71. Verkündung

71. VERKÜNDUNG

Es dauerte, bis Emily Dobby wieder so weit beruhigt hatte, dass der Hauself in die Küche zurückkehren konnte. Es half vor allem, dass sie den Namen ihres Bruders nicht mehr in den Mund nahm. Sie versprach Dobby allerdings, ihn bald mal in der Küche zu besuchen.

Da Lavender und Parvati immer noch nicht zu sehen waren, nutzte Emily lieber die Ruhe im Schlafsaal und zog die Mappe von Lilium hervor. Die Kiste mit Dumbledores Erbe ignorierte sie weiterhin geflissentlich. Zuoberst lagen zwei Nachrichten, einmal von Ari und dann von Yuna und Sirje.

Aris Nachricht war kurz und geschäftsmäßig: Bitte die Unterlagen bis zum ersten Wochenende in Hogsmeade fertig machen. Jemand holt die Unterlagen in den Drei Besen ab. A.M.

Sirje hatte Emily wieder einen langen Brief geschrieben, wie es den beiden ging und wie Sirjes Studium in Bukarest lief. Yuna hatte ein paar Passagen dazu gekritzelt und berichtete hauptsächlich davon, wie viele neue Drachenbabys es gab und wie es Rubeus ging.

Und dann, liebste Emily, haben wir noch ganz besondere Neuigkeiten: Wir werden heiraten! An Beltane, du erinnerst dich sicherlich, heiraten wir in kleinen Rahmen offiziell und im Sommer schmeißen wir eine riesen Party für alle. Offizielle Einladungen folgen noch, aber merk es dir schon mal. Du bist schließlich eingeladen .

Diese guten Nachrichten hätten zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Wenigstens ein Lichtblick in diesen Stunden. Außerdem lenkte es Emily von der drängenden Frage ab, welche Bestrafung Snape über sie verhängen würde. Anfang Mai würde sie noch in Hogwarts sein und vermutlich keine Erlaubnis bekommen um die Hochzeit der beiden zu besuchen, aber im Sommer würde sie auf jeden Fall dabei sein. Sie freute sich so sehr für Yuna und Sirje.

Aris Nachricht warf Emily in den kleinen Kamin im Schlafsaal, der Brief von Yuna und Sirje kam in den kleinen Beutel zu ihren wichtigsten Sachen. Dann suchte sie ihre Brille und ihre Zeichensachen, bevor sie sich endgültig an das Fälschen der Papiere machte.

Erst als draußen die Sonne unterging, sah Emily wieder von ihren Papieren auf, die sich inzwischen über ihr ganzes Bett und den Boden daneben verteilt hatten. Auf den Formularen standen viele Namen, die ihr bekannt vorkamen. Noch mehr Mitglieder einer Familie, die das Land nun endgültig hinter sich ließen. Inzwischen waren es mehr und mehr Menschen, die gingen, als diejenigen, die bleiben wollten und ihre Abstammungsnachweise fälschen ließen.

Emily streckte ihren Rücken durch, der leise knackte. Ein Stechen zog bei der Bewegung durch die Knochen und Muskeln, erinnerte sie daran, dass im Spiel ein Klatscher dagegen geflogen war. Sie hatte keine Zeit gefunden, die Verletzung von Madam Pomfrey anschauen zu lassen. Mal schauen, ob sie in der nächsten Zeit überhaupt die Möglichkeit bekommen würde im Krankenflügel vorbei zu schauen.

"Accio", murmelte Emily und die Unterlagen flogen fein säuberlich wieder in die Mappe zurück. Es würde noch ein paar schlaflose Nächte geben, bis sie alles fertig gestellt hatte, aber das würde sie schon schaffen. Was war schon Schlaf, dachte Emily dunkel. Schlafen konnte sie dann wohl wieder in den Weihnachtsferien.

