《45》
Ich bekam nur noch am Rande mit, wie sich eine Gestalt neben mir nieder ließ und versuchte mit mir zu reden. Ich ignorierte es. Meine glasigen Augen starrten auf den Boden, der sich langsam wieder in den schlammigen Boden verwandelte. Ich blinzelte verwirrt und merkte erst jetzt, dass sich die anderen, um mich herum gestellt hatten und mich besorgt musterten. Selbst Kilian sah besorgt aus, wie ich peinlich feststellte. Ich hob den Kopf und blinzelte, um wieder in der Realität anzukommen.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und ließ ihn auf mich wirken.
„Alles gut?", fragte Narvik, der vor mir kniete. Ich nickte und zwang mich zu einem fahlen Lächeln.
Kilian sah mich nur an bevor er zu mir sprach: „ Hey tut mir leid, wenn, wegen dem was vorhin passiert ist und wegen dem gerade eben..." Ich winkte ab.
„Las uns weitermachen, es ist nichts." Er hob die Augenbraue, als zögerte er, doch schließlich nickte er und wir stellten uns wieder nebeneinander auf. Ich hob den Dolch und versuchte mich auf das hier uns jetzt zu konzentrieren.
Alles war gut. Ich war weder noch auf dem Schlachtfeld, als im Lazarett oder in der Wüste.
Ich blickte zu Kilian, wartete auf seinem Angriff, doch erst jetzt fiel mir auf, dass er mich anstarrte.
Sein Blick lag auf meinen Händen, die sich krampfartig den Dolch krallten. Ich starrte zu ihnen dann zu Kilian.
In seinem Blick lag Überraschung, dann flackerte etwas in seinen Augen auf, als hätte er eine Idee. Ein Lächeln erschien auf seinem gerade noch so ernsten Gesicht. Verwundert runzelte ich die Stirn und wollte gerade etwas sagen, als er zu sprechen begann: „ Du erinnerst dich an deine früheren Kämpfe".
Er sagte es mehr zu sich selbst, als zu mir und ich öffnete den Mund einmal, doch schloss ihn wieder. „Ich... Woher?", brachte ich heraus und verfluchte mich dafür, dass ich keinen ganzen Satz hinaus brachte. Doch Kilian hatte mich anscheinend verstanden, denn er sprach bereits weiter.
„Ich denke, du leidest an einer Art Trauma. Immer, wenn du eine Waffe in den Händen hältst oder siehst, wie jemand kämpft, erinnerst du dich an daran zurück". Ich war zu verblüfft, um zu antworten.
Er ließ seinen Dolch sinken und trat einen Schritt näher zu mir. „Was soll das werden?", fragte ich alarmiert.
Er senkte tatsächlich entschuldigend den Kopf, was mich runzeln ließ. „Darf ich?", fragte er und macht ein Anzeichen, sich mir zu nähern. Beunruhigt starrte ich ihn an, nickte jedoch. Er lächelte und trat hinter mich.
„Versuchen wir mal folgendes". Er deutete auf meine Hände, die noch immer die Waffe umklammerten. Er streckte zielsicher die Hand danach aus und umschloss seine Hände mit meinen. Die Hitze schoss mir ins Gesicht. Okay, was auch immer er da machte, dies ging etwas über meine Privatsphäre hinaus. Ich wollte ihn gerade einen Stoß mit dem Ellbogen verpassen, doch er hatte meine Absichten wohl bemerkt. „Warte. Ich möchte etwas ausprobieren", sprach er erstaunlich sanft und ich zögerte bei seiner Stimme.
„Schließe die Augen und versuche dich zu entspannen", leitete er mich an. Ich gab einen unmissverständlichen Laut von mir, dass es schwer war sich so zu entspannen, doch er erwiderte nichts und ich musste mich geschlagen geben.
Also schloss ich die Augen und kontrollierte meine Atmung. Ich spürte seine Hände, die Wärme die sie ausstrahlten und mir irgendwie Kraft gaben. Seine Hand war rau und mit Schwielen bedeckt. Ich begriff, dass er kein leichtes Leben gehabt haben musste. Immer dachte ich nur an mich, an meine schlimme Vergangenheit, doch was war mit den anderen? Was mussten sie erst für eine Vergangenheit hinter sich haben, dass sie hier mitmachten?
