《53》 ~Fenja
Als ich die Augen öffnete, war alles schwarz.
Stöhnend stemmte ich mich hoch und stellte prompt fest, dass mir alles wehtat. Es dauerte einen Moment, bis ich es schaffte mich aufzurichten und meinen Körper in eine sitzende Position zu bringen. Vorsichtig sah ich mich in meiner neuen Umgebung um. Ich erkannte nicht viel, eigentlich gar nichts. Es war dunkel hier unten und es dauerte einige Augenblicke, bis sich meine Augen an die Lichtstärke hier unten gewöhnten. Ich blinzelte ein paar Male, doch auch danach besserte sich meine Sicht nicht. Bis auf die Gitterstäbe, meiner guten 3 Meter Zelle, konnte ich nichts erkennen.
Ich versuchte mich zu orientieren, als ich es erkannte.
Neben mir, in der benachbarten Zelle saß eine Gestalt. Sie hockte auf den Knien und ihre Arme wurden von einer Eisenkette festgehalten. Ich erkannte nicht viel, bis auf eine geisterhafte, dunkle Silhouette .Als hätte sie gespürt, dass ich sie sah hob sie den Kopf und blickte zu mir. Augenblicklich stellten sich meine Nackenhaare auf. Diese Augen. Eine Mischung aus Bernstein und golden starrte mich an, als wollten sie mich verschlingen und in den Abgrund reißen.
Ich rutschte ein Stück zurück und wandte meinen Blick ab. Was war das denn gewesen? Ich schüttelte den Kopf. Hör auf Fenja, das ist nicht real.
Das letzte an das ich mich erinnerte war der Kampf. Dann war die Klinge auf mich niedergeschossen. Danach herrschte Leere in meinen Kopf. Zumindest war ich nicht tot. Und bei dem was ich die letzten Wochen erlebt hatte, war das schon eine erstaunliche Leistung. Wie oft war ich die letzten Wochen schon in Lebensgefahr gewesen und war trotz allem dem nicht gestorben ?
Glücklicherweise war in der Zelle nebenan ein kleines, fast schon unscheinbares Fenster eingelassen, durch das ein Hauch Licht hinein fiel. Nicht viel, aber besser als nichts. Ein schwacher Trost. Welcher Tag war heute? Und wo war ich überhaupt?
Ich betrachtete meine Zelle und nahm mir kurzerhand ein wenig Heu und Stroh, das auf dem Boden lag und verteilte es zu einem Haufen. Ich hatte Glück, ich war noch am Leben und war nicht angekettet, wie die gruselige Gestalt, hinter mir, die mich seit geraumer Zeit anstarrte. Ich musste nicht zurückschauen, ich spürte die Blicke in meinem Rücken.
Ich häufte das Heu auf einen Haufen, bis ich zufrieden war und ließ mich darauf fallen. Das Heu war nicht so weich, wie ein Bett, doch immer noch gemütlicher, als die harte Liege, auf der ich mehrere Wochen im Lazarett verbracht hatte. Zudem war alles besser, als der kalte Steinboden. Ich wollte lieber erst gar nicht wissen, wer hier alles schon gelegen hatte und was hier passiert war..
Doch zu meinem Erstaunen fühlte ich mich weder Ängstlich noch Traurig oder sonst was. Irgendwie war mir alles gleich geworden. Ich hätte beinahe über mich selbst gelacht. Ich war soeben gefangen genommen worden und lag nun im Kerker und es war mir egal?
Wahrscheinlich hatten mich die ganzen letzten Wochen stärker gemacht. Irgendwann erreichte man wohl einen Punkt wo man einfach nicht mehr leiden konnte.
Ich war verwundert über mich selbst. Was war nur los mit mir? Vielleicht hatte das Adrenalin meine Adern noch immer nicht verlassen und ich fühlte mich deshalb so gepuscht.
Ungläubig über mich selbst, schloss ich die Augen. Die Dunkelheit umfing mich, hüllte mich ein, doch ich fand es keineswegs erdrückend. Ich konnte meine Beine bewegen. Alles war gut. Ob ich nun gehängt werden würde oder mich ein anderes Schicksal erleiden würde. Ich wusste es nicht. Doch es machte mir nichts aus. Ich fand es nicht mehr schlimm. Lian würde es egal sein, meine Familie dachte eh schon längst ich wäre tod. Und Sahid...für ihn war ich doch auch nur eine weitere Kämpferin.