Ein Klopfen an der Türe ließ Emily zusammen schrecken. Hastig stopfte sie die Mappe zurück unter die Matratze. Wer zur Hölle klopfte an die Tür? Nicht mal Ginny oder Inga klopften. "Herein", sagte Emily und kletterte vom Boden hoch.

"Guten Abend Miss Potter." McGonagall trat in den Schlafsaal ein.

"Ist irgendwas passiert?" Panik ergriff Emilys Brust. "Ist daheim alles in Ordnung?" Sie konnte sich nur an den Abend an dem Harry die Vision von Mr Weasley gehabt hatte, dass McGonagall in den Schlafsälen gewesen war.

"Soweit ich weiß ist bei ihrer Familie alles in Ordnung", erwiderte McGonagall ruhig. "Ich bin wegen etwas Anderem hier."

Erleichtert atmete Emily auf und sank auf der Kante ihres Bettes zusammen. "Dann ist ja gut." Sie betrachtete ihre Hauslehrerin genauer. Statt der üblichen schwarzen Roben, trug McGonagall schlichte, wollene Roben mit einem dezenten Tartanmuster. Doch das war es nicht was Emily so seltsam an ihr fand. McGonagall sah müde aus und Emily glaubte nicht, dass es daran lag, dass sie wegen des Sieges von Gryffindor letzte Nacht so wenig geschlafen hatte.

Nein, es war viel mehr eine Müdigkeit, die viel, viel tiefer lag. Erschöpfung und noch viel mehr feine Linien in McGonagalls Gesicht. Meistens vergaß man schnell, das McGonagall nicht viel jünger als Dumbledore war.

Gleichzeitig erinnerte McGonagalls Anwesenheit im Schlafsaal daran, dass McGonagall auch mal jung und Schülerin in Gryffindor gewesen war. Eine seltsame Dichotomie.

"Der Schulleiter hat mich damit beauftragt Mister Longbottom, Miss Weasley und Ihnen das Strafmaß zu verkünden", erklärte McGonagall.

"Oh", murmelte Emily, bevor sich ein Funken Ärger in ihr breit machte. Snape hatte noch nicht mal den Mut ihnen gegenüber zu treten und die Strafe selbst zu verkünden.

"Was habt ihr euch dabei gedacht ausgerechnet das Schwert von Gryffindor zu stehlen?", fragte McGonagall ruhig. Fast schon zu ruhig. "Aus dem Büro des Schulleiters?"

Emily überlegte für einen Moment, ob sie McGonagall die gleiche Lüge wie Snape auftischen sollte. Aber McGonagall würde es noch weniger glauben, als Snape. Außerdem war McGonagall Mitglied des Ordens und als solche vertrauenswürdig.

"Wussten Sie, dass Dumbledore Harry das Schwert von Gryffindor vererbt hat?", fragte Emily.

McGonagall runzelte die Stirn. "Ich kenne Albus Testament nicht, aber der Sprechende Hut hat sich im Sommer oft über Albus beschwert. Das erklärt nun einiges."

"Ich weiß auch nicht wieso, warum Harry es geerbt hat", sagte Emily. Scheinbar hielten sowohl Dumbledore, als auch Harry ihre nächste Familie und Freunde gerne im Dunkeln. "Nur, dass er es geerbt hat. Das Ministerium hat das Schwert aber nicht an Harry gegeben, sondern es mit der Begründung, dass es der Schule gehört, zurück behalten."

McGonagall nickte. "Der Sprechende Hut ist ebenfalls der Meinung, dass das Schwert der Schule gehört. Nachdem der Hut mal Godric gehörte, hängt der Hut sehr an dem Schwert."

Soviel wusste Emily auch schon, aber sie fuhr lieber mit ihrer Erklärung fort. "Es wird einen Grund geben, warum Harry das Schwert bekommen sollte. Deshalb wollten wir das Schwert holen. Nachdem es Harry gehört, ist es ja auch kein Diebstahl?" Der letzte Teil war eher fragend.