„Lenke deine Gedanken zu etwas schönem. Etwas, was du magst, was dir Kraft verleiht", murmelte Kilian dicht hinter mir.
Ich zögerte.
Meine Gedanken flogen zuerst zu Lian aber nein, er war nicht wach. Die Nomaden. Nein, da war Sahid dabei. Ich überlegte kurz dann schweiften meine Gedanken zu meiner Familie und ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht.
„Gut, so", meinte Kilian und ließ meine Hände los. Ich runzelte die Stirn, doch er hob die Hand und erklärte „ Nicht los lassen. Denk weiter daran."
Er machte ein paar Schritte von mir weg und hob seinen Doch wieder auf. „Wenn ich dich gleich angreife, dann denk nicht an irgendetwas anderes. Bleib mit deinen Gedanken bei dem an was du gerade denkst."
Meine Hände zitterten leicht, doch ich schob alles die Erinnerungen weg und konzentrierte mich auf meine Familie. Meine Mutter, meinen Vater. Was er wohl sagen würde, wenn er wissen würde, dass ich noch lebte?
Gerade, als ich immer mehr in meinen Gedanken festhing, schnellte Kilian noch vorne und griff an. Das was als nächstes passierte ging so schnell und reflexartig, dass ich erst bemerkte was geschehen war, als Kilian vor mir auf dem Boden lag.
Erstaunt keuchte ich auf.
Der Mann vor mir drehte sich auf dem Boden um und sah mich ernst an. „Denk an das, was dir ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Du kämpfst nicht, weil du musst, sondern, weil du sie verteidigst, verstanden?" Ich nickte und konzentrierte mich auf meine Gedanken.
Ich kämpfte für sie! Ich verteidigte sie.
Zu meiner Überraschung fühlte ich mich nicht von einer Vision überrannt. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich war erschöpft und dennoch zufrieden. Keine Erinnerung, kein Geschrei, nichts. Die Visionen blieben aus.
Ein immer breitender werdendes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und fast hätte ich mich Kilian in die Arme geworfen.
Schnell fing ich mich wieder und trat einen Schritt näher zu ihm.
„Danke." Er sah zu mir hinunter und nickte mir zu.
Die nächste Zeit verbrachten wir damit zu trainieren. Tatsächlich zeigte sich Kilians Übung, als Wirksam und ich quietschte vor Glück, als ich ihn immer wieder auf den Boden warf. Kilian schnaubte verächtlich, doch er beschwerte sich nie.
Die Sonne wanderte am Horizont entlang und ehe ich mich versah war es bereits später Nachmittag. Irgendwann hob Kilian keuchend die Hand und verkündete, dass für heute Schluss war. Einerseits war ich enttäuscht, doch auf der anderen Seite war ich erleichtert und freute mich, Magrett von dem Tag und meinen Fortschritten erzählen zu können. Wir packten unsere Sachen zusammen, beziehungsweise die drei anderen verstauten ihre Waffen, die sie zwischenzeitlich abgelegt hatten.
Als wir auf die Gasse zu schlenderten, verabschiedeten sich Narvik und Arielle und verschwanden über der nächsten Häuserecke.
Kilian und ich blieben alleine zurück.
„Gehst du nicht auch?", fragte ich verwundert und versuchte einen Blick auf die Hauptstraße zu erhaschen. Er folgt meinen Augen und runzelte die Stirn. „Suchst du etwas?"
Ich ignorierte den Sarkasmus in seiner Stimme und spähte auf die Straße hinaus. Alles lag verlassen da. Ich blickte zu Kilian. „Ich sollte gehen. Ich habe nicht viel Zeit." Ich machte eine Andeutung auf die Straße und er nickte verständlich.
„Bis morgen", murmelte er. Ich meinte einen Anflug von Traurigkeit in seiner Stimme zu hören, doch ich verdrängte es schnell.
„Bis morgen", verabschiedete ich mich und huschte schnell über die leere Straße. Der Assassine würde mich nicht mehr jagen, doch es war trotzdem gefährlich, wenn mich einer von den Spähern des Königs entdecken würde.
Als ich mich kurz umdrehte, spürte ich einen Blick auf und, als ich zur Hauswand blickte, meinte ich ein leuchtendes, blaues Augenpaar in der Dunkelheit zu erkennen.
Ich wusste nicht, ob diese von Kilian kamen oder, ob mich jemand anderes beobachtete.
Doch ich war nicht allein.
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