Ich blickte an den Gitterstäben vorbei und zu meinem Erstaunen befand sich die Gestalt noch immer dort. Es war also doch nicht nur Einbildung gewesen. An dem Fenster, ein paar Zellen neben mir, konnte ich einen hellen Lichtschein erkennen und dachte mir schon, dass es Tag war. Trotzdem war es hier unten dunkel, doch immer noch so hell, dass ich die Gestalt neben mir ausmachen konnte. Sie hockte auf den Knien und ihr Kopf hing nach unten. An den Armen befand sich eine schwere Eisenkette und ich wollte mir lieber nicht vorstellen, was dieser Mann angerichtete haben musste, dass er selbst hier unten gefesselt werden musste.
In diesem Moment hob der Mann den Kopf, als hätte er meinen Blick gespürt und unsere Blicke trafen sich. Seine bernsteinfarbenen Augen bannten mich und ich schaffte es nicht meinen Blick von ihm abzuwenden. Seine Haare waren verschmutzt und dreckig, doch an ein paar einzelnen Strähnen, konnte ich erkennen, dass seine Haare mal schwarz gewesen waren. Seine Gesichtszüge waren scharf, doch ich musste zugeben, dass er ziemlich hübsch aussah, wenn er nicht hier im Dreck gesessen hätte.
Ich öffnete meinen Mund, schloss ihn aber zugleich wieder. In seinen Gesichtszügen spiegelte sich Erschöpfung wieder und doch lag noch etwas anderes in seinen Blick. Ob es Hass oder Trauer war, ich konnte es nicht sagen. Er trug ein abgewetztes Hemd, dessen weiße Farbe längst mit Dreck überdeckt wurde. Zu meinem Erstaunen war er noch relativ jung, ich schätze ihn auf Mitte zwanzig. Was musste dieser Mann gemacht haben, dass er schon jetzt hier im Kerker saß?
Unter dem Hemd zeichneten sich deutliche Muskeln hervor und ich spekulierte über seine Herkunft nach. In diesem Augenblick kniff er die Augen zusammen.
„Was ist?" Seine Stimme ließ mich erschaudern. Es war, als würden tausend Eissplitter auf mich niederprasseln und doch lag da etwas sanftes in seiner Stimme. Alle meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich blinzelte einmal bevor ich zu einer Antwort ansetzte: „Ich...Ich, es tut mir leid, ich wollte nicht." Ich verfluchte mich dafür, dass ich keinen vernünftigen Satz herausbrachte. Doch der Mann schien sich damit zufrieden zu geben und wandte sich ab. Ich seufzte erleichtert auf und ließ mich in mein provisorisches Strohbett sinken.
Eine Weile lag ich so da, doch die ganze Zeit spürte ich die Anwesenheit des Mannes deutlich neben mir und irgendwann gab ich es auf. Ich erhob mich murrend und blickte zu ihm. Wer war er? Wahrscheinlich kannte ich ihn eh nicht.
Auch, wenn ich schon länger im Erdreich gewesen war, irgendwelche Namen sagten mir gar nichts. Trotzdem ging er mir nicht mehr aus meinen Kopf und da ich eh keine andere Beschäftigung hatte beobachtete ich ihn. Er hatte seinen Kopf abgewandt, doch ich war mir sicher, dass er wusste, dass ich ihn beobachtete. Doch allein schon an seiner Haltung konnte ich viele Details an ihm ablesen. Im Trainingslager hatte ich so viele Soldaten getroffen und mir irgendwann angewöhnt, die Körperhaltung, sowie Mimik und Gestik der anderen automatisch abzulesen. Allein schon anhand der Haltung und des Ganges erkannte man, ob derjenige das nächste Gefecht überleben würde oder nicht. Irgendwann war es mir so ins Fleisch und Blut übergegangen, dass ich nicht mehr besonders darüber nachdachte.
Anhand seiner Haltung und seinen Körperbau vermutete ich, dass er ein Krieger war. Doch er konnte kein Soldat sein, ein Soldat würde nicht unten im Kerker eingesperrt werden. Selbst, wenn einer der Männer aus unempfindlichen Gründen einen Verrat begangen hatte, würde er sofort gehängt werden. Doch, wenn er kein Soldat war, was war er dann?