"Wem das Schwert wirklich gehört, ist Teil einer langen Diskussion." McGonagall seufzte. "Die Kobolde fordern es auch seit langem zurück, da sie es geschmiedet haben." Aus Sicht der Kobolde waren all ihre Schmiedearbeiten und Kunstwerke nur Leihgaben an die Hexen und Zauberer. "Gryffindor hat es Hogwarts vermacht, zum Schutz seines Hauses. Aber das ändert nichts daran, dass ihr versucht habt es unrechtmäßig zu entwenden."

So wie es McGonagall formulierte, klang es schon sehr nach Diebstahl und nicht danach, dass sie das Schwert kurz für Harry holten. "Aber Harry braucht das Schwert für die Aufgabe, die Dumbledore ihm übertragen hat", sagte Emily leise.

"Dann ist die Aufgabe von Albus, egal ob tot oder lebendig, dafür zu sorgen, dass Harry das Schwert bekommt", rief McGonagall energisch. "Nicht die Aufgabe von fünf Schülerinnen und Schülern, die teilweise nicht mal volljährig sind."

Es sollte auch nicht Harrys Aufgabe sein, den Krieg zu beenden. Aber dies hier war die Realität.

"Wir mussten es zumindest versuchen", sagte Emily leise. "Wir brauchen jede Chance." Irgendwie fühlte sich das Gespräch nicht mehr an wie zwischen Lehrerin und Schülerin, sondern zwischen Soldaten. Aber vielleicht war es auch das, was sie nun waren. Soldaten. Kämpferinnen im Orden.

Für einen Moment, wurde McGonagalls Blick weicher. "Ich weiß. Aber das sollte nicht wieder ein Krieg werden, der auf dem Rücken der Jugend ausgetragen wird." Nicht schon wieder. Denn die Jugend des letzten Krieges war erneut in den Kampf gezogen. "Deshalb ist es meine Aufgabe, euch von solchen Dummheiten abzuhalten."

Die Aktion als Dummheit bezeichnet zu hören, tat Emily weh. Auch wenn sie wusste, dass McGonagall irgendwo Recht hatte. Aber sie hatten was erreichen wollen, etwas Gutes tun wollen. Konnte das dumm sein?

"Die Hauslehrer konnten die Carrows noch davon abhalten, die gesamte Schule zu befragen und zu bestrafen", sagte McGonagall.

"Wegen der Schrift an der Wand?" Emily runzelte die Stirn. Tatsächlich war es verdächtig ruhig geworden.

"Ja", antwortete McGonagall. "Die Hauslehrer haben zugesagt die Schuldigen zu finden und zu angemessen zu bestrafen. Wir konnten die Suche noch hinauszögern, aber ich kann nichts mehr versprechen. Insbesondere nicht euch fünfen, ihr habt die Carrows noch mehr auf euch aufmerksam gemacht als zuvor."

Emilys Wangen färbten sich rot, als sie an das Gespräch mit McGonagall am Beginn des Schuljahres zurück dachte. Darüber hatte sie kein bisschen mehr nach gedacht. "Ich kann trotzdem nicht sagen, dass es mir Leid tut, dass wir es versucht haben. Nur, dass für Sie nicht leichter wird."

McGonagall nickte leicht in Anerkennung von Emilys Worten. "Ich habe auch fast nichts anderes von euch erwartet." McGonagall seufzte. "Bitte seid in Zukunft vorsichtiger."

"Keine Sorge", erwiderte Emily. "Ich hab nicht vor, noch irgendwas für Harry zu stehlen." Sie konnte die Bitterkeit in ihrer Stimme nicht verhehlen. Sie würde nichts mehr für Harry machen.

"Nun gut." McGonagall betrachte Emily genauer, sagte aber nichts mehr dazu. "Ich bin eigentlich hier um euch eure Strafe mitzuteilen. Ihr müsst eine Nacht im Verbotenen Wald verbringen."

