《12》


Ich wusste nicht wie lange ich da gelegen hatte. Mittlerweile war die Sonne am Himmel hinauf gewandert und es war erdrückend heiß geworden. Am ganzen Körper schwitze ich und meine Wunden brannten von der Hitze. Meine trockene Kehle sehnte sich nach einem Schluck Wasser und mein Kopf dröhnte.

Ich wusste nicht, wie lange ich hier draußen nun schon lag. Es könnten höchstens ein paar Stunden gewesen sein und trotzdem bemerkte ich, wie mich meine Kraft Stück für Stück verließ. Ich würde nicht mehr lange durchhalten...

Wieso ich? Wieso war immer ich die, die überlebte und dann wieder in das nächste Unglück stürzte? Ich wollte nicht hier liegen und das vergangene der letzten Wochen wieder erleben.

Wusste meine Familie von der Bombe? Obwohl dieser Gedanke unnötig war. Meine Familie würde bestimmt schon den Brief des Militärdienst erhalten haben. Sie dachten alle ich war tot.

Doch das schlimmste war, selbst wenn ich jetzt um mein Leben kämpfen würde. In ein paar Stunden würde ich sterben. Selbst, wenn ich die kalte Nacht überleben würde, würde ich es nicht schaffen den nächsten Tag ohne einen Schluck Wasser zu überleben. Ich seufzte auf und schloss wieder die Augen. Welche Sadisten schossen eine Bombe auf ein Verwundeten Lager? Welchen Vorteil hatten sie davon?

Ein paar Schritte ließ mich aufhorchen. Sofort schlug ich die Augen auf und reckte meinen Hals. „Hallo", krächzte ich so laut, wie es meine Stimme möglich machte. Die Schritte verstummten kurz dann sah ich ein paar schwarze Stiefel in meinem Sichtfeld. „Fenja?"

Leider reichte mein Blick nicht so weit, dass ich die Gestallt erkennen konnte. Wieder erklang ein Ruf.

„Fenja? Verdammt, ich habe dich doch gehört. Wo bist du?"

Mit offenen Augen lag ich da und hörte diese vertraute Stimme. Ich kannte sie doch von irgendwoher. Sie klang doch so vertraut. Doch wieso war ich dann so schwach und antwortete nicht? Ich öffnete meinen Mund und wollte nach ihm rufen. Doch aus meinem Mund ertönte kein einziges Wort.

Bitte nicht schon wieder. Meine Stimme hatte mich schon wieder im Stich gelassen. Er war hier, er konnte mich finden. Alles konnte gut werden. Wenn meine Stimme nicht wieder versagt hätte. Ich versuchte es erneut, doch aus meinen Mund erklang nur ein trauriges Krächzen. Die Stiefel waren ganz nah. Wenn ich doch nur meine Hand nach ihm ausstrecken könnte.

Ganz langsam schaffte ich irgendwie es meinen ramponierten Arm nach ihn auszustrecken. Die Schnitte brannten und mein Arm fühlte sich an, als wöge er Tonnen. Doch immerhin hatte ich es geschafft.

„Lian", krächzte ich verzweifelt. Die Stiefel drehten sich um. Und dann sah er mich endlich.

„Fenja?", Er kam auf mich zu, sodass ich ihn sehen konnte.

Seine Haare lagen zerstreut auf seinen Kopf und in seinen Augen stand ein besorgter Ausdruck. Sein Hemd war teilweise zerfledert, doch darunter schienen keine Wunden zu liegen. Er machte einen erschöpften Eindruck, doch immerhin lebte er noch. Ich seufzte erleichtert auf. Er lebte. Alles konnte gut werden.

Mit offenen Augen konnte ich sehen, wie er auf mich zu kaum und sich neben mich kniete. Lag da in seinem Blick etwa Besorgnis?

„Wie geht es dir?", fragte er unnötigerweise.

„Kannst du das nicht sehen?", erwiderte ich stumpf.

