《19》~Avan
Avan
Avan stand auf einem Hausdach und beobachtete das Geschehen, das sich unter ihm abspielte. Nie hätte er sich zu träumen gewagt, dass Ragnar, sein Kollege einmal in so eine missliche Lage geraten könnte. Die Menge unter ihm, auf dem Platz johlte auf, als die Gefangenen auf den Platz geführt wurden. Avan kniff die Augen zusammen und spitze die Ohren. Er musste jetzt genau aufpassen und durfte keinesfalls im falschen Moment auftauchen. Wäre er zu früh, würde er auffliegen, kam er zu spät war Ragnar tot.
Zusammen mit ein paar anderen Gefangenen wurde sein Kollege auf die Bühne gezerrt und auf die Knie gezwungen. Die Hände hatte man ihm gefesselt, doch seinen Umhang hatte man ihm gelassen. Die Kapuze war heruntergeschlagen worden, sodass jeder Beteiligte sein Gesicht sehen konnte. Avan konnte insgesamt fünf Gefangene erkennen, darunter seinen Freund. Er war der vorletzte in der Reihe.
Der erste Gefangene, ein hagerer Mann wurde nach vorne gezerrt und zum Publikum aufgestellt. Ein Soldat legte ihm die Schlinge um den Hals. Die Menge johlte laut auf, als der Mann nach vorne geschubst wurde und sich die Schlinge um seinen Hals zuzog.
Avan, der immer noch versteckt auf dem Hausdach lauerte verzog keine Miene. Früher einmal hätte er sich vielleicht abgewandt, jetzt nicht mehr. Nach den vielen Jahren des Mordens war der Tod sein ständiger Begleiter geworden.
Sein Blick schwankte zu Ragnar. Dieser hatte eine versteinerte Miene aufgesetzt und zeigte keinerlei Anzeichen von Angst oder Hass. Avans Miene verfinsterte sich. Wieso befreite sich sein Freund nicht einfach? Es wäre ein leichtes für ihn mit gefesselten Händen aufzuspringen und den Wachen eines überzuziehen. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er die Gegend hinter den Gefangenen ab.
Die Menge johlte ein weiteres Mal auf, als der zweite Gefangene schlaff in der Schlinge baumelte. Nun war nur noch ein Mann zwischen Ragnar und dem Tod. Avan spähte die hinter die Gefangenen und endlich erkannte er es. Hinter den gefesselten Leuten standen, versteckt, sodass man sie nicht sehen konnte ein paar weitere Soldaten. In den Händen hielten sie mehrere Ketten. Avan begriff und machte sich auf den Kampf bereit. Der Mann, der vor Ragnar an der Reihe war, wimmerte verzweifelt vor sich hin und versuchte vergeblich sich von den lächerlichen Fesseln zu befreien. Feigling, dachte Avan bevor er seinen Dolch zog.
Mit einem Schritt fiel er senkrecht von dem Hausdach hinunter und landete auf seinen Füßen, versteckt hinter der Menge. Mit eiligen Schritten stieß er die Dörfler beiseite und kämpfte sich durch die Menge, bis nur noch ein paar wenige Leute vor ihm standen. Er benutze sie als Deckung, als der Schreiende Mann vor ihm nach unten gestoßen wurde. Avan machte sich um ihn keine Gedanken. Er hatte nichts für einen Bürger übrig.
Nun war Ragnar an der Reihe. Wortlos ließ er sich von dem Soldaten mit zum Podest führen. Avan schüttelte ungläubig den Kopf. Was für ein nichtsnutz. Versuchte sich nicht einmal mehr zu wehren.
Mit einem schnellen Schritt stieß er die Leute vor sich weg und streckte sie Arme aus. Zwei Pfeile schossen über seiner Hand hinaus und trafen ihre Ziele. Die Wachen hinter Ragnar, die, die die zusätzlichen versteckten Ketten gehalten hatten vielen leblos zu Boden.
Es dauerte einen Moment bis die Menge begriff was gerade geschehen war und in Panik ausbrach. Ragnar reagierte sofort und schlug der Wache neben ihm mit seinem Ellebogen in die Magengegend. Stumm sackte der Soldat weg. Die Wachen, die bislang nur neben dem Podest zugesehen hatten, ließen nicht lange auf sich warten und hatten Avan sofort in der Menge ausgemacht. Sie zückten ihre Speere und umstellten Avan. Dieser war froh, dass er seine Kapuze übergezogen hatte. Normalerweise verabscheute er den Kampf in der offenen Menge, doch was tat man nicht für seinen Kollegen in Not.
Er ließ zwei weitere Pfeile auf die ersten beiden Soldaten los, die auf ihn zustürmten. Sofort kamen zwei weitere Soldaten auf ihn zu. Er wich ihren Speeren aus und erstach den ersten mit seinem Dolch, den er versteckt hinter seinem Ärmel gehalten hatte. Den zweiten erledigte er mit einem Kinnhaken. Er ignorierte die anderen Soldaten und rannte auf das Podest zu, auf dem Ragnar mit zwei Wachen rang. Mit einem Schlag beförderte Avan den Soldaten von der Bühne und Ragnar erledigte den zweiten.