Emily nickte. Das klang gar nicht so schlimm. Sicherlich, es würde kalt werden und sie wollte lieber gar nicht so genau wissen, was dort wirklich für Tiere und Tierwesen sich herumtrieben, aber wozu hatte sie ihre Magie?

Doch dann fuhr McGonagall schon fort: "Ohne eure Zauberstäbe."

☽ ◯ ☾

McGonagall gab Emily eine Viertelstunde um sich bereit zu machen, in der Zwischenzeit suchte sie Ginny und Neville auf, um den beiden die gleiche Nachricht zu überbringen.

Emily zog ihre wärmsten Kleidungsstücke aus dem Schrank und belegte sie vorsichtshalber mit Wärmezaubern. Noch hatte sie ihren Zauberstab. Dieses Mal zog sie ihre Drachenlederjacke unter ihre Wolljacke. Und trotz all der Schichten, fühlte sie sich wehrlos bei dem Gedanken sich von ihrem Zauberstab trennen zu müssen. Sie konnte sich wortwörtlich kaum an eine Zeit ohne ihren Zauberstab erinnern. Die Zeit, nachdem Greyback ihren alten Zauberstab zerbrochen hatte, hatte sie schlafend im Koma verbracht.

Sie hängte sich den kleinen Beutel mit den Galleonen und der Karte des Rumtreibers um den Hals und versteckte ihn unter ihrem Pullover. Nur die Ränder des Verbotenen Waldes wurden auf der Karte angezeigt, aber Emily wollte möglichst auf alles vorbereitet sein. Sie kontrollierte auch, ob die Kette mit dem verborgenen Portschlüssel noch sicher um ihren Hals hing. Wenn etwas passierte, war der Portschlüssel vermutlich ihre einzige Chance aus dem Verbotenen Wald schnell fliehen zu können. In Ynys Môn würden sie in Sicherheit sein.

Emilys Gedanken kehrten zu der letzten Nacht, die sie im Verbotenen Wald verbracht hatte, zurück. Damals als Harry in der Heulenden Hütte die Wahrheit über Sirius und Remus erfahren hatte. Als Remus sich in einen Werwolf verwandelt hatte. Als sie noch eine Löwin gewesen war. Seit ihrer Rückkehr nach Hogwarts, hatte Emily nicht mehr probiert sich in ihre Wölfin zu verwandeln. Mal abgesehen davon, dass im Badezimmer auch kein Platz für eine ausgewachsene Wölfin war, gehörte es auch zu den Dingen, die Emily momentan lieber verdrängte. Auch wenn sie sich jetzt wünschte, dass sie mehr geübt hätte. Sie musste mehr üben, denn ihre Animagusform war nur eine weitere Waffe in ihrem Arsenal. Und das ganz besonders, wenn sie eine andere Waffe heute Nacht aus ihrer Hand geben musste.

Seufzend wickelte Emily ihren Schal um den Hals, darauf achtend die Kette und das Band des Beutels zu verbergen. Jetzt konnte sie eh nichts mehr ändern und so verließ sie ihren Schlafsaal. Am Fuße der Treppe warteten bereits Ginny, Neville und McGonagall auf sie.

"Der Rest der Schule ist gerade beim Abendessen", sagte McGonagall. "So kann ich Sie in Ruhe hinunter zum Rande des Verbotenen Waldes bringen. Die Carrows erwarten Sie dort bereits."

"Was ist mit Snape?", fragte Neville. Äußerlich konnte Emily keine Verletzungen an ihm erkennen, aber auch er war dick eingepackt.

"Der Schulleiter hat alles weitere den Carrows übertragen." McGonagalls Mund war nur noch eine dünne Linie. "Bitte kommen Sie, wir sollten uns beeilen."

Schweigend folgten Ginny, Neville und Emily McGonagall durch die leeren Flure Hogwarts. Emily war fast ein bisschen dankbar, dass sie niemandem begegneten. Es bedeutete zumindest für diesen Moment weniger Fragen. Oder Snape wollte die Sache einfach nur geheim halten.