„Wir müssen hier weg. Nicht mehr lange und es wird Nacht werden. Wenn wir bis dahin keinen Unterschlupf gefunden haben können wir das ganze vergessen", sagte er und raufte sich die Haare.

„Wie denn? Mir tut alles weh und außerdem kann ich mich nicht bewegen", erwiderte ich erschöpft.

Er seufzte. „Na schön, dann bleibt mir nichts anderes übrig."

„Was meinst du?", fragte ich. Er sah mir direkt in die Augen: „ Egal was jetzt passiert, versprich mir, du wirst das niemanden erzählen." Auch, wenn es als eine Frage gemeint war hörte es sich eher an, wie ein Befehl. Ich war zu erschöpft, um etwas zu erwidern deshalb nickte ich nur. Zufrieden nickte er und atmete tief ein und aus.

Dann legte er seine Hände auf mein Bein und schloss die Augen.

„Was wird das jetzt?", fragte ich leicht alarmiert. „Sei still und halt die Klappe", zischte er nur und konzentrierte sich wieder. Überrascht von seiner scharfen Antwort zog ich schmollend die Unterlippe vor.

Erst passierte gar nichts. Ich dachte schon das alles sollte ein schlechter Scherz sein, doch nach ein paar Minuten spürte ich es.

Ein leichtes Zucken in meinen rechten Zeh. Verblüfft starrte ich Lian an. Konnte das an ihm liegen? Ich wollte etwas sagen, doch dann viel mir seine scharfe Antwort wieder ein und ich verstummte. Nach einer kurzen Zeit spürte ich es wieder. Ein Zucken im Knöchel. Und nicht nur das. Ein kribbelndes Gefühl breitete sich rasch an meinen Fuß aus und kletterte weiter über mein komplettes Bein. Schließlich passierte dasselbe mit meinem anderen Bein. Verblüfft starrte ich meine Beine an. Es war seltsam sie nach so langer Zeit wieder zu spüren. Doch seltsamerweise war da kein Schmerz, so wie ich es erwartet hätte. Stattdessen fühlten sich meine Beine an, als würden sie vor Kraft strotzen. Das kribbelnde Gefühl zog sich über meinen Oberkörper und hüllte mich wie in eine warme Decke ein.

Ich genoss es und schmiegte mich an es. Nach kurzer Zeit regte sich Lian wieder und das schöne Gefühl verschwand so schnell, wie es gekommen war. Lian keuchte und ließ seine Hände sinken.

Erstaunt starrte ich ihn an. „Was war das den eben?", fragte ich verdattert.

Lian bog den Rücken durch und streckte sich. „Ach es ist immer anstrengend danach wieder auf die Beine zu kommen". Mit einem Stöhnen stand er auf und reichte mir die Hand. „Mylady?", fragte er mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht und hielt mir die Hand hin.

Völlig baff ließ ich meinen Fuß kreisen.

„Das, das... war unglaublich."

Ich bewegte mein Bein und dann erst merkte ich, dass ich mein Oberkörper auch wieder spürte. Staunend richtete ich mich in eine sitzende Position auf.

„Wahnsinn", flüsterte ich ungläubig. Mit offenem Mund stützte ich mich mit meinen Armen auf dem Boden ab und richtete mein rechtes Bein auf den Boden. Dann drückte ich mich hoch und hätte fast vor Freude aufgeschrien. Ich konnte wieder stehen. Es fühlte sich so toll an. Ich war frei. Ich hatte gedacht mein restliches Leben auf der Liege zu verbringen zu müssen. Und nun das.

Erstaunt wandte ich mich zu Lian, der sich neben einen Toten hockte und seinen Puls fühlte. „Wie, du..", stammelte ich. Lian drehte seinen Kopf und legte den Kopf leicht schief.

„Du, du bist ein Begabter", stammelte ich schließlich immer noch völlig fassungslos. Lian verzog das Gesicht.

„Naja, ein Begabter, so würde ich es nicht nennen. Sagen wir einfach ich habe für den Notfall ein Ass im Ärmel."