Sein Freund wollte sich den nächsten Wachen zuwenden ,doch Avan hielt ihn auf.
„Lass uns verschwinden", raunte er Ragnar ins Ohr. Dieser nickte nur kurz , als Zeichen, dass er verstanden hatte. Mehrere Soldaten stürzten sich auf die zwei Assassinen, doch ehe sie begreifen konnten was passiert war, waren die zwei Männer in der Mitte verschwunden. Verwirrt blickten sich die Soldaten um, bis einer der Männer auf eine Häuserwand deutete, an der gerade ein schwarzer Umhang hinter dem Dach verschwand.
Keuchend hielten die Männer auf einem Häuserdach an. Nachdem sie sich über die Dächer davongemacht hatten und Avan sichergestellt hatte, das die Männer die Verfolgung aufgegeben hatten, lies sich Ragnar aufs Hausdach fallen. Avan wäre gerne noch ein weiteres Stückchen gelaufen, doch Ragnar war nicht mehr in der Verfassung dazu. Missmutig drehte er Ragnar den Rücken zu und ließ seinen Blick über die Stadt schweifen.
Die vielen, kleinen Fachwerkhäuser, die unter ihm lagen, reihten sich eng aneinander und aus manchen Schornsteinen kam die ein oder andere Rauchwolke. Die Häuserreihen zogen sich weit in die Stadt hinein, die Straßen allesamt grau und dreckig, bis zu dem höchsten Punkt der Stadt. Genau in der Mitte der Stadt lag der riesige Palast des Kaisers.
Auch, wenn sie sich nicht zu weit außerhalb der Stadt befanden, konnte man den Palast nur aus der Ferne erahnen.
Avan seufzte und kontrollierte seine Waffen. Bis auf vier Pfeile hatte er nichts verschwendet. Er reinigte seinen Dolch und blickte in die Ferne. Der Kaiser hier hielt sich für den stärksten Mann im gesamten Feuerreich, in gewissermaßen war er das ja auch, doch Avan wusste bestens Bescheid. Nur die stärksten überlebten hier am längsten
Und genau so gut wusste er, dass der Kaiser ohne seine Wachen nichts war. Und deshalb würde er nie wieder sein Leben für jemand anderen riskieren. Sein Blick fiel auf Ragnar.
„Danke für grade eben", keuchte dieser hinter ihm auf und ließ Avan aus seinen Gedanken hochfahren. "Ich dachte schon du kommst nicht".
Langsam, mit tödlicher Ruhe, drehte Avan sich zu seinem Kollegen um.
„Ich werde dich nie wieder retten. Das, gerade eben war das einzige Mal und das wird es auch bleiben."
Ragnar neigte leicht den Kopf. Auch, wenn die beiden Kollegen waren, war Avan mit seinen gerade mal erst vierunzwanzig Jahren, Ragnar deutlich überlegen und somit höhergestellt.
„Ich weiß es war sehr unüberlegt von mir, trotzdem danke ich dir", erwiderte Ragnar ein wenig trotzig.
Avan drehte sich wieder zu der Stadt um und starrte in die Ferne. Ragnar kannte Avan schon länger, um zu wissen das das Gespräch damit beendet war.
„Wie wärs heute Abend in der Kneipe? Ich lade dich ein, als Entschädigung sozusagen", schlug Ragnar vor. Avan wiegte seinen Dolch in der einen Hand zur anderen
„ Einverstanden."
Auch, wenn Avan Ragnar nicht sah wusste er, dass sein Freund lächelte. Langsam erhob sich dieser und gesellte sich neben Avan.
„Wir sehen uns heute Abend" ,rief er und machte einen Schritt nach vorne. Im Freien Fall segelte er die Hauswand hinunter und verschwand um die nächste Häuserecke. Ungläubig schüttelte Avan den Kopf. Da hatte er gerade seinen Freund das Leben gerettet und dieser verschwand einfach, um wahrscheinlich direkt die nächste Frau anzubaggern.
Doch genau aus diesen Eigenschaften hatte Avan ihn als Kollegen gewählt. Ragnar war nie lange wütend und immer zur Stelle, sobald es etwas zz tun gab. Auch wenn er und Avan vom Typ her grundlos verschieden waren, waren sie mit der Zeit ein gutes Team geworden. Avan bevorzugte es lieber im Schatten der Nacht zu bleiben und möglichst wenig Aufstand zu erregen, während Ragnar sich den ganzen Tag in der Kneipe vergnügte und sturzbetrunken zum Einsatz kam. So war er auch am Heiligsten Tag gefangen genommen worden, ohne dass er es so richtig mitbekommen hatte. Avan zweifelte nicht daran, dass Ragnar sich eines Tages verplappern würde und auch Avan verraten würde. Doch Ragnar garrantierte ihn, dass er Avan mit keinem Wort verraten würde und tatsächlich hatte er bislang nichts von Avan preisgegeben.
Avan riss sich schnell von seinen Gedanken los und steckte seinen Dolch an seinen Gürtel zu den anderen Waffen.
Bis es Abends war hatte er noch einiges zu tun.
Was denkt ihr von Avan ? : )
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