihn nicht zu stören." „Nur weil die anderen es verbieteen, heißt das nicht, dass wir uns nicht daran halten müssen. Wir haben die Gaben. Sie ist in unserem Blut! Wir sind dazu auserkoren. Es ist unsere Chance."

Der andere Mann schien ihm das nicht richtig glauben zu wollen. „Bist du dir sicher? Warum ausgerechnet du? Ich dachte Balduin wäre immer der, der größeres anstrebt."

Der Mann schüttelte den Kopf und seine Augen glühten.

Über leg doch. Da draußen erwartet dich eine neue Welt, ein neues Abenteuer. Willst du wirklich das tun, was der Rat von dir verlangt?"

Der andere Mann seufzte. „Ich weiß nicht, Alsune, das ist...."

Lass es uns den anderen sagen. Überleg doch, was uns für Chancen offen stehen!" Der Mann seufzte, doch man erkannte an seinem Gesicht, das er sich schon entschieden hatte.

Sag es den anderen, aber ich werde mich da heraushalten", entgegnete er. Der Mann lächelte zufrieden. „Ich wusste auf dich ist Verlass."

Der andere Mann grummelt etwas, doch plötzlich war seine Stimme seltsam leise und verzehrt. Ich versuchte genauer zu lauschen, doch es hörte sich an, als wäre er Unterwasser. Es wurde immer dumpfer, bis sich plötzlich alle sind meinen Kopf drehte und zu einem Strudel wurde. Das Bild verschwamm vor meinen Kopf und vermischte sich mit anderen. Ich kämpfte dagegen an, doch es nütze alles nichts. Ich strampelte verzweifelt, doch plötzlich war es, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen wegzogen und ich fiel. Ich rudere wie wild mit den Armen und plötzlich ein Ruck. Alles wurde schwarz und ich schlug die Augen auf.


Verwundert über das was gerade geschehen war, blinzelte ich. Schnell versuchte ich mich zu orientieren. Leider stellte ich allerdings fest, dass ich mich wieder in meiner altvertrauten Zelle befand und stöhnte auf. Was war das denn eben gewesen?

Mir viel die ganze Sache wieder ein und ich stöhnte abermals auf. Mir war klar, dass dies nicht der erste Versuch gewesen war. Der Kaiser würde es sooft versuchen bis er sein Ziel erreicht hatte. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Ich wollte das nicht. Das konnte er nicht mit mir machen! Nächstes Mal müsste ich versuchen zu fliehen oder mich wenigstens zu wehren. Doch auf keinen Fall wollte ich wieder diese Schmerzen erleben. Ich stand auf noch wackeligen Beinen auf und prüfte meine Beine. Auf keinen Fall wollte ich erneut erleben, dass sie sich eines Tages nicht mehr bewegen ließen. Ich ließ mich wieder ins das Stroh zurücksinken und dachte an die letzten Ereignisse. Ich hatte eine Gabe. Die Wörter fühlten ich fremd an. Doch der Kaiser hatte Recht gehabt. Ich hatte es deutlich gespürt. Sie hatte sich gegen die Macht des Kaisers gewehrt. Es fühlte sich komisch an, doch es war wohl irgendwie ein Teil von mir selbst und irgendwo in mir drinnen. Nachdenklich legte ich eine Hand auf mein Herz und grübelte darüber nach, was der Kaiser zu mir gesagt hatte.

In diesem Moment klirrte es und ich fuhr erschrocken hoch. Avan, zumindest glaubte ich, dass er so hieß, hob seinen Kopf und sah zu mir hinüber. Als er meinen Blick begegnete, erhellte sich sein Gesicht und ich wusste nicht, ob ich es mir nur einbildete oder war es Erleichterung die sich da in seinem Gesicht widerspiegelte? Ich hob fragend die Augenbraue. Er seufzte.

„Schön, dass du endlich aufgewacht bist." Ich legte leicht den Kopf schief und konnte mir schon denken worauf er hinaus wollte.

„Na los, frag schon", forderte ich ihn deshalb auf. Er wartete gar nicht erst meine Antwort ab sondern steuerte direkt auf das hinaus: „ Was ist passiert?

Ich dachte an das Gespräch mit dem Kaiser und ein kalter Schauer überlief meinen Rücken. Der Mann hatte mein Unwohlsein anscheinend mitbekommen, denn er fügte hinzu: „ Es tut mir leid, wenn ich dich zu sehr bedrängt habe, ich....", er seufzte" Ich kenne mich nicht so gut mit Menschen aus", weiter kam er nicht den ich hatte ihn unterbrochen. „Schon gut, du kannst ja nichts dafür." Wir beide schwiegen eine Weile, doch dann wurde ich hellhörig.

„Was meinst du damit? Du kennst dich nicht gut mit Menschen aus?"

Es klang nach seiner Vergangenheit und da ich noch immer keinen blassen Schimmer von ihm und seinem Grund hatte, weshalb er hier war und dann auch noch angekettet, fragte ich lieber nach.

Seine Ketten klirrten, als er sich in eine andere Position setze. „Ich bin ein Assassine."

Ich blinzelte verwirrt. Okay, das war mir aber zumindest nicht neu. „Also, du?..", stammelte ich trotzdem. Er drehte seinen Kopf zu mir und ich konnte mir vorstellen, wie er für die anderen aussehen musste. Eine dunkle Gestalt, bewaffnet mit Klinge...

„Da ich meistens Leben verabschiede, als neue kennenzulernen, kenne ich mich nicht mit Menschen aus", sagte er. Plötzlich wurde mir bewusst, wie surreal dies alles war. Ich zweifelte nicht an der Wahrheit, was er sagte, denn ich konnte mir schon vorstellen, wie er noch vor wenigen Wochen gewesen war. Und auch mein Leben war komplett anders verlaufen ,bis ich in die ganze Sache hinein verwickelt worden war. Und nun saß ich hier mit einem wildfremden, der zufällig einer der berüchtigtsten Killer war und erzählte ihm meine ganze Lebensgeschichte.

Doch irgendwie wusste er eh schon zu viel also würde es auch keinen Unterschied machen ihn einzuweihen: „Ich war beim Kaiser", murmelte ich also.

Sofort hob der Mann neben mir den Kopf und starrte mich an. „Beim Kaiser?"

Ich nickte entkräftet. Avan starrte mich an und wartete auf meine Antwort. „Er hat mir einiges offenbart", erklärte ich abweisend. Avan sah enttäuscht aus, doch er hakte nicht weiter nach. Ich war ihm dankbar dafür, denn um ehrlich zu sein wusste ich nicht ob ich ihm mein Geheimnis anvertrauen sollte. Naja, was hieß Geheimnis. Es war keine Schande, wenn man ein Ancore war, zumindest glaubte ich oder hoffte das. Doch eigentlich waren die Gaben auch verboten worden...

Ich hatte keine Ahnung, doch ich war mir nicht sicher, ob ich es Avan erzählen konnte. Ich wusste nicht, wie er reagieren würde und ich wusste auch nicht, wie es weitergehen würde. Es könnte jederzeit dazu kommen, dass mich Lian retten würde, je länger ich hier wartete, desto mehr entfernte sich der Gedanke. Doch, eine stumme Hoffnung im Hinterkopf war es dann trotzdem. Ich wusste nicht, wie Avan das aushielt. Er wusste, dass ihn niemand retten würde und trotzdem strahlte er eine solche Ruhe aber auch tödliche Präsens aus. Ich blickte zu ihm und bemerkte, dass er mich nachdenklich musterte.

Ich meinte sogar so etwas wie Verständnis in seinem Blick lesen zu können.

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