„Aber wieso hast du das nicht schon früher gemacht?", fragte ich ihn. Er seufzte. „Es ist meistens immer dasselbe. Wenn jemand anderes herausfindet, dass sein gegenüber eine Gabe besitzt, kann er es nicht auf sich sitzen lassen. Wenn, ich es vor den vielen Leuten dort drinnen gemacht hätte, wäre das nicht unerkannt geblieben. Außerdem kannte ich dich kaum. Ich kann ja schlecht alle heilen. Und, wenn ich das bei einem mache aber es den anderen Vorenthalte fühle ich mich den anderen Verschuldet gegenüber."

Ich antwortete nicht sofort sondern dachte über seine Worte nach. „Also ist dir dein Schein wichtiger, als das du lieber andere Leute leiden lässt", stellte ich bitter fest. Er stöhnte enttäuscht auf. „Versteh doch. Ich kann meine Kraft nicht vor anderen Leuten zeigen. Du warst eine Ausnahme."

„Ja ich bin eine Ausnahme und das auch nur, weil ich die einzige hier bin, die nicht gestorben ist." „Siehst du das den nicht? Schau dich doch nur um. Überall tote Menschen. Du hättest sie alle heilen können. Dann wären sie jetzt nicht tot und lägen hier!"

Er schnaubte auf. „Ach jetzt bin ich plötzlich Schuld oder was? Ich kann nicht immer im das Schicksal dieser Leute eingreifen! Sie haben sich alle freiwillig für den Krieg entschieden. Damit haben sie ihr Schicksal besiegelt. Es ist nicht meine Aufgabe sie alle zu heilen."

Ich stieß ein ungläubiges Lachen aus. „Ihr Schicksal besiegelt? Das ich nicht lache. Du weißt, dass sie in den Krieg ziehen und früher oder später sterben werden. Und trotzdem schickst du deine Soldaten immer in den Krieg?! Wie kann man nur so herzlos sein?" Mit diesen Worten drehte ich mich wütend um und stapfte davon. Was für ein herzloser Mensch. Wie konnte er mit dem Gewissen, hunderte oder sogar tausende Leben zu verschulden, leben?

Wütend stapfte ich davon und war froh meine Beine wieder kontrollieren zu können. Es fühlte sich immer noch komisch an wieder auf eigenen Beinen zu stehen, doch trotzdem war es ein unglaubliches Gefühl. Ich hätte mich sicherlich mehr gefreut, wenn ich nicht gewusst hätte, dass dieses Arschloch hinter mir stand. Ich hörte schnelle Schritte und plötzlich wurde ich an der Schulter gepackt und herum gewirbelt. Durch den Schwung und weil sich meine Beine noch immer noch wackelig anfühlten verlor ich das Gleichgewicht und wäre beinahe wieder gestürzt, hätte mich nicht eine große Hand aufgefangen.

„Fenja, ich kann verstehen, wenn du jetzt wütend auf mich bist aber bitte geh jetzt nicht weg. In wenigen Stunden wird es dunkel werden und bitterkalt sein. Wenn du nicht erfrieren willst, dann suchen wir uns jetzt lieber einen Unterschlupf", ertönte die Stimme von Lian.

Ich schnaubte nur wütend auf und stieß seinen Arm weg.

„Lass mich in Ruhe." Damit stapfte ich weg und hoffte meine Beine würden mich halten. Es gäbe nichts peinlicheres, wenn ich schon wieder vor ihm stürzen würde.

„Machs gut. Danke für die Heilung", rief ich über die Schulter hinweg und musste mir alle Mühe geben, damit meine Stimme nicht allzu sehr zitterte.

„Fenja, du kannst jetzt nicht einfach so gehen. Da draußen wirst du erfrieren", hörte ich die Lian rufen, doch ich ignorierte ihn und ließ ihn einfach stehen.



Ein bisschen länger dieses Mal aber ich wollte unbedingt den Streit noch im Kapitel mit drinnen haben.

Was haltet ihr davon, dass Lian eine Gabe besitzt? : )

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