《30》
Nachdem sie gefrühstückt hatten und Lina Brigitte Bescheid gesagt hatte, dass sie und Avan in die Stadt gehen würden, brachen sie auf. Avan musste es Lina zugute heißen, dass sie ihrer Mutter nichts von ihm erzählt hatte.
Brigitte hatte überrascht aufgeschaut, doch schließlich gelächelt. „Es ist schön, dass ihr euch wieder vertragen habt", hatte sie verschwörerisch gemurmelt. Lina und Avan hatte sich bedeutungsvolle Blicke zugeworfen, doch nichts darauf erwidert.
Lina hatte sich ein schlichtes, braunes Kleid angezogen, damit sie nicht sofort die Blicke der Leute auf sich zog und wenig später marschierten sie durch die Häusergassen. Für Avan war es komisch, mit einer Frau an seiner Seite durch die Innenstadt zu laufen. Lina zog ihm am Ärmel, als er fast an den vielen Ständen vorbeigelaufen wäre und deutete auf den Schmuck.
„Sieh nur, die schönen Ketten". Avan verzog sein Gesicht. „Was willst du mit Schmuck? Damit bleibst du doch nur überall hängen". Linas Gesicht verdüsterte sich. „Ach ja und was kaufst du den? Nur essen oder was?"
„Ich zeige es dir, sobald wir einen Stand finden", gurrte Avan und grinste, als er Linas verwirrten Blick begegnete.
Mit seinen Augen suchte er die vielen verschiedenen Stände ab und staunte über die vielen verschiedenen Angebote. Schnell wurde er fündig und rief Lina zu sich. Als, sie den Stand sah ließ sie die Schultern hängen.
„Ernsthaft? Waffen?", fragte sie stumpf. Avan nickte begeistert. „Wenn du wartest können wir danach auch zu deinen geliebten Schmuck kommen." Linas Gesicht erhellte sich bei dem Wort Kette und sie nickte einverstanden.
Der Händler, der die Waffen anbot nickte Avan einmal kurz zu, als sie an den Stand traten und wandte sich dann wieder dem nächsten Kunden zu. Avan betrachtete mit Begeisterung die vielen verschiedenen Klingen, doch in Linas Gesicht spiegelte sich entsetzen wieder.
„Wozu braucht man dieses ganze Gedöns überhaupt? Sind doch eh nur dazu gut, um Menschen Schaden zuzufügen", murmelte sie missbilligend und betrachtete einen kleinen Dolch, an dessen Griff ein außerordentlich feines Muster eingraviert worden war.
„Dasselbe könnte ich dir mit deinem Schmuck vorwerfen. Ist nur dazu gut, um schön auszusehen, hat aber sonst keinen Nutzen", sagte Avan abweisend und fuhr mit einer Hand fachmännisch über eine Klinge. Lina stieß ein Schnauben aus aber sagte nichts mehr. Sie tat so als würde sie sich ein Schwert angucken, doch Avan bemerkte, dass sie ihn forschend beobachte.
Er fuhr ehrfürchtig mit der Hand über ein langes, gebogenes Schwert. Es ähnelte seinem Schwert, in Linas Schrank etwas, doch da war etwas an der Waffe, das seine Aufmerksamkeit erweckte. In den Griff waren alte Symbole eingeritzt, die Avan in ihren Bann zu ziehen schienen. Avan konnte seinen Blick nicht mehr von dem Schwert abwenden. Er sah kurz zu dem Händler. „Kann ich es kurz ausprobieren?" Der Händler, ein blonder, mittelalter Mann lächelte bloß und nickte. Er war Avan gleich sympathisch.
Avans Augen leuchteten und er griff vorsichtig nach der Waffe. Der Griff schmiegte sich in seine Handfläche und Avan wusste, dass er es nicht einfach wieder zurücklegen konnte. Es war die perfekte Länge und die Klinge blitze gefährlich auf, als er es durch die Luft wirbelte.
„Ich nehme das", sagte er zu dem Händler. Dieser schien sich zu freuen und nickte. „1.259 Goldmünzen". Lina hinter ihm riss erschrocken die Augen auf.