In der Eingangshalle wartete Professor Sprout mit Inga und Luna. Dann war Flitwick vermutlich beim Abendessen, um die Stellung zu halten und hatte Sprout an seiner Stelle geschickt.

"Guten Abend." Sprout lächelte die drei Gryffindors freundlich an. "Macht euch keine Sorgen, es wird alles schon gut werden."

Sprouts Worte in Merlins Ohren, dachte sich Emily. Aber es war nett, dass Sprout sich wenigstens um Freundlichkeit bemühte.

Inga lächelte ebenso vorsichtig, ihre Augen glänzten müde. Luna hingegen schien vollkommen in sich zu ruhen.

"Wir sollten weiter." McGonagall war bereits an den Toren angelangt und öffnete eine Seite mit etwas Magie, so dass die Gruppe hindurch gehen konnte.

Der Mond war noch hinter den Wolken verborgen, so dass kaum Licht auf die weitreichenden Ländereien fiel. Alle zogen ihre Zauberstäbe und entzündeten diese, um wenigstens etwas Licht zu haben. Es war seltsam tröstlich den Zauberstab in der Hand zu haben und einfach so ein Licht entzünden zu können. Ein Schauder lief über Emilys Rücken, wenn sie daran dachte, dass sie ihn bald abgeben musste.

Allzu schnell hatten sie Hagrids Hütte erreicht, die hell beleuchtet war. Zusammen mit Fang wartete Hagrid bereits auf sie. Ebenso wie die beiden Carrows, die jedoch einen weiten Abstand zu Hagrid und Fang hielten. Statt einen Lichtzauber zu verwenden, hatten beide große, brennende Fackeln in der Hand.

"Angeber", flüsterte Inga kaum hörbar.

"Guten Abend", begrüßte McGonagall Hagrid und die Carrows.

"N'Abend", erwiderte zumindest Hagrid den Gruß, während die Carrows McGonagall ignorierten.

Amycus Carrow trat nach vorne, die Fackel hoch erhoben, so dass die Schatten auf seinen breiten Gesicht tanzten. "Ihr seid heute Abend hier, um eure gerechte Strafe für den Diebstahl an alt ehrwürdigen Artefakten der Schule zu erhalten. Ihr habt es gewagt, euch an dem Eigentum der Schule zu vergreifen und werdet deshalb die Nacht im Verbotenen Wald verbringen."

Bisher hatte Amycus ihnen nur auf höchst dramatische Weise erzählt, was sie längst wussten, fand Emily. Deshalb sparte sie sich, ebenso wie die anderen vier, eine Reaktion auf seine Worte.

Alecto lachte hämisch und trat neben ihren Bruder. "Ihr habt nicht wirklich gedacht, dass ihr Severus bestehlen könnt? Die rechte Hand des Dunklen Lords?"

McGonagall bedachte die fünf mit einem strengen Blick, so dass keiner es wagte auf die Carrows zu antworten. Ihr Blick besagte deutlich, dass sie keinen weiteren Stress in dieser Nacht wollte.

"Ihr werdet gleich die Grenze zum Verbotenen Wald überschreiten", sagte Amycus. "Erst bei Sonnenaufgang dürft ihr wieder zurück kehren. Es wird Schutzzauber geben, die uns sagen, wenn jemand von euch die Grenze auch nur mit dem kleinen Zeh berührt." Seine dunklen Augen wanderten über Ginny, Luna, Inga, Neville und Emily. Dann sah er zu McGonagall, Sprout und Hagrid. "Das gilt auch für andere Richtung."

"Und wir sammeln eure Zauberstäbe ein", sagte Alecto barsch und streckte die Hand aus. "Also, gebt sie schon her."