Versunken in meine Grübeleien, merkte ich erst später, dass er sich erhoben hatte. Die schweren Ketten klirrten bei jedem Schritt und rissen mich aus meinen Gedanken. Wenig später wusste ich auch wieso er sich erhoben hatte, denn eine Dienstmagd kam vorbei und schob einen Teller in jede Zelle hinein. Kaum war sie verschwunden, stürzte ich an die Tür zu dem Teller und schnappte mir mein Essen.
Es gab lediglich eine Stück Brot (immerhin mit einem Stück Käse) und etwas Wasser, doch immerhin gab es überhaupt etwas zu essen und hungrig stürzte ich mich darauf. Während ich mein Essen vertilgte, stellte ich erstaunt fest, dass der Mann seinen Teller nicht anrührte.
Ich schaute von meinem Teller hoch: „ Wieso isst du nichts?" Ehe ich mich versah, hatte ich meine Gedanken laut ausgesprochen und mich dafür am liebsten geschlagen. Der Mann, der nun wieder saß, hob seinen Kopf und seine Augen wanderten langsam zu mir.
Sein scharfer Blick erfasste mich und ich fühlte mich unter seinen Blicken, wie ein Lamm, dass zur Schlachtbank geführt wurde. Ich verkniff mir jegliches Kommentar und wartete schweigend ab, während sein Blick über meinen Körper schweifte. Schließlich, es kam wir vor wie eine Ewigkeit, hob er den Blick und schaute auf.
„Wie kommt es, dass jemand, wie du hier in dem Kerker landet?" Seine frage war knapp und kurz und mich ärgerte es, dass er meine vorherige Frage völlig ignorierte.
„Was soll das heißen? Jemand, wie ich?", hakte ich genauer nach.
Er hob die Augenbraue. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand wie du etwas großes gegen den Kaiser ausgerichtet haben soll."
Ich verschluckte mich beinahe. „Kaiser?" Der Mann zog fragend die Augenbraue hoch. „Stammst du gar nicht aus dem Feuerreich?"
Mit großen Augen wanderte mein Blick zu ihm hoch. „Feuerreich?"
Sein Schweigen war mir Antwort genug.
„Wie bin ich den im Feuerreich gelandet?", flüsterte ich eher zu mir selbst, als zu ihm. Ich überdachte Sahids Anschuldigungen den Königreichen gegenüber und dann wurde mir einiges klar. Sahid hatte davon gesprochen, dass das Erd und Feuerreich sich verbündet haben sollten. Es würde zumindest Sinn machen, wenn sie alle Gefangenen ins Feuerreich brachten. Doch wieso? Und um Himmels Willen, wie lange war ich denn dann bewusstlos gewesen, bis ich hier aufgewacht war? Was war in der Zwischenzeit passiert?
Ich schluckte und wandte mich wieder zu dem Mann um. „Stammst du aus dem Feuerreich?" Es dauerte eine Ewigkeit bis er seinen Kopf kaum merklich neigte. Das hieß dann wohl ja.
„Hast du schon mal etwas davon gehört, dass das Feuer und Erdreich sich verbündet haben sollen?", fragte ich vorsichtig nach. Es war riskant es hier unten auszusprechen. Der Mann in der Nebenzelle sah mich misstrauisch an. „ Ich habe keine Ahnung wovon du redest."
Ich zog eine Schnute. „Wieso kannst du davon keine Ahnung davon? Du müsstest doch auch wissen, was mit den Nationen passiert. Ich dachte die Leute aus dem Feuerreich wüssten alle Bescheid, da die alle auf der Seite des Königs oder Kaisers sind?"
Der Mann stieß ein ungläubiges Schnauben aus.
„Ja schon klar, sonst würden wir hier nicht sitzen", murmelte ich. „Auch, wenn ich mich frage, wieso ich hier bin." Der Mann lehnte sich an die gemauerte Wand.
„Wie bist du hier her gekommen?", fragte er mich nach einer Weile. Überrascht sah ich auf. „Das ist eine lange Geschichte." Ein kleines Lächeln huschte ihm über seine Gesichtszüge, doch es erreichte nicht seine Augen. „Ich hab Zeit", erwiderte er.
Sooo, endlich ist es soweit, die beiden treffen aufeinander : )
Falls du bis hierhin gelesen hast, herzlichen Glückwunsch, ab jetzt wird es spannender xD
Ob sie wirklich im Feuerreich sind? Was haltet ihr von ihrer Begegnung? Hättet ihr es so erwartet? ^-^
Tut mir leid, dass länger nichts kam, bitte verzeiht mir : )
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top