„1.259 Goldmünzen?", fragte sie ungläubig. Avan kramte in seiner Hosentasche und holte ein Beutel hervor, den er dem Händler reichte. „Das sind 1.300, behalten sie den Rest".
Der Händler sah Avan dankend an und überreichte ihn das Schwert. Zufrieden nahm Avan die Waffe entgegen und fuhr mit seiner Hand über die Symbole.
„Da haben wir ja ein Schnäppchen gemacht", freute er sich, als sie sich von dem Stand entfernten. Lina starrte ihn an.
„Du hast so viel Geld für ein Schwert ausgegeben? Bist du lebensmüde?"
Avan drehte sich zu ihr. „Hey, das war echt billig, außerdem konnte ich solch eine Schönheit doch nicht einfach so dort liegen lassen". Mit einem verliebten Blick musterte er die Klinge.
Lina schüttelte unglaublich den Kopf. „Das glaub ich jetzt nicht", murmelte sie fassungslos. „Auf dem Schwarzmarkt ist es schwer, solch gute Waffen für solch einen Preis zu bekommen", rechtfertigte Avan sich. Lina wären fast die Augen aus dem Kopf gefallen. „Schwarzmarkt?" Avan grinste nur und legte ihr seine Hand auf die Schulter. „Wolltest du nicht nach Ketten Ausschau halten?"
Als es Nachmittag wurde, schlenderten Avan und Lina langsam zurück. Avan hatte sich ein neues Schwert gekauft, jede Menge Essen und Lina hatte drauf bestanden, dass er ein kleines Armband trug, wenn er es nicht wollte dann wenigstens für sie. Im Gegenzug dafür hatte Avan Lina einen Dolch geschenkt, wobei sie lautstark verkündet hatte, dass sie ihn niemals benutzen würde.
Gerade bogen sie um die Ecke, als Avan Lina plötzlich packte und sie hinter die Hauswand schob. „Ey, was soll das?", protestierte sie, doch Avan drehte sich zu ihr um. „Psst", machte er und in seinen lag ein gefährlicher Ausdruck.
„Was ist los?", hauchte sie erschrocken.
Avan spähte vorsichtig um die Ecke. „Nicht schon wieder", murmelte er geistesabwesend und ballte seine Hand zur Faust, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Was ist denn da?", versuchte es Lina erneut. Avan drehte sich zu ihr um und in seinen Augen lag purer Hass. „Das willst du nicht wissen", knurrte er. Lina sah ihn einen Moment erschrocken an, dann trat sie an ihm vorbei und spähte um die Häuserecke.
Was sie sah verschlug auch ihr den Atem.
Vor ihr an ihrem Elternhaus hatten zwei dutzend Soldaten versammelt und standen nun um das Haus herum. Genau vor der Haustür stand der selbe kleine Mann, der bei Ragnars Verhaftung dabei gewesen war und schien, als wartete er auf etwas.
„Was tust du da, bist du verrückt geworden?", zischte Avan in diesem Moment und zog sie wieder in den Schatten zurück.
Linas Augen waren weit aufgerissen und mit großen Augen blickte sie zu Avan.
„Was machen sie da?", flüsterte sie sie entsetzt. Avan schüttelte nur den Kopf und spähte ein weiteres Mal um die Ecke.
Zwei Soldaten klopften an die Tür und kurz darauf wurde diese geöffnet. Brigitte stand davor und bei den Anblick von den Soldaten bekam sie große Augen. Der kleine Mann gab einen Befehl und die Soldaten zerrten Brigitte ohne Vorwarnung aus dem Haus.
„Was tun sie da? Ich habe nichts gemacht!", schrie Brigitte verzweifelt und versuchte sich von den Wachen loszureißen. Ein paar weitere Männer marschierten ins Haus und zerrten einen erschrockenen Berndt aus dem Haus. Er sah zu seiner Frau, in seinem Blick lag Entsetzten. Avan hörte Lina hinter ihm schluchzen.