"Da muss ich leider widersprechen, Alecto", sagte McGonagall scharf. "Das Recht Zauberstäbe zu konfiszieren, haben nur Hauslehrer. So steht es in den altehrwürdigen Hausordnungen. Daher werden Professor Sprout und ich die Zauberstäbe an uns nehmen und für die Nacht aufbewahren. Wir wollen uns ja alle an die Regeln halten, nicht wahr?"

Alecto biss die Zähne zusammen, zog ihre Hand aber wieder ein.

Emily mochte immer noch nicht den Gedanken ihren Zauberstab abgeben zu müssen, aber wenn, wusste sie ihren Zauberstab lieber in der Obhut von McGonagall. Daher sagte sie auch nichts mehr, sondern händigte McGonagall ihren Zauberstab schweigend aus. Es tat fast schon physisch weh, als der schmale Holzstab ihre Hand verließ.

Luna reichte seelenruhig ihren Zauberstab an Sprout weiter, auch Inga gab ihren weiter. Auf Ginnys Stirn erschienen tiefe Falten, als sie ihren Zauberstab McGonagall reichte.

"Passen Sie gut darauf an", sagte Neville leise und gab seinen Zauberstab ab. Nevilles Zauberstab sah noch ziemlich neu aus, war nicht derjenige, mit dem er in Hogwarts begonnen hatte. Vermutlich hatte Emily im letzten Jahr einfach verpasst, dass Neville einen neuen Zauberstab bekommen hatte.

"Natürlich", erwiderte McGonagall ebenso leise. Sie beschwor eine längliche Kiste aus dunkel gemaserten Holz hervor. Vorsichtig legte sie die drei Zauberstäbe auf dem rotem Samtpolster im Innern ab, genauso wie Sprout die beiden Zauberstäbe von Inga und Luna und verschloß die Kiste dann mit einem Zauber.

"Und nun, heißt es für euch gute Nacht", sagte Alecto und lachte. "Ab mit euch in den Wald."

"Wir sehen uns bei Sonnenaufgang wieder", sagte Sprout sanft, was im krassen Gegensatz zu der Sorge in ihrem Gesicht stand.

McGonagall nickte ihnen nur zu, die Miene unlesbar.

"Kommt", sagte Neville, "bringen es wir hinter uns." Er war der Erste, der die Grenze zum Verbotenen Wald überschritt. Hinter ihm flirrte die Luft, scheinbar hatten die Carrows wirklich irgendwelche Schutzzauber beschworen.

Ohne ein weiteres Wort, folgten ihm Ginny, Inga und Luna. Die Zauber kribbelten leicht auf der Haut, als auch Emily die Grenze passierte. Sofort schien der Verbotene Wald sie ein zu hüllen, dunkel und gefährlich.

"Wir sollten erst mal außer Sicht von den Carrows", sagte Inga. "Aber ohne, dass wir zu tief hinein gehen. Ich will nicht wie Hänsel und Gretel enden. Oder war es Rapunzel?"

Die Referenz zu den Muggelmärchen schien bei anderen nicht anzukommen, nur Emily grinste. Trotzdem hatte Inga Recht, sie sollten sich so weit weg wie möglich von den Carrows bewegen. Dann konnten sie in Ruhe miteinander sprechen und einen Plan für die Nacht schmieden.

Neville und Inga bahnten sich einen Weg durch das Unterholz, während Emily das Schlusslicht bildete. Bevor die dichten Ästen und Büsche sie ganz verschlucken konnte, drehte Emily sich noch einmal um.

Hinter den Bäumen, standen immer noch die Carrows und ließen sie nicht aus den Augen. Genauso standen aber auch McGonagall, Sprout und Hagrid Wache. Sie alle leuchteten auf einmal silbern im Licht des Mondes, der nun endlich aufgetaucht war.

Erstickt keuchte Emily auf und blickte nach oben zum Himmel. Nur einen winzigen Fetzen Mond konnte sie zwischen den Blättern erkennen, doch sie wusste auch so, was sie längst vergessen hatte.

Heute Nacht war Vollmond.

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