Der kleine Mann schritt vor Linas Eltern und faltete ganz gemächlich seine Schriftrolle auseinander. „Hiermit verurteile ich, die kaiserliche Majestät, die Familie Mühlenhaus, Brigitte Mühlenhaus, Berndt Mühlenhaus und Lina Mühlenhaus wegen unverlässlicher Zugehörigkeit. Sie haben einen Assassinen Unterschlupf gewährt. Dies wird mit dem Tode bestraft". Der kleine Mann ließ seine Schriftrolle sinken. Die kaiserliche Hoheit wünscht mit den Verurteilten zu plaudern, bevor sie ihre angemessene Bestrafung erhalten". Er hob seine Hand und deute auf Brigitte und Berndt: „ Festnehmen, wir gehen zum Palast des Kaisers".
Die Soldaten zerrten Linas Eltern nach vorne und Brigitte schluchzte auf. „Wir haben nichts gemacht, das ist Betrug!" Der kleine Man sah zu Brigitte hinunter. „Wir haben Beweisgegenstände am Tatort eines Mordes gefunden, welche auf ihren Haushalt zurückführen. Außerdem haben wir von einigen Bürgern mitgeteilt bekommen, dass sie seit einiger Zeit einen Mann Unterschlupf gewähren".
„Wir haben nichts damit zu tun", rief Berndt verzweifelt und versuchte sich loszureißen. Es gelang ihm einen Soldaten die Faust ins Gesicht zu rammen. Der ließ ihn los und Berndt stürmte auf. Mit einem Tritt flog der andere Soldat zur Seite. Berndt stürzte zur seiner Frau, doch plötzlich riss er die Augen auf und sackte in sich zusammen. In seinem Rücken steckte ein Pfeil. Der kleine Mann ging auf Linas Mutter zu, die mit glasigen Augen auf ihren bewusstlosen Ehemann starte. „Keine Sorge, er wird bald wieder aufwachen, der Kaiser hat noch eine Befragung bezüglich des Assassinen angeordnet".
Es wäre doch eine Schande einen Mann einfach so auf der Straße zu erschießen", raunte der Mann Brigitte ins Ohr und grinste.
„Abführen", meinte er und drehte sich um. Die Soldaten setzten sich in Bewegung und schleiften Brigitte und den bewusstlosen Berndt in einen Transportwagen. Der Kutscher knallte mit der Peitsche und der Karren setzte sich in Bewegung.
Schnell zog Avan sich mit Lina in den Schatten zurück, als die Männer an ihnen vorbeikamen. Lina hinter ihm gab ein schniefendes Geräusch von sich und Avan drehte sich zu ihr um, als sie Wachen verschwunden waren. Das donnernde Hufgeplapper auf der Straße wurde leiser und kaum waren sie verschwunden lag die Straße in gespenstischer Stille da.
„Sie sind weg, du kannst die Augen wieder öffnen", murmelte Avan zu Lina. Lina öffnete ihre Augen und Avan erstarrte, als er ihre Tränen sah.
Ein Bild von ihm, als kleiner Junge kam ihn in den Kopf, doch er verbannte es aus seinen Gedanken. Jetzt war nicht der Zeitpunkt dafür.
„Was passiert jetzt mit meinen Eltern?", flüsterte sie leise. Avan blickte auf sie hinunter. „Sie werden zum Kaiser gebracht. Der Kaiser wird sie ausfragen, wegen mir". Lina schluchzte wieder auf.
„Mit meinen Eltern? Aber sie haben doch gar nichts gemacht". Avan wusste, dass der Kaiser sie foltern würde, er erhoffte sich Informationen von ihnen, um den Schatten endlich fangen zu können, doch er behielt es für sich.
„Warum sollte der Kaiser höchstpersönlich mit meinen Eltern sprechen, nur wegen dir?", schniefte sie.
„Lina, du musst jetzt stark sein. Lass uns erst einmal in das Haus zurückkehren", meinte Avan und streckte Lina die Hand hin. Sie sah zu ihm auf und ihr trauriger Blick jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
Doch zum Glück, wenn auch etwas zögerlich ergriff sie mit zittrigen Fingern seine Hand.
„Was sollen wir jetzt tun? Meine Eltern, sie...", weiter kam sie nicht.
„Ich habe schon eine Idee aber erstmals sollten wir reingehen, damit uns niemand hier sieht", sagte Avan entschlossen und huschte mit ihr zum Eingang.
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